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VwGH vom 27.06.2007, 2005/04/0234

VwGH vom 27.06.2007, 2005/04/0234

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Graz, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch, Dr. Wolfgang Nopp und Mag. Alexander Kodolitsch, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 443.7-4/2005-27, betreffend Vergabenachprüfungsverfahren nach dem Steiermärkischen Vergabe-Nachprüfungsgesetz 2003 (mitbeteiligte Partei: M Ges.m.b.H. in G, vertreten durch braunegghoffmann & Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Gonzagagasse 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom wurde im Nachprüfungsverfahren gemäß § 3 Abs. 1 Steiermärkisches Vergabe-Nachprüfungsgesetz 2003, LGBl. Nr. 43 (im Folgenden: StVergNG) betreffend die Auftragsvergabe "Mietwäsche und chemische Reinigung für das Areal Gries, Pflegewohnheim Rosenhain und Pflegewohnheim Geidorf/Seniorenzentrum" durch die Beschwerdeführerin dem Antrag der mitbeteiligten Partei stattgegeben und die Entscheidung der Beschwerdeführerin, im angeführten Vergabeverfahren den Zuschlag der Firma B zu erteilen, für nichtig erklärt (Spruchpunkt I.) sowie der weitere Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Diesen Ausspruch gründete die belangte Behörde auf § 67a Abs. 1 Z 2 letzter Satz AVG, die §§ 3 Abs. 1 Z 2 und 14 Abs. 1 StVergNG sowie die §§ 23 Abs. 1 und 119 Bundesvergabegesetz (im Folgenden: BVergG 2002).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe als Auftraggeberin in der Ausschreibung hinsichtlich der Wahl des Vergabeverfahrens wie folgt festgehalten:

"Der Auftraggeber behält sich vor bei einer wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, bei einer massiven Einschränkung der aus derzeitiger Sicht zu erwartenden Mittelfreigabe oder einer wesentlichen Änderung seiner Organisationsstruktur oder bei Nichterteilung der für das gegenständliche Projekt erforderlichen Bewilligung etc von einer Vergabe der Leistung Abstand zu nehmen und das Verfahren zu widerrufen.

Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgt durch die Vergabestelle per Fax oder per E-Mail an die von den Bietern im Angebot bekannt gegebene Adresse oder Faxnummer. Gleiches gilt für die Verständigung der am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter bei der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Die im Leistungsverzeichnis angegebenen Mengen stellen eine Schätzung auf Grund von Erfahrungswerten dar. Sie dienen ausschließlich der Kostenkalkulation und berechtigen zu keinerlei Forderung. Da die tatsächlich benötigten Mengen der einzelnen Produkte im Vorhinein nicht abgeschätzt werden können, wird durch den Zuschlag eine Rahmenvereinbarung gemäß § 23 Abs 10 iVm § 119 Bundesvergabegesetz dar (gemeint wohl: abgeschlossen). Der tatsächliche Vertragsabschluss erfolgt entsprechend Punkt III.I durch Bestellschein."

Die mitbeteiligte Partei habe fristgerecht ein Angebot abgegeben, welches laut Mitteilung der Beschwerdeführerin vom bei der Vergabe nicht berücksichtigt worden sei, da laut einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom die Firma B mit ihrem Angebot als Bestbieter aus dem Verfahren hervorgegangen sei.

Die Beschwerdeführerin bzw. die vergebende Stelle, die Geriatrischen Gesundheitszentren, seien unzweifelhaft öffentlicher Auftraggeber, sodass die belangte Behörde im Sinne des §§ 1 und 2 StVergNG zuständig sei, über dieses Nachprüfungsverfahren zu entscheiden.

Nach den vorliegenden Unterlagen handle es sich unzweifelhaft um ein Verfahren betreffend einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenwertbereich, der Zuschlag sei noch nicht erteilt worden.

Im Oberschwellenbereich stünden dem Auftraggeber mit dem offenen Verfahren, dem nicht offenen Verfahren und dem Verhandlungsverfahren drei zur Auftragserteilung führende Vergabeverfahren zur Verfügung. Alle anderen Vergabearten, wie etwa das Verhandlungsverfahren, könnten nur bei Vorliegen spezifischer Voraussetzungen herangezogen werden. Im Unterschwellenbereich träten neben diesen "klassischen" Vergabeverfahren die Direktvergabe, die elektronische Auktion sowie der Abschluss einer Rahmenvereinbarung hinzu.

Vorliegend stünde der Vorgangsweise der Auftraggeberin, als Vergabeart die Rahmenvereinbarung zu wählen, § 29 BVergG 2002 entgegen, welcher normiere, dass die Vergabe von Aufträgen im Wege einer Rahmenvereinbarung nur im Unterschwellenbereich zulässig sei. Allein daraus ergebe sich bereits eine derartige gesetzwidrige Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, welche - unbeschadet des weiteren Vorbringens der mitbeteiligten Partei sowie der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin als weitere beteiligte Partei - zu einer Aufhebung der Zuschlagsentscheidung der Beschwerdeführerin zwingend führen müsse.

Da im vorliegenden Verfahren daher nur über Rechtsfragen zu entscheiden gewesen sei und der klare Sachverhalt keine weiteren Ermittlungen erfordert habe, habe von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe dem Antrag der mitbeteiligten Partei aus gänzlich anderen Gründen stattgegeben als von der mitbeteiligten Partei überhaupt releviert worden seien. So habe die belangte Behörde ihre Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass von der Beschwerdeführerin eine Rahmenvereinbarung ausgeschrieben worden wäre, welche im Oberschwellenbereich nicht zulässig sei. Da die Beschwerdeführerin sich zu dieser letztlich aufgegriffenen angeblichen Rechtswidrigkeit überhaupt nicht habe äußern können, sei die Entscheidung der belangten Behörde völlig überraschend erfolgt.

Dies wiege umso schwerer, als die belangte Behörde bereits für eine mündliche Verhandlung in der Sache ausgeschrieben habe, zu der die Beschwerdeführerin bereits geladen worden sei. Gerade weil sich die belangte Behörde in ihrer Entscheidung auf völlig andere Gründe gestützt habe, als im Nachprüfungsantrag "angezogen" worden seien, hätte sie die Beschwerdeführerin wenigstens auffordern müssen, auch zu dieser vermeintlichen Rechtswidrigkeit Stellung zu nehmen, um ihr solcherart ein angemessenes rechtliches Gehör zur Sache zu sichern.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei der vorliegenden Ausschreibung keineswegs lediglich um die Ausschreibung einer "Rahmenvereinbarung", welche im Oberschwellenbereich tatsächlich unzulässig sei, sondern vielmehr um einen im Oberschwellenbereich zulässigen "Rahmenvertrag". Die Beschwerdeführerin habe sich an einer einzigen Stelle der Ausschreibung (Punkt II.10.) auf eine unpassende Art der Vergabe bezogen, jedoch richtigerweise ein EU-weites, offenes Verfahren durchgeführt, das für die Vergabe einer Rahmenvereinbarung gar nicht notwendig gewesen sei. So ergebe sich aus dem gesamten Kontext der Ausschreibung, dass die Beschwerdeführerin nicht bloß eine unverbindliche Rahmenvereinbarung, sondern vielmehr einen bindenden Rahmenvertrag ausgeschrieben habe, was etwa aus den Bestimmungen über die Zahlungsbedingungen (Punkt III.2. der Ausschreibung) sowie über die vorzeitige Vertragslösung (Punkt III.3. der Ausschreibung) erkennbar sei.

2. Gemäß § 20 Z 6 BVergG 2002 ist die Ausschreibung die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmen gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bestimmungen erhalten möchte.

In der Ausschreibung erfolgt daher nach außen bereits die Wahl des Vergabeverfahrens im Sinn der §§ 23 ff BVergG 2002, zumal der Auftraggeber, sofern er sich für die Durchführung eines bestimmten Verfahrenstypus entschieden hat, dieses Verfahren gemäß den für diese Verfahrensart geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen hat und ein Verfahrenstypuswechsel während des Verfahrens unzulässig ist (vgl. hiezu die Materialien zu § 23 BVergG 2002 in AB 1118 BlgNR XXI. GP, 31 mit Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom in der Rechtssache C-87/94, Kommission gegen Belgien ("Wallonische Omnibusse"), Slg. 1996, Seite I-2043).

Der Beschwerdefall gleicht daher in seinen entscheidungswesentlichen Umständen jenem, der bereits mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0135, zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2002 bzw. BVergG 2002 entschieden worden ist und auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

So ist auch im vorliegenden Fall unstrittig, dass die Ausschreibung der Beschwerdeführerin nicht bekämpft wurde und daher aus diesen Gründen unanfechtbar (bestandsfest) geworden ist.

Ist eine Entscheidung des Auftraggebers aber unanfechtbar (bestandsfest) geworden, so ist auch die Vergabekontrollbehörde nicht befugt, Rechtswidrigkeiten dieser Entscheidung von Amts wegen aufzugreifen.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behöre die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Beschwerdeführerin auf ihrer Ansicht nach vorliegende Rechtswidrigkeiten der unanfechtbar gewordenen (bestandsfesten) Ausschreibung gestützt.

Insoweit die Behörde in ihrer Gegenschrift anführt, es erscheine ihr "im Ergebnis absurd, zu ignorieren", dass die Beschwerdeführerin fundamentale Bestimmungen des Vergabegesetzes verletzt habe, so ist sie darauf hinzuweisen, dass die Fristgebundenheit von Nachprüfungsanträgen sinnlos wäre, könnte die Vergabekontrollbehörde eine unanfechtbar gewordene (bestandfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers überprüfen und dieser Unanfechtbarkeit auch die Bestimmungen der Richtlinie 89/665/EWG nicht entgegenstehen (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom mit Verweis das , Universale-Bau AG Slg. 2002, Seite I-11617, Randnrn. 76 und 78).

3. Aus den oben angeführten Gründen hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

4. Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am