VwGH vom 18.08.2017, Ra 2017/04/0048

VwGH vom 18.08.2017, Ra 2017/04/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der K GmbH in G, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. 405-2/56/1/4-2017, betreffend Antrag auf Akteneinsicht in einer Angelegenheit nach der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung; mitbeteiligte Parteien:

1. G GmbH, 2. D GmbH, 3. DI R H, 4. A R, alle in G, alle vertreten durch Prof. Hintermayr & Partner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 1. Am erstattete die Revisionswerberin bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (Behörde) eine auf § 81 Abs. 2 Z 9 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) gestützte Anzeige über die Änderung ihrer (näher bezeichneten) gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage in G.

2 Mit Bescheid vom stellte die Behörde auf Grund dieser Anzeige fest, dass acht näher bezeichnete Änderungen der mit Bescheid vom genehmigten Betriebsanlage nach Maßgabe der Anzeige und den damit eingereichten (im Einzelnen aufgeführten) Unterlagen, welche einen Bestandteil dieses Bescheides bilden, das Emissionsverhalten der Betriebsanlage nicht nachteilig beeinflussen würden. Die Anzeige wurde zur Kenntnis genommen, wobei der Revisionswerberin acht Auflagen vorgeschrieben wurden. Die Einwendungen der Nachbarn, darunter die mitbeteiligten Parteien, wurden teilweise als unzulässig zurückgewiesen, teilweise als unbegründet abgewiesen.

3 Die Behörde traf Feststellungen zum bestehenden Konsens der genehmigten Betriebsanlage und gelangte unter Bezugnahme auf die vorliegenden Sachverständigengutachten zum Ergebnis, dass sich das Ausmaß der beurteilungsrelevanten Emissionen durch die angezeigten Änderungen gegenüber dem bestehenden Konsens nicht nachteilig ändern würde.

4 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde an das Verwaltungsgericht, über die zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Erkenntnisses noch nicht entschieden war.

5 2. Mit Schriftsatz vom stellten die mitbeteiligten Parteien an die Behörde den Antrag auf Akteneinsicht in die "TÜV-Urkunde" (betreffend die Betriebsanlage der Revisionswerberin) vom und Herstellung einer Kopie. Mit dem Antrag wurde das - das Ergebnis der Prüfung enthaltende - Deckblatt dieser Prüfbescheinigung nach § 82b GewO 1994 vorgelegt.

6 Die mitbeteiligten Parteien begründeten diesen Antrag damit, dass sie Nachbarn der Betriebsanlage seien und als solche Parteistellung im betriebsanlagenrechtlichen Änderungsanzeigeverfahren der Revisionswerberin hätten. Die Prüfbescheinigung habe direkte Auswirkungen auf die Nachbarn, weil sie mutmaßlich unrichtig attestiere, dass die Betriebsanlage den gewerberechtlichen Bescheiden entspreche.

7 3. Mit Bescheid vom wies die Behörde den Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Einsicht in die Prüfbescheinigung des TÜV Austria in ungekürzter Fassung gemäß § 82b GewO 1994 betreffend die Betriebsanlage der Revisionswerberin mangels Parteistellung zurück, weil den Nachbarn im Hinblick auf § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1994 in Verfahren betreffend die Überprüfung von Betriebsanlagen nach § 82b GewO 1994 keine Parteistellung zukomme.

8 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde. Darin wurde geltend gemacht, der Antrag auf Akteneinsicht habe sich nicht auf ein Verfahren nach § 82b GewO 1994 bezogen, sondern auf das Änderungsanzeigeverfahren, in dem sie als Nachbarn Parteistellung hätten. Weiters brachten die mitbeteiligten Parteien vor, sie hätten, wenn sie über das komplette TÜV-Gutachten verfügt hätten, deutlich machen können, dass dieses TÜV-Gutachten nicht dazu geeignet sei, eine Emissionsneutralität (der angezeigten Änderungen) anzunehmen. Mit der Verwertung der TÜV-Urkunde durch die Behörde im Änderungsanzeigeverfahren sei das Gutachten Teil dieses Verfahrens geworden.

9 Die Revisionswerberin erstattete dazu eine Stellungnahme, wonach sich die TÜV-Prüfbescheinigung auf den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid aus 1997 bezogen habe und darin keine Aussage dazu getroffen werde, ob die (im November 2015) angezeigten Änderungen emissionsneutral seien. Auch habe die Behörde die Prüfbescheinigung in ihrem (im Änderungsanzeigeverfahren ergangenen) Bescheid vom nicht verwertet.

10 4. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien stattgegeben und der Bescheid der Behörde vom aufgehoben. Unter einem wurde dem Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Akteneinsicht und auf Herstellung einer Kopie von der Prüfbescheinigung des TÜV Austria in ungekürzter Fassung vom betreffend die Betriebsanlage der Revisionswerberin stattgegeben. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

11 Das Verwaltungsgericht wies zunächst darauf hin, dass sich das Recht auf Akteneinsicht auf alle Aktenbestandteile beziehe, welche die Sache der - die Akteneinsicht begehrenden - Parteien beträfen. Nachbarn komme im Änderungsanzeigeverfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 eine beschränkte Parteistellung zu. Anschließend führt das Verwaltungsgericht wie folgt aus:

"Da die TÜV-Prüfbescheinigung im Zuge dieses Änderungsverfahrens erstellt und der Behörde vorgelegt wurde, ist es zweifelsohne Bestandteil dieses Betriebsanlagenaktes geworden. Die Nachbarn haben den Antrag auf Akteneinsicht ausschließlich im Zuge der Wahrung ihrer Parteienrechte anlässlich des geführten Anzeigeänderungsverfahrens eingebracht und wurde der Antrag der Nachbarn auf Akteneinsicht nicht in Bezug auf eine wiederkehrende Überprüfung der Betriebsanlage gem. § 82b GewO gestützt. Da im gegenständlichen Anzeigeänderungsverfahren von den Nachbarn auch zahlreiche Beschwerden und Einwendungen hinsichtlich einer konsenswidrig geführten Betriebsanlage vorgebracht wurden und es in diesem Verfahren auch erheblich differenzierte Ansichten zwischen Betreiber, Behörde und den Nachbarn über den tatsächlichen Konsens der gegenständlichen Betriebsanlage gibt, kann die TÜV-Prüfbescheinigung als Beweismittel unter Umständen auch zur Aufklärung dieser Differenzen beitragen."

12 Weiters hielt das Verwaltungsgericht fest, die TÜV-Prüfbescheinigung habe ergeben, dass die Betriebsanlage den gewerberechtlichen Bescheiden entsprochen habe und keine Mängel oder Abweichungen vom konsensgemäßen Zustand festgestellt worden seien. Dies erschien dem Verwaltungsgericht bemerkenswert, zumal bei einer gewerbebehördlichen Überprüfung am mehrere Abweichungen festgestellt worden seien, die letztlich auch zu dem anhängigen Änderungsanzeigeverfahren geführt hätten.

Abschließend wurde wie folgt ausgeführt:

"Dass die Nachbarn in diesem Verfahren ein rechtliches Interesse auf Überprüfung der Schlüssigkeit dieser Prüfbescheinigung haben, ist für das Gericht jedenfalls nachvollziehbar zumal es im Änderungsanzeigeverfahren auch um die Frage der Feststellung des Umfangs des genehmigten Konsens der Betriebsanlage geht und um diesen Konsens letztlich mit den angezeigten Änderungen in Vergleich zu setzen."

13 5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

14 Revisionsbeantwortung wurde keine erstattet. II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision unter anderem vor, das Verwaltungsgericht habe nicht zwischen dem Prüfverfahren nach § 82b GewO 1994 sowie dem Verfahren über die Anzeige der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage differenziert und es habe den mitbeteiligten Parteien auf Grund einer unvertretbaren Auslegung des § 17 AVG sowie entgegen dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/12/0184, 2011/12/0076, Einsicht in Aktenteile zugebilligt, die nicht "ihre Sache betreffen". Es entspreche auch nicht den Tatsachen, dass die Prüfbescheinigung im Zuge des Änderungsverfahrens erstellt und der Behörde vorgelegt worden sei. Vielmehr sei die Revisionswerberin von der Behörde mit Anordnung vom aufgefordert worden, die Prüfbescheinigung der wiederkehrenden Prüfung vorzulegen. Die Prüfbescheinigung treffe weder Aussagen dazu, ob die angezeigten Änderungen emissionsneutral seien, noch dazu, wie der Genehmigungsbescheid aus 1997 auszulegen sei.

16 Die Revision ist schon im Hinblick auf dieses Vorbringen zulässig.

17 2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 125/2013, lauten auszugsweise:

"§ 81. (1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:

...

9. Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht

nachteilig beeinflussen,

...

(3) Der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs. 2 Z 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedurfte, sowie Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7, Z 9 und Z 11 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. ...

...

§ 82b. (1) Der Inhaber einer genehmigten Betriebsanlage hat diese regelmäßig wiederkehrend zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob sie dem Genehmigungsbescheid und den sonst für die Anlage geltenden gewerberechtlichen Vorschriften entspricht; die Prüfung hat sich erforderlichenfalls auch darauf zu erstrecken, ob die Betriebsanlage dem Abschnitt 8a betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen unterliegt, und auch die gemäß § 356b mit anzuwendenden Bestimmungen zu umfassen. Sofern im Genehmigungsbescheid oder in den genannten sonstigen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, betragen die Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen sechs Jahre für die unter § 359b fallenden Anlagen und fünf Jahre für sonstige genehmigte Anlagen. Über jede wiederkehrende Prüfung ist eine Prüfbescheinigung zu erstellen, der eine vollständige Dokumentation der Prüfung anzuschließen ist, aus der insbesondere der Umfang und der Inhalt der Prüfung hervorgeht; diese Dokumentation bildet einen notwendigen Bestandteil der Prüfbescheinigung.

...

(3) Die Prüfbescheinigung ist, sofern im Genehmigungsbescheid oder in den sonst für die Anlage geltenden gewerberechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, vom Anlageninhaber bis zum Vorliegen der nächsten Prüfbescheinigung in der Anlage zur jederzeitigen Einsicht der Behörde aufzubewahren; er hat die Prüfbescheinigung der Behörde auf Aufforderung innerhalb der von der Behörde zu bestimmenden angemessenen Frist zu übermitteln.

(4) Werden im Rahmen der Prüfung Mängel oder Abweichungen vom konsensgemäßen Zustand festgestellt, hat die Prüfbescheinigung entsprechende Vorschläge samt angemessenen Fristen für die Behebung der Mängel oder für die Beseitigung der Abweichungen zu enthalten. Der Inhaber der Anlage hat in diesem Fall unverzüglich eine Ausfertigung dieser Prüfbescheinigung sowie eine diesbezügliche Darstellung der getroffenen und zu treffenden Maßnahmen der zuständigen Behörde zu übermitteln.

...

§ 356. ...

(3) Im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79 Abs. 1), im Verfahren betreffend die Genehmigung der Sanierung (§ 79 Abs. 3), im Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), im Verfahren betreffend Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2), im Verfahren betreffend eine Betriebsübernahme (§ 79d), im Verfahren betreffend die Anpassung einer bereits genehmigten Betriebsanlage an eine Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 (§ 82 Abs. 2), im Verfahren betreffend die Festlegung der von den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 abweichenden Maßnahmen (§ 82 Abs. 3) und im Verfahren betreffend die Vorschreibung der über die Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 hinausgehenden Auflagen (§ 82 Abs. 4) haben jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Verfahren gemäß Abs. 1 aufrecht geblieben ist.

(4) Nachbarn haben in den Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2) und Betriebsübernahme (§ 79d) auch insoweit Parteistellung, als damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 verbunden sein können.

..."

18 3. Nach der subsidiären Regelung des § 17 Abs. 1 AVG können die Parteien "in die ihre Sache betreffenden Akten" Einsicht nehmen und sich Abschriften selbst anfertigen oder Kopien erstellen lassen. Parteien eines anderen Verfahrens, für deren Rechtsverfolgung die Einsicht in die Akten eines Verfahrens, in dem sie nicht Partei sind bzw. waren, von Bedeutung wäre, steht das Recht auf Akteneinsicht insoweit nicht zu (siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2012/10/0002, mwN).

19 4. Ausgehend davon erweist sich die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses als mangelhaft, wobei zunächst Folgendes vorauszuschicken ist:

20 Soweit das Verwaltungsgericht ein rechtliches Interesse der Nachbarn auf Überprüfung der Schlüssigkeit der Prüfbescheinigung anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass die Parteistellung der Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage in sogenannten Folgeverfahren in § 356 Abs. 3 GewO 1994 abschließend geregelt ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2009/04/0002, mwN) und § 82b GewO 1994 in der dort vorgenommenen Aufzählung nicht enthalten ist. Nachbarn kommt in einem allfälligen Verfahren nach § 82b GewO 1994 somit keine Parteistellung zu.

21 Nicht hinreichend ist es, wenn das Verwaltungsgericht an einer Stelle darauf verweist, die Prüfbescheinigung sei der Behörde vorgelegt worden und somit Bestandteil dieses "Betriebsanlagenaktes" geworden. Der die Sache einer Partei betreffende Akt wird fallbezogen nicht allgemein durch die Betriebsanlage bestimmt, sondern durch den jeweiligen Verfahrensgegenstand hinsichtlich dieser Betriebsanlage. Der Umstand, dass eine Unterlage eine bestimmte Betriebsanlage betrifft, führt noch nicht dazu, dass sie schon deshalb der Akteneinsicht einer Person unterliegt, der in irgendeinem Verfahren betreffend diese Betriebsanlage Parteistellung zukommt.

22 Ebenso wenig kann es darauf ankommen, dass die mitbeteiligten Parteien ihr Begehren auf Akteneinsicht anlässlich des Änderungsanzeigeverfahrens eingebracht (und somit nicht auf § 82b GewO 1994 gestützt) haben, weil dies noch keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob es sich bei der Prüfbescheinigung um eine das von den mitbeteiligten Parteien ins Treffen geführte Änderungsanzeigeverfahren betreffende Unterlage handelt.

23 Schließlich spielen auch die vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken am Ergebnis der Prüfbescheinigung für die Frage, ob den mitbeteiligten Parteien diesbezüglich ein Recht auf Akteneinsicht zukommt, keine Rolle.

24 5. Dem im Änderungsanzeigeverfahren ergangenen Bescheid der Behörde vom lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass sich die Behörde bei dieser Entscheidung auf die Prüfbescheinigung vom gestützt bzw. diese verwertet habe. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die TÜV-Prüfbescheinigung "im Zuge des Änderungsverfahrens erstellt" worden sei. Der Umstand, dass in dem über die Beschwerde der mitbeteiligten Parteien gegen diesen Bescheid (siehe Rz. 4) ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom die TÜV-Prüfbescheinigung vom Erwähnung findet, ist für die hier vorzunehmende Beurteilung nicht relevant, weil der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (vorliegend somit des Erkenntnisses vom ) gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2017/18/0005, mwN).

25 6. Aber auch die auf die potentielle Eignung der TÜV-Prüfbescheinigung als Beweismittel zur Aufklärung der vom Verwaltungsgericht angesprochenen Differenzen (hinsichtlich des Genehmigungsumfangs bzw. des von den mitbeteiligten Parteien behaupteten konsenswidrigen Betriebs der Anlage) abstellende Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ist für den Verwaltungsgerichtshof aus nachstehenden Gründen fallbezogen nicht nachvollziehbar.

26 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass sich die Beurteilung, ob Änderungen der Anlage das Emissionsverhalten im Sinn des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 nachteilig beeinflussen, auf den durch die erteilten Genehmigungen bestehenden Konsens - und nicht bloß auf die tatsächlichen Gegebenheiten - zu beziehen hat (siehe die hg. Erkenntnisse vom , 2010/04/0116, 0127, mwN, sowie vom , 98/04/0023). Maßgeblich für die Beurteilung von angezeigten Änderungen ist somit der Vergleich mit dem bestehenden rechtlichen Konsens und nicht mit der tatsächlichen Betriebsweise. Die Aufklärung der (vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführten) Differenzen darüber, ob eine Betriebsanlage konsensgemäß betrieben wird, ist daher von vornherein nicht Gegenstand eines Änderungsanzeigeverfahrens nach § 81 Abs. 3 GewO 1994. Allfällige Angaben in der Prüfbescheinigung zum Vorliegen oder Nicht-Vorliegen eines konsensmäßigen Betriebes der Anlage sind daher für die Beurteilung der angezeigten Änderungen nicht von Relevanz.

27 Nach § 82b Abs. 1 GewO 1994 hat der Inhaber einer genehmigten Betriebsanlage diese regelmäßig wiederkehrend zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob sie dem Genehmigungsbescheid und den sonst geltenden gewerberechtlichen Vorschriften entspricht. Darüber ist eine Prüfbescheinigung zu erstellen, aus der Umfang und Inhalt der Prüfung hervorzugehen haben. Werden im Rahmen der Prüfung Mängel oder Abweichungen vom konsensgemäßen Zustand festgestellt, hat die Prüfbescheinigung nach § 82b Abs. 4 GewO 1994 entsprechende Vorschläge für die Behebung der Mängel oder für die Beseitigung der Abweichungen zu enthalten. Im Hinblick auf diesen Prüfgegenstand sind angezeigte, noch nicht genehmigte Änderungen nicht Inhalt der Prüfbescheinigung nach § 82b GewO 1994.

28 Der bloße Umstand, dass sowohl die Beurteilung einer Änderung im Verfahren nach § 81 GewO 1994 als auch die Prüfung, ob eine Anlage konsensgemäß betrieben wird, Angaben über den bestehenden Konsens voraussetzen (vgl. zu ersterem etwa das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0095, 0098, mwN), führt für sich genommen nicht dazu, dass die Prüfbescheinigung nach § 82b GewO 1994 eine das Änderungsverfahren nach § 81 GewO 1994 betreffende Unterlage darstellt. So hat die Prüfbescheinigung für die Behörde hinsichtlich des zugrunde liegenden Genehmigungskonsenses keinerlei bindende Wirkung und die Behörde muss den bestehenden Konsens unabhängig davon feststellen, ob eine Prüfbescheinigung vorliegt oder nicht. Dass sich der hier gegenständlichen TÜV-Prüfbescheinigung vom gleichsam auf sachverständiger Ebene Anhaltspunkte für die Auslegung des zugrunde liegenden Genehmigungsbescheides entnehmen ließen, wird im angefochtenen Erkenntnis nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.

29 7. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

30 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Schlagworte:
Individuelle Normen und Parteienrechte Diverses VwRallg9/5 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein VwRallg10/1

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.