VwGH vom 23.07.2013, 2010/05/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des Dr. P I und 2. des Dr. F N, beide in Wien, beide vertreten durch Nistelberger Parz Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-16/09, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Mag. T W-C in Wien, vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 24; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der undatierten, am beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung (kurz: MA, Mehrzahl: MAen) 37/12,13 eingelangten Eingabe suchten die Beschwerdeführer um die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) für die Neuerrichtung eines Einfamilienhauses auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien an.
Zu der im Einreichplan vorgesehenen Abweichung von den Bebauungsbestimmungen führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, es sei für den schonungsvollen Umgang mit dem Baumbestand geplant, den Baukörper nach Norden abzurücken und sohin die hintere Baufluchtlinie geringfügig zu überschreiten. (In den vorgelegten Plänen sind Baulinien eingezeichnet (strittig im Verwaltungsverfahren war, ob richtig); das Ausmaß der Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie ist in den Plänen nicht eigens kotiert, wurde aber im Verwaltungsverfahren mit 2,10 m angenommen, was auch aus den Plänen ableitbar ist).
In ihrer Stellungnahme vom teilte die MA 21B, Stadtteilplanung und Flächennutzung Süd - Nordost, hiezu mit, dass das vorgelegte Projekt vom den Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes entspreche.
Die MA 19, Architektur und Stadtgestaltung, führte zum Bauvorhaben in einer Schutzzone am aus, dass im Sinne des § 85 BO kein Einwand bestehe. Mit Schreiben vom ergänzte die MA 19 ihre Stellungnahme dahingehend, dass der Abweichung von den Fluchtlinien und der geringfügigen Abweichung von den Bebauungsbestimmungen laut Einreichplan gemäß § 69 Abs. 1 lit. a, f und m BO zugestimmt werde, weil das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht entgegenstehe. Bemerkt werde, dass durch den starken Baumbewuchs die geringfügigen Abweichungen aus dem öffentlichen Raum kaum einsehbar seien.
Im Zuge der von der erstinstanzlichen Behörde am durchgeführten mündlichen Verhandlung verwies die mitbeteiligte Partei als Eigentümerin des unmittelbar seitlich an die verfahrensgegenständliche Liegenschaft angrenzenden Grundstücks auf die von ihr mit Schriftsatz vom erhobenen Einwendungen, die sich unter anderem gegen die Bewilligung der Abweichung von den festgesetzten Fluchtlinien und von der im Gesetz festgelegten baulichen Ausnützbarkeit richteten. Die bis zu über zwei Meter außerhalb der Baufluchtlinie beabsichtigte raumbildende Bebauung der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche nehme knapp dreißig Quadratmeter in Anspruch, eine derartige Abweichung von den Bebauungsvorschriften könne daher keinesfalls als geringfügig bezeichnet werden. Weiters betrage die Fläche des beantragten Wohnhauses gemäß Antragsbeilage 232,30 m2, der beantragten Garage 48,60 m2. Zusammen gerechnet ergebe sich eine Fläche von 280,90 m2, womit die gemäß Bebauungsplan festgelegte und in der Antragsbeilage ausgewiesene Ausnützbarkeit von 240,00 m2 überschritten werde.
Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den
12. Bezirk vom wurden unter Berufung auf § 69 Abs. 1 lit. a und f der BO für das bei der MA 37 anhängige Bauansuchen, nach Maßgabe der diesem Baubewilligungsverfahren zu Grunde liegenden Pläne, nachstehende Abweichungen von Bebauungsvorschriften als zulässig erklärt:
"Das Einfamilienhaus darf die hintere Baufluchtlinie um 2,10 m überragen und teilweise auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche zu liegen kommen."
Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, den Beschwerdeführern unter Bezugnahme auf den vorgenannten Bescheid der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk gemäß § 70 iVm § 69 Abs. 6 BO die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses in Massivbauweise, bestehend aus einem Kellergeschoß, zwei Hauptgeschoßen und einem Dachgeschoß (und versagte die angestrebte Bewilligung für die Garage).
In der gegen diese beiden Bescheide erhobenen Berufung brachte die mitbeteiligte Partei nach auszugsweiser Wiedergabe der Eingabe vom hinsichtlich der Einwendungen betreffend die Abweichungen von den festgesetzten Fluchtlinien sowie die Abweichung von der im Gesetz festgelegten baulichen Ausnützbarkeit im Wesentlichen vor, dass die antragsgegenständlichen Pläne die Erforderlichkeit eines Abrückens von der (straßenseitigen) Baufluchtlinie zur Erhaltung des Baumbestandes nicht erkennen ließen. Selbst wenn eine solche Abrückung erforderlich wäre, rechtfertige dies jedoch keine Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie um das 2,1-fache Ausmaß dieser Abrückung. Zudem seien dem Bescheid des Bauausschusses die rechtlichen Erwägungen, wonach jene Gründe überwögen, die für die Bewilligung der Abweichungen sprächen, nicht zu entnehmen. Des Weiteren befinde sich das beantragte Wohnhaus in einer Schutzzone und es sei daher gemäß § 69 Abs. 1 lit. n BO nur dann (positiv) über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu entscheiden, wenn das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiege. Ein derartiges Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie sei alleine schon deshalb nicht gegeben, weil die Baufluchtlinien gegenüber den Baufluchtlinien der Nachbarliegenschaften ohnehin bereits weit zurückversetzt seien.
Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG statt, behob den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den
12. Bezirk und änderte den Baubewilligungsbescheid der erstinstanzlichen Behörde im antragsabweisenden Sinn ab.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der anzuwendenden Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass eine amtssachverständige Überprüfung die fehlerhafte Eintragung der Baufluchtlinien in den Einreichplänen ergeben habe, der von den Beschwerdeführern nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten worden sei. Das geplante Gebäude überschreite die hintere Baufluchtlinie statt um 2,10 m um ca. 3,50 m auf einer Länge von 10,00 m sowie um ca. 2,80 m auf einer Länge von 4,10 m, sodass für diese tatsächliche Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie im erstinstanzlichen Verfahren keine ausreichende Ausnahmebewilligung gewährt worden sei, weshalb die Baubewilligung auch nicht auf den angefochtenen Bescheid des Bauausschusses gestützt werden könne und der Bescheid des Bauausschusses zu beheben gewesen sei.
Da das gegenständliche Bauprojekt sohin den Bestimmungen des anzuwendenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes widerspreche, wäre für eine Bewilligung dieses Bauvorhabens die Bewilligung einer unwesentlichen Abweichung von den Bebauungsvorschriften für die tatsächliche Überschreitung der Baufluchtlinie von bis zu 3,50 m gemäß § 69 Abs. 1 lit. a oder b sowie lit. f bzw. lit. n BO erforderlich. Nach Wiedergabe der Bestimmung des § 69 BO und der maßgeblichen Judikatur hielt die belangte Behörde im Hinblick auf § 69 Abs. 1 lit. a BO fest, dass der geplante Neubau die hintere Baufluchtlinie je neu zu errichtendem Geschoß mit einer Fläche von ca. 46, 48 m2 (3,50 m × 10,00 m + 2,80 m × 4,10 m) überschreite. Schon auf Grund des "enormen Ausmaßes" der Überschreitung der Baufluchtlinie um 3,50 m, die sohin eine massive Erweiterung der festgelegten baulichen Ausnützbarkeit des Bauplatzes und der möglichen Kubatur bewirke, sei davon auszugehen, dass durch diese der Umfang einer unwesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes überschritten werde, zumal einer solchen Abweichung und den damit verbundenen Auswirkungen nur eine den geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz beigemessen werden könne.
Zu § 69 Abs. 1 lit. b BO führte die belangte Behörde aus, dass es sich im vorliegenden Fall um keine reine Verschiebung des Baukörpers zur Erhaltung eines Baumes handle, sondern das Gebäude die hintere Baufluchtlinie wesentlich mehr überragen solle (ca. 3,50 m) als das Bauwerk von der vorderen Baufluchtlinie zurückbleibe (ca. 1,50 m). Da der Abstand zwischen der vorderen und der hinteren Baufluchtlinie ca. 15,00 m betrage, stelle die Überschreitung der hinteren Fluchtlinie daher in Relation zur Tiefe des bebaubaren Bereiches eine solche um ca. 23,33 % dar. Nach Ansicht der belangten Behörde könne eine auf § 69 Abs. 1 lit. b BO gestützte unwesentliche Abweichung aber nur dann vorliegen, wenn ein ausgewogenes Verhältnis bestehe und das Ausmaß des Zurückrückens dem Ausmaß der Überschreitung entspreche, sodass eine reine Verschiebung des Baukörpers zur Erhaltung des Baumbestandes gegeben sei. Diese Bestimmung bezwecke nämlich keine Vergrößerung der bebaubaren Fläche, sondern eine rein am Baumbestand orientierte, maßvolle Änderung ihrer Gestalt. Abgesehen davon fände laut Einreichplan aber auch eine Überschreitung des höchstzulässigen Ausmaßes der flächenmäßigen Ausnützbarkeit des Bauplatzes von 223,98 m2 durch die oberirdisch verbaute Fläche von 232,30 m2 statt, weshalb schon deshalb die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 lit. b BO nicht gegeben seien und eine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung nicht in Betracht komme. Die höchstzulässig bebaubare Fläche ergebe sich dabei aus den Gutachten der MA 64 vom und sowie aus den Berechnungen der MA 37 vom , die unter Berücksichtigung des nach § 79 Abs. 3 BO erforderlichen Seitenabstands und der Abstandsflächen erstellt worden seien. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer könnten die Ausnahmebestimmungen des § 69 Abs. 1 lit. a und lit. b BO auch nicht insofern kumuliert werden, als die Baufluchtlinie "scheibchenweise" hinausgeschoben werde und im Endergebnis um insgesamt 3,50 m abgewichen werde. In diesem Sinne lägen auch keine zwei Ausnahmegenehmigungen vor, die nebeneinander in Geltung stünden.
Hinsichtlich der Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. n BO führte die belangte Behörde aus, weder der Aktenlage noch der gutachtlichen Stellungnahme der MA 19 könne entnommen werden, dass das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiege. Darüber hinaus überschreite das vorliegende Bauvorhaben, wie dargelegt, die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes und komme schon aus diesem Grunde eine Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. n BO nicht in Frage. Zusammenfassend widerspreche das vorliegende Ansuchen um Baubewilligung den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes derart, dass der Umfang einer unwesentlichen Abänderung überschritten werde, sodass das Ansuchen gemäß § 69 Abs. 6 BO abzuweisen gewesen sei.
Betreffend die positiven Stellungnahmen der MAen 21B und 19 wies die belangte Behörde schließlich darauf hin, dass damals offenbar das wahre Ausmaß der Überschreitung von 3,50 m nicht bekannt gewesen sei und diese lediglich sachverständige Äußerungen darstellten, welche eine behördliche Bewilligung nicht zu ersetzen vermögen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt, dass
"gemäß § 69 Abs. 1 lit. a und b BO nachstehende Abweichung von der Bebauungsvorschriften für zulässig erklärt wird: Das Einfamilienhaus darf die im Plandokument Nr. 7072 ausgewiesene hintere Baufluchtlinie um 3,50 m überragen und teilweise auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche zu liegen kommen",
sowie, dass (aufgrund ersterer Bewilligung) das Vorhaben (ohne das Garagengebäude) bewilligt werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Nachbarin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der §§ 134 und 134a BO lauten (auszugsweise) wie folgt:
"§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.
...
(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG).…
§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:
…
c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
…"
Gemäß § 69 Abs. 1 BO idF vor der Novelle LGBl. Nr. 25/2009 (siehe deren Art. III Abs. 2) hat die Behörde für einzelne Bauvorhaben nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit von Abweichungen von den festgesetzten Fluchtlinien oder Höhenlagen (lit. a), von gänzlichem oder teilweisem Abweichen von den Baufluchtlinien zum Zwecke der Erhaltung schützenswerten Baumbestandes in allen Bauweisen zu entscheiden, sofern die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten wird (lit. b) und in Schutzzonen über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes, insbesondere auch von der festgesetzten Baulinie, wenn das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt und die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten wird (lit. n).
Nach Abs. 2 leg. cit. darf durch Abweichungen nach Abs. 1 die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im Übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Bauwerks gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung oder der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Bauwerks dienlich ist.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften nur auf Antrag zulässig; das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften.
Nach Abs. 6 leg. cit. ist ein Ansuchen um Baubewilligung abzuweisen, wenn es den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplanes derart widerspricht, dass der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes beziehungsweise des Bebauungsplanes überschritten wird.
Gemäß Abs. 8 derselben Bestimmung ist gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von den Bebauungsvorschriften entschieden wird, eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Die Berufung kann nur mit der Berufung gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über die Abweichungen von Bebauungsvorschriften stützt.
Nach § 76 Abs. 1 lit. a BO kann in den Bebauungsplänen die offene Bauweise ausgewiesen werden.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung müssen in der offenen Bauweise die Gebäude freistehend in den im § 79 Abs. 3 BO festgesetzten Mindestabständen von den Bauplatzgrenzen errichtet werden.
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die belangte Behörde die "Sache des Berufungsverfahrens" überschritten habe, sofern sie im angefochtenen Bescheid die Einhaltung von Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen und die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen prüfe. Die mitbeteiligte Partei habe nämlich in der Berufung als Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte nur mehr die Verletzung der Bestimmungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Fluchtlinien geltend gemacht, indem sie die Genehmigung der Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie bekämpft habe. Eine Verletzung der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen sei von der mitbeteiligten Partei zwar in erster Instanz eingewendet, in der Berufung aber nicht mehr releviert worden. Zudem habe die mitbeteiligte Partei die Einwendung, dass das Bauvorhaben an der ihrem Grundstück zugewandten Seite die Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen verletze, in erster Instanz nicht erhoben und es diene die Einhaltung des Abstandes zur gegenüberliegenden Liegenschaft nicht dem Schutz der mitbeteiligten Partei.
Die mitbeteiligte Partei ist unstrittig Nachbarin iSd § 134 BO. Sofern eine Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 BO bewilligt wurde, kann der Nachbar in dieser Hinsicht in einem ihm allenfalls zustehenden subjektiven Recht aber nicht mehr verletzt sein. Es liegt allerdings dann eine Verletzung der Nachbarrechte vor, wenn die Ausnahme gemäß § 69 BO gewährt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Voraussetzung dafür ist, dass der Nachbar im Bauverfahren jenes subjektivöffentliche Nachbarrecht, das ihm vor der Gewährung einer Abweichung gemäß § 69 BO zugestanden ist, rechtzeitig und wirksam im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/05/0162, und vom , Zl. 2001/05/1123).
Ein Mitspracherecht als Nachbar wird der mitbeteiligten Partei im Hinblick auf § 69 BO demnach nur insoweit zuteil, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Im § 134a BO sind die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte taxativ aufgezählt. Der Einleitungssatz des § 134a Abs. 1 BO "sofern sie ihrem (gemeint: der Nachbarn) Schutze dienen" schränkt die Durchsetzbarkeit der taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte insofern ein, als trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift auf die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht zu erkennen ist, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens in das vom Nachbarn geltend gemachte subjektivöffentliche Recht nicht eingegriffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0218).
Zur Frage, ob die Festsetzung der hinteren Baufluchtlinie im Bebauungsplan überhaupt eine Bestimmung ist, die auch dem Schutz des seitlichen Nachbarn dient, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0183, ausgesprochen, dass auch dem seitlichen Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der hinteren Baufluchtlinie zustehen muss, weil die Überschreitung dieser Baufluchtlinie u.a. seine Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse beeinträchtigen kann.
In der mündlichen Verhandlung vom hat die mitbeteiligte Partei als Eigentümerin des unmittelbar seitlich an die verfahrensgegenständliche Liegenschaft angrenzenden Grundstücks unter Verweis auf die Eingabe vom Einwendungen gegen die Bewilligung der Abweichung von der hinteren Baufluchtlinie erhoben und somit als Nachbarin im Bauverfahren jenes subjektiv-öffentliche Nachbarrecht rechtzeitig und wirksam im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, auf das sich Gewährung der Abweichung gemäß § 69 BO bezieht.
Wie sich aus der Formulierung des Beschwerdepunktes ergibt, ist nun im Beschwerdeverfahren unstrittig, dass das Vorhaben die hintere Baufluchtlinie um 3,50 m überragen soll und diesbezüglich keine entsprechende Ausnahmebewilligung des Bauausschusses vorliegt (sondern nur für eine Überschreitung um 2,10 m).
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung vorliegen.
Da gemäß § 69 Abs. 8 BO die Ausnahmebewilligung vor Erteilung der Baubewilligung vorliegen muss, wäre dann, wenn eine Bewilligung für eine Überschreitung um 3,50 m in Betracht käme, der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu beheben gewesen, um im weiteren Verfahren zunächst den Bauausschuss zu befassen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0231). Hat aber die Bauoberbehörde davon auszugehen, dass die für eine aufrechte Erledigung des Bauansuchens erforderliche Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO mangels Vorliegens einer der dort genannten Voraussetzungen nicht erteilt werden darf (daher das Bauansuchen abzuweisen ist), muss nicht erst die Entscheidung des Bauausschusses abgewartet werden (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0030).
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Annahme der belangten Behörde, durch das geplante Bauvorhaben werde der Umfang einer unwesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes überschritten. Sie führen dazu aus, dass die belangte Behörde eine tragfähige Begründung für diese Ansicht schuldig bleibe und sich damit begnüge, die Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie mit Begriffen wie "exorbitant" und "massiv" anzuprangern, ohne sich sachlich mit den Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes und den realen Auswirkungen der projektierten Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie beim konkreten Projekt auseinanderzusetzen. Abgesehen davon könne es für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Abweichungen nicht allein auf die von der belangten Behörde dargestellten Relationen ankommen. Entscheidend müssten die Gesamtsituation im konkreten Einzelfall, die Konfiguration des Bauplatzes und seine Ausnützbarkeit und das Verhältnis der Überschreitung zur Gesamtlänge des Bauplatzes sein.
Nach § 69 Abs. 2 (wie auch nach Abs. 6) BO ist jede Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß Abs. 1 dieses Paragraphen für sich daraufhin zu prüfen, ob es sich um eine unwesentliche Abweichung handelt (vgl. das genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0218). Eine wesentliche Abweichung ist dann gegeben, wenn der Abweichung eine den Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan unterlaufende Tendenz innewohnt. Entscheidend ist dabei, ob und in welchem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erfolgen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/05/0147, vom , Zl. 2008/05/0096, und vom , Zl. 2009/05/0035).
Die Argumentation der belangten Behörde ist zutreffend. Im vorliegenden Fall beträgt die Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie - von den Beschwerdeführern unbestritten - 3,50 m auf einer Länge von 10,00 m sowie ca. 2,80 m auf einer Länge von 4,10 m. Hinzu tritt, dass die Abweichung der Baufluchtlinie nicht nur einen Teil der Front in Anspruch nimmt, sondern die gesamte projektierte hintere Frontlänge von 14,10 m betrifft, wobei sich die maximal vorgesehene Überschreitung der Baufluchtlinie von 3,50 m über mehr als zwei Drittel der hinteren Gebäudefront erstreckt. Damit kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass keine bloß unwesentliche Abweichung von den Bauvorschriften gegeben ist. Es ist daher nicht näher darauf einzugehen, ob Kriterien einzelner Punkte des § 69 Abs. 1 BO erfüllt sein könnten.
Schließlich geht auch das Vorbringen der Beschwerdeführer ins Leere, die belangte Behörde hätte sich ohne entsprechende Sachverhaltsgrundlage über die positiven Stellungnahmen der MA 21B vom und der MA 19 vom hinweggesetzt. Die MAen 19 und 21B haben in ihren Gutachten jeweils ausdrücklich Bezug auf "das vorgelegte Projekt" beziehungsweise das "vorliegende Bauvorhaben" genommen und es kann daher davon ausgegangen werden, dass diese gutachterlichen Betrachtungen auf die Planunterlagen gestützt wurden, in welchen die Überschreitung der Baufluchtlinie noch mit lediglich 2,10 m eingezeichnet ist. Folglich ist, entgegen dem Einwand der Beschwerdeführer, keinesfalls "völlig ungeklärt, ob die Magistratsabteilungen über die Bebauungsvorschriften geirrt" haben und es ist der belangte Behörde sohin kein Vorwurf zu machen, wenn sie im angefochtenen Bescheid ohne die Vornahme ergänzender Ermittlungen angenommen hat, dass "damals offenbar das wahre Ausmaß der Überschreitung nicht bekannt" gewesen und von einer "bloßen Überschreitung um 2,10 m statt tatsächlich 3,50 m ausgegangen" worden sei.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht. In seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom , Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0160, mwN).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier - schon durch die Präzisierung im Beschwerdepunkt - geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechtsfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0288, mwN). Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen und die Entscheidung im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am