VwGH vom 24.02.2010, 2005/04/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Stadt Wien - Wiener Wohnen, vertreten durch Schwartz und Huber Medek Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates Wien vom , Zl. VKS - 1367/05, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: K in Wien, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die beschwerdeführende Auftraggeberin hat die Vergabe eines Rahmenvertrages über Spenglerarbeiten in allgemeinen Teilen und Wohnungen von städtischen Wohnhausobjekten im 14., 15. und 16. Bezirk im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Die Vergabe der Leistungen sollte nach dem Bestbieterprinzip erfolgen, wobei der Preis (zivilrechtlicher Gesamtpreis) mit 90 %, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist über drei Jahre hinaus, jedoch maximal sechs Jahre, mit 5 % und zertifizierte Abläufe der Leistungserbringung ebenfalls mit 5 % zu werten waren.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde - soweit beschwerdeerheblich - dem Antrag des Mitbeteiligten auf Nichtigerklärung der vorgenannten Ausschreibung stattgegeben (Spruchpunkt 1.), den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen (Spruchpunkt 2.) und die Beschwerdeführerin zum Ersatz der in Höhe von EUR 7.500,-- entrichteten Gebühren an den Mitbeteiligten verpflichtet (Spruchpunkt 5.).
In der Begründung setzte sich die belangte Behörde mit den behaupteten Rechtswidrigkeiten auseinander.
Zum strittigen Zuschlagskriterium "zertifizierte Abläufe der Leistungserbringung" führte sie (zusammengefasst) aus, die festgelegte Zertifizierung, die auf sachliche Erwägungen nicht zurückgeführt werden könne, sei als Qualitätsanforderung an den Bieter zu werten und stelle damit ein Eignungskriterium und nicht ein Zuschlagskriterium dar.
Zur behaupteten mangelnden Kalkulierbarkeit der Angebotspreise und Rechtswidrigkeit des Leistungsverzeichnisses vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Wahl des Preisaufschlag-/Nachlassverfahrens für die Ausschreibung von Rahmenverträgen über Bauleistungen werde grundsätzlich als sinnvolle und gerechtfertigte Vorbeugung gegen spekulative Angebote auf Einheitspreise gesehen. Diese Festlegung der Beschwerdeführerin sei nicht zu bemängeln. Allerdings seien die Möglichkeiten der Bieter, ihre individuelle Kalkulation im Angebot umzusetzen, nicht durch unsachliche Zusammenfassung von unterschiedlichen Leistungen und durch Ausschluss einzelner Leistungsgruppen von der Angabe eines Aufschlages oder Nachlasses zu beschränken. Die belangte Behörde halte es für die Beschwerdeführerin durchaus für zumutbar, die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Objektlisten (gegliedert nach Gebietseinheiten) näher zu spezifizieren (wird näher ausgeführt). Die Beschwerdeführerin habe ein Leistungsverzeichnis erstellt, dem nicht die für Spenglerleistungen bestehende Standardleistungsbeschreibung der Stadt Wien zugrunde gelegt worden sei. Gerade auf Grund der großen Palette möglicher Leistungen während der Vertragslaufzeit wäre die Anwendung der Standardleistungsbeschreibung eine bessere Grundlage als der gewählte frei formulierte Ausschreibungstext gewesen. Da die Beschwerdeführerin diese ihr mögliche und zumutbare Leistungsbeschreibung nicht vorgenommen habe, wodurch eine plausible Kalkulierbarkeit der Angebotspreise nicht möglich sei, habe sie gegen § 76 iVm § 74 BVergG 2002 verstoßen. Ihre Ausschreibung erfülle auch nicht die Anforderung des § 66 Abs. 3 BVergG 2002, weil zwar eine Gesamtangebotssumme je Gebietsteil festgelegt worden sei, jegliche weitere Spezifierung jedoch unterblieben sei.
Zum Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei ohne sachliche Rechtfertigung von bereits vorhandenen Ö-Normen, insbesondere der Ö-Norm B 2110, abgewichen, hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass einem öffentlichen Auftraggeber nicht jegliche von bestehenden Normen und standardisierten Leistungsbeschreibungen abweichenden Festlegungen untersagt werden könnten. Allerdings habe der Auftraggeber Abweichungen nur begründet vorzunehmen und eine einseitige Benachteiligung der Unternehmer zu vermeiden. Die Beschwerdeführerin sei bei mehreren (näher dargestellten) Festlegungen von den allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien für Bauleistungen und der Ö-Norm B 2117 abgewichen, ohne dies schlüssig begründen zu können.
Zu den bekämpften Bestimmungen betreffend die Bankgarantie:
Es sei grundsätzlich dem Auftraggeber überlassen, ob und in welcher Höhe er Sicherstellungen festlege. Er habe sich dabei im Rahmen des § 63 Abs. 2 BVergG 2002 zu halten, wonach als Sicherstellung nach Wahl des zur Sicherstellung Verpflichteten Bargeld oder Bareinlagen, Bankgarantien oder Rücklassversicherungen dienen können. Diese Aufzählung sei taxativ und räume dem Bieter die Wahl ein, aus diesem Katalog das ihm genehme Sicherstellungsmittel auszuwählen. Eine Grenze für die Freiheit der Festlegung von Sicherstellungen durch den Auftraggeber sei dann gegeben, wenn sich aus der Summe dieser Sicherstellungen eine nennenswerte Beeinträchtigung der Bonität der potentiellen Bieter oder gar der Ausschluss grundsätzlich geeigneter Bieter aus dem Vergabeverfahren und damit eine maßgebliche Reduktion des Bieterkreises ergebe. Diese vergaberechtlich relevante Problematik werde in der gegenständlichen Ausschreibung durch die gleichzeitige Vorschreibung einer kautionsartigen Bankgarantie auf Vertragslaufzeit plus Gewährleistungsfrist und der sonst für Bauleistungen üblichen Sicherstellungen bei Teilrechnungslegung (Deckungsrücklass) und für die Gewährleistungsfrist (Haftungsrücklass) ausgelöst. Dadurch ergebe sich eine kumulative Belastung der Bieter, die geeignet sei, kleinere Unternehmer vom Vergabeverfahren auszuschließen oder deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stark zu beeinträchtigen. Da die Bestimmungen der Ö-Norm A 2050 bloß mittelbar als Sachlichkeitsmaßstab Relevanz hätten, seien im Einzelfall (also bei entsprechender sachlicher Rechtfertigung) auch weit gehende Abweichungen möglich. Lege man diese Maßstäbe auf die gegenständliche Ausschreibung an, komme man zum Ergebnis, dass die von der Beschwerdeführerin kumulativ vorgesehenen Sicherstellungen sachlich nicht gerechtfertigt seien.
Das Nachprüfungsverfahren habe gezeigt, dass dem Antrag des Mitbeteiligten in weiten und wesentlichen Punkten Berechtigung zukomme und die Beschwerdeführerin mehrfach gegen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2002 verstoßen habe, weshalb dem Antrag folgend die Ausschreibung der Beschwerdeführerin für nichtig zu erklären gewesen sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift - ebenso wie der Mitbeteiligte - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat in der gleichzeitigen Vorschreibung einer kautionsartigen Bankgarantie auf Vertragslaufzeit plus Gewährleistungsfrist und der sonst für Bauleistungen üblichen Sicherstellung bei Teilrechnungslegung (Deckungsrücklass) und für die Gewährleistungsfrist (Haftungsrücklass) eine sachlich nicht gerechtfertigte, kumulativ vorgesehene Belastung der Bieter erblickt.
Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, die ausbedungene Bankgarantie beziehe sich nur auf 3 % von einem Drittel der zivilrechtlichen Angebotssumme und auch Deckungs- und Haftrücklass bedeckten nur Teile der jeweiligen Rechnungssumme, sodass es tatsächlich nie zu einer Mehrfachbesicherung des selben Rechnungsbetrages komme.
§ 63 BVergG 2002 (Überschrift: "Arten und Mittel zur Sicherstellung") gibt in seinem Abs. 1 taxativ die zulässigen Arten der Sicherstellung vor (Vadium, Kaution, Deckungsrücklass, Haftungsrücklass). Nach Abs. 2 dieser Bestimmung liegt allerdings die Wahl des Mittels zur Sicherstellung beim Verpflichteten (Bargeld oder Bareinlagen; Bankgarantien; Rücklassversicherungen).
Die Beschwerdeführerin hat mit der vorgeschriebenen Bankgarantie das Mittel zur Sicherstellung zwingend vorgegeben und damit gegen § 63 Abs. 2 BVergG 2002 verstoßen (siehe dazu Pachner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz, § 63 Rz 20).
Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis mit ihrer Ansicht im Recht, dass die verfahrensgegenständliche Ausschreibung in ihren Bestimmungen betreffend die Bankgarantie rechtswidrig gewesen ist. Der angefochtene Bescheid ist schon aus diesem Grund nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb sich ein Eingehen auf die weiteren von der belangten Behörde als vergaberechtswidrig erkannten Ausschreibungsbestimmungen und das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am