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VwGH vom 11.10.2011, 2010/05/0105

VwGH vom 11.10.2011, 2010/05/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des Dr. PK in Wien, vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, und 2. des Dr. TK, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-97/10, betreffend eine Erteilung eines Bauauftrags (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Beschwerdeführern als Eigentümern der Baulichkeit auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) folgenden Auftrag:

"Die straßenseitig zur rechten Grundstücksgrenze am Dach errichteten zwei Gauben, 1 Gaupe im Ausmaß von einer Länge ca. 3,63 m, einer Breite ca. 2,45 m und einer Raumhöhe ca. 2,30 m sowie die 2 Gaupe im Ausmaß von einer Länge ca. 3,63 m, einer Breite ca. 2,60 m und einer Raumhöhe ca. 2,50 m (Abmessungen sind Rauminnenmaße!) sind zu entfernen und der konsensgemäße Zustand gemäß der Bewilligung vom mit der Zl: M.B.A.XIII- 871/II/21 wieder herzustellen.

Die Maßnahmen sind binnen 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."

Begründend führte die Baubehörde im Wesentlichen aus, im Zuge der am abgehaltenen Ortsaugenscheinverhandlung sei festgestellt worden, dass straßenseitig zur rechten Grundstücksgrenze zwei Gaupen in dem im Spruch genannten Ausmaß ohne baubehördliche Bewilligung in einer Schutzzone errichtet worden seien.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, dass die gegenständlichen Gauben schon vor vielen Jahrzehnten, vermutlich in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts, von den seinerzeitigen Eigentümern errichtet worden sein dürften. Damals habe ein sogenanntes "Kaltdach" bestanden. Um eine Schutzzone dürfte es sich damals nicht gehandelt haben und eine Bewilligung soll nicht erforderlich gewesen sein. Im Jahr 2006 sei eine Sanierung des Daches erforderlich gewesen; dieses sei isoliert und die schon etwas baufälligen Gauben seien erneuert und verstärkt worden. Nach Auskunft des Bauführers wäre weder eine Bewilligung noch eine Anzeige der Sanierung erforderlich gewesen. Da in der gleichen Gasse mehrere Häuser umgebaut, abgebaut, neu gebaut und erweitert worden seien, sei die Entfernung der Gauben nicht erforderlich. Von den Beschwerdeführern sei aber bereits eine entsprechende Überprüfung und allfällige Antragstellung beauftragt worden, um den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der maßgeblichen Judikatur im Wesentlichen aus, dass die Errichtung der Gauben rechtlich als Änderung eines Gebäudes zu werten sei, durch die das äußere Ansehen des Gebäudes geändert werde und daher der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO unterliege. Dem Berufungsvorbringen hielt die belangte Behörde entgegen, dass die Errichtung von Gauben bereits in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts nach der damaligen Fassung des § 60 Abs. 1 lit. c BO der Bewilligungspflicht unterlegen sei und für die Beurteilung der Bewilligungspflicht von Gauben das Vorliegen einer Schutzzone irrelevant sei. Es gehe im vorliegenden Fall nicht darum, dass die Sanierung der Gauben bewilligungspflichtig wäre, sondern dass deren Errichtung einer baubehördlichen Bewilligung bedürfe und zum Errichtungszeitpunkt bedurft habe. Das Vorliegen eines vermuteten Konsens könne im Hinblick auf die bei der Behörde auf- und im gegenständlichen Akt einliegende seinerzeitige konsentierte Baubewilligung aus dem Jahr 1921 samt Einreichplänen ausgeschlossen werden, zumal auch die Beschwerdeführer selbst nicht behauptet hätten, dass die Gauben jemals bewilligt worden seien. Selbst ein bereits anhängiges Baubewilligungsverfahren stünde der Erlassung eines Bauauftrages gemäß § 129 Abs. 10 BO nicht entgegen, der Beseitigungsauftrag könne während eines solchen Verfahrens ebenso wie im Fall der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht vollstreckt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften" aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid gemäß § 71a BO in ihrem Recht, "dass die seit langer Zeit bestehenden Gauben als mit rechtkräftigem Bescheid gem. § 71 BO als bis auf Widerruf bewilligt gelten und daher auch nicht nach § 129 Abs. 10 BO zu beseitigen sind" verletzt.

Gemäß § 129 Abs. 10 erster und zweiter Satz der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010 (BO), ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen.

Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1423, mwN).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, den Beschwerdeführern sei nicht bekannt, ob seinerzeit ein Ansuchen um Bewilligung von Änderungen am Dach gestellt worden sei. Jedenfalls seien aber bereits vor Fertigstellung des Hauses Änderungen vorgenommen und bewilligt worden, obwohl sie in den Bauplänen des Jahres 1921 nicht aufschienen. Am hätten die Beschwerdeführer vollständige Bestandpläne iSd § 63 Abs. 1 lit. a BO und § 64 BO vorgelegt und der Behörde die Zustimmung aller Miteigentümer nachgewiesen. Den Gauben in der jetzigen Form stünden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte und die Verminderung der Bebaubarkeit von Nachbargrundflächen nicht entgegen. Zum Zeitpunkt der Errichtung sei das Gebiet noch keine Schutzzone gewesen. Abgesehen davon sei die Gestaltung der Gauben keineswegs störend, sondern entspreche dem Stadtbild.

Unbestritten ist, dass die im von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheid näher beschriebenen baulichen Maßnahmen (Errichtung zweier Dachgauben) vorgenommen wurden. Die belangte Behörde hat sich in Bezug auf diese als bewilligungspflichtig beurteilten Baumaßnahmen auf § 60 Abs. 1 lit. c BO gestützt, wonach u.a. Änderungen von Bauwerken bewilligungspflichtig sind, wenn durch sie das äußere Ansehen geändert wird. Dass durch die Errichtung der Dachgauben das äußere Ansehen des gegenständlichen Gebäudes geändert wurde, bestreitet die Beschwerde nicht. Hingegen setzt die nach dieser Bestimmung bestehende Bewilligungspflicht nicht voraus, dass das Gebäude in einer Schutzzone liegt, weshalb das dazu erstattete Beschwerdevorbringen ins Leere geht. Bei dem nicht näher konkretisierten Beschwerdevorbringen, es seien jedenfalls vor Fertigstellung des Hauses "Änderungen vorgenommen und bewilligt" worden, obwohl sie in den Bauplänen des Jahres 1921 nicht aufscheinen würden, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend die am erfolgte Vorlage der Bestandpläne führte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, dass bisher weder eine Baubewilligung für die gegenständlichen Gauben erteilt worden noch ein Ansuchen um Baubewilligung anhängig sei; seitens der Beschwerdeführer sei auch kein diesbezüglicher Beleg vorgelegt worden. Diesen Ausführungen traten die Beschwerdeführer nicht entgegen. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der in Beschwerde gezogene Bauauftrag gegenstandslos geworden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0063, mwN).

Die in der Berufung geäußerte bloße Absicht, eine Baubewilligung zu erlangen, ist aber irrelevant; entscheidend ist vielmehr, ob im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine solche Baubewilligung vorgelegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0091, mwN). Selbst ein allfälliges noch nicht erledigtes Baubewilligungsgesuch hätte die Erlassung eines solchen Auftrages nicht gehindert, wohl aber könnte ein solcher Auftrag während der Anhängigkeit eines entsprechenden Ansuchens um nachträgliche Bewilligung und nach der Erteilung einer nachträglichen Bewilligung nicht (mehr) vollstreckt werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0279). Im Übrigen ist die Frage der Bewilligungsfähigkeit in einem Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0269, mwN), weshalb das Vorbringen zur Gestaltung der Gauben im Beschwerdefall nicht relevant ist.

Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon ausging, dass die vom gegenständlichen Bauauftrag erfassten baulichen Änderungen bewilligungspflichtig sind und zum Zeitpunkt der Auftragserteilung eine Baubewilligung nicht vorlag. Der Auftrag zur Beseitigung dieser baulichen Änderungen auf Grundlage des § 129 Abs. 10 BO erging daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-72448