VwGH vom 15.09.2011, 2005/04/0296
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dr. Johannes P. Willheim, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Naglergasse 2/Top 11, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl. 611.074/0001- BKS/2004, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: A in B, vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in 4014 Linz, Kroatengasse 7; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 iVm § 12 Abs. 1 Privatradiogesetz (PrR-G) iVm § 54 Abs. 3 Z. 1 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) die Übertragungskapazität Funkstelle Kremsmünster (Gusterberg), Frequenz 106,6 MHz, zur Erweiterung des mit näher bezeichneten Bescheiden zugeteilten Versorgungsgebietes "Steyr und nördliche Teile des Bezirkes Steyr Land und Bezirk Kirchdorf an der Krems" zugeordnet. Gleichzeitig wurde der Antrag (unter anderem) der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms unter Nutzung dieser Übertragungskapazität gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G abgewiesen.
In der Begründung dieser Entscheidung hielt die KommAustria - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - fest, bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G zu treffenden Auswahl zwischen der Schaffung eines neuen oder der Erweiterung eines bestehenden Versorgungsgebietes fänden die Auswahlgrundsätze des § 6 PrR-G nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, welcher auf "Zulassungen" abstelle, keine Anwendung. Allerdings könne auch bei der Anwendung dieser Auswahlgrundsätze ein Blick auf § 6 leg. cit. nicht unterbleiben, weil der jeweilige konkrete Gehalt der teilweise übereinstimmenden Grundsätze nur im Rahmen einer Gesamtschau der beiden Bestimmungen hinreichend ermittelt werden könne. Besondere Bedeutung komme bei dieser systematischen Betrachtung dem Grundsatz der Meinungsvielfalt zu. Jedoch sei bei der Abwägung zwischen den Anträgen mehrerer Interessenten, die eine Erweiterung ihres jeweiligen bestehenden Versorgungsgebietes oder die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G anstrebten, die Rangordnung des § 10 Abs. 1 leg. cit. insoweit entscheidungswesentlich, als neben der Erweiterung des bestehenden Versorgungsgebietes die zusätzliche Nebenwirkung einer Verbesserung der Versorgung des bestehenden Versorgungsgebietes eintrete, wenn keine anderen Entscheidungskriterien so überwögen, dass diese ausschlaggebend sein müssten. Da die verfahrensgegenständliche Übertragungskapazität bei Zuordnung zum bestehenden Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei hauptsächlich, nämlich zu etwa 70 %, der Schließung von Versorgungslücken in diesem Versorgungsgebiet dienen würde, habe die Auswahlentscheidung daher zu Gunsten der mitbeteiligten Partei auszufallen, es sei denn, andere Entscheidungskriterien würden so überwiegen, dass diese ausschlaggebend sein müssten. Insgesamt seien keine Umstände erkennbar, welche die Zuteilung der gegenständlichen Übertragungskapazität an einen anderen Antragsteller als die mitbeteiligte Partei gebieten würde. Insbesondere liege kein entscheidungsrelevanter Umstand vor, der gegenüber der durch eine Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Übertragungskapazität zum bestehenden Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei entstehenden Verdichtung dieses Versorgungsgebietes so schwer wiegen würde, dass er für die im gegenständlichen Verfahren zu treffende Auswahlentscheidung ausschlaggebend sein müsste.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid wendete die beschwerdeführende Partei - zusammengefasst - ein, dass die Radio S Betriebs GmbH "jene (juristische) Person ist, die faktisch die Programmgestaltung (für die mitbeteiligte Partei) vorgibt", was die KommAustria nicht berücksichtigt habe. Auch wäre durch die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes "an sich bereits ein positiver Beitrag zur Meinungsvielfalt geleistet". Bei Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes würden 50 % mehr Einwohner von dem neuen Hörfunkprogramm erreicht. Es würde auch "ein neuer Meinungsbildner auftreten, was der Meinungsvielfalt ohne jeden Zweifel zuträglich wäre". Dem gegenüber wäre die Meinungsvielfalt durch eine Erweiterung kaum positiv beeinflusst. Die beschwerdeführende Partei plane ein Format, das im Versorgungsgebiet noch nicht empfangbar sei.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001, iVm § 32 Abs. 3 und 4 PrR-G in der Fassung BGBl. I Nr. 169/2004, ab.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die KommAustria habe sich bereits mit der in der Berufung problematisierten Vereinbarung zwischen der mitbeteiligten Partei und der Radio S Betriebs GmbH bzw. mit dem Gesellschaftsvertrag der Radio S Betriebs GmbH auseinandergesetzt und sei zum Schluss gelangt, dass der Radio S Betriebs GmbH keine Mitsprachemöglichkeit bei der Programmgestaltung zukomme und die Zulassungsinhaberin ihren Mitarbeitern fachliche und organisatorische Weisungen erteilen könne. Die KommAustria habe auch keine Veranlassung gehabt anzunehmen, dass die Zulassung nicht von der mitbeteiligten Partei, sondern eigentlich von der Radio S Betriebs GmbH (im Folgenden: Betriebsgesellschaft) ausgeübt werde. Durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags sei der erforderliche entscheidende Einfluss der Zulassungsinhaberin in der Betriebsgesellschaft sichergestellt. Bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde habe jedenfalls für die KommAustria keine Veranlassung bestanden, ein Rechtsverletzungsverfahren einzuleiten. Auch die belangte Behörde vermöge keine über die bereits vorgebrachten Umstände hinausgehenden Anhaltspunkte zu erkennen, die nahelegten, das Programm werde eigentlich von der Betriebsgesellschaft und nicht von der Zulassungsinhaberin veranstaltet.
Der KommAustria sei beizupflichten, dass bei der Abwägung zwischen den Anträgen mehrerer Interessenten, die eine Erweiterung ihres jeweiligen bestehenden Versorgungsgebietes oder die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G anstrebten, die Rangordnung des § 10 Abs. 1 leg. cit. insoweit entscheidungswesentlich sei, wenn neben der Erweiterung des bestehenden Versorgungsgebiets die zusätzliche Nebenwirkung einer Verbesserung der Versorgung des bestehenden Versorgungsgebietes eintrete. Dies sei vor allem dann von Relevanz, wenn keine anderen Entscheidungskriterien so überwögen, dass diese ausschlaggebend sein müssten. Nach den Feststellungen der KommAustria sei im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die Zuordnung der Übertragungskapazität zu 70 % der Verbesserung des Empfanges des Programmes der mitbeteiligten Partei diene, während das Ausmaß der Erweiterung mit 30 % zu bemessen sei. Schon daraus lasse sich ein gewichtiges Argument für die von der KommAustria vorgenommene Zuordnung gewinnen, zumal § 10 PrR-G in der vorliegend maßgeblichen Fassung zum Ausdruck bringe, dass im Sinne der Konsolidierung eines Versorgungsgebietes zunächst die Verbesserung der Versorgung zu gewährleisten sei. Dieser Rangfolge entspreche auch die im Gesetzestext und in den Erläuterungen zu § 10 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ausgewiesene Betonung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung im Sinne einer stärkeren Ausrichtung auf die wirtschaftliche Einträglichkeit der Hörfunkveranstaltung. Die belangte Behörde teile die Auffassung der KommAustria, dass im Lichte der vom PrR-G vorgegebenen Rangfolge und der Stärkung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit der Zuordnung zur Mitbeteiligten der Vorzug zu geben sei, wenn nicht die Beurteilung nach den in Abs. 1 Z. 4 genannten weiteren Kriterien eine eindeutige Präferenz zu Gunsten der Neuschaffung eines Versorgungsgebietes ergebe.
Im Hinblick auf die durch die Rangfolge des Gesetzes zum Ausdruck gebrachte Präferenz für die Konsolidierung eines bestehenden Versorgungsgebietes vertrete die belangte Behörde im vorliegenden Fall, in dem der Effekt der Versorgung durch die mitbeteiligte Partei sich zu mehr als zwei Dritteln zu Gunsten der Verbesserung des Empfangs auswirke, die Auffassung, dass die Entscheidung der KommAustria auf sachlichen Überlegungen beruhe und nicht zu beanstanden sei. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis Zl. 2003/04/0136) nicht zu entnehmen, die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes wäre im Lichte des Kriteriums der Meinungsvielfalt zwingend zu bevorzugen.
Zum Kriterium der Meinungsvielfalt sei festzuhalten, dass es die beschwerdeführende Partei verabsäumt habe näher darzulegen, inwiefern von ihr ein höherer Beitrag zur Meinungsvielfalt und nicht nur zur Vielfalt der Formate zu erwarten wäre. Das Angebot unterschiedlicher Musikformate könne zweifellos ein Aspekt der Meinungsvielfalt sein, es entspreche allerdings nicht der gesetzgeberischen Intention, wenn es bei der Auswahl zu Gunsten eines bestimmten Bewerbers allein darauf ankäme, dass ein anderes Musikformat als bislang im Versorgungsgebiet empfangbar ausgestrahlt werde. Bei Beurteilung des Programms der beschwerdeführenden Partei und der mitbeteiligten Partei am Maßstab des Anteils der redaktionellen Beiträge und nicht nur an dem Format der Musikauswahl ergebe sich im Hinblick auf das Kriterium der Meinungsvielfalt ein eindeutiger Vorzug für das Programm der mitbeteiligten Partei. Während bei ihrem Programm ein Wortanteil von 30 % zu erwarten sei (so wie beim bereits veranstalteten Programm) liege dieser Anteil bei der beschwerdeführenden Partei bei 15 %. Das Ausmaß des Wortanteils sei in dieser Hinsicht ein gewichtiges Indiz dafür, inwieweit ein Programm überhaupt meinungsbildend sein könne. Die belangte Behörde könne auch nicht erkennen, dass nach den Ausführungen der KommAustria über das Programm der mitbeteiligten Partei das Programm der beschwerdeführenden Partei in dieser Hinsicht höher zu bewerten sei: Das Programm der mitbeteiligten Partei sei ein solches "mit breiter lokaler Berichterstattung" und "umfassender Information über das gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, sportliche und kulturelle Leben im Verbreitungsgebiet" und es seien die Wortbeiträge auf die "Region abgestimmt". Regionale Nachrichten würden zur halben Stunde und drei regionale Informationssendungen täglich ausgestrahlt. Nach Auffassung der belangten Behörde sei daher die von der KommAustria getroffene Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Die für den Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des Privatradiogesetzes, BGBl. I Nr. 20/2001 idF BGBl. I Nr. 97/2004 (PrR-G), lauten (auszugsweise):
"Zulassung
§ 3. (1) Eine Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms ist von der Regulierungsbehörde auf zehn Jahre zu erteilen. …
…
(4) Die Zulassung ist außer im Fall einer gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge nicht übertragbar.
…
Auswahlgrundsätze
§ 6. (1) Bewerben sich mehrere Antragsteller, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 2 und 3) erfüllen, um eine Zulassung, so hat die Regulierungsbehörde dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen,
1. bei dem auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie der Ergebnisse des Verfahrens die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist und
2. von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist.
(2) Die Behörde hat auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und bei dieser Beurteilung insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich daraus verlässlichere Prognosen für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lassen.
…
Frequenzzuordnung
§ 10. (1) Die Regulierungsbehörde hat die drahtlosen terrestrischen Übertragungskapazitäten nach Frequenz und Standort dem Österreichischen Rundfunk und den privaten Hörfunkveranstaltern unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der technischen Gegebenheiten und der internationalen fernmelderechtlichen Verpflichtungen Österreichs nach Maßgabe und in der Reihenfolge folgender Kriterien zuzuordnen:
1. Für den Österreichischen Rundfunk ist eine Versorgung im Sinne des § 3 ORF G, BGBl. Nr. 379/1984, mit höchstens drei österreichweit sowie neun bundeslandweit empfangbaren Programmen des Hörfunks zu gewährleisten, wobei für das dritte österreichweite Programm der Versorgungsgrad der zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes ausreicht, wie er am in jedem Bundesland bestand;
2. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind Hörfunkveranstaltern auf Antrag zur Verbesserung der Versorgung im bestehenden Versorgungsgebiet zuzuordnen, sofern sie dafür geeignet sind und eine effiziente Nutzung des Frequenzspektrums gewährleistet ist;
3. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind auf Antrag für den Ausbau der Versorgung durch den Inhaber einer bundesweiten Zulassung zuzuordnen. Bei der Auswahl zugunsten eines Inhabers einer bundesweiten Zulassung ist jenem der Vorzug einzuräumen, dessen Versorgungsgebiet in Bevölkerungsanteilen berechnet kleiner ist;
4. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind auf Antrag entweder für die Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete heranzuziehen oder die Schaffung neuer Versorgungsgebiete zuzuordnen. Bei dieser Auswahl ist auf die Meinungsvielfalt in einem Verbreitungsgebiet, die Bevölkerungsdichte, die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung sowie auf politische, soziale, kulturelle Zusammenhänge Bedacht zu nehmen. Für die Erweiterung ist Voraussetzung, dass durch die Zuordnung ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem bestehenden Versorgungsgebiet gewährleistet ist. Für die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes muss gewährleistet sein, dass den Kriterien des § 12 Abs. 6 entsprochen wird.
(2) Doppel- und Mehrfachversorgungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden.
…
Zuordnung neuer Übertragungskapazitäten
§ 12. (1) Noch nicht zugeordnete Übertragungskapazitäten kann die Regulierungsbehörde auf Antrag nach Maßgabe der Kriterien des § 10 und unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der technischen Gegebenheiten und der internationalen fernmelderechtlichen Verpflichtungen Österreichs, dem Österreichischen Rundfunk, oder bestehenden Versorgungsgebieten von Hörfunkveranstaltern zuordnen oder für die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes heranziehen.
…"
4.2. Die beschwerdeführende Partei bringt zunächst vor, dass sich nach der Antragstellung der mitbeteiligten Partei deren Beteiligungsverhältnisse an bzw. Einflussmöglichkeiten bei der Radio S Betriebs GmbH maßgeblich verändert hätten, sodass rechtlich und de facto eine unzulässige Übertragung der Zulassung der mitbeteiligten Partei nach § 3 Abs. 4 PrR-G vorliege. Die Änderung der maßgeblichen Umstände im Hinblick darauf, wie und von wem eine Zulassung für die Erweiterung des Versorgungsgebietes beantragt und ausgeführt werde, sei nach dem Ende der Antragsfrist jedenfalls als Antragsänderung, durch die die Sache ihrem Wesen nach im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG verändert werde, zu qualifizieren. Nach § 13 Abs. 8 AVG würden "Änderungen" eines Antrages, die über das zulässige Maß hinausgehen, als konkludente Zurückziehung des ursprünglichen Antrages und Stellung eines neuen Antrages gewertet. Das Ende der Ausschreibungsfrist sei von der KommAustria in diesem Verfahren mit (richtig: 2003), 13.00 Uhr, festgelegt worden. Durch die Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der Radio S Betriebs GmbH sei das Wesen des Antrages der mitbeteiligten Partei nachträglich geändert worden; die mitbeteiligte Partei habe demnach den ursprünglichen Antrag am Tage der mündlichen Verhandlung vor der erstinstanzlichen Behörde, an dem sie die geänderten Verhältnisse bekanntgegeben habe, sohin am , geändert.
Dem ist zu entgegnen, dass die beschwerdeführende Partei dieses Vorbringen bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstattet und in der Berufung wiederholt hat. Sowohl die KommAustria als auch die belangte Behörde haben sich mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, die vorliegenden Beweisergebnisse gewürdigt und die ausreichende Einflussnahmemöglichkeit der mitbeteiligten Partei bejaht.
Die Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, einer Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter diesen Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält dieser Schlüssigkeitsprüfung stand. Die Schlussfolgerungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid erscheinen schlüssig und können durch die Wiederholung des Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren nicht in Frage gestellt werden.
Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie davon ausgeht, dass keine Übertragung der Zulassung erfolgt und damit keine "Antragsänderung" eingetreten ist.
4.3. Im gegenständlichen Fall hat die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Erweiterung ihres bereits bestehenden Versorgungsgebietes durch Zuordnung der ausgeschriebenen Übertragungskapazität gestellt, die beschwerdeführende Partei hingegen einen Antrag auf Neuzulassung.
Nach den auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der belangten Behörde dient die verfahrensgegenständliche Übertragungskapazität zu 70 % der Verbesserung des Empfanges des bestehenden und der mitbeteiligten Partei zugeteilten Versorgungsgebietes.
Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 PrR-G (arg: "in der Reihenfolge folgender Kriterien" im Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 PrR-G und "weitere verfügbare Übertragungskapazitäten" in Z. 4 leg. cit.) geht die Zuordnung einer Übertragungskapazität zur Verbesserung der Versorgung eines bestehenden Versorgungsgebietes der Zuordnung zur Schaffung neuer Versorgungsgebiete oder zur Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete vor (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0157, mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien).
Es kann im gegenständlichen Fall dahin gestellt bleiben, ob der mitbeteiligten Partei schon wegen des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z. 2 PrR-G der Vorzug zu geben war, weil die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf die Z. 4 dieser Bestimmung gestützt hat und diese Auswahlentscheidung einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof standhält:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G zu entscheiden, ob die freie Übertragungskapazität für die Erweiterung eines bestehenden oder die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes verwendet wird. Für die Auswahl zwischen diesen - grundsätzlich gleichwertigen - Möglichkeiten der Verwendung einer Übertragungskapazität ist auf die Meinungsvielfalt in einem Verbreitungsgebiet, die Bevölkerungsdichte, die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung sowie auf politische, soziale und kulturelle Zusammenhänge Bedacht zu nehmen. Die Regulierungsbehörde hat an Hand dieser Kriterien abzuwägen, inwieweit durch ein neues Versorgungsgebiet zum schon bestehenden Angebot an Programmen privater Hörfunkveranstalter ein Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet geleistet würde. Sie hat dabei auch abzuwägen, ob und inwieweit die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes im Hinblick auf die erreichte Einwohnerzahl wirtschaftlich tragfähig erscheint oder dieser Aspekt eher für die Erweiterung eines bestehenden Versorgungsgebietes spricht. Steht die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes tatsächlich mit der Frage über die Erweiterung eines bestehenden Versorgungsgebietes in Konkurrenz, so ist weiters zu beurteilen, ob die politischen, sozialen und kulturellen Zusammenhänge eher für ein neues Versorgungsgebiet sprächen oder Zusammenhänge der dargestellten Art zu einem bestehenden Versorgungsgebiet bestehen, die eher für eine Zuordnung zu diesem sprechen. Insoweit bei der Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G konkrete Bewerbungen berücksichtigt werden müssen, sind bei der Ausübung des Auswahlermessens, ob die Übertragungskapazität für die Schaffung eines neuen oder die Erweiterung eines bestehenden Versorgungsgebietes verwendet wird, neben den Kriterien des § 10 Abs. 1 Z. 4 PrR-G auch jene des § 6 leg. cit. heranzuziehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0024, mwN).
Zu § 6 PrR-G erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass damit für die Auswahlentscheidung der Behörde Auswahlkriterien festgelegt werden, die ihr Ermessen determinieren. Vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicher zu stellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des PrR-G, bietet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/03/0036).
4.4. Die Beschwerde rügt, dass der "geänderte Antrag" der mitbeteiligten Partei nicht in die Auswahlentscheidung hätte einbezogen werden dürfen und die belangte Behörde nicht alle Aspekte der Meinungsvielfalt bei ihrer Ermessensausübung berücksichtigt und entsprechend gewürdigt habe.
Die belangte Behörde beziehe sich bei ihrer Auswahlentscheidung nicht nur auf das angebotene Musikformat, sondern auf den Anteil an redaktionellen Beiträgen und entscheide zu Gunsten der mitbeteiligten Partei im Hinblick auf deren angeblich höheren geplanten Wortbeitrag, ohne sich auch nur ansatzweise mit den sozio-demographischen Verhältnissen im ausgeschriebenen Verbreitungsgebiet auseinanderzusetzen. Hätte sie sich mit dem entsprechenden Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Beschwerdeführerin mit dem von ihr beantragten Musik- und Wortprogramm sowie mit der von diesem Programm angesprochenen Zielgruppe noch nicht im Versorgungsgebiet abgedeckte Interessen versorgen würde, weshalb ihr Beitrag zur Meinungsvielfalt wesentlich größer als jener der Mitbeteiligten wäre.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Was den behaupteten Verstoß der mitbeteiligten Partei gegen§ 3 Abs. 4 PrR-G betrifft, dem im Rahmen der Auswahlentscheidung als eines von mehreren Kriterien Beachtung zukommen könnte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/03/0013), wurde - wie dargelegt - die Übertragung der Zulassung durch die mitbeteiligte Partei an die Betriebs GmbH verneint und die ausreichende Einflussnahmemöglichkeit der mitbeteiligten Partei bejaht. Was das Programm der mitbeteiligten Partei betrifft, ist nach den Feststellungen der belangten Behörde von diesem ein Wortanteil von 30 % zu erwarten, wohingegen dieser Anteil bei der beschwerdeführenden Partei bei 15 % liegt. Die Feststellung der KommAustria, die mitbeteiligte Partei übernehme ihr "Mantelprogramm" von der "Welle 1", ihr Programm sei dem der "Welle 1" zwar ähnlich, mit diesem jedoch nicht ident, weil Wortbeiträge zwar zeitgleich, doch inhaltlich verschieden auf die jeweilige Region abgestimmt seien, wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht als unrichtig gerügt. Sofern sie nunmehr vorbringt, das gesamte Programm der mitbeteiligten Partei werde von der "Welle 1" ohne die Einspielung lokaler redaktioneller Beiträge übernommen, unterliegt dieses Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot. Mit ihrem übrigen Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, dass die Auswahlentscheidung der belangten Behörde unrichtig wäre.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-72537