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VwGH vom 14.09.2021, Ra 2017/06/0025

VwGH vom 14.09.2021, Ra 2017/06/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision der F B in K, vertreten durch Mag. Heimo Fresacher, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, St. Michaeler Straße 2/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , KLVwG-1130/4/2016, betreffend Abweisung eines Antrags auf Zuerkennung der Parteistellung in einem baubehördlichen Verfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. B E in K und 2. Mag. E G in K; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Die Mitbeteiligten sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ A, GB K., bestehend aus den Grundstücken B und C mit der Grundstücksadresse L.-gasse 4. Das Gebäude L.-gasse 4 besteht aus einem ostseitigen und einem westseitigen Baukörper. Im westseitigen Baukörper ist - von der T.-Straße aus begehbar - eine Wagenremise situiert.

2Die Revisionswerberin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ D, GB K., mit dem Grundstück E und der Grundstücksadresse T.-Straße 7. In den Lastenblättern beider Liegenschaften ist zu TZ F die Dienstbarkeit „Gegenseitige Verpflichtungen des S (T.) und M (K.) bezüglich Wagenremise“ einverleibt.

3Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom wurden die Mitbeteiligten (und eine weitere Person, die damals noch Miteigentümerin war) als Grundeigentümer gemäß § 43, 44 und 45 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) verpflichtet, näher genannte Sicherungs-, Instandsetzungs- und Abbruchsarbeiten auf den Grundstücken B und C vorzunehmen. Es wurde vorgeschrieben, den ostseitigen Baukörper (Haus L.-Gasse 4) abzubrechen. Durch die Zurückziehung einer dagegen eingebrachten Berufung erwuchs der Bescheid in Rechtskraft.

4Mit Baubewilligungsansuchen vom begehrten die Mitbeteiligten (und die weitere, bereits genannte Miteigentümerin) die Genehmigung des „Abbruchs des restlichen nicht durch den im Bescheid angeordneten Abbruchauftrag vom betroffenen westlichen Gebäudeteil wegen Gefahr im Verzug“.

5Im Umfang dieses Antrags auf Abbruch des westlichen Gebäudeteils erteilte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee mit Bescheid vom gemäß § 6 lit. d K-BO 1996 unter Auflagen die Baubewilligung. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, dem Vorbringen der Revisionswerberin, wonach sie aufgrund einer im Jahr 1887 (gemeint wohl: 1847) abgeschlossenen Vereinbarung Eigentümerin der nördlichen und westlichen Mauer auf Grundstück C sei, sei entgegenzuhalten, dass gemäß dem Grundbuchsauszug vom lediglich eine Dienstbarkeit bezüglich Wagenremise bestehe und ein Servitutsberechtigter nicht Partei im Baubewilligungsverfahren sei.

6Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom , berichtigt mit Bescheid vom , wurden den Mitbeteiligten gemäß § 45 K-BO 1996 Aufträge betreffend den Abbruch des Hauses L.-Gasse 4 erteilt. Konkret wurde unter anderem vorgeschrieben:

In Ergänzung zum mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom , (...) angeordneten Abbruch des ostseitigen Baukörpers ist nunmehr der gesamte Baukörper auf den Grundstücken B und C (...) abzubrechen.

7Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Die Revisionswerberin wurde von der Baubehörde nicht dem, dem Abbruchbescheid vorangegangenen Verfahren als Partei beigezogen.

8Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom wurde den Mitbeteiligten gemäß § 46 Abs. 1 K-BO 1996 der Auftrag erteilt, vor Beginn der Abbrucharbeiten das gesamte Objekt L.-Gasse 4 von allen Fahrnissen zu räumen. Weiters wurde ein Aufenthaltsverbot für den gesamten Objektsbereich ausgesprochen.

9Mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom beantragte die Revisionswerberin (unter Anführung der Geschäftszahl des mit Bescheid vom berichtigten Bescheides vom ) die Gewährung der Parteistellung „im angeblich anhängigen Abbruchverfahren“ und die Zustellung allfälliger Bescheide und Verfügungen in diesem Verfahren und sie erhob Berufung für den Fall, dass es sich als richtig herausstellen sollte, dass ein Abbruchbescheid für das Objekt L.-Gasse 4 ergangen sei.

10Die Revisionswerberin argumentierte unter anderem, dass das Objekt L.-Gasse 4 auch die Remise umfasse und im Kaufvertrag vom 9. Mai 1847 vereinbart worden sei, dass die Remise dem S T. - einem Rechtsvorgänger der Revisionswerberin - als sein Eigentum abgetreten worden sei. Die Wagenremise befinde sich in einem guten benutzbaren und sicheren Zustand.

11Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom wurden „in der Bausache der verpflichteten Grundeigentümer (Mitbeteiligte) Verfahren nach § 45 (Beseitigung) und 46 K-BO (Räumung) betreffend den gesamten Baukörper ‚Lgasse 4‘ auf den Grundstücken B und C“ die Anträge der Revisionswerberin auf Gewährung der Parteistellung und Zustellung allfälliger in diesem Verfahren ergangener Bescheide als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, da die Revisionswerberin nicht grundbücherliche Eigentümerin der betroffenen Liegenschaft sei „und auch dinglich berechtigten Servitutseigentümern“ keine Parteistellung im baupolizeilichen Auftragsverfahren zukomme, seien die Anträge abzuweisen gewesen.

12Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom abgewiesen.

13Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (LVwG) wurde die von der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Bauberufungskommission erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

14In den Entscheidungsgründen hielt das LVwG im Wesentlichen fest, § 23 K-BO 1996 regle, wer „Partei des Baubewilligungsverfahrens“ sei.

15Im Kaufvertrag der Rechtsvorgänger der Revisionswerberin und der Rechtsvorgänger der beiden Mitbeteiligten sei vereinbart worden, dass die Remise „auf ewige Weltzeiten“ ein unbestreitbares Eigentum des S T. (einem Rechtsvorgänger der Revisionswerberin) mit allen seine Nachfolgern im Besitz des Hauses Nr. 40 in der Vvorstadt bleibe und M K. (ein Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten) dem S T. einen Raum [...], auf welchem die Wagenremise des S T. aufgebaut sei, eigentümlich abtrete, sodass dieser Raum dem Hause Nr. 40 als ein untrennbarer Bestandteil grundbücherlich zugeschrieben werde - was von dem Grundbuchsgericht im Jahr 1933 mangels Durchführbarkeit nicht im Grundbuch einverleibt worden sei. Die Revisionswerberin habe vor dem Grundbuchsgericht Bezirksgericht K vorgebracht, dass diese genannte Dienstbarkeitseintragung der gegenseitigen Verpflichtungen in der EZ G, Grundstück B und C, für sie als Eigentum und dem Haus T.-Straße 7 als untrennbarer Bestandteil zugehörig betrachtet werde.

16Dennoch sei - wie aus dem Akt des Landesgerichts Klagenfurt hervorkomme - im Jahr 1933 die beabsichtigte Eigentumseinverleibung hinsichtlich Erdgeschoß für den Rechtsvorgänger der Revisionswerberin vom Grundbuchsgericht als undurchführbar zurückgestellt worden und im Jahr 1948 bei einem näher genannten Veräußerungsvorgang zwischen weiteren Rechtsvorgängern im zugehörigen Kaufvertrag festgehalten worden, dass „Verbindlichkeiten bezüglich der Wagenremise einverleibt sind“, sodass auch in den 1940er-Jahren - nahezu 100 Jahre nach dem ursprünglichen Kaufvertrag - wie bis dato ein Eigentum der Revisionswerberin an der Remise nicht im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Ein Eigentum an der Remise sei daher im offenen Grundbuch in der EZ D nicht einverleibt, bloß die genannte Dienstbarkeit (Servitut). Auch der Oberste Gerichtshof spreche in seiner Entscheidung 2 Ob 115/12v (vom ) aus, dass sich die Revisionswerberin zumindest auf eine bereits 1847/1849 durch ihre Rechtsvorgänger erworbene Grunddienstbarkeit berufen könne und es gehe eben diese aus dem offenen Grundbuch hervor.

17Der im Grundbuchsrecht herrschende Vertrauensgrundsatz vermittle als Konsequenz des Eintragungsgrundsatzes Rechtssicherheit der Übereinstimmung der wirklichen und der eingetragenen Rechtslage und es dürfe daher auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Grundbuchseintragungen vertraut werden. Die Revisionswerberin sei laut offenem Grundbuch nicht Eigentümerin an der im Haus L.-Gasse 4 befindlichen Remise.

18„Nach Einsichtnahme in die öffentliche Urkunde Grundbuch“ sei daher zu sagen, „dass in Ermangelung des Miteigentums an der vom beantragten Bauvorhaben ‚Abbruch‘ betroffenen Liegenschaft auf den Grundstücken B und C, (die Revisionswerberin) nicht Eigentümerin neben (den Mitbeteiligten) ist und daher in Ermangelung des Eigentums an der Remise nicht als eine Miteigentümerin iSd § 23 Abs. 2 lit. a K-BO 1996 anzusehen ist“.

19Die Revisionswerberin sei nach Einsichtnahme in das offene Grundbuch eine Servitutsberechtigte, sie werde auch in der OGH-Entscheidung 2 Ob 155/12v „zumindest“ als Inhaberin einer Grunddienstbarkeit angesehen. Servitutsrechte stellten im Baubewilligungsverfahren keine subjektiv-öffentlichen Rechte dar, sodass Servitutsberechtigten in einem Bauverfahren eine Parteistellung gemäß § 23 K-BO 1996 nicht zukomme.

20Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

21Darin wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, dem LVwG sei eine krasse Fehlbeurteilung der hier zu lösenden zivilrechtlichen Vorfrage, wer Eigentümer einer Liegenschaft sei und wem demnach Parteistellung zukomme, anzulasten, weil es in Anbetracht der Darlegungen der Revisionswerberin die Prüfung einzig nach dem Grundbuchstand vorgenommen habe. Dazu komme, dass auch der Verwaltungsgerichtshof ständig davon ausgehe, dass dem außerbücherlichen Eigentümer Parteistellung zukomme.

22Im gegenständlichen Fall habe die Revisionswerberin ihr Eigentum auf einen Vertrag (ihres Rechtsvorgängers) gestützt, welcher auch tatsächlich verbüchert worden sei (im damaligen Urbar), sodass Eigentum auch tatsächlich erworben worden sei. Das einmal erworbene Eigentum gehe (ohne dass es ein anderer erwerbe) nicht mehr unter.

23Weiters stütze die Revisionswerberin ihr Eigentum auf ununterbrochenen redlichen, rechtmäßigen und echten Besitz und Benützung seit 1847 (vermutlich bereits davor, zumal die Remise zum Zeitpunkt des Erwerbes des M K. bereits bestanden habe), sodass jedenfalls auch Ersitzung in Betracht komme, als originärer Eigentumserwerb.

24Ein solches außerbücherliches Eigentum werde sowohl vom Obersten Gerichtshof als auch vom Verwaltungsgerichtshof anerkannt und hätte auch „von der belangten Behörde“ geprüft und anerkannt werden müssen.

25Mit ergänzender Eingabe übermittelte die Revisionswerberin ein Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom , mit dem das Klagebegehren der Mitbeteiligten, die Revisionswerberin sei schuldig, den Mitbeteiligten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die im mit der H.-Gasse niveaugleichen westlichen Bauteil des mehrstöckigen Gebäudes L.-Gasse 4 gelegenen, von der H.-Gasse aus durch die beiden rechtsseitigen (westlichen) Tore zugängliche „Wagenremise“ auf dem Grundstück C von allen ihren Fahrnissen geräumt zu übergeben, abgewiesen wurde.

26Ebenso wurde das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom , 4 R 188/16y, übermittelt, mit dem der Berufung der Mitbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom nicht Folge gegeben wurde. Mit näherer Begründung wurde darin festgehalten, dass nach den Tatsachenfeststellungen die Revisionswerberin Eigentümerin der Wagenremise sei. Als Eigentümerin der Wagenremise hätten der Revisionswerberin die Abbruchbescheide der Verwaltungsbehörden zumindest zugestellt werden müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Die Mitbeteiligten seien daher aufgrund der ihnen gegenüber erlassenen Abbruchbescheide nicht berechtigt, von der Revisionswerberin die Räumung der Wagenremise zu verlangen.

27Mit weiterem Schriftsatz übermittelte die Revisionswerberin schließlich den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 2 Ob 171/17m, mit dem die von den Mitbeteiligten (Klägern) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde. Begründend hielt der OGH in diesem Beschluss fest:

„Zwar kann seit Inkrafttreten des Gesetzes RGBl 1879/50 real geteiltes Eigentum an Liegenschaften (‚Stockwerkseigentum‘) nicht mehr begründet werden; die vor diesem Gesetz begründeten Rechtsverhältnisse blieben jedoch aufrecht (4 Ob 2229/96i SZ 69/228; RIS-Justiz RS0075739 [T1]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Fall der Vertrag aus dem Jahr 1847 als Begründung von real geteiltem Eigentum zu verstehen war (Titel) und dass dieses Recht durch Eintragung in das (damalige) öffentliche Buch auch sachenrechtlich entstanden ist (Modus), beruht auf der jedenfalls vertretbaren Auslegung des Vertrags und ist daher nicht zu beanstanden. Zwar ging die Eintragung bei der Neuanlegung des Grundbuchs 1874 verloren. Das führte aber nicht zum Erlöschen des Rechts, sondern nur zum Schutz gutgläubiger Erwerber (§ 6 des Gesetzes RGBl 1871/96; vgl 7 Ob 512/76). Auf einen gutgläubigen Erwerb hätten sich die Kläger aber berufen müssen (RIS-Justiz RS0123034). Dass der Senat einen Unterlassungsanspruch des hier Beklagten mit der Begründung bejaht hat, er könne sich in Bezug auf den strittigen Gebäudeteil zumindest auf eine Dienstbarkeit stützen (2 Ob 115/12v), steht der - damals ausdrücklich offen gelassenen - Annahme eines Vollrechts nicht entgegen.“

28Nach Einleitung des Vorverfahrens erstatteten die Mitbeteiligten eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, allenfalls als unbegründet abzuweisen.

29Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

30Die Revision ist aus dem von ihr geltend gemachten Grund, dass das LVwG trotz des diesbezüglichen Vorbringens der Revisionswerberin die für die Frage deren Parteistellung wesentliche zivilrechtliche Vorfrage, wer Eigentümer einer Liegenschaft sei, allein nach dem Grundbuchstand beurteilt habe, zulässig. Sie erweist sich auch als berechtigt.

31Im Hinblick auf die Ausführungen des LVwG wird zunächst § 23 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996), LGBl. Nr. 62/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 31/2015, zitiert:

§ 23

Parteien, Einwendungen

(1) Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind:

a)der Antragsteller;

b)der Grundeigentümer;

c)die Miteigentümer des Baugrundstückes, deren Zustimmung nach § 10 Abs. 1 lit. b erforderlich ist;

(...)“

32Ferner lauten die § 45, 46 und 47 K-BO 1996 in der Fassung LGBl. Nr. 62/1996 (§ 47 in der Fassung LGBl. Nr. 85/2013) wie folgt:

§ 45

Beseitigung

(1) Erfordern es Interessen der Sicherheit oder der Gesundheit, hat die Behörde gegenüber dem Eigentümer die Beseitigung von Gebäuden, Gebäudeteilen, sonstigen baulichen Anlagen oder Teilen von solchen oder den Austausch von verbotenen Bauprodukten (§ 29 Abs. 2) zu verfügen.

(2) Die Bestimmungen der § 18 Abs. 8, 29 bis 31, 34, 36, 38 bis 40 und 44 Abs. 2 gelten sinngemäß.

§ 46

Räumung

(1) Erfordern es Interessen der Sicherheit oder der Gesundheit, hat die Behörde die Räumung von Gebäuden oder Gebäudeteilen anzuordnen.

(2) Die Anordnung der Räumung ist aufzuheben, sobald der Grund hiefür weggefallen ist.

§ 47

Einwendungen

(1) Im Verfahren nach § 44 und 45 ist den Eigentümern und den Anrainern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die Parteien haben das Recht, gegen eine Anordnung der Behörde die Berufung nach den gemeinderechtlichen Vorschriften und die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

(3) Einwendungen der Parteien, deren Austragung dem ordentlichen Rechtsweg vorbehalten ist, haben auf die Entscheidung der Behörde keinen Einfluss.“

33Nach den begründenden Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis scheint das LVwG von der Notwendigkeit der Prüfung der Parteistellung (hier: der Revisionswerberin) unter anderem in einem „Baubewilligungsverfahren“ ausgegangen zu sein. Wie dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom eindeutig zu entnehmen ist, war Gegenstand des hier maßgeblichen Verfahrens jedoch die Abweisung der Anträge der Revisionswerberin auf Gewährung der Parteistellung und auf Zustellung allfälliger Bescheide allein in den Verfahren nach § 45 K-BO 1996 (Beseitigung) und § 46 K-BO 1996 (Räumung) betreffend den gesamten Baukörper L.-gasse 4.

34Ein Beseitigungsauftrag nach § 45 K-BO 1996 ist nach dessen Abs. 1 gegenüber dem Eigentümer zu erlassen.

35Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet zwar der Umstand, dass die Vollstreckung eines baupolizeilichen Auftrages im Fall von Miteigentum nur dann in Betracht kommt, wenn sich der Beseitigungsauftrag an alle Miteigentümer richtet, nicht, dass der Beseitigungsauftrag auch in einem einheitlichen Bescheid gegen alle Miteigentümer erlassen werden muss. Der Auftrag kann rechtens auch an einzelne Miteigentümer ergehen, kann in diesem Fall aber nicht vollstreckt werden, ehe er nicht gegenüber allen Miteigentümern rechtskräftig ist (vgl. etwa ; , Ra 2017/06/0154, jeweils mwN).

36Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass gemäß § 47 Abs. 1 K-BO 1996 im Verfahren (unter anderem) nach § 45 leg. cit. den Eigentümern und den Anrainern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Der daran anschließende Abs. 2 leg. cit. räumt den Parteien gegen eine Anordnung der Behörde das Berufungs- und Beschwerderecht ein.

Die erwähnte Einräumung eines Stellungnahmerechts nach § 47 Abs. 1 K-BO 1996 und die unmittelbar darauffolgende Bezugnahme auf „Parteien“ in Abs. 2 leg. cit. legt nahe, dass (unter anderem) in einem Verfahren nach § 45 K-BO 1996 (Beseitigung) „den Eigentümern und den Anrainern“ Parteistellung eingeräumt wird. Dies bestätigen auch die Materialien (ErlRV Verf-133/6/1967, 39) zur Vorgängerbestimmung des § 42 Kärntner Bauordnung 1969, LGBl. Nr. 48/1969 (in den Erläuterungen noch § 49), wonach näher genannten Personen - unter anderem dem Eigentümer - auch im amtswegigen Verfahren zur Beseitigung einer Anlage Parteistellung mit der Begründung eingeräumt werde, diese Personen sollten nicht schlechter gestellt werden als wenn die Durchführung solcher Arbeiten auf Grund eines Antrages erfolge (vgl. in diesem Sinne auch Unkart, Die Kärntner Bauordnung (1970), S. 113, sowie Steinwender, Kärntner Baurecht (2017), Rn 3 zu § 47 K-BO 1996).

37Im Hinblick auf diese ausdrücklich normierten Parteienrechte könnte somit im vorliegenden Fall (unter Verweis auf die zitierte Judikatur) nicht argumentiert werden, die Revisionswerberin - sofern sie Eigentümerin der in Rede stehenden Remise wäre - sei allein durch den Umstand, dass ihr etwa der Beseitigungsauftrag vom , berichtigt mit Bescheid vom , (noch) nicht zugestellt worden sei, in keinen Rechten verletzt worden, zumal ihr die Parteistellung ausdrücklich nicht zuerkannt wurde.

38Die Feststellung der Eigentumsverhältnisse ist eine bei Erlassung eines Bauauftrages zu lösende zivilrechtliche Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. auch , mwN).

39Auch außerbücherliches Eigentum kann Parteistellung in den gegenständlichen Verfahren vermitteln (vgl. sinngemäß zu einem Baubewilligungsverfahren etwa ).

40Das LVwG hat im angefochtenen Erkenntnis die Parteistellung der Revisionswerberin im Ergebnis jedoch ausschließlich mit der Begründung verneint, dass im Grundbuch das Eigentum der Revisionswerberin an der Remise nicht einverleibt sei. Die Möglichkeit des Bestehens außerbücherlichen Eigentums aufgrund der Entstehung und der historischen Entwicklung des Rechts (heute der Revisionswerberin) an der Wagenremise wurde nicht erkennbar in Erwägung gezogen.

41Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die in diesem Zusammenhang erfolgte - von Vornherein auf den Grundbuchsstand beschränkte - beweiswürdigende Beurteilung durch das LVwG im Ergebnis fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Ergebnis geführt hat (wofür im Übrigen auch die erwähnte Judikatur des Obersten Gerichtshofes spräche).

42Den Ausführungen der Mitbeteiligten in der Revisionsbeantwortung ist zu entgegnen, dass sich die Revisionswerberin im Verfahren ausdrücklich auf ein ihr zustehendes Eigentumsrecht an der Wagenremise berufen hatte und sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aus den dargestellten Erwägungen ergibt.

43Da es das LVwG infolge einer unzutreffenden Rechtsansicht unterlassen hat, für das Verfahren notwendige Feststellungen zu treffen zu setzen, liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

44Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2017060025.L00

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