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VwGH 23.10.2012, 2012/10/0020

VwGH 23.10.2012, 2012/10/0020

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010 Art10;
MSG NÖ 2010 §11 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
RS 1
Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt ein "gemeinsamer Haushalt" vor, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Ein gemeinsamer Haushalt in diesem Sinn liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Teil einer Wohneinheit (unter-)vermietet wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht (vgl. RV 677 BlgNR, XXIV GP, 14; Erläuterungen zum Antrag betreffend Erlassung des NÖ MSG 2010, LTG.-515/A-1/32-2010; E , 2003/10/0216).
Normen
MSG NÖ 2010 §11 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 2
Eine gemeinsame Wirtschaftsführung in Teilbereichen ist etwa dann gegeben, wenn der (Unter-)Mieter auch Einrichtungen, die für die Haushaltsführung notwendig sind, wie etwa Küche, Badezimmer oder Waschmaschine mitbenützt.
Normen
MSG NÖ 2010 §11 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 3
Weist ein (unter-)gemieteter Bereich einer Wohneinheit etwa keine eigenen Einrichtungen zum Kochen, zur Körperreinigung und zum Waschen der Wäsche auf, so wird das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft anzunehmen sein, wenn der Hilfesuchende nicht nachweist, diese Bedürfnisse außerhalb der Wohneinheiten zu befriedigen.
Normen
MSG NÖ 2010 §11 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 4
Der bloße Umstand, dass ein gemieteter Bereich auf Grund der Beheizung der umliegenden Räume eine "gewisse Grundtemperatur" aufweist, wie dies bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern häufig der Fall ist, reicht nicht für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/10/0021

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2012/10/0136 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über den Antrag des LW in R, vertreten durch Mag. Egmont Neuhauser, Rechtsanwalt in 3270 Scheibbs, Rathausplatz 4, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. GS5-SH-28231/001-2011, betreffend Mindestsicherung,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt;

2. über die Beschwerde zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Niederösterreichische Landesregierung dem Beschwerdeführer über dessen Antrag vom eine Mindestsicherungsleistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in der monatlichen Höhe von EUR 543,53 ab bis längstens zuerkannt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Behörde erster Instanz als Untermieter im Haus der Familie E. für den von ihm benutzten Wohnraum monatlich EUR 120,-- zuzüglich Heizkosten von EUR 30,-- zu bezahlen habe. Die Behörde erster Instanz habe den Mindeststandard für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, herangezogen, weil kein vergebührter Mietvertrag bestehe.

In der dagegen gerichteten Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, völlig unabhängig von Familie E. in deren Wohnhaus zu wohnen und den eigenen Unterhalt zur Gänze selbst zu bestreiten. Es sei daher der höhere Mindeststandard für Alleinstehende heranzuziehen.

Nach der vorgelegten Bestätigung des Vermieters Franz E. vom lebe der Beschwerdeführer im Haus des Vermieters in einem eigenen Zimmer in Untermiete.

Gemäß § 11 Abs. 1 des Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 9205-1 (NÖ MSG), iVm § 1 Abs. 1 Z. 2 der NÖ Mindeststandardverordnung in der für das Jahr 2011 maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 9205/1-1 betrage der Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen im gemeinsamen Haushalt lebten, EUR 564,71 je Monat. Davon dienten gemäß § 11 Abs. 3 NÖ MSG 25 %, sohin EUR 141,18 zur Deckung des Wohnbedarfs. Der geltend gemachte Aufwand für die Heizung gehöre nicht zum Wohnbedarf, sondern zum Lebensunterhalt. Da die monatlichen Wohnkosten von EUR 120,-- somit geringer seien als der dafür vorgesehene 25 %ige Anteil des Mindeststandards, sei dieser Anteil gemäß § 10 Abs. 3 NÖ MSG entsprechend zu reduzieren. Dementsprechend betrage der Anspruch des Beschwerdeführers auf Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes EUR 423,53 (75 % des anzuwendenden Mindeststandards für volljährige Personen in Haushaltsgemeinschaft) und der Anspruch zur Deckung des Wohnbedarfs EUR 120,--. Insgesamt ergebe sich somit ein Mindestsicherungsanspruch in der Höhe von EUR 543,53 je Monat.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Am hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid, mit welchem er auch die Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Beschwerdefrist beantragt, zur Post gegeben.

Mit hg. Beschluss vom , Zl. VH 2011/10/0056, wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe u.a. durch Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages und einer Beschwerde gewährt. Der Bestellungsbeschluss wurde dem Beschwerdevertreter am zugestellt.

Mit dem am zur Post gegebenen - mit der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid verbundenen - Wiedereinsetzungsantrag macht der Beschwerdeführer geltend, dass er vor Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist plötzlich auf Grund eines Darmverschlusses ganz massive Schmerzen erlitten habe. Er habe ohne Aufschub ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen und sei unverzüglich stationär in das Landesklinikum Mostviertel, Waidhofen an der Ybbs, aufgenommen worden. Im Rahmen der Behandlung des infolge eines Leistenbruches aufgetretenen Darmverschlusses sei es zu Komplikationen gekommen. Der Beschwerdeführer sei auf Grund des für ihn unvorhersehbaren Spitalsaufenthalts vom bis außerstande gewesen, einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde zu stellen. Im Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus am sei die Beschwerdefrist bereits abgelaufen gewesen. Da der Beschwerdeführer somit ohne gröberes Verschulden an der rechtzeitigen Stellung eines Verfahrenshilfeantrages gehindert gewesen sei, werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Beschwerdefrist beantragt.

Dazu hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung des Landesklinikums Mostviertel, Waidhofen an der Ybbs, vom vorgelegt, wonach der stationäre Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 27. Oktober bis "akut und unvorhersehbar" und der Beschwerdeführer während dieses Aufenthaltes nicht in der Lage gewesen sei, einen Verfahrenshilfeantrag einzubringen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 26 Abs. 3 VwGG beginnt die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe an diesen, wenn die Partei innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt hat.

Ausgehend von der Zustellung des angefochtenen Bescheides am endete die Frist zur Erhebung der Beschwerde am .

Durch die Vorlage der Bestätigung des Landesklinikums Mostviertel vom hat der Beschwerdeführer glaubhaft gemacht, durch ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis, nämlich seinen Krankenhausaufenthalt infolge eines plötzlich aufgetretenen Darmverschlusses, in der Zeit vom 27. Oktober bis nicht in der Lage gewesen zu sein, einen Verfahrenshilfeantrag einzubringen. Da es sich hiebei um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis handelt und ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden des Beschwerdeführers nicht zu erkennen ist, war dem rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.

Über die Beschwerde gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

Niederösterreichisches Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 9205-1 (NÖ MSG):

"§ 4

Begriffsbestimmungen und Verweisungen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes

3. sind Alleinstehende jene Personen, deren Haushalt

keine anderen Personen angehören;

§ 10

Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes

Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes

(1) Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes umfassen den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

(2) Zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes können auf Grundlage des Privatrechts auch jene Kosten übernommen werden, die zur Begründung eines Anspruches auf eine angemessene Alterssicherung erforderlich sind.

(3) Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes umfassen den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und wohnbezogene Abgaben.

§ 11

Mindeststandards

(1) Die Landesregierung hat nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 2 und 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, LGBl. 9204-0, durch Verordnung die Höhe der Mindeststandards zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes für folgende hilfsbedürftige Personen zu regeln:

1. für alleinstehende und alleinerziehende Personen,

2. für volljährige Personen, die mit anderen

volljährigen Personen im gemeinsamen Haushalt leben,

(3) Mindeststandards zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes nach Abs. 1 beinhalten grundsätzlich einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25% bzw. bei hilfsbedürftigen Personen, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen, einen Geldbetrag im Ausmaß von 12,5%. Besteht kein oder ein geringerer Aufwand zur Deckung des Wohnbedarfes oder ist dieser Aufwand anderweitig gedeckt, sind die jeweiligen Mindeststandards um diese Anteile entsprechend zu reduzieren, höchstens jedoch um 25% bzw. 12,5%.

…"

Niederösterreichische Mindestsicherungsverordnung in der für das Jahr 2011 maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 9205/1-1:

"§ 1

Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes

(1) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes beträgt:


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1.
für Alleinstehende oder Alleinerziehende
752,94 Euro;
2.
für Ehegatten, in Lebensgemeinschaft lebende Personen oder volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben:
 
 
a) je Person 75% des Betrages nach Z. 1
564,71 Euro;
 
..."
 

Die belangte Behörde beurteilte den festgestellten Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer im Haus der Familie E. ein Zimmer als Untermieter bewohne, dahin, dass ein gemeinsamer Haushalt im Sinn von § 11 Abs. 1 Z. 2 NÖ MSG bestehe. In der Gegenschrift vertritt sie dazu die Ansicht, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung unterschiedlicher Mindeststandards für Alleinstehende und Haushaltsangehörige von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ausgehe. Allein durch die Untermietsituation komme es beim Beschwerdeführer zu Ersparnissen gegenüber einem Alleinstehenden, wobei es auf eine gemeinsame Wirtschaftsführung mit Familie E. nicht ankomme. Als Beispiel für derartige Ersparnisse werde dazu angeführt, dass das Zimmer des Beschwerdeführers allein dadurch eine gewisse Grundtemperatur aufweise, weil es im selben Wohnungsverband mit Räumen der Familie E. liege, die der Beschwerdeführer zwar nicht benutzen dürfe, die aber geheizt würden. Demgegenüber müsse ein Alleinstehender die Heizkosten der gesamten Wohnung tragen.

Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Annahme einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft mit Familie E. und die darauf gegründete Heranziehung des gegenüber dem Mindeststandard für Alleinstehende geringeren Mindeststandard für Volljährige, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben. Dazu führt der Beschwerdeführer aus, dass er - wie bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht - keineswegs im Haushaltsverband mit Familie E. lebe. Er habe nur ein Zimmer gemietet, das ausschließlich von ihm benutzt werde. Die anderen Räume des Hauses seien Familie E., für die er eine fremde Person sei, vorbehalten.

Das NÖ MSG basiert im hier relevanten Bereich auf der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010, nach deren Art. 10 der Mindeststandard für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, mit 75 % des Mindeststandards für Alleinstehende und Alleinerziehende festzusetzen ist. In den Erläuterungen dazu (RV 677 BlgNR, XXIV GP, 14) wird u.a. Folgendes ausgeführt:

"Der Ausgangswert für die Mindeststandards gilt nicht nur für Alleinstehende, sondern auch für AlleinerzieherInnen, …

Die Mindeststandards für alle anderen Personen werden in Art. 10 Abs. 3 mit Prozentsätzen dieses Ausgangswertes einheitlich festgelegt. Dabei wird in Anlehnung an EU-SILC (Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen) davon ausgegangen, dass der Regelbedarf eines Haushalts mit zwei volljährigen Personen 150% dessen einer alleinstehenden Person beträgt. …

Durch die Regelung in Art. 10 Abs. 3 Z 1 lit. a werden - wie schon bisher in einigen Ländern - auch bloße Haushalts- oder Wohngemeinschaften erfasst, da bei diesen ebenfalls regelmäßig von einem geringeren Aufwand für den Lebensunterhalt als bei allein lebenden Personen auszugehen ist. Es spielt also keine Rolle, ob zwischen den im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unterhaltsrechtliche Beziehungen bestehen oder nicht.

…"

Inhaltsgleiche Ausführungen finden sich auch in den Materialien zum NÖ MSG (Erläuterungen zum Antrag betreffend Erlassung des NÖ Mindestsicherungsgesetzes LTG.-515/A-1/32-2010).

Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt also ein "gemeinsamer Haushalt" vor, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Ein gemeinsamer Haushalt in diesem Sinn liegt entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht bereits dann vor, wenn ein Teil einer Wohneinheit (unter-)vermietet wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht (vgl. das zum Burgenländischen Sozialhilfegesetz ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0216, wonach die in diesem Gesetz enthaltene Wendung "im gemeinsamen Haushalt lebt" dahin zu verstehen ist, dass der Hilfesuchende mit anderen Personen gemeinsam lebt und wirtschaftet). Eine solche gemeinsame Wirtschaftsführung in Teilbereichen wäre etwa dann gegeben, wenn der (Unter-)Mieter auch Einrichtungen, die für die Haushaltsführung notwendig sind, wie etwa Küche, Badezimmer oder Waschmaschine mitbenützt. Weist der (unter-)gemietete Bereich einer Wohneinheit also etwa keine eigenen Einrichtungen zum Kochen, zur Körperreinigung und zum Waschen der Wäsche auf, so wird das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft im Sinn des NÖ MSG anzunehmen sein, wenn der Hilfesuchende nicht nachweist, diese Bedürfnisse außerhalb der Wohneinheiten zu befriedigen. Der bloße Umstand, dass der gemietete Bereich auf Grund der Beheizung der umliegenden Räume eine "gewisse Grundtemperatur" aufweist, wie dies bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern häufig der Fall ist, reicht hingegen nicht für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft im Sinn des NÖ MSG.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in der Berufung vom vorgebracht, "völlig unabhängig von Familie E."

in deren Wohnhaus zu wohnen; es gebe "keine Nutzungsüberschneidung". Mit diesem nach den obigen Ausführungen relevanten Vorbringen hat sich die belangte Behörde infolge der dargestellten Verkennung der Rechtslage nicht auseinandergesetzt. Im fortgesetzten Verfahren wird sie daher zu klären haben, ob nach den obigen Kriterien eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt.

Auf Grund der dargestellten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010 Art10;
MSG NÖ 2010 §11 Abs1 Z2;
MSG NÖ 2010 §11 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der
wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung
Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2012100020.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAE-72500