VwGH vom 08.07.2009, 2007/21/0451
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des E in T, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 222/07, betreffend Feststellung gemäß § 51 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) gemäß § 51 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG fest, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender (bisher) serbischer Staatsbürger, in der Republik Serbien, Provinz Kosovo, gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 FPG bedroht sei.
Begründend führte die belangte Behörde aus, mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vorn sei der (am , dem Tag seiner Einreise in das Bundesgebiet, gestellte) Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden. Zugleich sei gemäß § 8 Asylgesetz 1997 festgestellt worden, dass seine Ab- bzw. Zurückschiebung in den Herkunftsstaat (Republik Serbien, Provinz Kosovo) zulässig sei. Mit Beschluss vom habe der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen (zur Zl. 2006/01 /0467 protokollierten) Beschwerde abgelehnt.
Mit Antrag vom und in einer weiteren Eingabe vom habe der Beschwerdeführer eine feststellende Entscheidung iSd §§ 50 und 51 FPG begehrt. An - gegenüber der Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates - neuen Gründen habe er eine verschlimmerte Situation am Arbeitsmarkt und die besonders drückende Notlage der Angehörigen seiner der albanischen Volksgruppe zugehörenden Familie geltend gemacht. Diese seien aus einer Eigentumswohnung im serbisch dominierten Nordteil von Mitrovica, die von einer serbischen Familie illegal in Besitz genommen worden sei, vertrieben worden und müssten nun im Südteil von Mitrovica in einer Mietwohnung leben, wofür monatlich EUR 350,-
- zu bezahlen seien. Sein herzkranker Vater beziehe monatlich eine Pension von EUR 35,--. Ansonsten handle es sich bei seinen Angehörigen um Kinder oder arbeitslose Personen, deren Einkünfte aus Gelegenheitsarbeiten nicht zur Deckung der Bedürfnisse des täglichen Lebens ausreichten. Er gehöre demnach einer besonders armen Familie an, die zum Überleben auf seine Unterstützungen aus seiner Erwerbstätigkeit in Osterreich angewiesen sei.
Dazu verwies die belangte Behörde auf die eingangs erwähnte Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates vom , der auf zahlreiche (inhaltlich näher dargestellte) Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers hingewiesen habe. Auch im vorliegenden Verfahren habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft einen früheren Wohnsitz im Nordteil von Mitrovica darlegen können. In dieses Bild der Widersprüche passe auch, dass der Beschwerdeführer einerseits behaupte, im Nordteil von Mitrovica eine Eigentumswohnung zu haben, während er andererseits ausführe, einer "besonders armen" Familie anzugehören.
Fest stehe. dass seine Familie im Südteil von Mitrovica lebe, der zu nahezu 100 % albanisch dominiert sei. Es habe in Mitrovica seit März 2005 keine größeren Zusammenstöße der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gegeben. Wenn auch das ökonomische Umfeld nach wie vor nicht zufrieden stellend sei, sei dennoch die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet, sodass diese nicht mehr auf eine Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen sei. Bedürftige Personen erhielten, wenn auch auf niedrigem Niveau, Unterstützung in Form von Sozialhilfe. Im Jahr 2006 hätten rund 175.000 Personen Sozialhilfe erhalten, deren Erlangung im Verwaltungsweg durchsetzbar sei. Der Wiederaufbau von zerstörten Häusern schreite zügig voran, sodass sich die Wohnungssituation laufend verbessere. Weiters bestünden ein ausreichender Sicherheitsstandard und eine ausreichende Gesundheitsversorgung, Menschenrechte würden im Kosovo im Allgemeinen beachtet.
"HPD - House and Property Directorate" urteile über Eigentumsverhältnisse und habe das in den letzten sieben Jahren bei zahlreichen Ansprüchen bereits durchgeführt. Die Organisation stehe unter UNMIK-Verwaltung und sei international besetzt. Bei entsprechender Beweislage sei "eine Durchsetzung von Besitzansprüchen jederzeit möglich".
Dem Beschwerdeführer sei somit zu erwidern, dass seine allgemein gehaltenen Ausführungen betreffend die Lage im Kosovo nicht ausreichten, um eine Gefährdung iSd §§ 50 und 51 FPG iVm Art. 3 EMRK hinreichend darzutun. Keinesfalls könne davon gesprochen werden, dass sich die Lage im Kosovo (seit der erwähnten Entscheidung vom ) verschlechtert habe. Der Feststellungsantrag sei demnach abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung iSd § 50 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FPG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mit konkreten, die Person des Fremden betreffenden, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG im Verfahren gemäß § 51 FPG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0366, mwN).
Den Fremdenpolizeibehörden steht, sofern nicht ein neues Verfahren auf Gewährung internationalen Schutzes bereits eingeleitet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/21/0313), die Kompetenz zur Abänderung eines "negativen" Ausspruches der Asylbehörde nach § 8 Asylgesetz 1997 zu, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt - behauptetermaßen - wesentlich geändert hat, sodass die Entscheidung hinsichtlich des im Bescheid genannten Staates anders zu lauten hat. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, an den die für eine neuerliche Entscheidung positive Prognose anknüpfen kann. Hingegen wäre beim Fehlen einer solchen Sachverhaltsänderung ein bei der Fremdenpolizeibehörde eingebrachter Antrag auf Feststellung nach § 51 Abs. 1 zweiter Satz FPG wegen entschiedener Sache (als unzulässig) zurückzuweisen, wenn insoweit bereits die Entscheidung der Asylbehörde über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht (vgl. etwa das - einen aus dem Kosovo stammenden Beschwerdeführer betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0494, mwN).
Vor diesem Hintergrund kann somit das Beschwerdevorbringen, der Bescheid im vorangegangenen Asylverfahren oder das ihm zu Grunde liegende Verfahren sei mangelhaft gewesen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom . Zl. 2006/18/0443).
Auch soweit der Beschwerdeführer sein bereits im Asylverfahren erstattetes Vorbringen betreffend das erwähnte Wohnungseigentumsobjekt in Mitrovica wiederholt, ohne eine wesentliche Sachverhaltsänderung im dargestellten Sinn substanziiert darzulegen, kann es somit nicht erfolgreich sein.
Inhaltlich zu prüfen sind demgegenüber behauptete wesentliche Änderungen des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/01/0256, mwN).
Der Beschwerdeführer hat dabei (zusammengefasst) auf ein gestiegenes Preisniveau und eine massive Verschlechterung der Situation am Arbeitsmarkt verwiesen, die ihn im Hinblick auf seine konkret beschriebenen familiären Verhältnisse in eine existenzbedrohende Situation brächten. Auch soweit er in diesem Zusammenhang eine seine Einzelsituation betreffende maßgebliche Sachverhaltsänderung konkret darlegt, übersieht er jedoch die - in der vorliegenden Beschwerde nicht substanziiert bekämpfte - Feststellung der belangten Behörde zum Bestehen effektiv durchsetzbarer Sozialhilfe für den Fall der nicht ausreichenden Erzielung von Einkünften durch ihn und seine (im Fall einer Abschiebung allenfalls mit ihm zusammen wohnenden) Angehörigen. Es liegt daher jedenfalls keine außergewöhnliche und konkrete Bedrohungssituation des Beschwerdeführers vor, welche die belangte Behörde zu einer abweichenden Entscheidung hätte veranlassen müssen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0343, mwN).
Im Übrigen ist der Beschwerdeführer auf das von der belangten Behörde festgestellte Bestehen einer Gewährleistung der Grundversorgung der Bevölkerung im Kosovo zu verweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0366, mwN).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-72343