VwGH vom 27.06.2006, 2005/05/0024
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des I in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 500 001/10-I/1/b/03, betreffend Feststellung bezüglich Beiziehung als Amtssachverständiger, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom , gerichtet an das Innenministerium, nominierte der Bundesminister für Landesverteidigung den Beschwerdeführer, Oberkommissär im Amt für Wehrtechnik, für die Funktion eines Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Inneres für das Waffen-, Munitions-, Kriegsmaterial- und Schießstättenwesen.
Das Schreiben des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 17.040/9-I/1/91, gerichtet an den Beschwerdeführer, hat folgenden Wortlaut:
"Ich bestelle Sie mit sofortiger Wirksamkeit zum Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Inneres für das Waffen-, Munitions-, Kriegsmaterial- und Schießstättenwesen."
Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom wurde gemäß § 25 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) festgestellt, dass dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Amtssachverständiger des Bundesministeriums für Inneres für das Waffen-, Munitions-, Kriegsmaterial und Schießstättenwesen ab eine Nebentätigkeitsvergütung in der Höhe von S 5.000,-- monatlich gebührt. In der Begründung dieses Bescheides wird auf das Bestellungsschreiben des Innenministers vom und auf die Zustimmung des Bundesministers für Finanzen verwiesen. Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom , gerichtet an den Beschwerdeführer, erfolgte eine Neubemessung der Nebentätigkeitsvergütung in der Höhe von S 7.500,-- monatlich.
Die belangte Behörde richtete am an den Beschwerdeführer ein Schreiben mit folgendem Inhalt:
"Sie werden mit Ablauf des von ihrer Funktion als Amtssachverständiger des Bundesministeriums für Inneres für das Waffen-, Munitions-, Kriegsmaterial- und Schießstättenwesen entbunden."
Darauf beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom die "Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich meiner Abberufung als Amtssachverständiger". Die rückwirkende Entbindung von einer Funktion sei rechtswidrig. Weiters macht er in diesem Antrag geltend, dass die Abberufung ohne Angabe von Gründen und überraschend erfolgt sei, sodass nicht einmal die Mindeststandards, die von einer Behörde in einem Rechtsstaat erwartet werden, eingehalten worden seien.
Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom mit, dass es sich bei der Beiziehung eines Amtssachverständigen um eine organisationsrechtliche Maßnahme handle, die keiner Bescheidform bedürfe, sondern mit Weisung erfolge. Gleichfalls bedürfe die nicht mehr erfolgende Beiziehung als Amtssachverständiger keiner bescheidmäßigen Abberufung. Seit Jänner 2003 werde ein Bediensteter der belangten Behörde als Amtssachverständiger beigezogen, weshalb eine weitere Beiziehung des Beschwerdeführers nicht erforderlich sei. Seine Funktion als Amtssachverständiger sei beendet. Über die Vergütung werde die Dienstbehörde, sohin das Bundesministerium für Landesverteidigung entscheiden.
Darauf antwortete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom , die Bestellung zum Amtssachverständigen sei im Sinne der §§ 52 f AVG mit Bescheid erfolgt, weshalb eine Abberufung gesetzeskonform gleichfalls nur in Bescheidform und nicht rückwirkend erfolgen könne. Auf Grund eines Verwaltungsübereinkommens zwischen den beiden Ministerien sei geregelt, dass seine Vergütung für diese Tätigkeit durch die belangte Behörde erfolge und somit diesbezüglich die belangte Behörde die zuständige Dienstbehörde sei. Er halte seinen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vollinhaltlich aufrecht, nicht zuletzt deswegen, um sich die "Option der Einholung der Rechtsmeinung durch den Verwaltungsgerichtshof offen zu lassen".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine gleichfalls vom Beschwerdeführer erhobene, jetzt nicht mehr gegenständliche Berufung als unzulässig zurück; weiters erkannte sie wie folgt:
"Gemäß § 56 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in Verbindung mit § 52 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 wird festgestellt, dass Sie mit Ablauf des nicht mehr in ihrer Funktion als Amtssachverständiger des Bundesministeriums für Inneres für das Waffen-, Munitions-, Kriegsmaterial- und Schießstättenwesen tätig sind".
In der Begründung ihrer Entscheidung räumt die belangte Behörde ein, dass auch für die Enthebung von einer Nebentätigkeit die Dienstbehörde zuständig sei; für die Klarstellung, dass der Beschwerdeführer seit nicht mehr als Amtssachverständiger herangezogen werde, sei die Erlassung eines Feststellungsbescheides berechtigt, um dadurch eine Rechtsgefährdung des Beschwerdeführers zu beseitigen.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde, die nur den Feststellungsausspruch betrifft, erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterbleiben einer gesetzlich unzulässigen Feststellungsentscheidung mit möglichen negativen Auswirkungen dahingehend, dass er rechtswidrig - rückwirkend - von einer Nebentätigkeit abberufen werde und dadurch - rückwirkend - einen Anspruch auf Nebentätigkeitsvergütung verliere, wobei diese Entscheidung zudem von einer unzuständigen Behörde gefällt worden sei, durch unrichtige Anwendung der Gesetze sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 52 Abs. 1 AVG sind, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Während "beigegebene" Amtssachverständige der Behörde organisatorisch eingegliedert sind, setzt die Wendung "zur Verfügung stehend" die organisatorische Zugehörigkeit zu einer anderen als der zur Entscheidung berufenen Behörde voraus (Hengstschläger/Leeb, AVG § 52, Rz 25 f).
Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Amt für Rüstung und Wehrtechnik, sodass wegen der aufgrund von Organisationsvorschriften unmittelbaren Nachordnung dieser Dienststelle (§ 2 Abs. 5 letzter Satz DVG) der Bundesminister für Landesverteidigung seine Dienstbehörde ist. Überdies steht bzw. stand er für die hier gegenständliche Tätigkeit dem Innenminister im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG "zur Verfügung".
Im Beschwerdefall geht es nicht um die Beiziehung des Amtssachverständigen zu einem konkreten Verfahren, sondern um die generelle Verwendung des Beamten als Amtssachverständiger. Mangels einer konkreten Regelung gerade dieser Verwendung im BDG 1979 (§ 57 BDG findet auf Amtssachverständige nur insofern Anwendung, als Privatgutachten erstattet werden; Kucsko-Stadlmayer,
Das Disziplinarrecht der Beamten3, 270), greifen die allgemeinen Bestimmungen über die Lenkung der Verwendung des Beamten (§ 45 BDG) Platz.
Zur Lenkung der Verwendung gehört auch die Übertragung einer Nebentätigkeit (Kucsko-Stadlmayer, a.a.O, 181). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass unter dem in § 45 Abs. 1 BDG genannten "Vorgesetzten" jeder Organwalter zu verstehen ist, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist. Aufgrund der grundsätzlichen Lenkungsbefugnis gegenüber der Verwendung des Beamten durch die Dienstbehörde ist davon auszugehen, dass die generelle Verwendung als Amtssachverständiger - sei es im Rahmen der Haupttätigkeit, sei es im Rahmen einer Nebentätigkeit - als Ausfluss der Dienstaufsicht anzusehen ist; die besondere Beiziehung in einem Einzelfall ergibt sich hingegen aus der Fachaufsicht.
Dass die Anordnung einer Nebentätigkeit durch die Dienstbehörde zu erfolgen hat, hat der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , Zl. 91/12/0009, ausgesprochen, zumal § 37 Abs. 1 BDG 1979 keine besondere Regelung enthält. Dementsprechend kann auch die generelle Beendigung dieser Nebentätigkeit nur durch die Dienstbehörde ausgesprochen werden. Sache jener Behörde, der der Beamte im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG zur Verfügung gestellt wurde, ist es lediglich, den Beamten im Rahmen ihrer Fachaufsicht zur Gutachtertätigkeit in Einzelfällen beizuziehen oder nicht mehr beizuziehen.
Es ist der belangten Behörde daher durchaus zu folgen, wenn sie ausführt, dass auch die Frage einer allfälligen Enthebung von der Nebentätigkeit eine dienstrechtliche Angelegenheit ist, die von der zuständigen Dienstbehörde zu klären sei.
Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich seiner Abberufung als Amtssachverständiger gestellt. Über diesen Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid entschieden. Da es dabei aber - auch im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministers für Inneres vom - um eine Nebentätigkeit ging, wäre die Angelegenheit von der Dienstbehörde des Beschwerdeführers zu behandeln gewesen. Es kann dahingestellt bleiben, in welcher Rechtsform und mit welchem Inhalt eine Erledigung zu ergehen hatte, der Bundesminister für Inneres war zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, der über eine bloße Nichtbeiziehung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde als Sachverständiger im Einzelfall hinausgeht, jedenfalls nicht zuständig.
Daher ist der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am