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VwGH vom 20.09.2012, 2012/10/0120

VwGH vom 20.09.2012, 2012/10/0120

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Gemeinde Wenigzell, vertreten durch Eisenberger Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA6B- 10.08-25/2012-41, betreffend Auflassung der Hauptschule Wenigzell, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Hauptschule Wenigzell mit Ablauf des Schuljahres 2012/13 von Amts wegen aufgelassen, wobei sich die belangte Behörde u.a. auf § 42 Abs. 2 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes - StPEG 2004 stützte.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass im Schuljahr 2011/12 am Standort der Hauptschule Wenigzell drei Klassen mit insgesamt 42 Schülern/Schülerinnen geführt würden; für die 5. und

6. Schulstufe sei eine Mehrstufenklasse mit insgesamt 18 Schülern/Schülerinnen gegeben, auf der 7. und 8. Schulstufe werde jeweils eine Klasse mit je 12 Schülern/Schülerinnen geführt. Dies bedeute, dass die in § 8 StPEG 2004 normierte Mindestschülerzahl nicht annähernd erreicht werde. Im Rahmen des provisorischen Stellenplanes seien für das Schuljahr 2012/13 auf der 5. Schulstufe 12, auf der 6. Schulstufe 7, auf der

7. Schulstufe 11 und auf der 8. Schulstufe 12 Schüler/Schülerinnen gemeldet. Das bedeute für das Schuljahr 2012/13 eine Gesamtschülerzahl von 42 Schülern/Schülerinnen (darunter keine sprengelfremden).

Gemäß den Ausführungen des "Regionalen Bildungsplanes für die Steiermark" erscheine für die Hauptschulen grundsätzlich eine achtklassige Organisationsform sinnvoll, da dadurch den Interessen und individuellen Begabungen der Kinder und Jugendlichen durch Wahlpflichtangebote auf der 7. und 8. Schulstufe gut entsprochen werden könne. Als Mindestgröße einer Hauptschule sei - insbesondere zur Umsetzung des Konzeptes der "Neuen Mittelschule" - eine Mindestgröße von 80 Schülern/Schülerinnen erforderlich. Durch den von der beschwerdeführenden Gemeinde angegebenen Anstieg der Schülerzahl auf 56 Schüler/Schülerinnen in den nächsten vier Jahren werde diese Mindestgröße nicht erreicht.

Hinsichtlich der Kosten für die Weiterführung der Hauptschule Wenigzell hielt die belangte Behörde fest, dass gemäß der Stellenplanrichtlinie des Bundes für 42 Schüler/Schülerinnen lediglich 88,2 Lehrerwochenstunden vorgesehen seien, im Schuljahr 2011/12 dem Standort Wenigzell jedoch (tatsächlich) 133 Lehrerwochenstunden zur Verfügung gestellt worden seien, um den Lehrplan erfüllen zu können, was eine zusätzlich notwendige Dotation von 44,8 Lehrerwochenstunden (50,8 % zusätzlich) bedeute. Der zu leistende finanzielle Personalaufwand und die für den Unterrichtsbetrieb notwendige Infrastruktur müsse auch bei geringen bzw. sinkenden Schülerzahlen konstant bleiben, um den Lehrplan erfüllen zu können.

Die Hauptschule Wenigzell sei von der Hauptschule Waldbach 6,8 km, von der Hauptschule Strallegg 7,8 km und von der Hauptschule Vorau 11,3 km entfernt. Die Zumutbarkeit des Schulwegs zu den benachbarten Standorten sei somit gegeben.

Vom Landesschulrat für Steiermark sei kein Einwand gegen die Auflassung der Hauptschule Wenigzell mit Ablauf des Schuljahres 2012/13 erhoben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004, LGBl. Nr. 71 (wv) idF LGBl. Nr. 94/2008 (StPEG 2004), lauten auszugsweise:

"§ 3

Parteien

In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu.

§ 6

Errichtungspflicht

Die Errichtung der öffentlichen Volks- und Hauptschulen, der öffentlichen Sonderschulen und der den öffentlichen Volks- oder Hauptschulen bzw. Polytechnischen Schulen allenfalls anzuschließenden Sonderschulklassen sowie der Polytechnischen Schulen, soweit diese an Pflichtschulen im Sinne dieses Gesetzes angeschlossen sind oder als selbständige Schulen errichtet werden, sowie deren Bestimmung als ganztägige Schulform obliegt den Gemeinden als gesetzlichen Schulerhaltern. Öffentliche Sonderschulen, für die als Pflicht- oder Berechtigungssprengel das Landesgebiet festgesetzt wird, sind vom Land als gesetzlichem Schulerhalter zu errichten. In diesen Fällen obliegt es dem Land, die Sonderschule als ganztägige Schulform zu bestimmen.

§ 8

Öffentliche Hauptschulen

Öffentliche Hauptschulen haben in solcher Zahl und an solchen Orten zu bestehen, dass möglichst alle, jedenfalls aber die in dichtbesiedelten oder verkehrsbegünstigten Gebieten wohnenden hauptschulfähigen Kinder bei einem ihnen nach den jeweils gegebenen örtlichen und Verkehrsverhältnissen zumutbaren Schulweg eine Hauptschule besuchen können, sofern für den Besuch der Hauptschule eine voraussichtlich ständige Mindestanzahl von 200 hauptschulfähigen Kindern vorhanden ist. Schon errichtete Hauptschulen dürfen dadurch in ihrem Bestand nicht gefährdet werden.

§ 41

Auflassung, Stilllegung und Aufhebung der Bestimmung als

ganztägige Schulform

(1) Unter Auflassung von Pflichtschulen ist die Aufhebung ihrer Gründung zu verstehen und unter Stilllegung die vorübergehende Einstellung des Unterrichtes, ohne dass die Auflassung der Schule erfolgt.

(2) Die Auflassung und Stilllegung einer Pflichtschule (Expositurklasse) sowie die Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform obliegen dem gesetzlichen Schulerhalter.

(3) Eine bestehende Pflichtschule (Expositurklasse) kann aufgelassen werden, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand (§§ 7 bis 11) nicht mehr vorliegen. Eine Pflichtschule ist aufzulassen, wenn ihr Weiterbestehen wegen Rückganges der Schülerzahl und infolge des damit nicht im gleichen Verhältnis abfallenden Aufwandes für die Schule (Expositurklasse) auf die Dauer nicht mehr gerechtfertigt werden kann.

§ 42

Behördenzuständigkeit und Verfahren

(1) Die Auflassung und die Stilllegung einer bestehenden Pflichtschule (Expositurklasse) sowie die Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. Vor Erteilung der Bewilligung ist dem Bezirksschulrat (Kollegium) und dem Landesschulrat (Kollegium) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und sind bei Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform betroffene Erziehungsberechtigte und Lehrer zu hören.

(2) Die gemäß Abs. 1 erforderliche Bewilligung wird auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters erteilt, der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Auflassung bzw. Stilllegung nachzuweisen hat. Die Landesregierung kann nach Anhörung des Landesschulrates die Auflassung sowie die Stilllegung einer Pflichtschule auch von Amts wegen anordnen, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand nicht mehr gegeben sind.

…"

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, angesichts der Schülerzahlen der Hauptschule Wenigzell in den Schuljahren 2011/12 sowie den in den weiteren Schuljahren zu erwartenden Schülerzahlen werde die Mindestschülerzahl nach Maßgabe des § 8 StPEG 2004 nicht annähernd erreicht.

Die Beschwerde bestreitet diese Annahmen der belangten Behörde nicht, sondern führt im Wesentlichen aus, dass der derzeitige Schülerstand den vorläufigen Tiefpunkt der Schülerzahlentwicklung darstelle; ab dem Schuljahr 2013/2014 sei mit einem leichten Anstieg der Schülerzahlen zu rechnen, sodass in vier Jahren wieder 57 Kinder die Hauptschule Wenigzell besuchen würden und in den Folgejahren die Schülerzahl von etwa 60 Schülern beibehalten werden könne.

Darüber hinaus umfasst das Beschwerdevorbringen Ausführungen zu den mit der Auflassung der Hauptschule Wenigzell für die beschwerdeführende Partei "verloren" gehenden (Lehrer)Arbeitsplätzen, zur drohenden Bevölkerungsabwanderung, zur eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Hauptschulgebäudes sowie zu der beschwerdeführenden Partei entstehenden Folgekosten (Schülertransporte, Schulerhaltungsbeiträge an andere Standortgemeinden etc.); im Übrigen stehe die Auflassung der Hauptschule mit - näher dargestellten - Zielen der örtlichen und überörtlichen Raumplanung nicht im Einklang.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/10/0099 (vgl. daran anknüpfend auch die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2012/10/0103 und 2012/10/0115, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/10/0132) die Voraussetzungen dargelegt, unter denen die Landesregierung gemäß § 42 Abs. 2 zweiter Satz StPEG 2004 zur amtswegigen Auflassung einer öffentlichen Volksschule berechtigt ist. Die in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses dargestellten Grundsätze sind auf die amtswegige Auflassung einer öffentlichen Hauptschule übertragbar, sodass insofern gemäß § 43 Abs. 2 VwGG darauf verwiesen wird.

§ 8 Abs. 1 StPEG formuliert die Zielsetzung, dass möglichst alle, jedenfalls aber die in dicht besiedelten oder verkehrsbegünstigten Gebieten wohnenden hauptschulfähigen Kinder bei einem ihnen nach den jeweils gegebenen örtlichen und Verkehrsverhältnissen zumutbaren Schulweg eine Hauptschule besuchen können, knüpft die Pflicht zur Errichtung einer Hauptschule aber an die Voraussetzung, dass für den Besuch der Hauptschule - unter den soeben angeführten Gesichtspunkten der örtlichen und Verkehrsverhältnisse - eine voraussichtlich ständige Mindestanzahl von 200 hauptschulfähigen Kindern vorhanden ist (und schon errichtete Hauptschulen dadurch in ihrem Bestand nicht gefährdet werden). Die Landesregierung hat bei der Ausübung des ihr durch § 42 Abs. 2 zweiter Satz eingeräumten Handlungsermessens insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass das Gesetz - wie aus § 41 Abs. 3 zweiter Satz iVm § 8 Abs. 1 StPEG hervorgeht - von einem die Auflassung nahe legenden Missverhältnis zwischen Schülerzahl und Aufwand für die Schule ausgeht, wenn die gesetzlich normierte Mindestzahl von 200 Schülern nicht erreicht wird.

Da nach den - insoweit übereinstimmenden - Ausführungen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei außer Zweifel steht, dass die gegenständliche Hauptschule diese Mindestschülerzahl bei weitem nicht erreicht, hat die belangte Behörde von ihrem Handlungsermessen in diesem Sinne - unbedenklich - Gebrauch gemacht.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Gesichtspunkte der Raumordnung und der wirtschaftlichen Auswirkungen der Auflassung der Hauptschule sind - angesichts des Umstandes, dass die gesetzlich festgelegte Mindestzahl von 200 Schülern bei weitem nicht erreicht wird - schon deshalb nicht geeignet Fehler der Ermessensübung durch die belangte Behörde aufzuzeigen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-72734