VwGH 11.04.2017, Ra 2017/05/0033
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | BauRallg; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Einwendungen gegen ein Bauvorhaben - Mit einem Vorbringen, das keine subjektiv-öffentlich rechtlichen Nachbarrechte betrifft, kann auch kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufgezeigt werden (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/05/0048, mwN). |
Normen | |
RS 1 | Eine dem § 42 AVG entsprechende Einwendung liegt nur dann vor, wenn sie spezialisiert ist und jedenfalls erkennbar ist, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. ); geltend gemacht werden muss die Verletzung eines subjektiven Rechtes (). Der Einwendung muss jedenfalls entnommen werden können, welcher Art das geltend gemachte subjektive Recht ist (vgl. ). Einwendungen müssen nicht begründet werden; es genügt die Behauptung einer Verletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht. Neue Einwendungen können nicht nachgetragen werden, weil insoweit die Parteistellung verloren gegangen ist (). |
Normen | |
RS 2 | Dem Nachbarn steht kein Recht darauf zu, dass durch das Bauvorhaben der Grundwasserhaushalt (Grundwasserspiegel) nicht beeinträchtigt wird (vgl. zur vergleichbaren Bestimmung des § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 , mwN). Außerdem bezieht sich das hier gegenständliche subjektiv-öffentliche Nachbarrecht des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ BauO 2014 nur auf die Bauwerke der Nachbarn, nicht aber auf ihr Grundstück als solches (vgl. wiederum ). Ebenso wie Veränderungen des Grundwassers ist auch der Hochwasserschutz nicht von der Baubehörde, sondern von der Wasserrechtsbehörde wahrzunehmen (vgl. , mwN). |
Normen | |
RS 3 | Ein Nachbarrecht nach der NÖ BauO 2014 besteht insofern, als baurechtliche Bestimmungen die Trockenheit der Bauwerke der Nachbarn gewährleisten sollen. Das VwG hat diesbezüglich zutreffend auf § 45 Abs. 6 NÖ BauO 2014 verwiesen (vgl. zur entsprechenden Bestimmung des § 62 Abs. 3 NÖ BO 1996 ). Nach dieser Bestimmung durfte durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des Dr. G und 2. der C, beide vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 10, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-489/002-2016, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei:
Gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft für M reg. Gen.m.b.H., vertreten durch 1. bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH und 2. DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt, beide in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt Wiener Neustadt; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom wurde der Mitbeteiligten die Baubewilligung für eine Wohnhausanlage samt Tiefgarage erteilt.
2 Auf Grund der von den Revisionswerbern als Nachbarn erhobenen Beschwerde wurde die Baubewilligung mit dem angefochtenen Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass Einreichpläne vom (Planinhalt "Außenanlage") zum Bestandteil der Bewilligung erklärt wurden. Im Übrigen wurde der Beschwerde keine Folge gegeben.
3 Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass die Grundwassersituation nicht im Bauverfahren zu behandeln sei und dass in Bezug auf die Versickerung der Oberflächenwässer keine rechtzeitigen Einwendungen der Revisionswerber erhoben worden seien.
4 Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird im Wesentlichen damit begründet, dass bei Ausführung des Bauwerks ein Schaden der Revisionswerber "vorgeplant" sei. Entgegen der aktenwidrigen Angabe im Bescheid vom , dass keine Immissionen auf die Nachbarliegenschaften durch Versickerungswässer zu erwarten seien, ergebe sich bereits aus einem Privatgutachten und einem hydrogeologischen Gutachten eines Amtssachverständigen, dass die Wassersituation in diesem Bereich derart sei, dass in Extremfällen das Grundwasser zutage trete. Wenn zu diesem Umstand heftige Regenfälle treten sollten, würde das mächtige Gebäude mit Tiefgarage diese Situation verstärken, zumal dieses Gebäude in den Grundwasserstrom hineingebaut werde. Die Bewilligung des Projektes würde daher bei extremen Witterungs- und Wassersituationen zwingend dazu führen, dass (wie in der Vergangenheit, jedoch verstärkt) über die Kellerfenster Wasser in das benachbarte Gebäude der Revisionswerber eintrete. Ohne spezielle Maßnahmen zu Gunsten der benachbarten Liegenschaft mit dem Haus der Revisionswerber sei daher der Bau ohne Schaden der Revisionswerber bei extremen Witterungs- und Wasserbedingungen nicht möglich. Derartige spezielle Maßnahmen seien der mitbeteiligten Partei nicht aufgetragen worden. Es wäre Maßnahmen vorzuschreiben gewesen, dass das benachbarte Gebäude nicht durch eindringende Oberflächenwässer geschädigt werde.
5 Die einzige diesbezügliche Auflage im Bescheid, die nun Teil des Erkenntnisses sei, sei die Auflage Nr. 29, wonach die anfallenden Niederschlagswässer wie im Einreichplan dargestellt auf Eigengrund abzuleiten und großflächig bzw. mittels Sickerschachtes zur Versickerung zu bringen seien, wobei die einschlägigen Bestimmungen der ÖNORM B 2506 gälten. Darüber hinaus sei nach Auflage Nr. 30 Sorge zu tragen, dass die Oberflächenwässer im Bereich der Ein- und Ausfahrt bzw. des Zuganges nicht auf das öffentliche Gut gelangen könnten, und zwar mittels Einrichtung einer Entwässerungsrinne (Rigol) oder einer entsprechenden Gefälleausbildung.
6 Die Bescheidauflage Nr. 29 sei unverständlich, da aktenkundig außer Streit stehe, dass anfallende Niederschlagswässer im Falle eines hohen Grundwasserstandes auf dem Eigengrund nicht abgeleitet und großflächig bzw. mittels Sickerschachtes zur Versickerung gebracht werden könnten, weil auch ein Sickerschacht vollständig mit Wasser bedeckt sei und sich wie eine Wasserstelle darstelle. Demgemäß sei es auch denkunmöglich, dass durch die Errichtung einer Entwässerungsrinne (Rigol) oder eine entsprechende Gefälleausbildung verhindert werden könne, dass Oberflächenwässer im Bereich der Ein- und Ausfahrt bzw. des Zuganges nicht auf das öffentliche Gut gelangen könnten.
7 Mit Urkundenvorlage vom hätten die Revisionswerber dem Magistrat der Stadt Wiener Neustadt und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zum gegenständlichen Bauvorhaben das hydrogeologische Gutachten des Ingenieurbüros für Hydrogeologie und Projektmanagement Dr. C. vom vorgelegt. Dieses komme bei seiner zusammenfassenden Beurteilung und Empfehlung u.a. zu dem Schluss, dass die Verbringung von Oberflächenwässern an der Süd- bzw. Südwestseite der Liegenschaft bei Stark- bzw. Dauerregenereignissen bei einem ohnehin schon sehr seicht liegenden Grundwasserkörper zu einer lokalen Erhöhung des Grundwassers von wenigen Dezimetern (rechnerisch bis 40 cm in unmittelbarer Umgebung) führen könne. Dieses Ergebnis sei nach den den Revisionswerbern vorliegenden Informationen, wobei sie nicht in das Verfahren einbezogen und ihnen auch Stellungnahmen nicht übermittelt worden seien, nicht widerlegt.
8 Sie verstünden dies so, dass, da eine Versickerung in einer derartigen Situation nicht möglich sei, sie durch das gegenständliche Bauwerk damit konfrontiert würden, dass bei Regengüssen der Wasserstand 40 cm höher wäre als ohne dieses Bauwerk. Da bereits derzeit in solchen Situationen Grundwasser zutage trete und Regenwasser nicht versickern könne, würde dies bedeuten, dass das Grundstück der Revisionswerber bis zu 40 cm unter Wasser geriete und das Wasser in ihr Haus und ihren Keller eindringen würde. Durch dieses Sachverständigengutachten sei bewiesen, dass das angefochtene Erkenntnis mit Sicherheit einen Schaden nach sich ziehen werde, weil in unregelmäßigen Abständen von mehreren Jahren die von Dr. C. unterstellten Zustände (extrem hoher Grundwasserspiegel und extreme Niederschläge) gegeben seien und das gegenständliche Bauwerk zu massiven zusätzlichen Wasserverlegungen auf das Grundstück der Revisionswerber und in ihr Haus und ihren Keller hinein führen werde.
9 Vor allem ergebe sich der unverhältnismäßige Nachteil der Revisionswerber durch die im Rahmen der Änderung des Bebauungsplanes nun offenbar vorliegende hydrogeologische Fachbegutachtung, die zum Schluss komme, dass die Herstellung unterirdischer Bauwerke (Keller, Tiefgaragen etc.) im betreffenden Areal zu verbieten sei. Dieses Gutachten sei den Revisionswerbern nie zugestellt worden. Es müsse daher derart nachteilig sein, dass eine Baubewilligung eines Projektes wie des gegenständlichen auch mit entsprechenden Auflagen nicht möglich sei.
10 Die Baubehörde erster Instanz (Magistrat der Stadt Wiener Neustadt) sei im Bescheid vom von einem möglichen Schaden der Revisionswerber ausgegangen und habe dem damaligen Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuerkannt.
11 Der Stadtsenat der Stadt Wiener Neustadt hat mit Stellungnahme vom bekannt gegeben, dass dem Aufschub des Vollzuges keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden. Mit Bescheid vom sei der Beschwerde der nunmehrigen Revisionswerber an das Landesverwaltungsgericht bereits aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
12 Die mitbeteiligte Partei äußerte sich nicht eigens zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
13 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen. Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens haben bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen. Dies betrifft jedenfalls Annahmen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/05/0051, mwN).
15 Die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des Revisionsverfahrens kann für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil gesehen werden. Demgegenüber liegt das Interesse eines Bauwerbers an der baldigen Umsetzung seines Bauvorhabens auf der Hand. Im Fall des Obsiegens des Nachbarns hat allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen und wäre die Behörde von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung eines dann konsenslos errichteten Baues zu sorgen (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom , mwN).
16 Mit einem Vorbringen, das keine subjektiv-öffentlich rechtlichen Nachbarrechte betrifft, kann auch kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufgezeigt werden (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/05/0048, mwN).
17 Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist zu bemerken, dass die Revisionswerber sich zwar auf gutachterliche Ausführungen berufen, wonach die Verbringung von Oberflächenwässern an bestimmten Stellen bei Starkbzw. Dauerregenereignissen bei einem ohnehin schon sehr seicht liegenden Grundwasserkörper zu einer lokalen Erhöhung des Grundwassers von wenigen Dezimetern (rechnerisch bis 40 cm in unmittelbarer Umgebung) führen könne. Damit ist aber nicht gesagt, dass es unmöglich wäre, die anfallenden Niederschlagswässer gemäß der Auflage Nr. 29 auf Eigengrund abzuleiten und großflächig bzw. mittels Sickerschachtes zur Versicherung zu bringen, wobei die einschlägigen Bestimmungen der ÖNORM B 2506 einzuhalten sind. Dass eine großflächige bzw. mittels Sickerschachtes erfolgende Versickerung unter der Einhaltung der Bestimmungen der ÖNORM B 2506 unmöglich sein sollte, wird von den Revisionswerbern zwar behauptet, ein entsprechendes Bescheinigungsmittel auf sachverständiger Ebene dafür, dass gerade diese Behauptung sich als nachvollziehbar erweist, wird jedoch nicht genannt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/06/0013, mwN).
18 Dem Antrag musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision 1. des Dr. G C und
2. der C C, beide in Wiener Neustadt, beide vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in 2700 W, Hauptplatz 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-489/002-2016, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt W; weitere Partei:
Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: G reg.Gen.m.b.H. in M, vertreten durch 1. bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH und 2. DDr. Christian F. Schneider, beide in 1220 Wien, ARES-Tower, Donau-City-Straße 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Wiener Neustadt hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für den Abbruch des Baubestandes sowie die Errichtung einer Wohnhausanlage mit insgesamt 31 Wohneinheiten samt Tiefgarage für 35 Pkw auf dem Grundstück Nr. 656/1, EZ 10405, KG W.
2 Die Revisionswerber sind Miteigentümer des Grundstückes Nr. 2548/31, das im Nordosten an das Grundstück Nr. 2541/2 (öffentliches Gut) angrenzt, welches seinerseits an das Baugrundstück angrenzt. Die Entfernung des Grundstückes der Revisionswerber zum Baugrundstück beträgt nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis weniger als 14 m.
3 Nachdem der Magistrat der Stadt W mit Erledigung vom die mündliche Bauverhandlung für den unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG anberaumt hatte, erhoben die Revisionswerber mit getrennten Eingaben jeweils vom Einwendungen, soweit noch revisionsrelevant im Hinblick auf Wassereintritte durch Veränderungen der Grundwassersituation.
4 Mit Eingabe vom beantragten die Revisionswerber außerdem eine umfassende Beweissicherung im Hinblick auf drohende Grundwasserschäden in ihren Kellern.
5 Mit Schreiben vom erhoben die Revisionswerber erneut Einwendungen, bezogen auf Auswirkungen des Bauvorhabens auf den Grundwasserstand. Unter anderem führten sie aus, die "Situierung und Lage dieser Tiefgarage wird die Entwässerung von den Bereichen rund um die Ogasse bis zum Fbach massiv beeinträchtigen, der Wasser- bzw. Grundwasserabfluss wird durch diesen massiven Körper unterbrochen. Dieser außerordentlich große massive Baukörper wird wie eine riesige Staumauer wirken. Es ist daher zu erwarten, dass durch diesen massiven Stau von Gewässer, Gewässer nicht mehr wie bisher abfließen können, dadurch ein entsprechender Rückstau und eine entsprechende Verlagerung entsteht, eine Aufstauung der Grundwassersituation sowie teilweise auch einer Tagwassersituation und dies wieder Auswirkungen auf die Trockenheit der bewilligungs- und anzeigepflichtigen Bauwerke im Sinne des § 6 Abs. 2 BauO haben wird".
6 Bei der mündlichen Bauverhandlung am erhoben die Revisionswerber Einwendungen auch hinsichtlich des Lichteinfalles und führten aus, die übrigen Einwendungen blieben aufrecht.
7 Mit Eingabe vom brachten die Revisionswerber eine "Ergänzung zum Vorbringen vom " vor. Darin führten sie aus, dass die Baubehörde offenbar davon ausgehe, dass es bei den gegenständlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Problemkreis "Wasser" nur um Grundwässer gehe. Dies sei jedoch nicht richtig. Sie hätten dies bereits in ihren Einwendungen vom vorgebracht. Die Nachbarhäuser, so auch ihr Haus, seien durch Oberflächenwasser, das in ihren Keller über die Kellerfenster eingedrungen sei, geschädigt worden. Da bei entsprechendem Niederschlag bei hohem Grundwasserstand eine Versickerung unmöglich sei und auch Grundwasser zutage trete und dieser Umstand durch das Bauprojekt verstärkt werde, seien Überschwemmungen der Keller vorprogrammiert. Dies sei eine Frage des Baurechts.
8 Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt W die beantragte Baubewilligung.
9 Begründend wurde, soweit noch revisionsrelevant, ausgeführt, die Nachbarn hätten kein Recht darauf, dass durch die Bauführung keine Veränderungen von Grundwasserströmen eintreten. Die darauf zielenden Einwendungen seien daher zurückzuweisen.
10 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufung. 11 Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt W vom wurde die Berufung u.a. der Revisionswerber, soweit betreffend u.a. die mangelnde Versickerung der Oberflächenwässer, abgewiesen und, soweit betreffend u.a. die Auswirkungen des Bauvorhabens auf den Grundwasserspiegel, zurückgewiesen.
12 Begründend wurde, soweit noch revisionsrelevant, auf ein seitens der mitbeteiligten Partei vorgelegtes hydrogeologisches Gutachten verwiesen und ausgeführt, dass die Einwendungen betreffend die nicht ordnungsgemäß mögliche Versickerung der Oberflächenwässer im Hinblick auf die Feststellungen dieses Gutachtens abzuweisen seien, da keine Immission auf die Nachbargrundstücke durch Versickerungswässer zu erwarten sei. Fragen von Grundwasserveränderungen fielen im Übrigen in die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde.
13 Gegen diesen Berufungsbescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.
14 Mit dem im Revision gezogenen Erkenntnis wurde der Beschwerde gemäß § 28 VwGVG nur insoweit Folge gegeben, als der Berufungsbescheid vom dahingehend abgeändert wurde, dass die Einreichpläne vom (betreffend die "Außenanlage") zum Bestandteil der Bewilligung erklärt wurden.
15 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Rechtsvorschriften, soweit noch revisionsrelevant, im Wesentlichen ausgeführt, zum Einwand der nicht ordnungsgemäß möglichen Versickerung der Oberflächenwässer sei festzuhalten, dass erstmalig mit Schriftsatz vom die Revisionswerber ihr Vorbringen vom dahingehend ergänzt hätten, dass § 6 NÖ BauO 2014 (im Folgenden: BO) im Zusammenhang mit § 45 Abs. 6 BO zu sehen sei. Danach dürfe durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Die Abwässer dürften nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden. Gegenständlich gehe es nicht nur um Grundwasser, sondern auch um Oberflächenwasser, das schon in den Keller des Hauses der Revisionswerber über die Kellerfenster eingedrungen sei, wodurch das Haus beschädigt worden sei. Da bei entsprechendem Niederschlag bei hohem Grundwasserstand eine Versickerung unmöglich sei und auch Grundwasser zutage trete, werde dieser Umstand durch das verfahrensgegenständliche Projekt verstärkt, sodass Überschwemmungen der Keller vorprogrammiert seien.
16 Für einen derartigen Einwand sei die Frist bereits abgelaufen gewesen, zumal die nachbarlichen Einwendungen bis spätestens am (Tag der Bauverhandlung) einzubringen gewesen wären. Bis zu diesem Zeitpunkt sei lediglich die Grundwassersituation thematisiert worden. Diese sei aber nicht im Bauverfahren zu behandeln.
17 Mangels Rechtzeitigkeit der Einwendungen betreffend die Versickerung der Oberflächenwässer dürfe sich das Verwaltungsgericht damit nicht befassen, da die Revisionswerber diesbezüglich die Parteistellung verloren hätten.
18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
19 Die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
21 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Rechtzeitigkeit der Erhebung von Einwendungen betreffend Oberflächenwässer zulässig.
22 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beurteilung der Einwendungen der Revisionswerber sei aktenwidrig und in sich widersprüchlich erfolgt. Präklusion sei unrichtig angenommen worden, die Einwendungen der Revisionswerber wären daher zu behandeln gewesen. Es seien die Begründungspflicht sowie die Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit, des Parteiengehörs und der Offizialmaxime verletzt worden. Zu Unrecht sei den Revisionswerbern die Parteistellung in Bezug auf die Oberflächenwässer und die Auswirkungen auf die Standfestigkeit und Trockenheit der Gebäude der Revisionswerber abgesprochen worden.
23 § 6 BO, LGBl. Nr. 1/2015, in der Fassung LGBl. Nr. 37/2016 lautet auszugsweise:
"§ 6
Parteien und Nachbarn
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
...
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück
angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
...
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt werden können.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz
der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4) sowie
2. den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die
Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
..."
24 § 45 BO, LGBl. Nr. 1/2015, lautet auszugsweise:
25 "...
(6) Durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern (z. B. aus Wasserbehältern, Schwimmbecken oder Teichen) darf weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Die Abwässer dürfen nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden."
26 § 42 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautet auszugsweise:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.
..."
27 Eine dem § 42 AVG entsprechende Einwendung liegt nur dann vor, wenn sie spezialisiert ist und jedenfalls erkennbar ist, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. ); geltend gemacht werden muss die Verletzung eines subjektiven Rechtes (). Der Einwendung muss jedenfalls entnommen werden können, welcher Art das geltend gemachte subjektive Recht ist (vgl. ). Einwendungen müssen nicht begründet werden; es genügt die Behauptung einer Verletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht. Neue Einwendungen können nicht nachgetragen werden, weil insoweit die Parteistellung verloren gegangen ist ().
28 Dem Nachbarn steht kein Recht darauf zu, dass durch das Bauvorhaben der Grundwasserhaushalt (Grundwasserspiegel) nicht beeinträchtigt wird (vgl. zur vergleichbaren Bestimmung des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 , mwN). Außerdem bezieht sich das hier gegenständliche subjektivöffentliche Nachbarrecht des § 6 Abs. 2 Z 1 BO nur auf die Bauwerke der Nachbarn, nicht aber auf ihr Grundstück als solches (vgl. wiederum ). Ebenso wie Veränderungen des Grundwassers ist auch der Hochwasserschutz nicht von der Baubehörde, sondern von der Wasserrechtsbehörde wahrzunehmen (vgl. , mwN).
29 Ein Nachbarrecht nach der BO besteht aber insofern, als baurechtliche Bestimmungen die Trockenheit der Bauwerke der Nachbarn gewährleisten sollen. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich zutreffend auf § 45 Abs. 6 BO verwiesen (vgl. zur entsprechenden Bestimmung des § 62 Abs. 3 NÖ BO 1996 ). Nach dieser Bestimmung durfte durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden.
30 In diesem Zusammenhang ist es nicht zutreffend, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass bis zur mündlichen Bauverhandlung am von den Revisionswerbern lediglich die Grundwassersituation thematisiert worden sei. In der Eingabe vom haben die Revisionswerber ausdrücklich die Trockenheit ihrer Bauwerke geltend gemacht und sich gegen eine durch das Bauvorhaben ausgelöste "Tagwassersituation" (neben einer "Grundwassersituation") gewendet. Sie haben vorgebracht, dass der "Wasserbzw. Grundwasserabfluss" durch den neuen Baukörper unterbrochen werde. Auch damit wurde allgemein der Wasserabfluss angesprochen, nicht nur der Grundwasserabfluss, und es wurde auch nicht, wie in der Revisionsbeantwortung der belangten Behörde vorgebracht, lediglich auf bestehende Bachbette abgestellt.
31 Insgesamt kann dem Verwaltungsgericht im Lichte der oben angeführten hg. Judikatur zu relevanten Einwendungen daher nicht gefolgt werden, dass nur die Grundwasserverhältnisse von den Revisionswerbern geltend gemacht worden seien und somit keine rechtzeitigen Einwendungen in Bezug auf die Trockenheit ihrer Bauwerke vorlägen.
32 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
33 Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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Normen | BauRallg; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050033.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-72595