VwGH 15.03.2010, 2008/01/0096
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Nach Aufhebung des nach Ablauf der gemäß § 36 Abs 2 VwGG gesetzten Frist nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit ist die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig; zur Erlassung eines (Ersatz-)Bescheides steht ihr neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs 1 Z 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl den hg Beschluss vom , Zl 98/01/0277, VwSlg 14979 A/1998, sowie die hg Erkenntnisse vom , Zl 98/12/0406, vom , Zl 98/01/0442, vom , Zl 2000/02/0008, und vom , Zl 2001/12/0257). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2002/10/0216 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des S I in Agbor (Nigeria), vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem(Stb)-426610/9-2007-Ja, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde gegen die belangte Behörde, weil diese über seinen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom nicht fristgerecht entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Verfügung vom die Beschwerde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zu, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am zugestellt. Die dreimonatige Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides endete somit am .
Mit Bescheid vom holte die belangte Behörde die versäumte Entscheidung nach. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.
Mit hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2007/01/0355, wurde das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wegen Nachholung des versäumten Bescheides gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Säumnisbeschwerde bleibt die belangte Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides nur bis zum Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zuständig. Nach Ablauf der Frist ist sie nicht mehr zuständig, den versäumten Bescheid nachzuholen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/07/0095, vom , Zl. 2004/07/0208, vom , Zl. 2004/11/0235, sowie zuletzt vom , Zl. 2008/21/0477).
Da die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist - am - erlassen hat, war sie dazu entsprechend der dargestellten Rechtslage nicht mehr zuständig.
Diese Unzuständigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren nur aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde ausdrücklich geltend gemacht wird. Dies ist hier der Fall; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. die zitierten hg. Erkenntnisse vom und vom sowie die dort erwähnte Vorjudikatur).
Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass nach der seit dem (zu § 36 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 ergangenen) Beschluss vom , Zl. 98/01/0277 = VwSlgNF 14.979 A, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Aufhebung des nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig ist und ihr zur Erlassung eines (Ersatz-)Bescheides neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung steht. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom und die dort erwähnte Vorjudikatur).
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2008010096.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAE-72569