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VwGH vom 18.02.2009, 2005/04/0293

VwGH vom 18.02.2009, 2005/04/0293

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der A W P B Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Johannes P. Willheim, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rockhgasse 6/4, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl. 611.059/001-BKS/2005, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: P M GmbH in W, vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 4/15), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am schrieb die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) in mehreren Tageszeitungen die Übertragungskapazität "Funkstelle: Ybbs Donau 96,5 MHz, Standort:

Hengstberg" aus und gab darin den als spätesten Zeitpunkt für die Einbringung von Anträgen auf Zuordnung dieser Übertragungskapazität bzw. auf Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk im ausgeschriebenen Versorgungsgebiet bekannt. Die beschwerdeführende Partei, die bereits in Wien ein Hörfunkprogramm veranstaltet, und die mitbeteiligte Partei bewarben sich (gemeinsam mit anderen Bewerbern) um die genannte Übertragungskapazität.

Nach Durchführung einer Verhandlung am erteilte die KommAustria der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom gemäß den §§ 3, 5 und 6 Privatradiogesetz (PrR-G) die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms im genannten Versorgungsgebiet "Ybbs an der Donau". Gleichzeitig wurde (u.a.) der Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G abgewiesen.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde, soweit hier wesentlich, die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den genannten Bescheid vom u.a. gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G als unbegründet ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst darauf, dass § 6 PrR-G mehrere gleichwertige Kriterien für die Auswahlentscheidung nenne, darunter den "Umfang an eigengestalteten Beiträgen". Sowohl im Antrag der mitbeteiligten Partei als auch im Antrag der beschwerdeführenden Partei sei vorgesehen, Sendungen teilweise, aber innerhalb der Grenze des § 17 Abs. 1 PrR-G (höchstens 80 % der täglichen Sendezeit) zu übernehmen. Die mitbeteiligte Partei beabsichtige, 45 % ihres Programms ("Mantelprogramm") von einem anderen Veranstalter zu übernehmen. Die beschwerdeführende Partei plane, "zwischen 40 und 50 %" als Mantelprogramm aus ihrem eigenen Versorgungsgebiet in Wien, insoweit also ein "in Wien vorproduziertes" Programm zu übernehmen. Es sei materiell kein Unterschied zu erkennen, ob ein Veranstalter (wie die mitbeteiligte Partei) Programmteile von einem anderen Veranstalter oder (wie die beschwerdeführende Partei) die Programmteile aus einem eigenen zweiten Versorgungsgebiet übernehme. Daher seien auch die Sendungen, die die beschwerdeführende Partei aus ihrem Versorgungsgebiet in Wien zu übernehmen beabsichtige, nicht in den Umfang der "eigengestalteten" Sendungen einzuberechnen, sodass der Antrag der beschwerdeführenden Partei nach diesem Kriterium nicht besser zu bewerten sei. Das Argument der beschwerdeführenden Partei, dass sie mehr eigengestaltete Sendungen plane, als die mitbeteiligte Partei, sei daher nach Ansicht der belangten Behörde nicht nachvollziehbar.

Bei der Auswahlentscheidung komme es allerdings nicht allein auf den Anteil an eigengestalteten Sendungen an, sondern es sei gemäß § 6 PrR-G vielmehr auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die eigengestalteten Beiträge auf die Interessen der im Versorgungsgebiet vertretenen Bevölkerung bezögen. Es entspreche nämlich nicht den Zielen des PrR-G, bloß auf den Umfang des eigengestalteten Programms abzustellen, ohne dabei die "transportierten Inhalte" zu berücksichtigen. Daher sei bei der gegenständlichen Ermessensentscheidung vor allem auch der Lokalbezug der eigengestalteten Sendungen einzubeziehen. Die mitbeteiligte Partei habe diesen Lokalbezug im Zulassungsantrag ausreichend dargelegt, indem sie "acht Stunden täglich reines Lokalprogramm" plane. Dem gegenüber sei bei der beschwerdeführenden Partei das Ausmaß des Lokalbezuges ihres Programms unklar. So habe die beschwerdeführende Partei in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass nach 20 Uhr keine lokalen Informationen gesendet würden, sondern ausschließlich das in Wien vorproduzierte Programm. In der Zeit zwischen 6 und 20 Uhr bestehe das Programm, wie erwähnt, zwischen 40 und 50 % aus Sendungen, die aus dem Versorgungsgebiet Wien übernommenen würden. Wenn aber die beschwerdeführende Partei nunmehr in der Berufung ausführe, dass der im Wiener Versorgungsgebiet vorproduzierte Inhalt auch lokalen Bezug aufweise und dies daher bei der gegenständlichen Auswahlentscheidung berücksichtigt werden müsse, so sei ihr entgegen zu halten, dass es sich dabei um eine Änderung des Antrages nach Ablauf der Bewerbungsfrist handle, die im gegenständlichen Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen sei. Insgesamt sei daher dem Antrag der mitbeteiligten Partei der Vorrang einzuräumen, weil deren Programm den höheren Lokalbezug aufweise und weil es der beschwerdeführenden Partei nicht gelungen sei, darzulegen, dass sie mehr eigengestaltete Beiträge plane als die mitbeteiligte Partei. "Zudem" plane die mitbeteiligte Partei ein Programmformat, das im gegenständlichen Versorgungsgebiet von privaten Hörfunkanbietern noch nicht verbreitet werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt hat. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G hat die Behörde bei mehreren Antragstellern jenem den Vorrang einzuräumen, bei dem die Zielsetzungen dieses Gesetzes am Besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist (Z. 1) und von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist, wobei auch auf die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung abzustellen ist (Z. 2). Gemäß § 6 Abs. 2 PrR-G ist auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und inwieweit sich daraus eine verlässlichere Prognose für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lässt.

Im Hinblick auf die Auswahlentscheidung legt § 6 PrR-G den Beurteilungsspielraum der die Zulassung vergebenden Behörde durch die Vorgabe von Auswahlkriterien fest, die das Ermessen der Behörde determinieren; vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des Privatrundfunkrechtes, bietet (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0013, mwN).

Wie dargestellt hat die belangte Behörde den entscheidenden Vorteil der mitbeteiligten Partei innerhalb der Kriterien des § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G im größeren Lokalbezug des Programmangebotes der mitbeteiligten Partei gesehen. Soweit auch die beschwerdeführende Partei einen entsprechenden Lokalbezug ihres Programmangebotes behauptet habe, stelle dies eine unzulässige Änderung ihres ursprünglichen Antrages dar.

Dem tritt die vorliegende Beschwerde im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte ergänzende Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom entgegen, in der detailliert dargelegt worden sei, zu welchen Tageszeiten Lokalsendungen bzw. Sendungen mit lokalem Bezug geplant seien, sodass die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid aktenwidrige Feststellungen zu Grunde gelegt habe.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Vorwurf aktenwidriger Feststellungen unberechtigt ist, weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, wie dargestellt, sehr wohl bedacht hat, dass die beschwerdeführende Partei ihren ursprünglichen Antrag inhaltlich zur Frage des Lokalbezuges ihrer Sendungen ergänzt bzw. abgeändert hat. Die belangte Behörde hat vielmehr die Auffassung vertreten, dass diese Antragsänderung aus rechtlichen Überlegungen nicht zu berücksichtigen sei, weil sie verspätet erfolgt sei. Dem ist aus folgenden Gründen beizupflichten:

Die Aktenlage zeigt, dass die beschwerdeführende Partei den in ihrem ursprünglichen Antrag vorgesehenen Lokalbezug ihrer Sendungen (den sie in der Verhandlung vom erläutert hat) in der ergänzenden Stellungnahme vom erweitert hat. Dies stellt eine wesentliche Antragsänderung nach Ablauf der Bewerbungsfrist () dar, weil die Änderung des in § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G genannten Lokalbezuges der Sendungen einen Einfluss auf die Auswahlentscheidung haben kann. Nach der hg. Rechtsprechung sind aber nachträgliche Änderungen von Zulassungsanträgen, die entweder einen Einfluss auf den Zugang zum Auswahlverfahren nach dem PrR-G oder die (wie gegenständlich) einen Einfluss auf die Auswahlentscheidung haben können, von der Behörde nicht zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0148, und darauf Bezug nehmend etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0120, mwN). Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde bei Gegenüberstellung der Programmkonzepte im Programm der mitbeteiligten Partei einen höheren Lokalbezug gesehen hat.

Da die belangte Behörde auf die nach Ablauf der Bewerbungsfrist erfolgten Änderungen des Antrages der beschwerdeführenden Partei nach dem Gesagten nicht Bedacht zu nehmen hatte, ist sie (entgegen der Beschwerdemeinung) auch hinsichtlich des Kriteriums der "Eigengestaltung" der Sendungen zutreffend nur von den Angaben im Antrag ausgegangen und hat daher zu Grunde gelegt, dass die beschwerdeführende Partei im gegenständlichen Versorgungsgebiet Ybbs nach 20 Uhr sämtliche und in der Zeit von 6 bis 20 Uhr zwischen 40 und 50 % der in Wien vorproduzierten Sendungen übernehmen werde. Soweit die beschwerdeführende Partei meint, dass auch das in Wien vorproduzierte Programm von ihr stamme und ihr daher als "eigengestaltet" anzurechnen sei, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Da der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G als Auswahlkriterium u.a. bereits ein "eigenständiges", auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot genannt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er auch mit dem in Z 2 leg. cit. genannten Kriterium des Umfanges an "eigengestalteten" Beiträgen darauf abstellen wollte, ob die Beiträge für das konkrete Verbreitungsgebiet gestaltet wurden. Insoweit kann der Ansicht der belangten Behörde nicht beigepflichtet werden, die meint, die von der beschwerdeführenden Partei für das Versorgungsgebiet Wien produzierten Sendungen seien, soweit sie auch im Versorgungsgebiet Ybbs ausgestrahlt werden, nicht mehr "eigengestaltet".

Dennoch kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie dem Programmangebot der beschwerdeführenden Partei (unbeschadet des Umstandes, dass ihre in Wien produzierten Sendungen trotz Übernahme derselben in das Versorgungsgebiet Ybbs weiterhin als "eigengestaltet" anzusehen wären) schon wegen des oben erörterten geringeren Lokalbezuges nicht den Vorrang gegenüber der mitbeteiligten Partei eingeräumt hat:

Wie die belangte Behörde nämlich zutreffend angemerkt hat, ist das in der Z 2 des § 6 Abs. 1 PrR-G genannte Kriterium "Umfang an eigengestalteten Beiträgen" - für sich alleine - noch nicht entscheidungsrelevant, weil es nach der Z 1 der letztgenannten Bestimmung vor allem auch darauf ankommt, inwieweit das Programmangebot bzw. die Sendungen (also auch eigengestaltete Sendungen) auf die Interessen der im Versorgungsgebiet lebenden Bevölkerung Bedacht nehmen bzw. - mit den Worten der belangten Behörde - welche Inhalte durch eigengestaltete Sendungen transportiert werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0050, in dem der Verwaltungsgerichtshof dem Kriterium der "Eigengestaltung" des Programms eine im Einzelfall zu gewichtende Bedeutung im Rahmen des variablen Beurteilungsschemas des § 6 PrR-G beigemessen hat). Das Kriterium der "Eigengestaltung" (§ 6 Abs. 1 Z. 2 leg. cit.) gewinnt daher bei der Auswahlentscheidung erst im Zusammenhang mit den (nach dem Gesetz kumulativ zu beachtenden) Kriterien des § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G an Bedeutung.

Wie bereits ausgeführt hat die belangte Behörde das Programmkonzept der mitbeteiligten Partei gegenüber jenem der beschwerdeführenden Partei nach den Kriterien des § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G, konkret wegen des höheren Lokalbezuges, in nicht zu beanstandender Weise als besser bewertet. Am Vorrang der mitbeteiligten Partei änderte sich nach dem zuvor Gesagten daher auch dann nichts, wenn man auch jene Sendungen der beschwerdeführenden Partei als "eigengestaltet" ansieht, die sie in Wien produziert und in das gegenständliche Versorgungsgebiet Ybbs übernimmt (vgl. nochmals zum primären Gesetzesziel der größtmöglichen Meinungsvielfalt, dem auch der Lokalbezug der Sendungen dient, das eingangs zitierte Erkenntnis Zl. 2006/04/0013). Wären hingegen die Anträge der Bewerber nach den Kriterien § 6 Abs. 1 Z. 1 PrR-G als gleichwertig anzusehen, so hätte (u.a.) dem Kriterium des § 6 Abs. 1 Z. 2 PrR-G ausschlaggebende Bedeutung zukommen können.

Schließlich hat die belangte Behörde zu Gunsten der mitbeteiligten Partei ergänzend ("zudem") ins Treffen geführt, dass deren Programmformat im gegenständlichen Versorgungsgebiet von privaten Hörfunkanbietern noch nicht verbreitet werde. In diesem Zusammenhang wird im angefochtenen Bescheid (Seite 9) überdies ausgeführt, dass sich das Musikprogramm der mitbeteiligten Partei auch von den im gegenständlichen Versorgungsgebiet ausgestrahlten Regionalradioprogrammen des ORF (Radio Niederösterreich und Oberösterreich) unterscheide, die im Gegensatz zum Musikprogramm der mitbeteiligten Partei einen "deutlichen volkstümlichen Einschlag" hätten. Wenn die Beschwerde das letztgenannte Merkmal der Regionalradioprogramme des ORF und damit das Unterscheidungsmerkmal zum Programm der mitbeteiligten Partei ohne nähere Begründung bestreitet (und gleichzeitig sogar selbst ausführt, dass das Musikformat der genannten Regionalradioprogramme "bis zur Volksmusik" reiche), so gelingt es ihr nicht, damit die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Im Übrigen legt die beschwerdeführende Partei hinsichtlich ihres eigenen Musikprogramms nicht konkret dar, dass sich dieses von den im Versorgungsgebiet bereits bestehenden Programmen unterscheide.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am