VwGH vom 28.04.2011, 2008/01/0142
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des B M (geboren 1955) in V, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den am verkündeten und am ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 267.243/0/3E-II/06/06, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Spruchpunkte II. (Refoulement) und III. (Ausweisung) des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt wurden, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von (damals) Serbien und Montenegro, gehört der albanischen Volksgruppe an und stammt aus dem Kosovo. Er ist seit mit M M (im Folgenden: MM) verheiratet.
Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin MM reisten gemeinsam ein und brachten jeweils am beim Bundesasylamt Asylanträge ein. Das Asylverfahren der MM war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nach einer für MM negativen erstinstanzlichen Entscheidung vom (zu Zl. 05 17.840-EAST West) gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) und der dagegen erhobenen Berufung - seit Jänner 2006 bei der belangten Behörde im Stadium eines offenen Berufungsverfahrens (zur Zl. 267.244/2/II/06/06) anhängig.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom , GZ A3 267.244-0/2008/11E, wurde die (Berufung nunmehr) Beschwerde der MM gemäß § 7 AsylG abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der MM "in die Republik Kosovo" nicht zulässig ist und MM gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum erteilt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom - mit dem sein Asylantrag abgewiesen (I.), seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach "Serbien und Montenegro, in die Provinz Kosovo" als zulässig festgestellt (II.) und er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien und Montenegro, in die Provinz Kosovo" ausgewiesen worden war (III.) - gemäß "§§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG" ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu I.:
Die Beschwerde macht im Ergebnis zu Recht geltend, dass der Beschwerdeführer ein Familienangehöriger einer Asylwerberin im Sinne des § 1 Z. 6 Asylgesetz 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) ist, für den bezogen auf das noch nicht abgeschlossen gewesene Asylverfahren seine Ehegattin MM die Bestimmungen für das Familienverfahren nach § 10 AsylG zur Anwendung hätten gelangen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/19/0884, und sinngemäß die zu Verfahren nach dem Asylgesetz 2005 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/19/0205, und vom , Zlen. 2007/01/0164 bis 0165).
Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG hat die Behörde zwar die Anträge von Familienangehörigen gesondert zu prüfen; die Verfahren sind jedoch unter einem zu führen, und unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2007/01/0532 bis 0535).
Demnach hätte die belangte Behörde die bei ihr anhängigen Berufungsverfahren des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin MM unter einem zu führen gehabt. Richtigerweise hätte das nach dem zitierten Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom für die Ehegattin MM vorliegende Abschiebehindernis in Betracht gezogen werden müssen, weil alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang erhalten.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Bestimmungen des Familienverfahrens außer Acht ließ, war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - abgesehen von dem unter Punkt I. der Erwägungen angesprochenen Themenkomplex - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abzulehnen.
Wien, am