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VwGH vom 29.01.2013, 2010/05/0192

VwGH vom 29.01.2013, 2010/05/0192

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden der H GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64-5000/2008 u.a., betreffend Versagung von Gebrauchserlaubnissen nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung über den Kostenersatz wird vorbehalten.

Begründung

Im vorliegenden Fall geht es um Gebrauchserlaubnisse für sogenannte "City-Light-Vitrinen" an den Standorten Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teil 1), Wien 22, Schröderingerplatz 2 (Teil 2), Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teil 3), Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teil 4), Wien 23, Breitenfurter Straße 368, Wien 23, Breitenfurter Straße 360-368 (Teil 1) und Wien 23, Breitenfurter Straße 360-368 (Teil 2).

Hinsichtlich der Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2009/05/0169-0175 (hier betreffend das Verfahren zur Zl. 2009/05/0171) zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Versagung der Gebrauchserlaubnisse durch die belangte Behörde mit Bescheiden vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Versagung hatte sich jeweils darauf gestützt, dass dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, nämlich Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes, entgegenstünden. Die Aufhebung erfolgte, weil sich die belangte Behörde ausschließlich auf Äußerungen in einem Amtssachverständigengutachten gestützt hat, das sich nicht konkret mit dem Vorbringen im von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten auseinandergesetzt hatte und auch im Übrigen unzureichend war.

Im weiteren Verfahren holte die belangte Behörde Stellungnahmen der Magistratsabteilung 19 (MA 19-Architektur und Stadtgestaltung) ein, zu denen der Beschwerdeführerin Parteiengehör gewährt wurde. Eine Äußerung wurde nicht abgegeben.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die Gebrauchserlaubnisse gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 iVm § 2 Abs. 2 leg. cit. neuerlich versagt. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die MA 19 habe nach ausreichender Befundaufnahme dargestellt, aus welchen stadtgestalterischen Überlegungen die Errichtung der Anlage am jeweiligen Standort den entsprechenden Kriterien nicht genüge. Sie sei auch auf die Privatgutachten des Mag. R. ausreichend eingegangen. Die Gutachten der MA 19 stellten somit klar und nachvollziehbar dar, aus welchen Gründen die Aufstellung der Werbeanlagen das Stadtbild jeweils beeinträchtigte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 ist die Gebrauchserlaubnis u.a. dann zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie u.a. Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes, entgegenstehen.

Zunächst ist festzuhalten, dass entgegenstehende öffentliche Rücksichten im Sinne der genannten Bestimmung bereits dann vorliegen, wenn auch nur ein entsprechender Umstand als solcher Gesichtspunkt des Stadt- und Grünlandbildes zum Tragen kommt. Es ist nicht notwendig, dass es mehrere, aus Gründen des Stadt- und Grünlandbildes der Gebrauchserlaubnis entgegenstehende Umstände gibt.

Zu den einzelnen Standorten ist Folgendes auszuführen:

Zum Standort Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teil 1):

Die MA 19 führte in ihrer Stellungnahme vom im Wesentlichen aus, der Aufstellungsort der Werbeanlage befinde sich im hofartigen Platzbereich auf dem Schrödingerplatz im Vorbereich des Amtshauses für den 22. Bezirk. Die Werbeanlage solle als eine von vieren im Vierecksverband im rechten Winkel zur Längserstreckung und Hauptgehrichtung aufgestellt werden. Der Ort sei von jeglichen Werbeanlagen freigehalten, sei Fußgängerzone und werde als Veranstaltungsort genützt. Der Schrödingerplatz sei rechteckig und zwischen Meitnergasse und Donauzentrum gelegen. Der zur Meitnergasse orientierte Platzbereich bestehe aus einer aufwendig gestalteten Grünanlage. Der größere Teil der Platzfläche vor dem Amtshaus sei geprägt durch ein spezielles Muster der Oberfläche. An den vier Eckpunkten sei die Platzfläche mit Blauglockenbäumen akzentuiert, worunter sich Sitzbereiche befänden. Von der Mittelachse des Platzes, links verschwenkt, entwickle sich eine gärtnerisch gestaltete Stiegen- und Rampenanlage, die den Vorbereich des Donauzentrums darstelle. Die Werbeanlage würde die Sicht auf die Platzgestaltung, die Grünanlage und die Fassaden der prägnanten, kulturhistorisch bedeutenden Architektur verstellen. Der Schrödingerplatz biete visuelle Ruhe und Erholung. Ein Werbeträger würde dies beeinträchtigen, weil Werbeanlagen visuell dominante, naturgemäß auffällige Bildinhalte transportierten. Der Schrödingerplatz sei durch seine gegebenen Begrenzungen und Elemente gestalterisch klar definiert und von dem umgebenden stadträumlichen Bereich abgegliedert. Die freie Überblickbarkeit des Platzes sei für ein angemessenes Raumerlebnis erforderlich. Die klare Definition des Vorbereiches des Bezirksamtes sowie des Vorbereiches eines Einganges in das Donauzentrum würde "verunklärt" und die freie Überblickbarkeit durch Verstellen "verunmöglicht". Die Werbeanlage würde die Sicht auf das gestalterisch relevante und kulturhistorisch bedeutende Donauzentrum verstellen, weiters auf die Platz- und Grüngestaltung. Sie würde einen störenden Fremdkörper in dem stadtstrukturell zeittypischen Ort darstellen. Zum Gutachten des Mag. R. führte die MA 19 aus, die Aufzählung von unterschiedlichen Elementen in der Ortsbeschreibung solle offensichtlich den größeren gestalterischen Zusammenhang des Donauzentrums und des zeitgleich errichteten Umfeldes leugnen. Die zeittypische Architektursprache und Stadtstruktur werde nicht beachtet. Gestaltungsordnungen auf einer solchermaßen verfehlten Auffassung des Ortes hätten keine architektonisch-fachliche Relevanz. Die Orientierung an vor Ort vorgefundenen Elementen und Konstruktionslinien könne dies nicht ausgleichen.

In der Beschwerde wird dazu dargelegt, es sei unverständlich, dass die Werbeanlage (gemeint seien wohl alle vier Werbeanlagen am Schrödingerplatz) in sämtliche Richtungen gewissermaßen alles verstellen solle. Wenn auch der Amtssachverständige mit der Beurteilung des Schrödingerplatzes durch den Privatgutachter nicht übereinstimme, könne daraus die mangelnde architektonischfachliche Relevanz nicht abgeleitet werden.

Die MA 19 hat nachvollziehbar dargestellt, dass eine Werbeanlage die visuelle Ruhe und Erholung des Ortes stören würde. Darüber hinaus hat sie erläutert, dass die Sicht auf die Platzgestaltung, die Grünanlagen und die Fassaden für das örtliche Stadtbild prägend ist und diese Sicht verstellt würde. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie ihre Entscheidung auf den Grundlagen der Ausführungen der MA 19 getroffen hat.

Die Beschwerde hinsichtlich des Standortes Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teil 1) erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Zu den Standorten Wien 22, Schrödingerplatz 2 (Teile 2, 3 und 4):

Die Ausführungen der MA 19 gleichen jenen zu dem zuvor behandelten Standort Wien 22, Schrödingerplatz 2, Teil 1. Die Beschwerde macht nicht geltend, weshalb hinsichtlich dieser Standorte die Ausführungen der MA 19 über die Beeinträchtigung des Ortsbildes nicht zutreffend sein sollten. Der Umstand allein, dass die Stellungnahmen weitgehend gleichlautend sind, verschlägt nichts.

Die Beschwerde erweist sich aus den oben genannten Gründen somit auch hinsichtlich der Standorte Wien 22, Schrödingerplatz 2, Teile 2, 3 und 4, als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Zum Standort Wien 23, Breitenfurter Straße 368:

In ihrer Stellungnahme vom legte die MA 19 im Wesentlichen dar, die Vitrine solle im Gehsteigbereich vor dem links des auskragenden, mittleren Bauteils der Häuser 360-368 befindlichen Trakt normal zur Gehsteigkante errichtet werden. Der Aufstellungsort liege in der Breitenfurter Straße auf dem Liesinger Anger gegenüber dem Liesinger Platz. Die Gründe der ehemaligen Liesinger Brauerei erführen zur Zeit eine Neubebauung. Damit einhergehend werde der Liesinger Anger neu gestaltet. Auf städtebaulicher Ebene bestehe das Ziel, den baulich heterogenen und von verkehrlichen Maßnahmen dominierten Platz aufzuwerten und Aufenthaltsqualitäten zurückzugewinnen. Das Gestaltungskonzept fuße auf dem Ergebnis eines Architektenwettbewerbes. Der betroffene Gehsteigbereich werde umgestaltet und durch Baumpflanzungen bereichert. Dem Gutachten sind Fotos von der Ortserhebung angeschlossen, auf denen diverse Baumaßnahmen zu sehen sind. Die MA 19 führte weiters aus, die Werbeanlage würde die Sicht auf die neuen Architekturen der Liesinger Brauerei und auf die prägende Bau- und Raumstruktur des Liesinger Angers mit der dazugehörenden Neugestaltung verstellen. Durch die visuell dominanten, naturgemäß auffälligen Bildinhalte einer Werbeanlage würde die Grün- und Erholungsfunktion des Ortes beeinträchtigt. Die Vitrine würde einen störenden Fremdkörper auf dem stadtstrukturell bedeutenden Liesinger Anger darstellen. In dem Gebiet, das überwiegend Wohnnutzung aufweise, sei die Anzahl der Werbeanlagen auf die unbedingt erforderlichen zu beschränken. Dies wäre durch die Vitrine nicht der Fall. Zum Gutachten des Mag. R. führte die MA 19 im Wesentlichen aus, Ziel auf städtebaulicher Ebene sei die Vereinheitlichung und Zusammenfassung des Bereiches, nicht die Dreiteilung des Platzes. Es solle ein Bezirkszentrum mit verbesserter Aufenthaltsqualität erlangt werden. Die Beschreibung fuße auf einer veralteten Situation und berücksichtige nicht die neue Planung.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der Amtssachverständige die Unverträglichkeit mit dem Ortsbild an Hand von erst zukünftig zu errichtenden Gebäuden beurteile. Es sei aber ausschließlich der aktuelle Stand ausschlaggebend. Folglich sei die Kritik am Privatgutachten irrelevant, da sich dieses richtigerweise am aktuellen Stand orientiere.

Den Beschwerdeausführungen ist insofern Recht zu geben, als die belangte Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung anzuwenden hatte und bei der Beurteilung des Ortsbildes grundsätzlich nicht auf zukünftige Bauten abzustellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0230). In der Beschwerde wird allerdings nicht darauf eingegangen, dass nach den durch Fotos untermauerten Ausführungen der MA 19 entsprechende Baumaßnahmen bereits im Gange sind. Wenn aber somit das alte Ortsbild nicht mehr existiert und derzeit ein Provisorium vorhanden ist, verschlägt es nichts, wenn die belangte Behörde auf jenen Zustand abgestellt hat, der sich nach dem Ende der Baumaßnahmen, die das Ortsbild verändern, ergeben wird. Die Beschwerde legt nicht dar, dass, ausgehend von diesem Endzustand, die Ausführungen der MA 19 unzutreffend wären.

Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich des Standortes Wien 23, Breitenfurter Straße 268, somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Zu den Standorten Wien 23, Breitenfurter Straße 360-368 (Teil 1 und Teil 2):

Bezüglich dieser Standorte gleichen die Ausführungen der MA 19 und das Beschwerdevorbringen jenen Darlegungen, die zuvor zum Standort Wien 23, Breitenfurter Straße 368, angeführt wurden.

Aus den zum Standort Wien 23, Breitenfurter Straße 368, dargestellten Gründen erweist sich die Beschwerde auch hinsichtlich der Standorte Wien 23, Breitenfurter Straße 360-368 (Teil 1 und Teil 2), als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Beschwerde und auch die Gegenschrift beziehen sich auf weitere angefochtene Bescheide (hg. Zlen. 2010/05/0187-0191 und 0193-0195). Die Entscheidung über den Kostenersatz war daher vorzubehalten.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-72733