VwGH vom 29.06.2017, Ra 2017/04/0055

VwGH vom 29.06.2017, Ra 2017/04/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der P GmbH in W, vertreten durch die Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/Top 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W134 2147309-2/31E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: 1. A AG in Wien,

2. Bietergemeinschaft bestehend aus E Ö GmbH und E GmbH in L, vertreten durch die Keschmann Rechtsanwalts-GmbH in 1090 Wien, Nußdorferstraße 38/DG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1 Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin schrieb einen Bauauftrag im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich österreich- und europaweit aus (A 22 Kaisermühlentunnel - Sanierung elektromaschinelle Ausrüstung). Die Angebotsöffnung erfolgte am .

2 Am erfolgte die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung zugunsten der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft.

3 Gegen die genannte Zuschlagsentscheidung zugunsten der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft brachte die Revisionswerberin beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit Schreiben vom einen Antrag auf Nichtigerklärung ein.

4 Mit Schreiben vom an die zweitmitbeteiligte Bietergemeinschaft stellte die erstmitbeteiligte Auftraggeberin fest, dass die Eignung der Subunternehmerin I GmbH (im Folgenden: Subunternehmerin) im gegenständlichen Verfahren nicht im erforderlichen Umfang gegeben sei. Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin lehnte daher die Subunternehmerin ab. Angefochtenes Erkenntnis

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 312 BVergG 2006 abgewiesen (A) und die Revision für nicht zulässig erklärt (B).

6 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für die vorliegende Rechtssache maßgeblich - aus, die Revisionswerberin habe in ihrem Nachprüfungsantrag unter anderem vorgebracht, bei der von der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft namhaft gemachten Subunternehmerin seien mehrere Mängel aufgetreten. So sei unter anderem der geforderte Eignungsnachweis dieser Subunternehmerin verspätet oder gar nicht vorgelegt worden. Das Angebot der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft sei daher auszuscheiden gewesen.

7 Mit Schreiben vom habe die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zusammengefasst vorgebracht, dass es sich bei der Subunternehmerin um keinen erforderlichen Subunternehmer zum Nachweis der Eignung bzw. um keinen wesentlichen Subunternehmer handeln würde. In der mündlichen Verhandlung am habe der Vertreter der erstmitbeteiligten Auftraggeberin bestätigt, dass die Subunternehmerin nicht eignungsrelevant sei.

8 Zum Vorbringen der Revisionswerberin, dass der Subunternehmerin die Eignung fehlen würde, führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, dass die erstmitbeteiligte Auftraggeberin mit Schreiben vom festgestellt habe, dass die Eignung dieser Subunternehmerin nicht im erforderlichen Umfang gegeben sei und diese daher die Subunternehmerin abgelehnt habe.

9 Unter Hinweis auf die Erläuterungen zu § 83 BVergG 2006 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 führte das Verwaltungsgericht weiter aus, die Ausführungen der Revisionswerberin, die Ablehnung eines Subunternehmers durch die Auftraggeberin vor Zuschlagserteilung stelle eine unzulässige nachträgliche Änderung des Angebotes dar, gingen ins Leere.

10 Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin habe im Schreiben vom schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der Subunternehmerin I GmbH um eine nicht erforderliche Subunternehmerin handle. Dies ergebe sich auch aus dem Vergabeakt.

11 Das Angebot als solches sei weiterhin im Vergabeverfahren verblieben. Die etwaige Hinzuziehung eines anderen nicht erforderlichen Subunternehmers durch die zweitmitbeteiligte Bietergemeinschaft könne nach dem Regime des § 83 Abs. 5 BVergG 2006 nach Zuschlagserteilung erfolgen. Revision

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

13 Die Revision behauptet in ihrer Zulässigkeitsbegründung eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Prüfung der Eignung von Subunternehmen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/04/0023). Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass nach Angebotsöffnung keine weiteren Subunternehmer nachnominiert werden dürften. Darüber hinaus ergebe sich aus dieser Rechtsprechung, dass auch keine sonstigen Änderungen bezüglich Subunternehmern zulässig seien. Dies alleine deshalb, weil die Subunternehmer nach dieser Rechtsprechung bereits zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung namentlich feststehen müssten, was eine nachträgliche Änderung ausschließe.

14 Abweichend von dieser Rechtsprechung habe sich das Verwaltungsgericht jedoch darauf gestützt, dass die Subunternehmerin von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin "abgelehnt" worden sei und das Misslingen des Eignungsnachweises gemäß § 83 Abs. 5 BVergG 2006 iVm den Gesetzesmaterialien nicht zum Ausscheiden führe, sondern bloß dazu, dass der Auftraggeber den betroffenen Subunternehmer ablehnen müsse.

15 Daher sei die Rechtsfrage zu klären, ob der Subunternehmer zum Ende der Angebotsfrist bereits feststehen müsse und daher die fehlende Eignung eines genannten Subunternehmers ebenfalls zum Ausscheiden des Angebotes des Bieters führe oder die fehlende Eignung, insbesondere die fehlende Zuverlässigkeit, im Fall eines "nicht erforderlichen Subunternehmers" lediglich dazu führe, dass der Auftraggeber den betroffenen Subunternehmer "ablehnen" müsse.

16 Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof zu § 69 Z 1 BVergG 2006 festgehalten, dass die Eignung im offenen Verfahren spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen müsse (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2005/04/0021). Auch von dieser Rechtsprechung weiche das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ab, wenn es den Zeitpunkt der Angebotsöffnung außer Betracht lasse und stattdessen auf die erst später erfolgte Ablehnung des ungeeigneten Subunternehmers verweise.

17 In den Revisionsgründen führt die Revisionswerberin näher aus, dass die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gesetzesmaterialien zu § 83 BVergG 2006 schlicht contra legem und daher unbeachtlich seien. In den Gesetzestext habe keine einzige Bestimmung Eingang gefunden, die auch nur ansatzweise ein Ablehnungsrecht von Subunternehmern in der Phase des Vergabeverfahrens vor Zuschlagserteilung vorsehen würde.

18 Für den Fall eines ungeeigneten Subunternehmers sei ohnehin gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 mit Ausscheiden vorzugehen.

19 Dazu komme, dass die Angabe der Subunternehmer gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 auch ausdrücklich zwingender Inhalt des Angebotes zu sein habe. Dieser Angebotsinhalt könne durch den Auftraggeber im Wege einer "Ablehnung" nicht geändert werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

20 Die Revision wirft in ihrer Zulässigkeitsbegründung die Rechtsfrage auf, wie die fehlende Eignung von Subunternehmern im Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung nach der (geänderten) Rechtslage des § 83 BVergG 2006 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 vor dem Hintergrund der zur Vorgängerrechtslage ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen ist.

21 Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage

22 Das Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 (BVergG 2006), lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

33a. Subunternehmer ist ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von handelsüblichen Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.

...

Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung

§ 69. Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens

1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,

...

vorliegen.

...

Subunternehmerleistungen

§ 83. (1) Die Weitergabe des gesamten Auftrages ist unzulässig, ausgenommen hiervon sind Kaufverträge sowie die Weitergabe an verbundene Unternehmen.

(2) Der Bieter hat alle Teile des Auftrages, die er im Wege von Subaufträgen an Subunternehmer zu vergeben beabsichtigt, sowie die jeweils in Frage kommenden Subunternehmer im Angebot bekannt zu geben. Abweichend davon kann der Auftraggeber aus sachlichen Gründen in den Ausschreibungsunterlagen festlegen, dass nur die von ihm festgelegten wesentlichen Teile des Auftrages, die der Bieter im Wege von Subaufträgen an Subunternehmer zu vergeben beabsichtigt, sowie die jeweils in Frage kommenden Subunternehmer im Angebot bekannt zu geben sind.

(3) Die Weitergabe des gesamten Auftrages oder von Teilen der Leistung ist nur insoweit zulässig, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Befugnis, Leistungsfähigkeit sowie die berufliche Zuverlässigkeit besitzt. Die Subunternehmer können ihre erforderliche Befugnis, Leistungsfähigkeit und berufliche Zuverlässigkeit nach Maßgabe des § 70 Abs. 2 bis 4 nachweisen.

(4) Der Auftraggeber kann bei Bau- oder Dienstleistungsaufträgen sowie bei Verlege- oder Installationsarbeiten im Zusammenhang mit einem Lieferauftrag vorschreiben, dass bestimmte kritische Aufgaben vom Bieter selbst, von einem mit diesem verbundenen Unternehmen (§ 2 Z 40), oder - im Falle der Teilnahme einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren - von einem Mitglied dieser Arbeits- oder Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen.

(5) Nach Zuschlagserteilung hat der Auftragnehmer jeden beabsichtigten Wechsel eines Subunternehmers oder jede beabsichtigte Hinzuziehung eines nicht im Angebot bekannt gegebenen Subunternehmers dem Auftraggeber schriftlich und unter Anschluss aller zur Prüfung der Eignung des betreffenden Subunternehmers erforderlichen Nachweise mitzuteilen. Der Einsatz dieser Subunternehmer bei der Leistungserbringung darf nur nach vorheriger Zustimmung des Auftraggebers erfolgen. Die Zustimmung des Auftraggebers ist, ebenso wie eine allfällige Ablehnung, unverzüglich mitzuteilen und darf nur aus sachlichen Gründen verweigert werden. Die Zustimmung des Auftraggebers gilt als erteilt, sofern der Auftraggeber den Subunternehmer nicht binnen drei Wochen nach Einlangen der Mitteilung gemäß dem ersten Satz abgelehnt hat. Sind der Mitteilung gemäß dem ersten Satz die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig angeschlossen, so hat der Auftraggeber dies dem Auftragnehmer unverzüglich mitzuteilen und ihn zur Vorlage der ausständigen Unterlagen aufzufordern. Diese Aufforderung hemmt den Fortlauf der Frist gemäß dem vierten Satz bis zur vollständigen Vorlage der erforderlichen Unterlagen. Dem Angebot sind die entsprechenden Verpflichtungserklärungen beizulegen.

...

Inhalt der Angebote

§ 108. (1) Jedes Angebot muss insbesondere enthalten:

...

2. Bekanntgabe aller Subunternehmer, auf deren Kapazitäten sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung stützt, unter Beilage des Nachweises, dass der Bieter über deren Kapazitäten tatsächlich verfügt und der Auftraggeber die zur Durchführung des Gesamtauftrages erforderlichen Sicherheiten über die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat. Bekanntgabe aller Teile des Auftrages, die durch Subunternehmer ausgeführt werden sollen, oder - sofern der Auftraggeber dies aus sachlichen Gründen in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehen hat - nur der wesentlichen Teile des Auftrages, die der Bieter im Wege von Subaufträgen an Subunternehmer zu vergeben beabsichtigt. Die in Frage kommenden Subunternehmer sind bekannt zu geben. Die Nennung mehrerer Subunternehmer je Leistungsteil ist zulässig. Die Haftung des Auftragnehmers wird durch diese Angaben nicht berührt;

...

(2) Mit der Abgabe seines Angebotes erklärt der Bieter, dass er die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen kennt, dass er über die erforderlichen Befugnisse zur Ausführung des Auftrages verfügt, dass er die ausgeschriebene Leistung zu diesen Bestimmungen und den von ihm angegebenen Preisen erbringt, und dass er sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot bindet.

...

Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

...

2. Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;

..."

Neuregelung der Heranziehung von Subunternehmern 23 Zunächst ist zum Vorbringen der Revisionswerberin, das Verwaltungsgericht sei von der in der Zulässigkeitsbegründung näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, festzuhalten, dass diese Rechtsprechung zur Rechtslage des BVergG 2006 vor der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 ergangen ist.

24 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 wurden die hier maßgeblichen Regelungen zu Subunternehmerleistungen neu gestaltet. Diese neue (geänderte) Rechtslage ist in der vorliegenden Rechtssache bereits anwendbar.

25 Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zur Änderung des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 7/2006 (RV 776 BlgNR 25. GP, 1 bzw. 8 f) führen zu dieser Neuregelung wie folgt aus (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte (Ausgangslage und Zielsetzung):

...

1.2. Im BVergG 2006 finden sich schon bisher Regelungen zu Subunternehmerleistungen (§ 83), die die Information des Auftraggebers über die bei der Ausführung des Auftrages involvierten Unternehmer und die teilweise Einschränkung der Weitergabe vorsehen. Im Zusammenhang mit der Stärkung des Bestangebotsprinzips (‚Bestbieterprinzip') soll durch die grundsätzliche Verpflichtung zur Bekanntgabe aller Subunternehmer bereits im Angebot der Einblick des Auftraggebers in die Ausführungsstruktur des potentiellen Auftragnehmers ermöglicht werden. Im Stadium der Vertragsausführung soll darüber hinaus jeder Wechsel bzw. jede Neuerung in der Subunternehmerkette nur aus sachlichen Gründen zulässig sein und der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers (mit Einführung einer Zustimmungsfiktion nach angemessener Frist) bedürfen.

...

Zu Z 17, 21, 32 und 36 (§ 83 Abs. 2, § 108 Abs. 1 Z 2, § 240 Abs. 2 bis 3 und § 257 Abs. 1 Z 2):

Nach der bisherigen Rechtslage sind grundsätzlich alle Subunternehmer im Angebot bekanntzugeben und nur für den Fall, dass der Auftraggeber dies so festgelegt hat, die ‚wesentlichen Teile des Auftrages', die der Bieter jedenfalls oder möglicherweise im Wege von Subaufträgen zu vergeben beabsichtigt. Handelt es sich jedoch um sogenannte ‚erforderliche' Subunternehmer, das sind Subunternehmer, die der Bieter zum Nachweis seiner Eignung benötigt, sind diese jedenfalls im Angebot zu nennen (vgl. dazu auch § 108 Abs. 1 Z 2 und die Ausführungen in 1171 BlgNR XXII. GP, 80).

Durch die Neuregelung soll bereits in der Angebotsphase eine vollständige Transparenz hinsichtlich der an der Auftragsausführung mitwirkenden Unternehmen sichergestellt werden. Der Bieter hat alle Teile des Auftrages, die er an Subunternehmer vergeben will, im Angebot bekannt zu geben. Gemäß der neu eingefügten Definition in § 2 Z 33a umfasst der Begriff des Subunternehmers alle Unternehmer, die aufgrund eines direkten oder indirekten vertraglichen (‚Ketten'-)Verhältnisses mit dem Auftragnehmer in die Auftragsdurchführung vertraglich eingebunden sind (bis zum letzten Glied dieser ‚Kette'). Die Bekanntgabeverpflichtung erfasst somit auch jene an der Auftragsausführung beteiligten Unternehmer, die herkömmlich als ‚Subsub(...)unternehmer' bezeichneten werden. Zum neu definierten Begriff des Subunternehmers vgl. auch die Erläuterungen zu § 2 Z 33a.

Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage folgt die Verpflichtung zur Bekanntgabe aller Subunternehmer bereits unmittelbar aus dem Gesetz und nicht mehr aus einer im Gesetz vorgeschriebenen Festlegung in der Ausschreibung. Betroffen von der Verpflichtung sind sowohl erforderliche Subunternehmer (das sind Unternehmer, die für die Eignung des Bieters zwingend erforderlich sind) wie auch nicht erforderliche Subunternehmer (deren Eignung für den Bieter nicht unerlässlich ist). Damit soll dem Auftraggeber ein umfassendes Bild gegeben werden, welche Unternehmen im Rahmen der Ausführung des Auftrages zum Einsatz kommen sollen. Aus diesem System folgt (vgl. dazu auch § 108 Abs. 1 Z 2), dass der Bieter im Angebot hinsichtlich aller Subunternehmer zu spezifizieren hat, hinsichtlich welcher Leistungsteile die namhaft gemachten Subunternehmer eingesetzt werden sollen. Während die Unterlassung der Bekanntgabe von erforderlichen Subunternehmern wie bisher das Ausscheiden des betroffenen Angebotes zur Folge hat (vgl. § 129 Abs. 1 Z 2 bzw. § 269 Abs. 1 Z 2), führt die Unterlassung der Nennung von nicht erforderlichen Subunternehmern im Angebot dazu, dass deren Einsatz dem Regime des § 83 Abs. 5 bzw. des § 240 Abs. 5 unterliegt. Des Weiteren folgt aus dem neuen System, dass der Auftraggeber auch die nicht erforderlichen, im Angebot genannten Subunternehmer zu prüfen hat. Diese Prüfung erstreckt sich (wie auch bei den notwendigen Subunternehmern) neben der Zuverlässigkeitsprüfung darauf, ob der Bieter (im Falle einer Subunternehmerkette zumindest mittelbar im Wege seiner direkten Subunternehmer) über deren Kapazitäten tatsächlich verfügt und in einer Gesamtbetrachtung der Auftraggeber letztlich die zur Durchführung des Gesamtauftrages notwendigen Sicherheiten über die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat. Anders als bei erforderlichen Subunternehmern führt jedoch das Misslingen dieses Nachweises (gegebenenfalls im Rahmen einer Aufklärung) bei nicht erforderlichen Subunternehmern nicht zum Ausscheiden des Angebotes des Bieters, sondern dazu, dass der Auftraggeber den betroffenen Subunternehmer ablehnen muss, das Angebot als solches jedoch weiterhin im Vergabeverfahren verbleibt. Da das Angebot nach Ablauf der Angebotsfrist bzw. nach Abschluss der Verhandlungen nicht mehr geändert werden kann (und daher ab diesem Zeitpunkt auch kein anderer nicht erforderlicher Subunternehmer mehr genannt werden kann), kann die Hinzuziehung eines anderen nicht erforderlichen Subunternehmers durch den erfolgreichen Bieter nur nach dem Regime des Abs. 5 (nach Zuschlagserteilung) erfolgen. Die Eigenerklärung bzw. die Nachweise über die Eignung der Subunternehmer sind - wie bisher - dem Auftraggeber im Wege des Bieters vorzulegen."

26 Soweit die Revisionswerberin gegen die Heranziehung dieser Materialien einwendet, diese seien unbeachtlich, weil sich keine einzige Bestimmung im Gesetzestext fände, die ein Ablehnungsrecht von Subunternehmern vorsehen würde, so ist diesem Vorbringen Folgendes entgegenzuhalten:

27 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Gesetzesmaterialien, soweit sie den aus dem Gesetzestext und der Systematik des Gesetzes gewonnenen Interpretationsergebnissen widersprechen, keine Bedeutung bei der Auslegung des Gesetzes zukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/05/0151). Im Übrigen kann jedoch der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers bei der Auslegung des Gesetzes durchaus herangezogen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/04/0017, zur Auslegung eines Begriffes der GewO 1994 im Hinblick auf den aus den Materialien erkennbaren Willen des Gesetzgebers).

28 Bei der Neuregelung der Subunternehmerleistungen in § 83 BVergG 2006 ist der Wille des Gesetzgebers aus den Materialien deutlich erkennbar:

29 In den Materialien wird zwischen "erforderlichen" und "nicht erforderlichen" Subunternehmern unterschieden. Als "erforderliche" Subunternehmer werden jene Subunternehmer bezeichnet, die der Bieter zum Nachweis seiner Eignung benötigt. Dabei verweisen die Erläuterungen auf § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006. Nach dieser Bestimmung hat jedes Angebot die Bekanntgabe aller Subunternehmer zu enthalten, auf deren Kapazitäten sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung stützt. Somit kann sich der Begriff des "erforderlichen" Subunternehmers auf § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 stützen.

30 Nach den Materialien sieht das Gesetz für erforderliche bzw. nicht erforderliche Subunternehmer jeweils unterschiedliche Regelungsregime vor: Die Unterlassung der Bekanntgabe von erforderlichen Subunternehmern hat wie bisher das Ausscheiden des betroffenen Angebots zur Folge. Dabei verweisen die Materialien auf § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 davon spricht, dass Angebote "von Bietern, deren Befugnis Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist", auszuscheiden sind. Diese Bestimmung spricht daher vom Bieter und nicht (wie von der Revisionswerberin angeführt) vom Subunternehmer. Somit wird die fehlende Eignung eines Subunternehmers nur dann gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 schlagend, wenn dieser Subunternehmer gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 im Angebot vom Bieter genannt wird, weil sich der Bieter auf dessen Kapazitäten zum Nachweis seiner Eignung stützen muss. In diesem Fall liegt ein erforderlicher Subunternehmer vor.

31 Ein nicht erforderlicher Subunternehmer liegt nach dieser Gesetzessystematik dann vor, wenn sich der Bieter (im Sinne des § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006) zum Nachweis seiner Eignung nicht auf dessen Kapazitäten stützen muss, sondern selbst die erforderliche Eignung besitzt, den Auftrag aber dennoch (aus anderen Gründen) an einen Subunternehmer weitergeben will.

32 Nach dem neuen Regelungsregime für Subunternehmerleistungen hat der Auftraggeber nach den Materialien auch die nicht erforderlichen, im Angebot genannten Subunternehmer zu prüfen. Jedoch führt das Misslingen dieses Nachweises bei nicht erforderlichen Subunternehmern nicht zum Ausscheiden des Angebotes des Bieters, sondern dazu, dass der Auftraggeber den betroffenen Subunternehmer ablehnen muss, das Angebot als solches jedoch weiterhin im Vergabeverfahren verbleibt.

33 Auch diese Aussage in den Materialien kann im System des § 108 Abs. 1 Z 2 und des § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 seine Deckung finden: Wie angeführt sehen diese Bestimmungen das Ausscheiden des Angebotes nur dann vor, wenn sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf einen (in diesem Fall erforderlichen) Subunternehmer stützen muss. Die Pflicht des Auftraggebers zur umfassenden Prüfung der (erforderlichen und nicht erforderlichen) Subunternehmer ergibt sich aus dem (insoweit nicht einschränkenden) Wortlaut des § 83 Abs. 3 BVergG 2006. Dass der Auftraggeber einen namhaft gemachten Subunternehmer ablehnen kann, sieht das Gesetz in § 83 Abs. 5 BVergG 2006, wenn auch für den Zeitraum nach Zuschlagserteilung, ausdrücklich vor.

34 Der Begriff des erforderlichen bzw. nicht erforderlichen Unternehmers sowie die Verpflichtung des Auftraggebers, nicht erforderliche Subunternehmer bei mangelnder Eignung abzulehnen, finden sich nicht ausdrücklich im Gesetzestext. Sie können jedoch - wie oben ausgeführt - ebenso wie die in den Materialien beschriebene Vorgangsweise der Systematik des BVergG 2006 entnommen werden.

35 Daher kann in der vorliegenden Rechtssache keine Rede davon sein, dass der aus den Gesetzesmaterialien deutlich erkennbare Wille des Gesetzgebers dem Gesetzestext oder der Systematik des Gesetzes widerspricht.

36 Vielmehr ist § 83 Abs. 3 erster Satz BVergG 2006 im Zusammenhang mit § 108 Abs. 1 Z 2 und § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 dahin auszulegen, dass die Kontrolle des öffentlichen Auftraggebers, ob die Weitergabe von Leistungen an einen Subunternehmer zulässig ist, dahin wahrzunehmen ist, dass im Fall von nicht erforderlichen Subunternehmen, also in Fällen, in denen der Bieter selbst die erforderliche Eignung besitzt und trotzdem Teile der Leistung oder die gesamte Leistung an einen Subunternehmer weitergeben will, die mangelnde Eignung des Subunternehmers nicht zum Ausscheiden des Angebotes nach § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 führt, sondern der Auftraggeber - wie in den Erläuterungen ausdrücklich angesprochen - die Weitergabe an diesen Subunternehmer ablehnen muss.

37 Zum Vorbringen der Revisionswerberin, diese Auslegung widerspreche § 69 Z 1 BVergG 2006, ist Folgendes auszuführen:

38 Gemäß § 69 Z 1 BVergG 2006 muss die Eignung beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Aber auch in diesem Zusammenhang ist zwischen dem erforderlichen und dem nicht erforderlichen Subunternehmer zu unterscheiden:

39 Nennt ein Bieter gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 einen Subunternehmer zum Nachweis seiner Eignung, so muss dieser Nachweis - nach wie vor - zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung (und während des gesamten Vergabeverfahrens bis zur Zuschlagserteilung; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/04/0062, mwN, wonach die Eignung nach den im § 69 BVergG 2006 genannten Zeitpunkten nicht mehr verloren gehen darf) erbracht werden.

40 Nennt der Bieter, der selbst den Nachweis seiner Eignung zum Zeitpunkt des § 69 Z 1 BVergG 2006 erbringt, dagegen im Angebot einen nicht erforderlichen Subunternehmers, so führt auch dessen fehlende Eignung nach dem Obgesagten nicht dazu, dass das Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 ausgeschieden werden muss. Vielmehr erbringt in einem solchen Fall der Bieter selbst den Nachweis der erforderlichen Eignung.

41 Auch das Vorbringen, durch diese Auslegung würde dem öffentlichen Auftraggeber eine nachträgliche Änderung des Angebotes des Bieters ermöglicht werden, überzeugt nicht:

42 In diesem Zusammenhang ist auf § 108 Abs. 2 BVergG 2006 zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu dieser Bestimmung festgehalten, dass vor dem Hintergrund dieser Bestimmung die Annahme, ein Bieter wolle ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen, nur dann gerechtfertigt ist, wenn er dies - klar - zum Ausdruck bringt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/04/0007, mwN, und den hg. Beschluss vom , Ra 2017/04/0001, mwN).

43 Vor diesem Hintergrund und der neuen Rechtslage des § 83 BVergG 2006 ist ein Angebot, in dem die Weitergabe an einen nicht erforderlichen Subunternehmer bekannt gegeben wurde, dahin zu lesen, dass der Bieter, für den Fall, dass dieser Subunternehmer den Nachweis der Eignung nicht erbringen kann, die Leistung auch selbst erbringen wird.

44 Bei einer solchen Sichtweise stellt sich die von der Revision aufgeworfene Frage einer nachträglichen Änderung des Angebotes durch den öffentlichen Auftraggeber nicht.

45 Fallbezogen hat das Verwaltungsgericht daher zutreffend die Auffassung vertreten, dass das Angebot der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft wegen des fehlenden Eignungsnachweises der nicht erforderlichen Subunternehmerin nicht gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 auszuscheiden war.

Ergebnis

46 Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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