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VwGH vom 18.07.2012, 2012/10/0099

VwGH vom 18.07.2012, 2012/10/0099

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2012/10/0132 E

2012/10/0115 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Gemeinde Treglwang, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA6B-09.13-79/2012-14, betreffend Auflassung der Volksschule Treglwang, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Volksschule Treglwang mit Ablauf des Schuljahres 2011/2012 von Amts wegen aufgelassen, wobei sich die belangte Behörde u.a. auf § 7 Abs. 1 und § 42 Abs. 2 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 - StPEG 2004 stützte.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, im Schuljahr 2011/12 werde am Standort der Volksschule Treglwang eine Klasse mit insgesamt elf Schülerinnen und Schülern geführt; nach der Entwicklung der Geburtenzahlen im Volksschulsprengel Treglwang in den Jahren von 2007 bis 2011 (Höchstanzahl der Geburten im Jahr 2009 mit drei Geburten) könne das Schülerzahlkriterium nach § 7 Abs. 1 StPEG 2004 nicht annähernd erreicht werden.

Im Verwaltungsverfahren habe die beschwerdeführende Partei (als gesetzlicher Schulerhalter) im Zuge von Einwendungen gegen die Auflassung der Volksschule (im Wesentlichen) auf schwerwiegende Auswirkungen auf die weitere Ortsentwicklung und die örtliche Infrastruktur, auf den Neubau der Volksschule erst im Jahr 1990, auf die unklare Nachnutzung und darauf hingewiesen, dass die Schülerzahl bis zum Schuljahr 2015/16 ansteigen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Das StPEG 2004, LGBl. Nr. 71/2004 in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 94/2008, lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 3

Parteien

In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu.

(…)

§ 6

Errichtungspflicht

Die Errichtung der öffentlichen Volks und Hauptschulen, der öffentlichen Sonderschulen und der den öffentlichen Volks oder Hauptschulen bzw. Polytechnischen Schulen allenfalls anzuschließenden Sonderschulklassen sowie der Polytechnischen Schulen, soweit diese an Pflichtschulen im Sinne dieses Gesetzes angeschlossen sind oder als selbstständige Schulen errichtet werden, sowie deren Bestimmung als ganztägige Schulform obliegt den Gemeinden als gesetzlichen Schulerhaltern. Öffentliche Sonderschulen, für die als Pflicht oder Berechtigungssprengel das Landesgebiet festgesetzt wird, sind vom Land als gesetzlichem Schulerhalter zu errichten. In diesen Fällen obliegt es dem Land, die Sonderschule als ganztägige Schulform zu bestimmen.

§ 7

Öffentliche Volksschulen

(1) Öffentliche Volksschulen haben überall dort zu bestehen, wo sich in einer Gemeinde oder in Teilen derselben nach einem dreijährigen Durchschnitt mindestens 30 schulpflichtige Kinder befinden, sofern für sie unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse nicht ein zumutbarer Schulweg zu einer benachbarten Volksschule besteht.

(…)

§ 13

Behördenzuständigkeit und Verfahren

(1) Die Errichtung von Pflichtschulen und Expositurklassen sowie von Schülerheimen nach § 12 und die Bestimmung von Pflichtschulen als ganztägige Schulformen durch Gemeinden bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. Vor Erteilung der Bewilligung ist dem Bezirksschulrat (Kollegium) und dem Landesschulrat (Kollegium) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei der Bestimmung von Pflichtschulen als ganztägige Schulformen sind die betroffenen Erziehungsberechtigten und Lehrer zu hören. Die Bewilligung zur Errichtung von Pflichtschulen darf nicht verweigert werden, wenn die in den §§ 7 bis 11 genannten Voraussetzungen vorliegen; die Bewilligung zur Errichtung von Schülerheimen darf nicht verweigert werden, wenn die ordnungsgemäße Unterbringung der Schüler in diesen Heimen sichergestellt ist.

(2) Die Bewilligung wird auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters erteilt, der die Durchführung der nach Abs. 1 erforderlichen Anhörungen sowie für die Schulerrichtung das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 7 bis 11) nachzuweisen hat.

(…)

§ 41

Auflassung, Stilllegung und Aufhebung der Bestimmung als

ganztägige Schulform

(1) Unter Auflassung von Pflichtschulen ist die Aufhebung ihrer Gründung zu verstehen und unter Stilllegung die vorübergehende Einstellung des Unterrichtes, ohne dass die Auflassung der Schule erfolgt.

(2) Die Auflassung und Stilllegung einer Pflichtschule (Expositurklasse) sowie die Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform obliegen dem gesetzlichen Schulerhalter.

(3) Eine bestehende Pflichtschule (Expositurklasse) kann aufgelassen werden, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand (§§ 7 bis 11) nicht mehr vorliegen. Eine Pflichtschule ist aufzulassen, wenn ihr Weiterbestehen wegen Rückganges der Schülerzahl und infolge des damit nicht im gleichen Verhältnis abfallenden Aufwandes für die Schule (Expositurklasse) auf die Dauer nicht mehr gerechtfertigt werden kann.

(…)

§ 42

Behördenzuständigkeit und Verfahren

(1) Die Auflassung und die Stilllegung einer bestehenden Pflichtschule (Expositurklasse) sowie die Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. Vor Erteilung der Bewilligung ist dem Bezirksschulrat (Kollegium) und dem Landesschulrat (Kollegium) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und sind bei Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform betroffene Erziehungsberechtigte und Lehrer zu hören.

(2) Die gemäß Abs. 1 erforderliche Bewilligung wird auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters erteilt, der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Auflassung bzw. Stilllegung nachzuweisen hat. Die Landesregierung kann nach Anhörung des Landesschulrates die Auflassung sowie die Stilllegung einer Pflichtschule auch von Amts wegen anordnen, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand nicht mehr gegeben sind.

(…)"

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, angesichts der Schülerzahl im Schuljahr 2011/12 und der Geburtszahlenentwicklung im Volksschulsprengel erfülle die Volksschule Treglwang das Schülerzahlkriterium des § 7 Abs. 1 StPEG 2004 nicht.

Die Beschwerde bestreitet diese Annahmen betreffend die Schülerzahl der Volksschule Treglwang nicht, sondern führt vielmehr aus, der in § 7 Abs. 1 StPEG 2004 geforderte dreijährige Durchschnitt von mindestens 30 schulpflichtigen Kindern sei "im Gemeindegebiet noch nie erreicht" worden. Im Weiteren bringt die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, nach einer Stellungnahme ihres Bürgermeisters vom werde es an der Schule im Schuljahr 2012/13 15 Kinder und in den Schuljahren 2013/14 und 2014/15 jeweils 12 Kinder geben; erst im Schuljahr 2015/16 werde die Schülerzahl voraussichtlich auf neun sinken.

Darüber hinaus umfasst die Beschwerde Vorbringen zu dem mit der Auflassung der Schule bzw. mit deren Weiterbestehen verbundenen Aufwand. In der Verfahrensrüge macht die beschwerdeführende Partei geltend, ihr sei weder der im angefochtenen Bescheid erwähnte "Regionale Bildungsplan für die Steiermark" noch die erwähnte Stellungnahme des Landesschulrates zur Kenntnis gebracht worden, sodass sie darauf nicht eingehen habe können.

Mit diesem Vorbringen wird allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Anzusetzen ist bei § 42 Abs. 2 zweiter Satz StPEG 2004, wonach die Landesregierung (u.a.) die Auflassung einer Pflichtschule auch von Amts wegen anordnen kann, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand nicht mehr gegeben sind. Solcher Art begründet das Gesetz eine Zuständigkeit der Landesregierung, die der durch § 41 Abs. 3 erster Satz StPEG 2004 eingeräumten Ermächtigung des gesetzlichen Schulerhalters entspricht, eine Pflichtschule aufzulassen, "wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand (§§ 7 bis 11) nicht mehr vorliegen". Nun enthält der hier in Betracht kommende § 7 StPEG 2004 (betreffend Öffentliche Volksschulen) Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen in einer Gemeinde oder in Teilen derselben eine öffentliche Volksschule zu bestehen hat, also eine "Errichtungspflicht" (und - daraus folgend - die Pflicht zur Erhaltung) im Sinne des § 6 StPEG 2004 besteht. Auch in der gesetzlichen Vorschrift, die die Voraussetzungen der Bewilligung der Landesregierung für die Errichtung einer Pflichtschule durch den Schulerhalter betrifft (§ 13 Abs. 2 StPEG 2004), ist davon die Rede, dass der Schulerhalter das Vorliegen "der gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 7 bis 11)" nachzuweisen hat.

Mit den in § 42 Abs. 2 zweiter Satz StPEG 2004 bezogenen "Voraussetzungen" für den Bestand" meint das Gesetz somit die in §§ 7 bis 11 StPEG 2004 normierten Tatbestandsvoraussetzungen der (Pflicht zur) Errichtung einer Pflichtschule. Daraus folgt, dass die Landesregierung die Auflassung einer Volksschule von Amts wegen dann anordnen kann, wenn diese Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind, nämlich dann, wenn sich in der Gemeinde (bzw. im betreffenden Schulsprengel) nach einem dreijährigen Durchschnitt nicht mindestens dreißig Kinder befinden, für die kein zumutbarer Schulweg zu einer benachbarten Volksschule besteht. Dabei ist der Landesregierung ein Handlungsermessen eingeräumt, bei dessen Ausübung sie insbesondere auf den Umstand Bedacht zu nehmen hat, dass das Gesetz - wie aus § 41 Abs. 3 zweiter Satz iVm § 7 StPEG 2004 folgt - von einem die Auflassung nahe legenden Missverhältnis zwischen Schülerzahl und Aufwand für die Schule ausgeht, wenn sich in der Gemeinde bzw. im betreffenden Schulsprengel nicht mindestens dreißig Kinder befinden, für die kein zumutbarer Schulweg zu einer benachbarten Volksschule besteht.

Da nach den - insofern übereinstimmenden - Ausführungen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei außer Zweifel steht, dass die gegenständliche Volksschule diese Mindestschülerzahl bei weitem nicht erreicht, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid von ihrem Handlungsermessen in diesem Sinne - unbedenklich - Gebrauch gemacht.

Die in der Beschwerde enthaltene Verfahrensrüge ist schon deshalb nicht berechtigt, weil darin nicht ausgeführt wird, welches weitere Vorbringen die beschwerdeführende Partei erstattet hätte, wenn ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden wäre; es wird somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

An diesem Ergebnis könnte es auch nichts ändern, wenn die gegenständliche Volksschule - wie dies die beschwerdeführende Gemeinde vorbringt - die gesetzliche Mindestschülerzahl tatsächlich von Anfang an nie erreicht hätte. Mit der Formulierung "wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand nicht mehr gegeben sind" in § 42 Abs. 2 letzter Satz StPEG 2004 stellt das Gesetz auf den Normalfall ab, dass die bei Errichtung der Schule gegebenen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber gerade solche Schulen, die nie eine ausreichende Schülerzahl erreicht haben, mit einer höheren Bestandskraft ausstatten wollte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese nach § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-72663