VwGH vom 29.10.2008, 2005/04/0302
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der Bietergemeinschaft F GmbH, B GmbH, D GmbH und H Ziviltechniker GmbH, vertreten durch Dr. Heinz Häupl, Rechtsanwalt in 4865 Nußdorf, Stockwinkl 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-550243/7/Kü/Hu, betreffend Nachprüfung einer Zuschlagsentscheidung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gurten, 4942 Gurten, Gurten 81), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Gemeinde hat u.a. in der Wiener Zeitung vom einen Bauauftrag betreffend eine Abwasserreinigungsanlage im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Die Beschwerdeführerin ist eine Bietergemeinschaft aus vier Gesellschaften mit beschränkter Haftung, der von der Mitbeteiligten mit Schreiben vom mitgeteilt wurde, dass der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt werden solle. Eine Vergabe des Bauauftrages an die Beschwerdeführerin könne deshalb nicht erfolgen, weil die Wasserrechtsbehörde mitgeteilt habe, dass das dem Angebot der Beschwerdeführerin zu Grunde liegende Projekt wasserrechtlich nicht bewilligungsfähig sei; das Angebot der Beschwerdeführerin entspreche somit nicht den Ausschreibungsbedingungen.
Mit dem am bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung der genannten Zuschlagsentscheidung und vertrat die Auffassung, dass die von ihr angebotene Abwasserreinigungsanlage sehr wohl konsensfähig sei und in allen Belangen, insbesondere hinsichtlich Reinigungsleistung und Betriebssicherheit, den Ausschreibungsbedingungen entspreche.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Nachprüfungsantrag (und dem zugehörigen Antrag auf Gebührenersatz) keine Folge. In der Begründung vertrat sie die Auffassung, dass die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin angebotene Anlage in wasserrechtlicher Hinsicht bewilligungsfähig sei, nicht näher behandelt werden müsse. Das Angebot der Beschwerdeführerin sei nämlich nach Ansicht der belangten Behörde nicht rechtsgültig unterschrieben gewesen. Da ein solcher Mangel nach Ansicht der belangten Behörde nicht verbesserungsfähig sei, wäre dieses Angebot schon wegen der fehlenden rechtsgültigen Unterfertigung als unvollständiges Angebot gemäß § 98 Z 8 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG auszuscheiden gewesen. Durch die Nichtberücksichtigung eines ohnedies nicht geeigneten Angebotes könne der Beschwerdeführerin kein Schaden entstehen.
Dieser Rechtsauffassung legte die belangte Behörde in ihren Sachverhaltsfeststellungen zugrunde, dass nur drei Mitglieder der Bietergemeinschaft das Angebot der Beschwerdeführerin unterschrieben hätten. Zwar habe die Beschwerdeführerin mit diesem Angebot auch den Gemeinschaftsvertrag vom über die Schaffung der Bietergemeinschaft vorgelegt, in dem Dr. F als bevollmächtigter Vertreter "zum Abschluss und zur Abwicklung des Vertrages" bekannt gegeben worden sei. Die belangte Behörde sehe in diesem Vertragspunkt aber "keine ausreichende Vollmacht zur rechtsgültigen Unterfertigung des gemeinsamen Angebotes" der Bietergemeinschaft. Für diese Ansicht spreche auch, dass das Angebot trotz der genannten Vollmacht von drei Mitgliedern der Bietergemeinschaft unterzeichnet worden sei. Außerdem sei das Angebot nicht von Dr. F persönlich, sondern nur "firmenmäßig" von seiner GmbH gefertigt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Bietergemeinschaft führt in ihrer Beschwerde ins Treffen, dass Dr. F nicht nur Geschäftsführer der F GmbH (diese ist eines der Mitglieder der Bietergemeinschaft) sei und das Angebot unterschrieben habe, sondern dass Dr. F nach dem genannten Gemeinschaftsvertrag auch bevollmächtigt gewesen sei, dieses Angebot für die Bietergemeinschaft zu unterzeichnen. Die Vollmacht "zum Abschluss und zur Abwicklung des Vertrages" umfasse entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde auch die letzte zum Vertragsabschluss führende Rechtshandlung, nämlich die Unterzeichnung und die Abgabe des Angebotes.
Im vorliegenden Beschwerdefall geht die belangte Behörde sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Gegenschrift davon aus, dass das in Rede stehende Angebot der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft und nicht bloß einem oder einzelnen ihrer Mitglieder zuzurechnen sei. Diese Ansicht ist vor allem im Hinblick auf den dem Angebot angeschlossenen Gemeinschaftsvertrag der Bietergemeinschaft nicht zu beanstanden. Die belangte Behörde meint aber, dass diesem Angebot der Mangel der nicht rechtsgültigen Unterfertigung anhafte, der, weil er nicht verbesserungsfähig sei, zum Ausscheiden dieses Angebotes hätte führen müssen, sodass der Beschwerdeführerin die Antragslegitimation im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren fehle.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist daher entscheidungsrelevant, ob dem Angebot der Beschwerdeführerin der genannte Mangel anhaftet und - sofern dies zu bejahen ist - ob es sich dabei um einen nicht behebbaren Mangel im Sinne des § 98 Z 8 BVergG handelt, der ohne weiteres zum Ausscheiden des Angebotes der Beschwerdeführerin führt.
Im gegenständlichen Fall ist schon die Annahme der Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterfertigung nicht tragfähig:
Da das Vertragsverhältnis gemäß § 101 BVergG (abgesehen vom Ausnahmefall des zweiten Satzes dieser Bestimmung) zu jenem Zeitpunkt zu Stande kommt, zu dem der Bieter die schriftliche Verständigung von der Annahme seines Angebotes erhält, stellt das Unterfertigen und Abgeben des Angebotes die für das Zustandekommen des Vertrages essentielle Handlung des Bieters dar. Wenn die Beschwerdeführerin daher Dr. F "zum Abschluss und zur Abwicklung des Vertrages" bevollmächtigt hat, so umfasst diese Vollmacht zweifellos auch das Unterfertigen des Angebotes der Beschwerdeführerin. Daran vermag der Umstand, dass (zusätzlich) auch andere Mitglieder der Bietergemeinschaft das Angebot unterfertigt haben, nichts zu ändern.
Wenn die belangte Behörde aber davon ausgeht, dass Dr. F das Angebot gar nicht persönlich unterfertigt habe, sondern dass dieses Angebot nur von seinem Unternehmen, der F GmbH, firmenmäßig gezeichnet worden sei, so erweist sich diese Annahme mangels näherer Begründung als nicht schlüssig:
Richtig ist, dass das in den Akten befindliche Angebot auf Seite 48 den Firmenstempel der F GmbH aufweist, doch ist auf diesem Stempelabdruck unschwer auch ein handschriftlich beigesetzter Schriftzug, der offensichtlich eine Unterschrift darstellt, erkennbar. Wieso diese Unterschrift nicht jene des Dr. F (der nach dem Beschwerdevorbringen Geschäftsführer der F GmbH ist) sein sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen. Der Umstand, dass dieser Unterschrift ein Firmenstempel beigesetzt wurde, spricht jedenfalls nicht gegen die Annahme der Unterschrift des Dr. F, weil mit dem Angebot gleichzeitig (siehe Punkt 4. des Gemeinschaftsvertrages) auch die Vollmacht, welche die Bietergemeinschaft dem Dr. F erteilt hat, vorgelegt wurde, wodurch das Auftreten des Dr. F im Namen der Bietergemeinschaft offen gelegt wurde (vgl. zum Offenlegungsgrundsatz Strasser in Rummel, ABGB, Rz. 50 zu § 1002).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am