VwGH vom 10.12.2013, 2010/05/0184

VwGH vom 10.12.2013, 2010/05/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der L GmbH, vertreten durch Mag. Michael Hirm, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herbertstraße 10, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014180/1-2010- Hd/Wm, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei:

Landeshauptstadt Linz in 4040 Linz, Neues Rathaus, Hauptstraße 1- 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom zeigte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz die beabsichtige Errichtung einer elektrisch betriebenen Werbe- oder Ankündigungseinrichtung auf dem Grundstück mit der Adresse K.- Gasse 2 in Linz an. Gemäß den Einreichunterlagen soll die Anlage in Aluminium- und Stahlkonstruktion auf einem Betonfundament errichtet werden und eine Breite von 3,72 m, eine Höhe von 2,73 m, somit eine Fläche von 10,15 m2, eine Tiefe von 0,51 m, einen Abstand vom Fahrbahnrand von ca. 3,25 m und eine Gesamthöhe über dem Gehsteig/der Fahrbahn von 6,05 m (Oberkante) bzw. 3,32 m (Unterkante) aufweisen, wobei es sich um eine Frontalanlage mit leuchtender Anzeigefläche handelt.

Der amtliche Sachverständige Mag. Ing. L. verfasste dazu ein Gutachten vom , in dem er zum Ergebnis kam, dass die Errichtung der angezeigten Werbeanlage (mit einer Größe von 3,72 m x 2,73 m) eine Störung des Ortsbildes bewirke und mit der Umgebung nicht vereinbar sei. Die Werbeanlage trete als ortsuntypischer Fremdkörper in Erscheinung. Die Fremdkörperwirkung werde durch die Größe der Werbefläche, die beleuchtete Ausführung sowie die exponierte Anbringung im Straßenraum bewirkt. Zudem werde für einen von Norden bzw. Süden kommenden Betrachter der untere Teil der Bauernberganlagen bzw. des ortsbildprägenden Gebäudes K-Gasse verdeckt. Der Begutachtungsbereich wurde vom Amtssachverständigen innerhalb des Straßenovalschnittes K-Gasse zwischen den Objekten Nr. 4 und 14 sowie dem Straßenzug S-Gasse zwischen den Objekten KW-Straße 33 und S-Gasse 17 begrenzt.

Die Beschwerdeführerin gab dazu eine das Gutachten anzweifelnde Stellungnahme ab.

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz als Baubehörde 1. Instanz untersagte mit Bescheid vom die Errichtung der Werbeanlage wegen Störung des Orts- und Landschaftsbildes.

In der dagegen mit Eingabe vom erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin vorwiegend die Mangelhaftigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen geltend, die sich u.a. aus dem gänzlichen Fehlen von Lichtbildern, der mangelnden Ausarbeitung des "charakteristischen Ortsbildes" sowie der fehlenden Definition des "ortsuntypischen Fremdkörpers" ergebe.

Mit Schriftsatz vom wurde über Anforderung der Berufungsbehörde das Ortsbildgutachten vom Amtssachverständigen Mag. Ing. L. ergänzt und mit einer Lichtbildbeilage sowie einem Lageplan versehen. Demnach handle es sich bei der Werbeanlage (Originalzitate sind im gesamten Erkenntnis ohne Fehlerberichtigung wiedergegeben):

"um eine frei stehende Konstruktion (Werbemast) mit einer Höhe von 3,32 m und einer darauf befindlichen Werbefläche mit einer Breite von 3,82 m und einer Höhe von 2,80 m. Die Tiefe des Leuchtkastens beträgt 0,51 m. Die maximale Höhe der Anlage beträgt laut Baubeschreibung 6,05 m, der Abstand vom Fahrbahnrand beträgt ca. 3,25 m. Die Anzeigefläche tritt beleuchtet in Erscheinung. Die Aufstellung erfolgt unmittelbar an der Grundgrenze zum öffentlichen Gut. Die bestehende Einfriedung des Grundstücks 2667/3 zum öffentlichen Gut wird durch die Werbeanlage überragt. Die Werbefläche wird daher nicht verdeckt, sondern ist in voller Größe im Straßenraum sichtbar."

Auch erweiterte der Sachverständige den Begutachtungsbereich wie folgt:


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-
"K-Gasse zwischen den Objekten K-Gasse 1 und KW Straße 33.
-
S-Gasse zwischen den Objekten S-Gasse 13 und KW-Straße 29.
-
KW-Straße zwischen den Objekten Nr. 28 und 29.
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Guglauffahrt auf einer Länge von ca. 30 m vom Kreuzungspunkt zur K-Gasse".
Die Beschreibung des Orts- und Landschaftsbildes im Sichtbereich nahm der Amtssachverständige folgendermaßen vor:
"Das Umgebungsbild wird bestimmt durch den stark befahrenen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßenzug S-Gasse bzw. ab dem Kreuzungspunkt K-Gasse-S-Gasse-T-Straße-KW-Straße, Richtung Süden durch den Straßenzug K-Gasse. Dieser Kreuzungsbereich ist sternförmig angelegt und weist eine platzartige Erweiterung des Straßenraumes in diesem Bereich auf. Charakteristisch in diesem Bereich ist der Übergang von städtischer Bebauung zu den weitläufigen Bauernberganlagen. Es handelt sich dabei um eine großflächige Parkanlage, die durch großkronige Bäume, Sträucher, Wiesenflächen und einem großzügigen Wegenetz bestimmt wird. Den östlichen für das Ortsbild relevanten Teil bildet dass H-Denkmal, das von Wiesenflächen und Bäumen umgeben ist. Da es sich um einen historischen Garten handelt, der aus baulichen und pflanzlichen Elementen komponiert ist, wurden die Bauernberganlagen unter Denkmalschutz gestellt. Die ehemals vorstädtische Bebauung entlang der zusammen geführten Straßenzüge wurde durch die Westumfahrung weitgehend in seiner Substanz zerstört. Die Straßenräume werden durch mehrgeschoßige Wohnbauten in geschlossener Bauweise begrenzt. Die Bebauung weist kein einheitliches Baualter auf. Markant treten die Gebäude im unmittelbaren Kreuzungsbereich in Erscheinung:
KW Straße 28 = S
-G asse 21:
1913 erbaut durch BM H. Ursprünglich einer der früheren und bemerkenswertesten Genossenschaftsbauten wurde das Gebäude im Krieg schwer beschädigt und in vereinfachter Form wieder errichtet. Geblieben ist die breite Front an der Kreuzung zur S-Gasse, flankiert in den Obergeschoßen durch schmale turmartige Eckerker. Geblieben sind weiters die Versprossung und Proportion der Fenster.
KW-Straße 31-33:
1935 erbaut durch die Architekten Fabigan und Feichtinger. Monumentales Doppelwohnhaus der Zwischenkriegszeit mit leicht konkav gekrümmter Schauseite gegen die Guglauffahrt. Rhythmisch verteilte Fenstergruppen, z.T. gerahmt von kräftigen gekörnten Putzfassaden. Seitliche Portale geschlossene Balkonkuben mit hölzernen Brüstungen und ein schmales Attikaband setzen zusätzliche Akzente. Gegen die K-Gasse weist das Gebäude eine Durchgangsarkade mit Rundbögen auf.
K
-G asse 6-8:
Zweigeschoßige langgestreckte Betriebs- und Wohnhausanlage. Fassadengestaltung in expressionistischen Stilformen. Erdgeschoß ursprünglich mit offenem Arkadenlaubengang, heute vermauert. Obergeschoß glatt gehalten, breite reich versprosste Fenster in zartprofilierten Rahmungen.
Zu den an der Einfriedung des Objektes K-Gasse 4 befindlichen Werbeflächen wird angemerkt, dass diese unter 4m2 sind bzw. konsenslos angebracht wurden."
Die Beurteilung des Amtssachverständigen lautet:
"Für einen innerhalb des Sichtbereichs befindlichen Betrachter ist die Werbeanlage, insbesondere die großflächige Anzeige deutlich sichtbar. Die Werbefläche befindet sich auf einem zentralen Punkt im beschriebenen Straßenraum und hat daher wesentliche Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild im Sichtbereich. Sie verdeckt für einen von Süden kommenden Betrachter einen erheblichen Teil der Begrünung der denkmalgeschützten Bauernberganlagen samt ihrer ortsbildprägenden Ausläufer. für einen von Süden kommenden Betrachter. Ein von Norden kommender Betrachter kann die Bebauung K-Gasse 4-12 nicht mehr wahrnehmen, da diese durch die Werbefläche großteils verdeckt wird. Für einen von Süden kommenden Betrachter wird der ortsbildprägende Ausläufer der Bauernberganlagen verdeckt".
Schlussfolgernd gab der Amtssachverständige an:
"Durch die Errichtung der angezeigten Werbefläche wird das Orts- und Landschaftsbild im Sichtbereich wesentlich verändert. Für einen im Sichtbereich befindlichen Betrachter ergibt sich unter Einbeziehung des vorhandenen Ortsbilds folgender Eindruck:
-
Durch die Werbefläche wird ein erheblicher Teil der charakteristischen Bebauung (K-Gasse 4-12) sowie der ortsbildprägenden Begrünung verdeckt.
-
Durch Größe und Form erhält die Werbeanlage den Charakter einer ortsuntypischen Konstruktion, die durch die zentrale Situierung und die beleuchtete Ausführung als Fremdkörper in Erscheinung tritt.
Das aus der geplanten Werbeanlage resultierende Erscheinungsbild ist mit dem charakteristischen Umgebungsbild des Begutachtungsbereiches nicht zu vereinbaren. Die geplante Werbeanlage bewirkt daher eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes und steht somit den grundsätzlichen Planungsabsichten der Stadt Linz entgegen."
Die Beschwerdeführerin nahm zum ergänzenden Gutachten mit Schriftsatz vom im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass das Gutachten des Amtssachverständigen fachlich unrichtig bzw. unschlüssig sei, und legte zum Beweis dafür ein Ortsbildgutachten von DI G. vom vor. Diesem sei unzweifelhaft zu entnehmen, dass im (aus fachlicher Sicht richtig einzubeziehenden) Umgebungsbild S-Gasse/K-Gasse/W-Straße überhaupt kein einheitliches Ortsbild existiere, welches es zu schützen gelte. Außerdem würden die vom Amtssachverständigen als schützenswert bezeichneten Bauernberganlagen samt Grünanlagen durch die Werbeanlage überhaupt nicht verdeckt.
Der Privatsachverständige gab in seinem Gutachten (auszugsweise) an (Anmerkung: Er ging dabei, da ihm seitens der Behörde zwar der Inhalt des ersten Gutachtens, nicht aber der Name des Verfassers bekannt gegeben worden war, von zwei unterschiedlichen Amtssachverständigen aus):
"… wird festgehalten dass beide Gutachter einen sehr engen Beurteilungsraum, nur den Kreuzungsbereich K-Gasse/S-Gasse/KW Straße/T-Straße als relevant anerkennen. Darüber hinaus sind beide Gutachter bemüht die tatsächlichen Verhältnisse zu beschönigen, in dem sie den Bestand von bestehenden Beeinträchtigungen massiv negieren. Erst im 2. Gutachten der Stadtplanung, erfasst von Mag. Ing. (L.) wird der Begutachtungsraum etwas weiter gefasst, dennoch waren auch dort in der Beschreibung des Ortsbildes nur die Grünanlagen auf der Gugl (Bauernwerkanlagen), die bestehenden Straßen und die Bebauung als relevant angesehen. Auf die übrigen Elemente des Ortsbildes wird nicht eingegangen, obwohl der Antrag nicht ein Bauwerk oder eine Grünanlage betrifft. Die das Ortsbild bildenden und beeinträchtigenden Elemente wie Werbe- und Ankündigungsanlagen werden in beiden Gutachten nicht mit einem einzigen Wort erwähnt, obwohl eine derartige Anlage Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. …
Dass durch die beantragte Werbeanlage ein 'erheblicher Teil der Begrünung der denkmalgeschützten Bauernberganlagen samt ihrer ortsbildprägenden Ausläufer' betroffen wird, kann vom Verfasser des gegenständlichen Gutachtens nicht erkannt und nicht nachvollzogen werden.
Weiters wird seitens der amtstechnischen Sachverständigen ausgeführt, dass ein vom Norden kommender Betrachter die Bebauung K-Gasse 4 bis 12 nicht mehr wahrnimmt. Unter Hinweis auf den schlechten Zustand des Objektes, der in der Fotodokumentation dokumentiert ist, ist zu festzustellen und auch in der folgenden Fotomontage dargestellt, dass die geplante Werbeanlage mit einer Fläche von ca. 10m2 nicht geeignet ist, derartige Auswirkungen auszulösen. Welche Wirkung die bereits vorhandenen Transparente im Ausmaß von ca. 17m2 auf das Ortsbild haben, wird mit keinem einzigen Wort erwähnt.
(Es folgen zwei Fotos des geplanten Aufstellungsortes mit Blick von Nord nach Süd samt Beschriftung, wobei das zweite Foto mittels Fotomontage die geplante Werbeanlage beinhaltet)
Auch die übrigen Elemente des Ortsbildes wie Verkehrszeichen, Ampeln, Beleuchtungskörper, Bänke, Müllinseln, sollten qualitativ mehr Aufmerksamkeit erfahren.
(Es folgen zwei Fotos des geplanten Aufstellungsortes mit Blick von Süd nach Nord samt Beschriftung, wobei das zweite Foto mittels Fotomontage die geplante Werbeanlage beinhaltet)
Die gegenständliche und beantragte Werbeanlage stellt daher keine Beeinträchtigung des Ortsbildes in dem bezeichneten Straßenzug dar, sondern kann durchaus als Beispiel einer zeitgemäßen und zukunftsträchtigen Art der Werbung und Information verstanden werden."
Diesem Gutachten sind ein Lageplan, ein Stadtplanausschnitt, eine umfangreiche Fotodokumentation und der Einreichplan angeschlossen.
Mit Bescheid vom wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz als Baubehörde 2. Instanz die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.
Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und sämtlicher Gutachten ausgeführt, dass bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten eines Amtssachverständigen und eines Privatgutachters die Behörde nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu prüfen habe, welchem Gutachten höherer Glaube beizumessen sei. Weiters habe sie in schlüssiger Weise darzulegen, welche Erwägungen dafür maßgebend gewesen seien, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen. Der Amtssachverständige habe den Beurteilungsbereich zutreffend mit dem Sichtbereich, in dem die gegenständliche Werbeanlage auf jeden Fall optisch wahrnehmbar sei, eingegrenzt. Der dargestellte (im Privatgutachten als sehr eng bezeichnete) Beurteilungsbereich decke sich in diesem "Kernbereich" auch örtlich mit den - diesbezüglich allerdings nicht weiter begründeten - Ausführungen im Privatgutachten. Jedoch seien die im Privatgutachten von DI G. angeführten weiteren Werbeanlagen allesamt (weit) außerhalb des Sichtbereichs der verfahrensgegenständlichen Werbeanlage situiert, weshalb diese Anlagen in die konkrete ortsbildtechnische Beurteilung jedenfalls nicht aufzunehmen seien.
Die Berufungsbehörde sehe sich anhand der vorliegenden Fotodokumentation insofern zu einer Korrektur veranlasst, als die Ausführungen des Amtssachverständigen bezüglich der "Verdeckung eines erheblichen Teils der Bauernberganlagen sowie der Bebauung K-Gasse 4-12" in dieser Form nicht nachvollzogen werden könnten, sondern vielmehr von einer "teilweisen" optischen Abdeckung - je nach Blickwinkel des Betrachters - auszugehen sei.
Dass das Ortsbild im fraglichen Bereich bereits derart verunstaltet wäre, dass ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik völlig fehlen würde, sei nicht nachvollziehbar. Auch das von der Beschwerdeführerin im vorgelegten Privatgutachten argumentierte Vorhandensein anderer störender Werbeeinrichtungen führe nicht zu der Annahme, dass ein erhaltenswertes Orts- und Landschaftsbild nicht mehr gegeben sei. Außerdem handle es sich bei den im Gutachten des Privatsachverständigen angeführten sonstigen Werbeanlagen innerhalb des Begutachtungsbereiches allesamt um solche, die einerseits eine Anzeigefläche von weniger als 4 m2 aufweisen und somit keiner baubehördlichen Anzeigepflicht unterliegen würden bzw. die andererseits laut behördlicher Recherche ohne entsprechenden Baukonsens errichtet worden seien und somit konsenslos bestünden.
Die vom Amtssachverständigen prognostizierte Fremdkörperwirkung und die daraus resultierende Ortsbildstörung ließen sich anhand der auf den Seiten 13 und 14 des Privatgutachtens abgebildeten Fotomontagen schlüssig nachvollziehen.
Im Ergebnis entspreche daher nach Ansicht der Berufungsbehörde das im gegenständlichen Verfahren von der Erstbehörde eingeholte und im Berufungsverfahren ergänzte Gutachten des Amtssachverständigen den an ein taugliches Gutachten gestellten Anforderungen vollinhaltlich. Im Gutachten sei eine ausführliche Begründung, warum die verfahrensgegenständliche Werbeanlage zu einer Störung des Orts- und Landschaftsbildes führe, erfolgt, welche durch die Ausführungen im beigebrachten Privatgutachten nicht hätte widerlegt werden können.
In ihrer Vorstellung machte die Beschwerdeführerin ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen geltend, dass die im Gutachten des Amtssachverständigen vom enthaltenen Angaben zur Größe der Werbefläche mit einer Breite von 3,32 m und einer Höhe von 2,80 m im krassen Widerspruch zu den vorgelegen Einreichplänen und zum ersten Amtssachverständigengutachten stünden, da in diesen die Breite der Werbefläche mit 3,72 m und die Höhe mit 2,73 m angegeben worden sei. Auch habe der Amtssachverständige weder begründet noch bewiesen, dass die Werbefläche an der Einfriedung des Objektes K-Gasse 4 unter 4 m2 bzw. konsenslos angebracht worden sei. Auch sei der Sachverständige nicht auf die zahlreichen Werbeflächen und Transparente zumindest im Bereich der Ostansicht des Hauses K-Gasse 6-8, in dessen Nahebereich die Aufstellung der gegenständlichen Werbeanlage beabsichtigt sei, eingegangen. Außerdem sei die Berufungsbehörde durch die Feststellung, dass die Ausführungen des Amtssachverständigen bezüglich der Verdeckung eines erheblichen Teiles der Bauernberganlagen sowie der Bebauung K-Gasse 4-12 in dieser Form nicht nachvollzogen werden könnten, selbst von der Unrichtigkeit der Ausführungen des Amtssachverständigen ausgegangen. Weiterhin seien die Begriffe "ortsuntypische Konstruktion" oder "charakteristische Bebauung" nicht näher definiert worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge. Zum Einwand der falschen Größenangaben im zweiten Amtssachverständigengutachten gab die Vorstellungsbehörde an, dass der Amtssachverständige die im Vorstellungsschriftsatz bemängelten Zahlen irrtümlich angeführt habe. Dies ergebe sich schon daraus, dass derselbe Amtssachverständige in seiner Beurteilung vom von den richtigen Ausmaßen ausgegangen sei und keinerlei Hinweise bestünden, wonach sich dadurch in der Beurteilung der Werbeeinrichtung etwas geänderte hätte. Entgegen der Auffassung der Vorstellungswerberin ergebe sich nach dem Befund des Amtssachverständigen sehr wohl ein charakteristisches Erscheinungsbild für das betroffene Gebiet. Die Berufungsbehörde habe dem Gutachten des Amtssachverständigen nach freier Beweiswürdigung höheren Glauben beigemessen und auch in der Begründung schlüssig dargelegt, welche Erwägungen dafür maßgeblich gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben. Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen gegen die Schlüssigkeit des der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Gutachtens. Erst dann, wenn das Gutachten des Amtssachverständigen schlüssig erscheine, sei von der Behörde auf der Beweiswürdigungsebene zu prüfen, ob dem Gutachten des Amtssachverständigen oder dem Privatgutachten der Partei der Vorzug zu geben sei. Berücksichtige man die von der belangten Behörde selbst erkannten "Schwächen" im Gutachten des Amtssachverständigen, sei keinesfalls nachvollziehbar, warum dann diesem Gutachten (und nicht dem völlig widerspruchsfreien Privatgutachten der Beschwerdeführerin) zu folgen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
In der Gegenschrift der mitbeteiligten Landeshauptstadt wird zu den weiteren in der Umgebung des geplanten Errichtungsortes vorhandenen Werbeflächen ergänzt, der Amtssachverständige habe in Form von Nachforschungen hinsichtlich konsentierter Objekte im Bauaktenarchiv der Stadt Linz recherchiert, dass diese Werbeanlagen einerseits eine Anzeigenfläche von weniger als 4 m2 aufwiesen und somit keiner baubehördlichen Anzeigepflicht unterlägen bzw. ohne entsprechenden Baukonsens errichtet worden seien und somit konsenslos bestünden.
Die Beschwerdeführerin replizierte. Die Behauptung, dass der Amtssachverständige Nachforschungen hinsichtlich weiterer (konsentierter) Werbeobjekte im Bauaktarchiv der Stadt Linz angestellt hätte, sei erstmals (und damit verspätet) in der Gegenschrift erfolgt. Außerdem wäre es an der mitbeteiligten Landeshauptstadt gelegen, diese Akten aus dem Bauaktarchiv zum Beweis ihrer Behauptungen vorzulegen, was nicht erfolgt sei.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall war im Hinblick auf den für die Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung des Berufungsbescheides am die O.ö. Bauordnung 1994 (O.ö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, idF LGBl. Nr. 36/2008 anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
"§ 27
Sonderbestimmungen für Werbe- und Ankündigungseinrichtungen

(1) Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art (Tafeln, Schaukästen, Anschlagsäulen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise und dgl.) und deren Beleuchtung dürfen ungeachtet des für den Aufstellungsort geltenden Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans errichtet werden, sofern dieser eine solche Errichtung nicht ausdrücklich ausschließt. Sie müssen so errichtet oder angebracht werden und in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff so beschaffen sein, daß sie die Sicherheit nicht gefährden und ihr Erscheinungsbild das Orts- und Landschaftsbild nicht stört. Einem Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan im Sinn des ersten Satzes gleichzuhalten ist eine Erklärung zum Neuplanungsgebiet, die zum Zweck der Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplans verordnet wurde, mit dem die Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen ausdrücklich ausgeschlossen werden soll.

(2) Die beabsichtigte Errichtung, Anbringung oder wesentliche Änderung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen

1. mit elektrisch betriebener, leuchtender oder beleuchteter Werbe- oder Anzeigefläche oder

2. mit insgesamt mehr als 4 m2 Werbe- oder Anzeigefläche ist der Baubehörde vor Ausführung des Vorhabens anzuzeigen.

(3) Für die Bauanzeige und das baubehördliche Anzeigeverfahren gelten § 25 Abs. 3 erster Satz und Abs. 4 Z. 3, § 25a Abs. 2 und 4 sowie § 28 Abs. 3; § 25a Abs. 1 gilt mit der Maßgabe, daß eine Untersagung der Ausführung des angezeigten Vorhabens nur wegen eines Widerspruchs zu Abs. 1 erfolgen kann.

§ 25a

Anzeigeverfahren

(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn

1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen oder

2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 2 festgestellt werden oder

3. das angezeigte Bauvorhaben einer Bewilligung nach § 24 Abs. 1 bedarf.

Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Baubehörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt. "

Unter einem Ortsbild versteht man in erster Linie die bauliche Ansicht eines Ortes oder Ortsteiles, gleichgültig ob nun die Betrachtung von innen oder von einem Standpunkt außerhalb des Ortes erfolgt. Geprägt wird dieses Ortsbild grundsätzlich von den baulichen Anlagen eines Ortes selbst. Damit ergibt sich, dass auch der Schutz des Ortsbildes mit den baulichen Anlagen eines Ortes untrennbar verbunden ist, wenn auch in diesem Zusammenhang Gesichtspunkte miteinbezogen werden, die über die Wirkung dieser baulichen Anlagen hinausgehen und etwa auch noch die bildhafte Wirkung von Grünanlagen, Parklandschaften, Schlossbergen und dergleichen miteinbezogen wird, die neben den baulichen Anlagen dem jeweiligen "Orts- und Stadtbild" das Gepräge geben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0153).

Die Frage der Störung des Ortsbildes (oder Landschaftsbildes) kann nur durch ein begründetes Sachverständigengutachten geklärt werden. Dabei muss der Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten, und es müssen die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Orts- und Landschaftsbildes durch das Gutachten erkennbar sein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/05/0232, und vom , Zl. 2009/05/0235). Nur ein konkret unter architektonischen Gesichtspunkten und Fakten näher begründetes Gutachten ist geeignet darzutun, dass und warum das Bauvorhaben dem Ortsbild widerspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0326).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten auf Grund eigener Überlegungen mit entsprechender Begründung einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw. Schlüssigkeit den Vorzug geben. Ist sie dazu nicht in der Lage, so kann sie den von ihr bestellten Sachverständigen auffordern, sich mit den Aussagen des (anderen, insbesondere des Privat ) Sachverständigen - gegebenenfalls unter neuerlicher Gewährung von Parteiengehör - im Detail auseinanderzusetzen. Diesfalls kann die Sache (beispielsweise) erst dann im Sinne des § 56 AVG spruchreif sein, wenn die Behörde den beigezogenen Amtssachverständigen dazu veranlasst hat, die gegen sein Gutachten vorgetragene Kritik in jedem einzelnen Punkt in einer auch dem nicht fachkundigen Rechtsanwender einleuchtenden Weise zu widerlegen (oder sein Gutachten dementsprechend zu adaptieren) und den Bescheidverfasser damit in die Lage zu versetzen, die Einsichtigkeit der von der Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen in ebenso einleuchtender Weise detailliert darzustellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0147).

Die Aussagen von Amts- und Privatsachverständigen besitzen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0138).

Verfahrensgegenständlich befasste weder die Berufungsbehörde noch die belangte Behörde den Amtssachverständigen mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gegengutachten.

Nach Ansicht der belangten Behörde habe sich die Berufungsbehörde inhaltlich mit den beiden Gutachten auseinandergesetzt und schlüssig dargelegt, warum sie dem Gutachten des Amtssachverständigen Mag. Ing. L. gefolgt sei. (Anmerkung: Das erste Gutachten des Amtssachverständigen wird als im Ergänzungsgutachten aufgegangen betrachtet, weshalb hier nur von einem Gutachten des Amtssachverständigen die Rede ist.).

Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.

Die Berufungsbehörde - und ihr folgend die belangte Behörde - beanstandete die Ausführungen des Amtssachverständigen hinsichtlich der "Verdeckung eines erheblichen Teiles der Bauernberganlagen sowie der Bebauung K.-Gasse 4-12" als nicht nachvollziehbar; vielmehr sei von einer "teilweisen" optischen Abdeckung, je nach Blickwinkel des Betrachters, auszugehen. Damit qualifizierte die belangte Behörde den zentralen Teil der Beurteilung und Schlussfolgerung des Amtssachverständigen als unschlüssig, ohne jedoch gleichzeitig - auf sachverständiger Grundlage - nachvollziehbar zu begründen, warum trotz Wegfalls dieses Teiles der Entscheidungsgrundlage die Gesamtbeurteilung, dass die geplante Werbeanlage eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes bewirke, unberührt blieb. Schon damit erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

Auch die gemeinsame Charakteristik des Erscheinungsbildes wurde vom Amtssachverständigen nicht ausreichend herausgearbeitet. Der Amtssachverständige hat als charakteristisch lediglich den Übergang von städtischer Bebauung zu den weitläufigen Bauernberganlagen bezeichnet und die unter Denkmalschutz gestellte Parkanlage (Bauernberganlagen) sowie die Gebäude im Sichtbereich näher beschrieben sowie "markante" Gebäude hervorgehoben, ohne jedoch das charakteristische Erscheinungsbild des Beurteilungsgebietes zu definieren (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0326).

Aufgrund der insofern begründeten Einwände hinsichtlich der Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen wäre es Aufgabe der Berufungsbehörde gewesen, den Amtssachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinander zu setzen und insbesondere auch dessen Grundlagen zu erörtern und darzulegen, warum die Annahmen des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht richtig sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/06/0147, und vom , Zl. 2010/05/0232).

Bei diesem Ergebnis war auf die weiteren Beschwerdeausführungen nicht mehr einzugehen.

Da die belangte Behörde die Mängel des der Entscheidung der Berufungsbehörde zugrunde gelegten Gutachtens verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am