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VwGH vom 25.01.2013, 2012/09/0173

VwGH vom 25.01.2013, 2012/09/0173

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der GF in T, vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 8/3a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/40/9580/2011-58, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als zur Vertretung nach außen Berufene, nämlich als handelsrechtliche Geschäftsführerin der KK GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft mit Sitz in W als Arbeitgeberin auf der Baustelle in M entgegen dem § 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) sechs näher bezeichnete polnische Staatsangehörige in im Einzelnen genannten Tatzeiträumen zwischen bis beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch sechs Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden sechs nach der Länge der Beschäftigungsdauer abgestufte Geldstrafen in der Höhe von in drei Fällen je EUR 5.000,--, in zwei Fällen je EUR 6.000,-- und in einem Fall EUR 7.500,-- (im Nichteinbringungsfall jeweils Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Die KK GmbH hafte für die über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Berufung und der in der mehrfach erstreckten mündlichen Verhandlung abgelegten Aussagen als Sachverhalt fest:

"Am wurden bei einer Kontrolle der Finanzpolizei in M sechs Arbeiter mit polnischer Staatsbürgerschaft auf einer Baustelle der KK GmbH angetroffen. Vom bis zum war (die Beschwerdeführerin) handelsrechtliche Geschäftsführerin der KK GmbH (siehe Firmenbuchauszug vom , Blatt 161f des ho Aktes). Nach ihrer Eheschließung trägt die (Beschwerdeführerin) nunmehr den Namen F. Auftraggeberin der KK GmbH für das Bauvorhaben in M war die JG GmbH. Die KK GmbH sollte auf der Baustelle Abbruch-, Beton- und Maurerarbeiten vornehmen. Am kamen auf der Baustelle die sechs im Spruch des Straferkenntnisses namentlich angeführten polnischen Personen zum Arbeitseinsatz. Her GOL wurde direkt von der KK GmbH als Kranfahrer beschäftigt und als solcher zur Sozialversicherung angemeldet. Dass dieser über keinen arbeitsmarktbehördliche Arbeitstitel verfügte, war der KK GmbH bekannt (…). Die übrigen fünf Arbeiter wurden der KK GmbH von der polnischen Firma I-Bau zur Erfüllung des zwischen der JG GmbH und der KK GmbH abgeschlossenen Werkvertrages überlassen. Herr SZ gab in dem von ihm ausgefüllten Personenblatt Herrn KU als Chef an. Herr GOR gab an, für die KK Bau zu arbeiten, sein Chef heiße 'KU'. Herr GOL gab als beschäftigende Firma die 'KK GmbH' und als Chef Herrn KU an; ebenso Herr PO. Lediglich Herr WS gab als Firma die I-Bau und als Chef Herrn NO an. Herr KU wies sich gegenüber den Kontrollorganen als technischer Mitarbeiter der KK GmbH aus. Er bestätigte gegenüber den Kontrollorganen und wiederholte vor dem UVS, dass die angetroffenen sechs Polen auf der Baustelle mit Abbruch-, Beton- und Mauerarbeiten beschäftigt waren. Nach Ansicht des Herrn KU, der neben Herrn SA die Bauaufsicht auf der Baustelle führte, lag ein Werkvertrag zwischen der KK GmbH und der I-Bau vor und sei Herr NO der Chef der I-Bau. Dieser konnte vom UVS nicht geladen werden. Auch die (Beschwerdeführerin) konnte Herrn NO nicht stellig machen. Für die fünf Arbeiter, die von der Firma I-Bau an die KK GmbH zur Arbeitsleistung überlassen wurden, lagen nur die sogenannten E101-Formulare vor. Arbeitstitel bestanden keine. Eine Meldung an die Zentrale Koordinationsstelle des BMF über eine etwaige Entsendung lag nicht vor. Aus der so bezeichneten 'Werkvertragskurzfassung' lässt sich eine Auftragssumme von 45.000 Euro für einen Ausführungsfrist von bis entnehmen. Aus Punkt 02. der allgemeinen Vertragsbedingungen (siehe Blatt 24 des Erstaktes) ergibt sich, dass die 'angegebenen Einheitspreise nur für die reinen Montageleistungen gelten' und das gesamte Material von der KK GmbH beigestellt wird. Punkt 06. sieht eine Weisungsgebundenheit der I-Bau gegenüber der KK GmbH vor. Aus den vorgelegten Rechnungen ergeben sich keine über die 45.000 Euro hinausgehenden Zahlungen der KK GmbH an die Firma I-Bau. Aus der niederschriftlich dokumentierten Aussage der (Beschwerdeführerin) vor dem Magistrat der Stadt Wien (…) ergibt sich, dass bekannt war, dass Herr GOL über keinen Arbeitstitel verfügte. Herr GOL wurde vor dem UVS als Zeuge einvernommen. Seine Aussage wird als glaubhaft eingestuft. Der Zeuge wirkte im unmittelbaren Eindruck persönlich glaubwürdig.

Die nachstehenden Feststellungen gründen auf seiner Aussage:

Herr GOL hat von bis für die KK GmbH auf der Baustelle in M gearbeitet. Zum Zeitpunkt seiner Arbeitsaufnahme waren die anderen fünf Polen schon auf der Baustelle tätig. Herr KU ist von Herrn GOL als Chef der KK GmbH und als Chef der polnischen Arbeiter betrachtet worden. Die Arbeiter wurden auf der Baustelle von Herrn SA, dem Vorarbeiter von Herrn KU eingeteilt. Herr SA zahlte die Arbeiter wöchentlich freitags auf der Baustelle bar aus, bestellte das benötigte Material und koordinierte die gesamten Arbeiten. Herrn NO hat Herr GOL auf der Baustelle nicht gesehen bzw kennt er diesen gar nicht. Eine weitere Baufirma hat auf der Baustelle nicht gearbeitet. Nach den glaubhaften Angaben des als glaubwürdig eingestuften Zeugen BI, der als langjähriges Kontrollorgan der Finanzpolizei über große Erfahrung mit Baustellenkontrollen verfügt, hat sich bei der Kontrolle am seitens der I-Bau kein Vorarbeiter oder dgl gemeldet, obwohl es bei solchen Kontrollen üblich ist, dass sich entweder ein Verantwortlicher meldet oder von den Arbeitern auf einen solchen verwiesen wird. Beides war hier nicht der Fall. Herr KU bestätigte in seiner Aussage vor dem UVS, dass Herr SA als Bauleiter und Herrn GOL als Kranfahrer der KK GmbH auf der Baustelle tätig waren. Im Übrigen wird den Angaben des Herrn KU nur eingeschränkt Glauben geschenkt. Er bestätigte zwar teilweise die Angaben von Herrn GOL, bestritt aber beispielsweise die Barzahlungen auf der Baustelle und versuchte den Eindruck zu vermitteln, dass Herr NO auf der Baustelle das Sagen gehabt hätte. Herr KU war Nachfolger der (Beschwerdeführerin) als handelsrechtlicher Geschäftsführer und ist sein Neffe 50%- Gesellschafter der KK GmbH. Es liegt daher auf der Hand, dass Herr KU den Sachverhalt beschönigen möchte. Zudem hat er den Vertrag mit der I-Bau abgeschlossen und war zur Tatzeit de facto Geschäftsführer der KK GmbH. (Die Beschwerdeführerin) war nie persönlich auf der Baustelle und hat sich um die Führung der KK GmbH nicht im Detail gekümmert. Der Zeuge SZ bestätigte, auf der Baustelle bar bezahlt worden zu sein. Den Namen des Auszahlenden konnte er nicht nennen. Was zu tun sei, sagte ihm ein 'Österreicher'. Der Zeuge arbeitet nunmehr für die KK GmbH. Seine Angaben im polnisch verfassten Personenblatt über Herrn KU als Chef konnte er nicht schlüssig erklären. Herr SA sagte als Zeuge vor dem UVS auszugsweise aus:

'Ich war zuständiger Bauleiter für diese Baustelle, führte die Gespräche mit den Architekten, den Firmen und war verantwortlich für die Fertigstellung der Baumeisterarbeiten. Neben mir war noch Herr KU auf der Baustelle als Bauleiter tätig. Ich weiß dass es am eine Kontrolle auf dieser Baustelle gab. Ich bin erst nach Ende dieser Kontrolle auf die Baustelle gekommen. Ich kann heute nicht mehr sagen welche Arbeiter während dieser Kontrolle auf der Baustelle waren. (…) Meine Firma war für die Baumeisterarbeiten zuständig. Die Firma KK war für die Abbrucharbeiten und beispielsweise für die Fundamenterstellung zuständig. Mein Ansprechpartner war ein Arbeiter, dessen Namen ich nicht nennen kann. Ich und Herr KU haben den Arbeitern gesagt, wann was zu machen ist. Der Name GOL ist mir bekannt, dieser hat auf der Baustelle als Kranfahrer für die Firma KK gearbeitet. Dieser Mann war regelmäßig auf der Baustelle. Ich spreche außer Deutsch auch Polnisch. Auch Herr GOL sprach Polnisch. Die Namen AD, GO, PO und WS sagen mir nichts, Herrn SZ hat für unsere Firma auf der Baustelle gearbeitet. Er hat mir seine Papiere gezeigt und ich gehe davon aus dass er selbständig tätig war. Der Name NO sagt mir etwas. Ich glaube er war der Chef der Firma I-Bau. Ich habe ihn zwei Mal auf der Baustelle getroffen. Sonst habe ich ihn auf der Baustelle nicht gesehen. Ich habe die Arbeiter immer von unserem Büro geschickt bekommen und habe die mitgebrachten Unterlagen in einer Mappe auf der Baustelle gesammelt. Ich habe die Unterlagen der Bauarbeiter nicht überprüft. Für die Abrechnung mit der I-Bau war ich nicht zuständig, ich kann auch nicht sagen wer dafür zuständig war. Die I-Bau hat die Abbrucharbeiten und die Maurerarbeiten auf der Baustelle vorgenommen. Ich habe die Arbeiter auf der Baustelle eingeteilt und ihnen gesagt was sie zu tun haben. Für das Material auf der Baustelle war unsere Firma zuständig. Ich habe auf der Baustelle den Materialbedarf errechnet und das Material über unser Büro bestellt. Wir haben auf dieser Baustelle von ca. April bis November 2010 gearbeitet. Die Abbruch- und Maurerarbeiten waren glaublich im August 2010 schon fertig. Der Kranfahrer war jeden zweiten oder dritten Tag auf der Baustelle. Ich war jeden Tag auf der Baustelle. Die (Beschwerdeführerin) ist mir nicht persönlich bekannt. Ich bin seit ca. 3 Jahren bei der Firma KK. (Die Beschwerdeführerin) war damals die Geschäftsführerin der Firma KK. Mein Ansprechpartner war Herr KU. Ich habe (die Beschwerdeführerin) auch auf der Baustelle in M nie persönlich gesehen. Herr KU war damals ebenfalls Angestellter der KK GmbH. Ob er auch bei der Firma I-Bau angestellt war oder eine Funktion inne hatte kann ich nicht sagen. Die I-Bau hat Teile der Baumeisterarbeiten durchgeführt. Die Zimmerer waren von einer anderen Firma. Es waren viele verschiedene Firmen auf der Baustelle. Meine Aufgabe war die Einteilung der Arbeiter und die Bauaufsicht darüber, sowie die Material-bestellung über unser Büro. Es waren drei oder vier Arbeiter auf der Baustelle, die ich eingeteilt habe. Einen Partieführer gab es nicht. Einen längeren Baustopp gab es auf der Baustelle nicht.'

Herr SA wirkte vor dem UVS glaubwürdig, bestätigte die Aussagen von Herrn GOL und Herrn BI und ist damit erwiesen, dass die Arbeiter der I-Bau der KK GmbH zur Arbeitsleistung überlassen und vom jeweiligen Bauleiter bzw Vorarbeiter der KK GmbH zur Arbeit eingeteilt wurden."

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass betreffend den Kranfahrer GOL durch Arbeitsvertrag mit der KK GmbH eine direkte Beschäftigung vorliege, die im vollen Bewusstsein über den fehlenden Arbeitstitel, also vorsätzlich, erfolgt sei.

Die übrigen Polen seien von der I-Bau der KK GmbH überlassene Arbeitskräfte.

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei der gebotenen Aufsichtspflicht nicht nachgekommen, das völlige Unterlassen einer Kontrolle sei als grobe Fahrlässigkeit einzustufen. Weitere Ausführungen befassen sich mit den heranzuziehenden Erschwerungs- und Milderungsgründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Obwohl sich die Beschwerde formell gegen den gesamten Bescheid richtet, enthält sie kein Sachvorbringen betreffend die (direkte und vorsätzliche) Beschäftigung des Kranfahrers GOL durch die KK GmbH. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides betreffend GOL ist nicht zu erkennen.

Insofern sich die Beschwerdeführerin betreffend die fünf überlassenen Arbeitskräfte im Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt entfernt, stellt sie eine Behauptung den Feststellungen der belangten Behörde gegenüber, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d.h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, weil die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0300). Dies gilt auch hinsichtlich der Rüge der (mangels einer bekannten Adresse in Österreich) unterbliebenen Einvernahme des NO, weil die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet, welchen Sachverhalt dieser Zeuge abweichend von den als glaubwürdig erachteten Aussagen der anderen Zeugen (insbesondere des "faktischen Geschäftsführers" der KK GmbH KU und deren Bauleiter SA) ausgesagt hätte. Da die Beschwerdeführerin sohin die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzeigt, erübrigt es sich, darauf einzugehen, ob das behauptete Unterbleiben von weiteren Nachforschungen zu einer ladungsfähigen Adresse überhaupt einen Verfahrensmangel darstellte.

Damit ist der vorliegende Beschwerdefall hinsichtlich der überlassenen Arbeitskräfte jenem gleichgelagert, welcher dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0183, zugrunde liegt. Es genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die dortigen Entscheidungsgründe zu verweisen.

Gegen das Verschulden enthält die Beschwerde lediglich allgemein gehaltenes Vorbringen mit Hinweis auf eine Erkrankung der Beschwerdeführerin, ohne aber zu behaupten, sie wäre - entgegen den eine Handlungsunfähigkeit verneinenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - derart beeinträchtigt gewesen, dass es ihr unmöglich gewesen wäre, ihren Kontrollpflichten betreffend die Hintanhaltung illegaler Ausländerbeschäftigung in ihrer Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin der KK GmbH nachzukommen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-72417