VwGH vom 15.11.2011, 2010/05/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der EJ in Wien, vertreten durch Fiebinger Polak Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Getreidemarkt 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1206/001-2009, betreffend Bauplatzerklärung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, 3400 Klosterneuburg, Rathausplatz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke, welche im geltenden Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als "Grünland-Grüngürtel" mit der Funktionsbezeichnung "Garten ohne Hauptgebäude" ausgewiesen sind.
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, diese beiden Grundstücke gemäß § 11 Abs. 2 NÖ Bauordnung zu Bauplätzen zu erklären.
Mit Bescheid des Stadtamtes der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dieser Antrag abgewiesen, weil die Grundstücke der Beschwerdeführerin nicht im Bauland lägen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde sei zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag nicht zuständig gewesen, weil gemäß § 2 Abs. 1 NÖ Bauordnung der Bürgermeister Baubehörde erster Instanz sei. Der Beschwerdeführerin sei bewusst, dass ihre Grundstücke nicht als Bauland gewidmet seien; der diesbezügliche Flächenwidmungsplan sei jedoch gesetzwidrig. Um diese Rechtswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof relevieren zu können, müsse der Instanzenzug im Bauplatzerklärungsverfahren erschöpft sein.
Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Bauplatzerklärung für ein Grundstück, das die Widmung "Grünland-Grüngürtel" aufweise, unzulässig sei, weshalb der Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen worden sei. Die Frage der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen könne von der Berufungsbehörde nicht wahrgenommen werden, sondern sie habe die ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Dem Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde sei mit Verordnung des Gemeinderates Organstellung verliehen worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Vorstellung, in welcher sie neuerlich die Unzuständigkeit des Stadtamtes der mitbeteiligten Gemeinde und die Gesetzwidrigkeit des der Entscheidung zugrunde liegenden Flächenwidmungsplans geltend machte, als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde legte mit näherer Begründung dar, dass das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde durch Beschluss des Gemeinderates zum Organ der Gemeinde bestellt worden sei, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 3 NÖ Gemeindeordnung 1973 zur Besorgung der behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches an Stelle des Bürgermeisters berufen sei. Das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde habe demnach zu Recht als Baubehörde erster Instanz über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bauplatzerklärung entschieden. Ob die bezughabende Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der mitbeteiligten Gemeinde in gesetzmäßiger Weise zustande gekommen ist, sei im Rahmen des Vorstellungsverfahrens nicht mehr zu prüfen, weil der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung rechtswirksame Flächenwidmungsplan maßgeblich sei.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der - nach Durchführung eines Vorverfahrens - deren Behandlung mit Beschluss vom , B 964/09-10, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom , B 964/09-12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung seines Beschlusses vom führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem Folgendes aus:
"§ 18 Abs. 2 iVm § 42 Abs. 3 NÖ GO 1973 ist im Verhältnis zu § 2 NÖ BauO 1996 die speziellere Zuständigkeitsregelung betreffend Gemeinden, in denen ein Beschluss gemäß § 18 Abs. 2 NÖ GO 1973 gefasst wurde. Die Funktion des Bürgermeisters als Baubehörde erster Instanz des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist verfassungsrechtlich nicht zwingend vorgegeben. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg, mit der gemäß § 18 Abs. 2 NÖ GO 1973 das Gemeindeamt zum Organ der Gemeinde bestellt wurde, lässt in der Kundmachung sehr wohl erkennen, dass ihr ein Beschluss des Gemeinderates vom zugrunde liegt. Dass kein Hinweis auf die 2/3-Mehrheit enthalten ist, schadet nicht (vgl. VfSlg. 14.938/1997).
Für die Grundstücke der Beschwerdeführerin gilt dasselbe wie für jene Grundstücke, deren gleich lautende Widmung der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 18410/2008 nicht als gesetzwidrig aufgehoben hat. "
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, dass die gegebene Flächenwidmung "Grünland-Grüngürtel" ihrem Begehren auf Bauplatzerklärung entgegensteht, vertritt aber (wie schon im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) weiterhin die Auffassung, das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde sei zur Entscheidung als Baubehörde erster Instanz unzuständig gewesen und der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Flächenwidmungsplan sei rechtswidrig. Dass die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom , mit welcher das Stadtamt zum Organ der Gemeinde bestellt worden ist, ordnungsgemäß kundgemacht worden ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0104, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, festgestellt. Darüber hinaus enthält die ergänzte Beschwerde keine Argumente, die die Beschwerdeführerin nicht bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen hat. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedenfalls zu einer entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Die Beschwerdeführerin behauptet, der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil er sich auf § 11 Abs. 2 NÖ Bauordnung stütze, dessen letzter Satz verfassungswidrig sei. Dem ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag vom ausdrücklich erklärt hat, die gegenständlichen Grundstücke seien keine Bauplätze, sodass zu einer Prüfung der Bauplatzeigenschaft nach der zuletzt genannten Bestimmung keine Veranlassung bestand; eine solche Prüfung wurde auch nicht vorgenommen. Die nunmehr beanstandete Bestimmung war für die Beurteilung des Antrages nicht präjudiziell und wurde auch nicht angewendet; würde jetzt deren Anwendung gefordert werden, stünde, da nie das Vorliegen der Sachvoraussetzungen behauptet wurde, dem das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen.
Davon ausgehend, wurde die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im geltend gemachten einfachgesetzlichen Recht auf Bauplatzerklärung nicht verletzt, weil gemäß § 11 Abs. 2 NÖ Bauordnung die Bauplatzerklärung nur bei Grundstücken im Bauland erfolgen kann.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008. Das auf Ersatz des Vorlageaufwandes gerichtete Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil ihr gemäß § 48 Abs. 3 VwGG ein solcher Ersatzanspruch nicht zusteht, zumal die Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof durch die belangte Behörde erfolgte.
Wien, am