VwGH vom 17.12.2014, 2012/10/0092
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des H H in G, vertreten durch Mag. Christoph Stöhr, Rechtsanwalt in 4810 Gmunden, Franz Karl Fellinger-Gasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N- 106234/7-2012-Mö/Gre, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Berufung auf § 25 Abs. 4 und 5 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001) den Antrag des Beschwerdeführers auf naturschutzbehördliche Bewilligung der Errichtung eines Steges am Nordufer des Großen Ödsees hinsichtlich des "als Altbestand festgestellten Teiles des langen Steges" zurück und hinsichtlich "der Verlängerung des Steges" ab. Des Weiteren wies die belangte Behörde den Antrag auf naturschutzbehördliche Bewilligung der Errichtung einer Bootshütte am Nordufer des Großen Ödsees zurück.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid begründend aus, dass der Große Ödsee im Rahmen der Seen-Naturschutzgebieteverordnung, LGBl. Nr. 9/1965 idF LGBl. Nr. 11/2001, als Naturschutzgebiet festgestellt worden war. Der dem Verfahren beigezogene Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz habe u.a. nachfolgende Seeeinbauten als Eingriff in den Schutzzweck gewertet: Am Nordufer des Großen Ödsees eine zur Gänze im See errichtete Bootshütte, östlich davon ein langer Holzsteg, wobei besonders der äußere, etwas tiefer gelegene Teilbereich als neue Konstruktion zu erkennen sei, am Ostufer vorgelagert im Seenbereich ein Holzfloß bzw. eine Holzplattform. Laut der fachlichen Ausführungen zeichneten sich sowohl der Große, als auch der Kleine Ödsee durch ihre Naturbelassenheit inmitten einer vergleichsweise abgeschiedenen Gegend aus und seien (außer für Fahrtberechtigte) lediglich zu Fuß erreichbar. Die Einbauten seien deutlich als anthropogene Konstruktionen, die in erster Linie der Freizeitnutzung dienten, wahrzunehmen und stünden damit der Naturbelassenheit der Seen und deren Uferzonen entgegen.
Dieses Gutachten sei dem Beschwerdeführer übermittelt worden, der eine Stellungnahme und Nachweise eines rechtmäßigen Altbestandes vorgelegt habe. Aufgrund von Zeugenaussagen könne davon ausgegangen werden, dass sowohl die Bootshütte, als auch der Steg bereits vor dem (Nachweis eines Altbestandes gemäß der verwaltungsgerichtlichen Judikatur) bestanden hätten. In dieser Stellungnahme habe der Beschwerdeführer u.a. den Antrag gestellt, aufgrund des Altbestandes die Errichtung eines langen Steges am Nordufer des Großen Ödsees sowie die Errichtung einer Bootshütte am Nordufer des Großen Ödsees bescheidmäßig zu genehmigen.
Der abermals beigezogene Amtssachverständige führte dazu in einer weiteren Stellungnahme aus, dass sowohl hinsichtlich der Bootshütte, als auch hinsichtlich des Steges am Nordufer des Großen Ödsees von Altbeständen auszugehen sei bzw. es sich um Sanierungen dieser Altbestände handle. Hinsichtlich des großen Steges scheine jedoch eine deutliche Verlängerung um etwa die doppelte Länge erfolgt zu sein. Die neue Konstruktion (Verlängerung) wirke im Landschaftsbild maßgeblich, da die optische Wirkung dieses anthropogenen Elements aufgrund der etwaigen Verdoppelung der Baumasse wesentlich weiter in den See hineinrage und somit die Wahrnehmbarkeit deutlich erhöht sei.
Gegen die bescheidmäßige Abweisung des Antrages hinsichtlich der Verlängerung des alten Steges richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 30/2010, lauten:
"§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
3. Eingriff in ein geschütztes Gebiet oder Objekt:
vorübergehende oder dauerhafte Maßnahme, die nicht unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet oder -objekt oder im Hinblick auf den Schutzzweck bewirken kann oder durch mehrfache Wiederholung oder Häufung derartiger Maßnahmen voraussichtlich bewirkt; ein Eingriff liegt auch dann vor, wenn die Maßnahme selbst außerhalb des Schutzgebietes oder -objektes ihren Ausgang nimmt;
...
§ 25
Naturschutzgebiete
(1) Gebiete,
1. die sich durch völlige oder weitgehende Ursprünglichkeit oder Naturnähe auszeichnen ...
...
können durch Verordnung der Landesregierung zu
Naturschutzgebieten erklärt werden, wenn das öffentliche Interesse
am Naturschutz alle anderen Interessen überwiegt.
...
(3) Die Landesregierung hat in einer Verordnung nach Abs. 1 festzulegen:
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1. | die Grenzen des Naturschutzgebietes und |
2. | die allenfalls zur Sicherung des Schutzzweckes notwendigen Maßnahmen. |
(4) Die Landesregierung kann in einer Verordnung gemäß Abs. 1 bestimmte Eingriffe in ein Naturschutzgebiet - allenfalls nach Durchführung eines Anzeigeverfahrens gemäß § 6 Abs. 2 bis 7 - gestatten, wenn das öffentliche Interesse an seinem Schutz nicht überwiegt. Dabei dürfen in einem Naturschutzgebiet, das gleichzeitig Europaschutzgebiet gemäß § 24 ist, nur solche Maßnahmen und Nutzungen erlaubt werden, die zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Europaschutzgebietes (§ 24) führen können. Sonstige Eingriffe im Sinn des § 3 Z 3 in ein Naturschutzgebiet sind verboten, es sei denn, dass sie auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder im Interesse der Sicherheit von Menschen oder zur Abwehr der Gefahr bedeutender Sachschäden vorgenommen werden müssen.
(5) Die Landesregierung kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten bewilligen, wenn dadurch der Schutzzweck, insbesondere im Hinblick auf ein Europaschutzgebiet, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. § 14 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden."
Der Bescheid ist von der Auffassung getragen, dass in der Seen-Naturschutzgebieteverordnung, mit der die Ödseen als Naturschutzgebiet festgestellt worden sind, keine Eingriffe gestattet seien. Aufgrund des durchgeführten Verwaltungsverfahrens kam die belangte Behörde - zusammengefasst - zum Ergebnis, dass sowohl die Bootshütte, als auch der Steg am Nordufer des Großen Ödsees als Altbestände bzw. Sanierung von Altbeständen konsensbefreit seien, weshalb die diesbezüglichen Anträge zurückzuweisen gewesen seien. Hinsichtlich der Verlängerung des großen Steges, der nicht als Altbestand angesehen werde, sei der Eingriff in das Naturschutzgebiet Ödsee nicht gestattet. Der Antrag betreffend den nicht als Altbestand zu wertenden, etwas tiefer liegenden Teiles des beantragten Steges sei somit abzuweisen gewesen.
Wie sich aus den oben zitierten Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 ergibt, kann die Landesregierung im Einzelfall Ausnahmen von den in Naturschutzgebieten geltenden Verboten bewilligen, wenn dadurch der Schutzzweck nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid - basierend auf der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz, die eine maßgebliche Wirkung im Landschaftsbild durch die Verlängerung des Steges als anthropogenes Element darlegt - allerdings von einem unerlaubten Eingriff aus.
Soweit die Beschwerde dagegen einwendet, dass die konsenswidrige Verlängerung des Steges "um etwa die doppelte Länge" zu wenig determiniert erscheint, so ist zu entgegnen, dass diese Angabe angesichts der vorliegenden Verhältnisse nicht als rechtswidrig erkannt werden kann: Wie sich aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz und den zugrunde gelegten Fotos ergibt, ist die Steganlage in ihrer Konstruktion zweigeteilt, der als Altbestand qualifizierte Teil des Steges deutlich höher liegend, der als Neuerrichtung angesehene Teil des Steges tiefer liegend sowie baulich und farblich deutlich abgesetzt. Angesichts dieser in der Natur optisch in alt und neu zweifelsfrei zu unterscheidenden Konstruktionsteile des Steges ist der Bescheid nicht mit mangelnder Bestimmtheit belastet.
Wenn sich die Beschwerde dagegen wendet, dass die belangte Behörde den Steg in einen Altbestand und einen Neubestand unterteilt, obwohl der Beschwerdeführer die "Errichtung eines langen Steges am Nordufer des Großen Ödsees" beantragt habe, ist zu entgegnen, dass es angesichts der verfahrensgegenständlichen (teilbaren) Konstruktionen nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, wenn die belangte Behörde dieses nicht als ein unteilbares Vorhaben behandelt, sondern in einen (konsensfreien) Altbestand und einer baulichen Verlängerung des Steges, hinsichtlich derer ein Eingriff in das Naturschutzgebiet Ödseen zu prüfen war.
Sofern die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, die belangte Behörde habe sich nicht mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeugenaussagen befasst, vermag sie damit eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung nicht aufzuzeigen:
Einerseits geht die Behörde aufgrund eben dieser Zeugenaussagen, die lediglich grundsätzlich das Vorhandensein eines Steges in der fernen Vergangenheit darlegen, von der langjährigen Existenz des als Altbestand qualifizierten Teiles des Steges am Nordufer des Ödsees aus, andererseits ergibt sich aus den genannten Zeugenaussagen nicht, dass der gesamte (verlängerte) Steg seit jeher vorhanden gewesen wäre. Es kann auch keine mangelhafte Beweiswürdigung darin erblickt werden, dass die belangte Behörde aufgrund der Stellungnahme des Amtssachverständigen sowie der dieser zugrunde gelegten Fotos eine nachträgliche Verlängerung des Steges durch eine neue Konstruktion annimmt. Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass damit auch deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt wird, weil die Beschwerde es unterlässt, konkret darzulegen, zu welchen abweichenden Feststellungen aufgrund welcher Überlegungen die belangte Behörde andernfalls hätte kommen müssen.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-72635