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VwGH vom 06.07.2010, 2010/05/0099

VwGH vom 06.07.2010, 2010/05/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde 1. der IH in W und 2. des KR in G, beide vertreten durch Heller Gahler Rechtsanwaltspartnerschaft in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-52 und 104/10, betreffend Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, binnen einer Frist von sechs Monaten alle Abwässer von ihrer Liegenschaft Grundstücke Nr. 941/1 und 941/4, EZ ..., KG D, in den Straßenkanal zu leiten. Nach hergestellter Einmündung wäre innerhalb eines Monats die Senkgrube zu beseitigen. Der Auftrag stützte sich auf § 2 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (KEG). Dieser Bescheid erwuchs offenkundig in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom beantragten die Beschwerdeführer die Ausnahme von der Verpflichtung zur Einleitung der Regen- und Schmutzwässer in den Kanal gemäß § 2 Abs. 3 KEG. Da die erstinstanzliche Behörde untätig blieb, wurde am ein Devolutionsantrag an die belangte Behörde gestellt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde zunächst (Spruchpunkt I) ein Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben, weil dieser erst nach dem Zeitpunkt des Übergangs der Entscheidungszuständigkeit an die belangte Behörde auf Grund des Devolutionsantrages erlassen worden sei. Er stamme somit von einer unzuständigen Behörde.

Zu Spruchpunkt II wurde der Antrag der Beschwerdeführer vom auf Erteilung einer Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 KEG als unbegründet abgewiesen. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, eine Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 KEG sei nur hinsichtlich der Anschlussverpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 KEG vorgesehen, nicht jedoch hinsichtlich einer solchen gemäß § 2 Abs. 2 KEG. Dies sei sachlich deshalb gerechtfertigt, weil in den Fällen des § 2 Abs. 2 KEG öffentliche Interessen eine Einleitung in den Kanal gerade erforderlich machten.

Die Beschwerdeführer sehen sich in ihrer Beschwerde in ihrem subjektiven Recht auf Erteilung einer Ausnahme sowie auf Erlassung einer fehlerfreien Ermessensentscheidung verletzt. Sie bringen im Wesentlichen vor, § 2 Abs. 2 KEG räume der Behörde, wie die Verwendung des Wortes "kann" zeige, Ermessen ein. Die Ausnahmebestimmung sei, wenn man davon ausgehe, dass verfassungskonform ein möglichst schonender Eingriff in das Recht auf Eigentum erfolgen solle, großzügig auszulegen und, zwar entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut, aber entsprechend dem Sinn des Gesetzes und in einem logisch-systematischen Zusammenhang dahingehend zu verstehen, dass die Ausnahme zu gewähren sei, wenn öffentliche Interessen nicht geschädigt würden. Diese öffentlichen Interessen seien auch dann zu berücksichtigen, wenn eine Verpflichtung nach § 2 Abs. 2 KEG bestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 2 Abs. 1 bis 3 KEG lauten:

"(1) Sofern der Bebauungsplan nicht anderes festlegt, müssen von Baulichkeiten auf Bauplätzen oder Baulosen alle Abwässer (§ 1 Abs. 2) unterhalb der Verkehrsflächen in den Kanal geleitet werden, wenn der Bauplatz oder das Baulos von einem bei der Bauführung bereits bestehenden Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist; bei Baulosen gelten Flächen, die im Gartensiedlungsgebiet liegen, nicht als andere Liegenschaft und werden in das Maß von 30 m nicht eingerechnet. Dieselbe Verpflichtung zur Einmündung tritt ein, wenn der Straßenkanal nach Errichtung der Baulichkeit hergestellt wird. Ist nur ein Schmutzwasserkanal vorhanden, so besteht die Verpflichtung zur Einmündung nur hinsichtlich der Schmutzwässer, ist nur ein Regenwasserkanal vorhanden, so besteht diese Verpflichtung nur hinsichtlich der Regenwässer. Sobald die Verpflichtung zur Einmündung erfüllt ist, sind die bisherigen Anlagen zur Ableitung der Schmutz- oder Regenwässer zu beseitigen.

(2) Von Baulichkeiten auf einer sonstigen bebauten Fläche, die von einem Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist, kann die Behörde die Einleitung der Regen- und Schmutzwässer in den Straßenkanal und die Beseitigung der bestehenden Anlagen zur Ableitung solcher Abwässer verlangen, soweit öffentliche, insbesondere gesundheitliche Rücksichten, solche Maßnahmen erfordern.

(3) Auf Antrag hat die Behörde eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Ableitung von Regenwässern nach Abs. 1 zu bewilligen, wenn hiedurch öffentliche Interessen, insbesondere solche der Gesundheit und der körperlichen Sicherheit von Personen, nicht geschädigt werden. Einem Antrag auf Ausnahme von der Verpflichtung zur Ableitung von Schmutzwässern nach Abs. 1 ist stattzugeben, wenn die Ausnahme im Interesse eines ordnungsgemäßen Kanalbetriebes zweckmäßig erscheint oder die Verwendung der Schmutzwässer für Düngezwecke erfolgen soll und überwiegend öffentliche Interessen, insbesondere solche der Gesundheit oder körperlichen Sicherheit von Personen, nicht entgegenstehen. Die Ausnahme ist zu widerrufen, wenn Voraussetzungen für ihren Ausspruch fortgefallen sind. Die Ableitung aller Schmutz- und Regenwässer von den umliegenden Grundstücken auf Verkehrsflächen ist auch bei Ausspruch einer Ausnahme verboten."

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, ist dann, wenn eine Anschlussverpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 KEG besteht, geradezu Voraussetzung einer solchen Verpflichtung, dass öffentliche, insbesondere gesundheitliche Rücksichten die Einleitung erfordern. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass eine rechtskräftige Einleitungsverpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 KEG besteht. Ausgehend davon bietet § 2 Abs. 3 KEG aber keine Handhabe, eine Ausnahme von dieser Bestimmung zu gewähren, was sich sowohl aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 eindeutig ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0156) als auch im Hinblick auf die genannten Darlegungen der belangten Behörde sachlich gerechtfertigt und logisch-systematisch dem Gesetz zu entnehmen ist.

Im hier gegenständlichen Verfahren betreffend eine Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 KEG besteht auch kein Ermessen der Behörde bezüglich der Entscheidung, ob von der Anschlussverpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 KEG eine Ausnahme gewährt wird; das Ermessen wurde vielmehr schon anlässlich des Bescheides vom geübt. Eine solche Ausnahme kommt keinesfalls in Frage.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am