VwGH 03.07.2007, 2005/05/0029
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11; KanalG NÖ 1977 §17 Abs3; |
RS 1 | Eine Senkgrube stellt grundsätzlich keine Kläranlage im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ BauO dar, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden wäre oder als erteilt gilt (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0230, zur Rechtslage in der Steiermark). |
Normen | BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11; BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-12; KanalG NÖ 1977 §17 Abs3; |
RS 2 | § 62 Abs. 2 letzter Satz NÖ BauO, wonach die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den im vorletzten Satz genannten landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig ist, bezieht sich ausschließlich auf Liegenschaften, bei denen keine Anschlussmöglichkeit und somit ohnedies keine Anschlusspflicht im Sinne dieses Absatzes besteht (vgl. die Neufassung in der Novelle LGBl. 8200-12, bei der die letzten drei Unterabsätze des § 62 Abs. 2 NÖ BauO zu einem neuen Abs. 5, beginnend mit den Worten: "Ist der Anschluss an einen öffentlichen Kanal nicht möglich," zusammengefasst wurden). Eine generelle Ausnahme von der Anschlussverpflichtung von Liegenschaften wird mit einer derartigen Ausbringung nicht begründet, sondern es wird von der in solchen Fällen bestehenden Pflicht zur Errichtung von Senkgruben entbunden (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0198). |
Norm | KanalG NÖ 1977 §17 Abs3; |
RS 3 | Im Verfahren betreffend die Kanalanschlußverpflichtung kann die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahmen nicht geprüft werden, da das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstellt. Sind die Voraussetzungen des § 56 Abs 1 und § 56 Abs 2 NÖ BauO 1976 iVm § 17 Abs 1 bis § 17 Abs 3 NÖ KanalG 1977 erfüllt, so kommt es auf die Höhe der Kosten und auf die Zumutbarkeit gegenüber dem Verpflichteten nicht an (Hinweis E , 85/05/0066, betreffend die OÖ BauO 1976; das E , stützt eine gegenteilige Meinung nicht). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 94/05/0357 E RS 4
(hier nur der erste Satz) |
Normen | BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11; KanalG NÖ 1977 §17 Abs3; MRK Art6 Abs1; VwGG §39 Abs2 Z6; |
RS 4 | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , SPEIL v. Austria, no. 42057/98, die einen Kanalanschluss (connection to the newly constructed public sewerage system) betraf, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Bf nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (where the facts are not disputed and a tribunal is only called upon to decide on questions of law of no particular complexity, an oral hearing may not be required under Article 6 § 1). (Hier: Dieser Umstand liegt im gegenständlichen Fall vor, weil es hier vorrangig darum ging, dass die Bf (unbestrittenermaßen) von der Möglichkeit, um eine Ausnahme anzusuchen, fristgerecht keinen Gebrauch gemacht haben; von der Lösung einer komplexen Rechtsfrage kann keine Rede sein. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. der Hermine Wolf und 2. des Adolf Wolf, beide in Heiligenkreuz, beide vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zlen. RU1- V-00070/03 und RU1-V-00070/04, betreffend Kanalanschlusspflicht (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Heiligenkreuz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in Höhe von EUR 381, 90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom (Bescheid 1a) wurde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977 und § 62 NÖ BauO für ihr Grundstück mit der Anschrift Sattelbach 1a (Apartmenthaus) der Anschluss an den neu gelegten Schmutzwasserkanal aufgetragen.
Mit Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom selben Tag (Bescheid 1) wurde sowohl der Erstbeschwerdeführerin als auch dem Zweitbeschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977 und § 62 NÖ BauO für ihr Grundstück mit der Anschrift Sattelbach 1 (Altbestand) der Anschluss an den neu gelegten Schmutzwasserkanal aufgetragen. Begründend wurde in beiden Bescheiden inhaltsgleich ausgeführt, die Entscheidung der Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss) sei am im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ BauO kundgemacht worden. Ein Antrag auf Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung sei bei der Behörde nicht eingebracht worden.
Gegen den Bescheid 1a erhob die Erstbeschwerdeführerin, gegen den Bescheid 1 erhoben beide Beschwerdeführer Berufung. Darin führten sie inhaltsgleich aus, sie würden den jeweils angeordneten Anschluss an den Schmutzwasserkanal als nicht gerechtfertigt ablehnen, weil "das NÖ Bauordnungsgesetz" in Abänderung und wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht rechtskräftig sei. Unter einem legten sie zwei Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Baden vom und vom vor, worin sie sich gegen die Kanalplanung und - ausführung der mitbeteiligten Gemeinde und für eine Ausbringung ihrer Abwässer auf ihrem Grundstück zur Bewässerung bzw. Düngung aussprachen; vom Vorhandensein einer Kläranlage ist keine Rede.
Mit den Bescheiden des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen den Bescheid 1a und die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid 1 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde in beiden Bescheiden im Wesentlichen inhaltsgleich ausgeführt, dass auf den vorliegenden Fall § 62 NÖ BauO in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-11 - welche gemäß Art. I Z. 6 am in Kraft getreten sei - anzuwenden sei. Die Kundmachung der Entscheidung der mitbeteiligten Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss) sei am im Nachrichtenblatt der mitbeteiligten Gemeinde Nr. 2/2003 - welches als amtliche Mitteilung an alle Haushalte versendet worden sei - sowie durch Anschlag an der Amtstafel erfolgt (im Verwaltungsakt befindet sich das "Nachrichtenblatt der Gemeinde Heiligenkreuz - Ausgabe ", welches den genannten Grundsatzbeschluss in vollem Wortlaut enthält). Ein Antrag auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung sei nicht gestellt worden. Die gegenständliche Anschlussverpflichtung an eine öffentliche Kanalanlage für die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer setze die Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal voraus. Eine solche Kanalisationsanlage für Schmutzwässer habe die mitbeteiligte Gemeinde errichtet; sie sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom wasserrechtlich bewilligt und im Berufungsverfahren mit Bescheid des Landeshauptmannes vom bestätigt worden. Im Zuge der Errichtung dieser Kanalisationsanlage habe die mitbeteiligte Gemeinde einen Schmutzwasserkanal in der B-Straße 210 im Bereich der gegenständlichen Liegenschaften neu gelegt. Durch diese Straße würden die Liegenschaften der Beschwerdeführer, auf der sich Gebäude mit Aufenthaltsräumen befänden, aufgeschlossen. Es stehe zweifelsfrei fest, dass auf den gegenständlichen Liegenschaften Schmutzwasser anfielen sowie eine Anschlussmöglichkeit zur Ableitung in den öffentlichen Kanal bestehe. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 NÖ BauO in der nunmehr geltenden Fassung (gemeint offenbar: Satz 1) würden vorliegen; dies würden die Beschwerdeführer aber auch gar nicht bestreiten. Weder das NÖ Kanalgesetz noch die NÖ BauO würden Bestimmungen enthalten, wonach eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung aus finanziellen Gründen vorgesehen sei. Zum Vorbringen, die Abwässer weiterhin auf Eigengrund aufbringen lassen zu können, führte die Behörde aus, dass die Kanalanlagenbetreiber gefordert seien, gesteigerte Anstrengungen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität des Grundwassers zu unternehmen. Dieser Forderung werde durch die Errichtung einer Abwasserentsorgung nach dem Stand der Technik entsprochen.
In beiden dagegen erhobenen Vorstellungen wurde inhaltsgleich ausgeführt, dass die Voraussetzungen für das Bestehen einer Anschlusspflicht gemäß § 62 Abs. 2 NÖ BauO nicht geprüft worden seien. Die gegenständlichen Liegenschaften würden landwirtschaftlich betrieben und würde insofern die Möglichkeit bestehen, sämtliche Abwässer als Dünger für die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes auszubringen; die auf der jeweils gegenständlichen Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer könnten insofern in einer, einer kommunalen Kläranlage gleichwertigen Art und Weise entsorgt werden. Es stünden für die aus der Tierhaltung anfallenden Abwässer, als auch für die häuslichen Abwässer ausreichend Senkgruben zur Verfügung. Davon abgesehen habe es die Behörde auch verabsäumt, die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Anschlussverpflichtungen für die Beschwerdeführer zu überprüfen; eine solche Prüfung habe aber sowohl nach der "alten" als auch nach der "neuen" Rechtslage zu erfolgen. Die Beschwerdeführer hätten durch die gegenständlichen Verpflichtungen mit einem enormen Kostenaufwand für die Planung und Errichtung des Hauskanals zu rechnen. Derartige Kosten seien geeignet, die Existenz der Beschwerdeführer als Landwirte zu gefährden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden beide Vorstellungen als unbegründet abgewiesen. Es stehe unstrittig fest, dass die mitbeteiligte Gemeinde vor dem eine Kanalisationsanlage errichtet habe und sie den Grundsatzbeschluss nach Inkrafttreten des geänderten § 62 Abs. 2 NÖ BauO sechs Wochen lang kundgemacht und den betroffenen Haushalten durch ortsübliche Aussendung bekannt gemacht habe. Die Beschwerdeführer hätten innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist keinen Antrag auf Befreiung von der Anschlusspflicht gestellt. Der im vorliegenden Fall maßgebliche Sachverhalt - konkret würden durch die Verlegung des Schmutzwasserkanals in der B-Straße 210 die Liegenschaften der Beschwerdeführer, auf denen sich Gebäude mit Aufenthaltsräumen befänden, aufgeschlossen - sei ausreichend festgestellt worden. Die Behörden seien zutreffend von einer funktionsfähigen Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Schmutzwasserkanal ausgegangen. Die Möglichkeit, sämtliche Abwässer als Dünger auf die landwirtschaftlich genützten Flächen auszubringen ändere an einer Anschlussverpflichtung nichts, weil das Gesetz eine dementsprechende Ausnahmeregelung nicht vorsehe. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung sei schon dem Gesetzeswortlaut nach nur bei bestehenden, dem Stand der Technik entsprechenden, den kommunalen Anlagen ökologisch gleichwertigen oder überlegenen und die Wirtschaftlichkeit der kommunalen Anlagen nicht gefährdenden Anlagen, gegeben. Senkgruben würden diesen Anforderungen generell nicht entsprechen. Diese gesetzlich normierten Ausnahmeregeln würden auch für landwirtschaftliche Betriebe gelten. Im Übrigen sei im Verfahren betreffend die Anschlussverpflichtung die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahmen nicht zu prüfen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom , B 850/04-8, ab; zur behaupteten Rechtswidrigkeit des § 62 Abs. 2 NÖ BauO in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-11 führte er aus, dass diese Novelle den im Erkenntnis VfSlg 16.534/2002 herausgearbeiteten Grundsätzen entspricht. Mit Beschluss vom , B 850/04-10, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof ab.
In ihrer ergänzten Beschwerde bringen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für das Bestehen einer Anschlusspflicht nicht geprüft worden. Die Beschwerdeführer hätten bereits wiederholt vorgebracht, dass sie einen landwirtschaftlichen Betrieb führen würden und die Möglichkeit hätten, sämtliche Abwässer als Dünger für die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Übereinstimmungen mit den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes auszubringen; diese Art der Entsorgung käme einer kommunalen Kläranlage gleich. Sowohl für die aus der Tierhaltung anfallenden, aber auch für die häuslichen Abwässer stünden ausreichend Senkgruben zur Verfügung. Die häuslichen Abwässer würden den vorteilhaften Zweck erfüllen, die tierischen Abwässer zu verdünnen und käme es infolge der verfügten Anschlusspflicht insofern zu einer "aggressiveren" - weniger verdünnten - Jauche; damit käme es zu einer den ökologischen Vorgaben weniger entsprechenden Bewirtschaftung. Auch würden die Beschwerdeführer ausschließlich biologisch abbaubare (Haushalts-) Reiniger verwenden, weshalb eine Grundwasserbeeinträchtigung nicht bestünde. Davon abgesehen, sei nicht geprüft worden, ob die gegenständliche Anschlussverpflichtung für die Beschwerdeführer überhaupt wirtschaftlich zumutbar sei. Auch seien die Beschwerdeführer als betroffener Haushalt über den gegenständlichen Grundsatzbeschluss durch ortsübliche Aussendung nicht informiert worden. Da eine entsprechende ortsübliche Aussendung nicht erfolgt sei, habe auch die Antragsfrist von vier Wochen zur Befreiung von der Anschlusspflicht nicht zu laufen begonnen.
Mit Schreiben vom legten die Beschwerdeführer Unterlagen als Beweis für ihre "seit Jahrzehnten funktionierende Abwasserbeseitigung und der damit verbundenen Bewässerung und Düngung" ihrer Pflanzen und Grundstücke vor.
Mit Schriftsatz vom legten die Beschwerdeführer ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Baden vom als Beweis dafür vor, dass die Aufbringung der Senkgrubeninhalte auf den gegenständlichen Liegenschaften bewilligungsfrei sei und ausreichend landwirtschaftliche Flächen mit Gründeckung und Nährstoffentzug zur Verfügung stünden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 3 NÖ KanalG hat der Bürgermeister (Magistrat) bei Neulegung eines Hauptkanales der Gemeinde den Liegenschaftseigentümern, für die dadurch eine Anschlusspflicht eintritt, rechtzeitig durch Bescheid den Anschluss aufzutragen.
Ob durch die Neulegung eines Hauptkanals eine Anschlusspflicht eintritt, ist nach § 62 NÖ BauO 1996, hier in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-11 (BO), zu beurteilen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"§ 62
Wasserver- und -entsorgung
(1) Für jedes Gebäude, das Aufenthaltsräume enthält, muss die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser gesichert sein.
(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht, grundsätzlich in den öffentlichen Kanal abzuleiten.
Von dieser Anschlussverpflichtung sind Liegenschaften ausgenommen, wenn die anfallenden Schmutzwässer über eine Kläranlage abgeleitet werden, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, und
1. die Bewilligung dieser Kläranlage vor der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss), erfolgte und noch nicht erloschen ist und
2. die Reinigungsleistung dieser Kläranlage
dem Stand der Technik entspricht und
zumindest gleichwertig ist mit der Reinigungsleistung jener Kläranlage, in der die Schmutzwässer aus der öffentlichen Anlage gereinigt werden, und
3. die Ausnahme die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Anlage nicht gefährdet.
Die Entscheidung der Gemeinde nach Z. 1 ist nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisationsanlage befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekannt zu geben.
Innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist hat der Liegenschaftseigentümer einen Antrag um Ausnahme von der Anschlussverpflichtung bei der Baubehörde einzubringen. Diesem Antrag sind der Nachweis der wasserrechtlichen Bewilligung der Kläranlage und wenn diese schon betrieben wird, ein Befund über deren Reinigungsleistung, erstellt von einer hiezu befugten Stelle (staatlich autorisierte Anstalt, in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat akkreditierte Stelle, Sachverständiger), anzuschließen.
Wird die Ausnahme genehmigt, hat der Liegenschaftseigentümer, beginnend mit der Inbetriebnahme seiner Kläranlage bzw. der Rechtskraft des Ausnahmebescheids, in Zeitabständen von jeweils fünf Jahren unaufgefordert einen Befund über die aktuelle Reinigungsleistung der Baubehörde vorzulegen. Ist die Reinigungsleistung nicht mehr jener der Kläranlage der öffentlichen Kanalisation gleichwertig, ist der Ausnahmebescheid aufzuheben.
Ist der Anschluss an einen öffentlichen Kanal nicht möglich, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube zu leiten oder über eine Kläranlage, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, abzuleiten.
Jauche, Gülle und sonstige Schmutzwässer aus Stallungen, Düngerstätten und Silos für Nasssilage sowie andere Schmutzwässer, die nicht in den öffentlichen Kanal eingebracht werden dürfen, sind in Sammelgruben einzuleiten.
Ist die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den genannten landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig, ist keine Senkgrube zu errichten, wenn die häuslichen Abwässer direkt in die Sammelgrube für landwirtschaftliche Schmutzwässer eingeleitet werden.
(3) Durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern darf weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Niederschlagswässer dürfen nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden.
(4) Die Landesregierung hat die technische Ausführung der Wasserver- und -entsorgung mit Verordnung zu regeln."
Die Übergangsbestimmung des Art. II dieser Novelle lautet (Klammerausdruck nicht im Original):
Artikel I Z. 6 (§ 62 Abs. 2) tritt am in Kraft.
Ist eine Entscheidung der Gemeinde nach Art. I Z. 6 vor dem erfolgt, so ist der diesbezügliche Beschluss des Gemeinderates nach Inkrafttreten von Art. I Z. 6 unverzüglich durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisationsanlage befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekanntzugeben."
§ 62 Abs. 2 BO geht von einer grundsätzlichen Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal aus, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht.
Die Beschwerdeführer bestreiten im vorliegenden Fall nicht, dass eine Anschlussmöglichkeit an ihre Liegenschaften besteht; die Gemeindebehörden hätten aber nicht berücksichtigt, dass ihre Liegenschaft von der Anschlussverpflichtung ausgenommen sei.
Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die in § 62 Abs. 2 BO normierten Ausnahmen von der Anschlussverpflichtung an den öffentlichen Kanal nur auf Grund eines rechtzeitigen Antrages bei der Baubehörde zum Tragen kommen kann (siehe das hg Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0198). Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass sie einen solchen Antrag im Sinne des § 62 Abs. 2 vierter Unterabsatz BO gestellt hätten. Soweit sie in diesem Zusammenhang erstmals in der Beschwerde vorbringen, die Entscheidung der Gemeinde, die öffentlichen Schmutzwässer in den öffentlichen Kanal abzuleiten, sei ihnen nicht zugestellt worden und sei insofern die Frist zur Stellung eines Ausnahmeantrages nicht ausgelöst worden, ist ihnen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen zu halten; trotz entsprechender Feststellungen in den erstinstanzlichen Bescheiden haben sie dazu weder in den Berufungen, noch in den Vorstellungen ein Vorbringen erstattet.
Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes ergibt sich im Übrigen zweifelsfrei, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nicht vorliegen, weil die bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer anfallenden Schmutzwässer über keine Kläranlage abgeleitet werden, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden wäre oder als erteilt gilt. Eine Senkgrube stellt grundsätzlich keine solche Kläranlage dar (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0230, zur Rechtslage in der Steiermark).
§ 62 Abs. 2 letzter Satz BO, wonach die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den im vorletzten Satz genannten landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig ist, bezieht sich ausschließlich auf Liegenschaften, bei denen keine Anschlussmöglichkeit und somit ohnedies keine Anschlusspflicht im Sinne dieses Absatzes besteht (vgl. die Neufassung in der Novelle LGBl. 8200-12, bei der die letzten drei Unterabsätze des § 62 Abs. 2 BO zu einem neuen Abs. 5, beginnende mit den Worten: "Ist der Anschluss an einen öffentlichen Kanal nicht möglich," zusammengefasst wurden). Eine generelle Ausnahme von der Anschlussverpflichtung von Liegenschaften wird mit einer derartigen Ausbringung nicht begründet, sondern es wird von der in solchen Fällen bestehenden Pflicht zur Errichtung von Senkgruben entbunden (vgl. wiederum das hg Erkenntnis vom ).
Schließlich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Verfahren betreffend die Kanalanschlussverpflichtung die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahme - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - nicht zu prüfen, weil das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstellt (vgl. dazu u.a. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0310). Das von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1633/92, betraf die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages an die Grundeigentümer, die einen konsenslosen Zustand auf ihren Grundstücken nicht selbst herbeigeführt hatten, und somit einen anderen Sachverhalt. Da dieselbe Argumentation schon in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof enthalten war, kann auch in diesem Zusammenhang auf den Ablehnungsbeschluss verwiesen werden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.
Die Beschwerdeführer haben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Abwehr einer Verpflichtung als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist:
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , SPEIL v. Austria, no. 42057/98, die gleichfalls einen Kanalanschluss (connection to the newly constructed public sewerage system) betraf, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (where the facts are not disputed and a tribunal is only called upon to decide on questions of law of no particular complexity, an oral hearing may not be required under Article 6 § 1). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil es hier vorrangig darum ging, dass die Beschwerdeführer (unbestrittenermaßen) von der Möglichkeit, um eine Ausnahme anzusuchen, fristgerecht keinen Gebrauch gemacht haben; von der Lösung einer komplexen Rechtsfrage kann keine Rede sein. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden. Wien, am
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Normen | BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11; BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-12; KanalG NÖ 1977 §17 Abs3; MRK Art6 Abs1; VwGG §39 Abs2 Z6; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2005050029.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-72629