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VwGH vom 25.06.2008, 2005/04/0182

VwGH vom 25.06.2008, 2005/04/0182

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der Ö Gesellschaft mbH in K, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 43.19-28/2004-24, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom wurde der Beschwerdeführerin die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel- und Betonaufbruch (beinhaltend auch den zeitweisen Betrieb einer mobilen Behandlungsanlage zum Brechen des gelagerten Materials) an einem näher bezeichneten Standort in Graz-Messendorf gemäß den §§ 74, 77 und 359 GewO 1994 unter Auflagen erteilt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der Mitbeteiligten Folge, behob den Erstbescheid und wies das Genehmigungsansuchen der Beschwerdeführerin ab.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verfahrensgeschehen, vor allem die eingeholten ablufttechnischen Gutachten sowie die Ausführungen des immissionstechnischen, des medizinischen, des schall- und erschütterungstechnischen Sachverständigen wieder. Nach Darstellung der maßgebenden Rechtsvorschriften gelangte die belangte Behörde aufgrund der Gutachten zu dem Ergebnis, dass durch die im Zuge des Verfahrens beantragten Projektsänderungen (die gegenüber dem ursprünglich eingereichten Projekt keine weiteren Emissionen mit sich brächten) zwar die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Schutzinteressen gewahrt würden, dass das gegenständliche Projekt jedoch die Genehmigungsvoraussetzung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 nicht erfülle. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass nach der letztgenannten Bestimmung die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) anzuwenden und die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte, die in den Anlagen 1 und 2 zum IG-L oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 IG-L festgelegt seien, anzustreben seien. Die gesetzliche Anordnung des § 77 Abs. 3 GewO 1994, "die Einhaltung der ... Immissionsgrenzwerte ist anzustreben" müsse nach Ansicht der belangten Behörde bei richtlinienkonformer Interpretation dahin verstanden werden, dass die Grenzwerte "einzuhalten" seien:

So sei einerseits in Art. 7 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie 96/62/EG des Rates vom über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität angeordnet, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen. Art. 8 dieser Richtlinie ("Maßnahmen für Gebiete, in denen die Werte die Grenzwerte überschreiten") ordne in seinem Abs. 3 an, dass die Mitgliedstaaten für Gebiete und Ballungsräume, in denen die Werte eines oder mehrerer Schadstoffe die Summe von Grenzwert- und Toleranzmargen überschreiten, "zu gewährleisten" haben, dass der Grenzwert binnen der festgelegten Frist "erreicht" werden könne. Art. 5 Abs. 1 der Tochterrichtlinie 1999/30/EG des Rates vom über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft verpflichte die Mitgliedstaaten "sicherzustellen", dass durch die PM10-Konzentration in der Luft näher genannte Grenzwerte ab den dort genannten Zeitpunkten "nicht überschritten" würden. Art. 2 Z. 5 der letztgenannten Richtlinie definiere den "Grenzwert" u.a. dadurch, dass dieser Wert innerhalb eines bestimmten Zeitraumes "erreicht werden muss und danach nicht mehr überschritten werden darf".

Die gegenständlich beantragte Betriebsanlage liege im "Sanierungsgebiet Großraum Graz", für das der Landeshauptmann der Steiermark wegen der dortigen Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte mit Verordnung vom , LGBl. 2/2004 in der Fassung LGBl. 50/2004, gemäß den §§ 10, 11 und 14 IG-L einen Maßnahmenkatalog für Verkehr erlassen habe. Ein Maßnahmenkatalog für Anlagen (§ 13 IG-L) sei vom Landeshauptmann nicht verordnet worden. Aufgrund der erlassenen Verordnung sei davon auszugehen, dass im gesamten Stadtgebiet der Stadt Graz eine Überschreitung des für den Luftschadstoff "PM10" (gemäß § 2 Abs. 5a IG-L handelt es sich dabei um die Luftbelastung mit Partikel einer bestimmten Größe; vereinfacht: Feinstaub) gesetzlich festgelegten Immissionsgrenzwertes vorliege. Der Immissionsgrenzwert für PM10 betrage 50 (g/m3 (Tagesmittelwert gemäß Anlage 1 des IG-L) und sei, so die belangte Behörde unter Hinweis auf eine im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Tabelle, in den Jahren 2003 und 2004 in gesamten Stadtgebiet Graz an mehr Tagen überschritten worden als dies nach der Anlage 1 des IG-L zulässig sei.

Durch den Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage ergäbe sich nach den Sachverständigengutachten eine "Zusatzbelastung mit Feinstaub PM10 als Tagesmittelwert mit 0,8 (g/m3". Im Falle der Genehmigung der Betriebsanlage erfolge somit aufgrund der damit verbundenen Zusatzbelastung an Feinstaub eine Erhöhung des, wie erwähnt an manchen Tage ohnedies schon überschrittenen, Immissionsgrenzwertes. Diese zusätzliche Belastung entspreche schon begrifflich nicht dem in § 77 Abs. 3 GewO 1994 geforderten "Anstreben" des Einhaltens des Grenzwertes, geschweige denn der "Sicherstellung der Einhaltung des Grenzwertes", wie sie die letztgenannte Bestimmung bei richtlinienkonformer Interpretation verlange. Die Genehmigung der gegenständlichen Betriebsanlage wäre daher nur dann möglich, wenn das beantragte Projekt "Null emissionsrelevant" wäre oder wenn ein "innerbetrieblicher Emissionsausgleich" stattfände, was im vorliegenden Fall aber nicht denkbar sei, weil es hier um das Projekt einer gänzlich neuen Betriebsanlage gehe. Da § 77 Abs. 3 GewO 1994 nach dem Gesagten bei der Genehmigung einer Betriebsanlage die "Einhaltung" des Immissionsgrenzwertes voraussetze (im angefochtenen Bescheid wird auch auf Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 2. Auflage, Rz 43 zu § 77 verwiesen), ein Einhalten des Immissionsgrenzwertes für Feinstaub gegenständlich aber nicht möglich sei, erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der vom Sachverständigen aufgeworfenen Frage, ab wann die von einer Betriebsanlage ausgehende Zusatzbelastung als vernachlässigbar angesehen werden könne. Daher müsse auch auf das Thema "Irrelevanzklausel", also auf aus fachlicher Sicht irrelevante Zusatzbelastungen, und die hiezu vorgelegten Unterlagen des Umweltbundesamtes nicht näher eingegangen werden, weil es sich bei der Auslegung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 um eine Rechtsfrage handle. Das gegenständliche Ansuchen sei daher schon "wegen Nichteinhaltung der Immissionsgrenzwerte nach IG-L abzuweisen" gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt in ihrer Beschwerde zusammengefasst die Ansicht, dass auch in schadstoffvorbelasteten Gebieten solche Betriebsanlagen genehmigungsfähig seien, deren Immissionsbeiträge nicht messbar und daher irrelevant seien. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde, dass die Genehmigung einer Anlage in einem vorbelasteten Gebiet nur dann zulässig sei, wenn diese gar keine Luftschadstoffe emittiere, entspreche weder dem Gesetz noch sei sie mit verfassungsrechtlichen Prinzipien vereinbar. Diese Ansicht würde nämlich dazu führen, dass anlagenverursachte Immissionsbeiträge, obwohl sie bei den Nachbarn weder zu einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit noch zu einer Belästigung führen, die Abweisung des Genehmigungsantrages bewirkten. Die Auffassung der belangten Behörde bedeute die Gleichsetzung von irrelevanten Immissionsbeiträgen mit jenen, die einen erheblichen Immissionszuwachs verursachten, da es, würde man dieser Auffassung folgen, auf die Art und das Ausmaß der Zusatzbelastung in einem bereits vorbelasteten Gebiet nicht ankäme. Um dieses auch verfassungsrechtlich untragbare Ergebnis zu vermeiden, würden in der Praxis Betriebsanlagen auch in solchen Gebieten, in denen Grenzwerte bereits überschritten sind, genehmigt, wenn die aus den Anlagen resultierenden Zusatzbelastungen im Hinblick auf die Vorbelastung und die Immissionsgrenzwerte sehr gering seien.

Die Abgrenzung zwischen schutzgutrelevanten und schutzgutirrelevanten Immissionsbeiträgen erfolge in der Praxis nach dem Kriterium ihrer Messbarkeit. Nach dem Stand der Technik nicht nachweisbare, weil im Bereich der Messungenauigkeit angesiedelte Immissionsbeiträge würden sich von der Grundbelastung nicht mehr abheben. Das Umweltbundesamt habe außerdem für die Abgrenzung zwischen relevanten und irrelevanten anlagenbedingten Zusatzbelastungen ein sog. Schwellenwertkonzept entwickelt, wonach auch messbare Zusatzbelastungen, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz des Grenzwertes nicht überschreiten (sog. Irrelevanzkriterium), unerheblich seien. Dieses Konzept habe in der Literatur Anerkennung gefunden.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin könne daher nicht jede denkbare Zusatzbelastung an Luftschadstoffen in schadstoffvorbelasteten Gebieten zur Abweisung des Genehmigungsansuchens führen, da dies - wie im gegenständlichen Fall - auch solche Zusatzbelastungen betreffen würde, die messtechnisch nicht mehr erfassbar seien, die Grundbelastung also nicht nachweisbar verschlechterten. Die rechtliche Zulässigkeit von irrelevanten Zusatzbelastungen könne bereits dem Wort "anzustreben" in § 77 Abs. 3 GewO 1994 entnommen werden. Nach der Verbalinterpretation sei das Wort "anstreben" nicht mit dem Wort "einhalten" gleichzusetzen. Dem stünden auch die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften - die den Begriff "einhalten" verwenden - nicht entgegen, da diese keine Genehmigungskriterien statuierten, sondern nur den Mitgliedstaat zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten verpflichteten. Diese Vorgabe könne der Gesetzgeber aber auch auf andere Weise als in anlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren erreichen. Eine absolute oder direkt wirksame Verpflichtung, keine weiteren Emittenten zuzulassen, sei, so die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Rechtsmeinungen zusammengefasst, dem Gemeinschaftsrecht jedenfalls nicht zu entnehmen. Der für den Fall von Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten gemeinschaftsrechtlich geforderte Plan bzw. das Programm an Maßnahmen sehe ein Verbot von neuen Anlagen oder ein Verbot für Erweiterungen bestehender Anlagen nicht zwingend vor. Zwar könnten solche Verbote zu anzuordnenden Maßnahmen zählen, sie müssten dann aber auch bestehende Anlagen einbeziehen. Andernfalls würden einzelne Verursacher - in Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - übermäßig belastet und - im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitssatz - ungleichmäßig zur Reduktion der Schadstoffe herangezogen. Die von der belangten Behörde vorgenommene "richtlinienkonforme" Auslegung des § 77 Abs. 3 GewO sei daher unzutreffend und stehe überdies im Widerspruch zu den genannten verfassungsrechtlichen Prinzipien.

Im vorliegenden Beschwerdefall geht es im Kern um die Frage, ob die belangte Behörde § 77 Abs. 3 GewO 1994 zutreffend dahin ausgelegt hat, dass die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, die Luftschadstoffe emittiert, zwingend zu versagen ist, sobald eine, wenn auch geringe Überschreitung der durch das IG-L (oder durch eine auf diesem Gesetz beruhende Verordnung) festgelegten Immissionsgrenzwerte dieser Luftschadstoffe vorliegt.

Bei Erlassung des angefochtenen Bescheides stand § 77 Abs. 3 GewO 1994 in der Fassung des Art. II Z 1 des Immissionsschutzgesetzes-Luft, IG-L, BGBl. I Nr. 115/1997, in Geltung. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115, sind anzuwenden. Die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 zum IG-L oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben."

Die Gesetzesmaterialien hiezu (RV 608 BlgNR XX. GP) lauten (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zu Artikel II:

Der Artikel II enthält eine Novelle zur Gewerbeordnung, mit der die Prinzipien des Immissionsschutzgesetzes - Luft in diesem für die Luftreinhaltung äußerst bedeutenden Gesetz verankert werden.

Zu 1:

In § 77 Abs. 3 wurden weitere Genehmigungsvoraussetzungen für Neuanlagen, die den Immissionsschutz zum Gegenstand haben, eingefügt. Dabei wurde darauf geachtet, den bestehenden Text so wenig wie möglich zu verändern.

Bisher war die Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik in Abs. 3 als Auftrag an die Behörde enthalten; die Bedeutung dieses Abs. 3 war nicht unumstritten. Die Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik und auch - falls der Nachbarschutz dies erfordert - darüber hinaus wurde von Praxis (Materialien zu § 77 Abs. 3, Protokoll der Gewerbereferententagung 1990, Punkt 31) und Lehre schon bisher als Genehmigungsvoraussetzung angesehen. Diese Interpretation wurde allerdings von der Judikatur abgelehnt ().

Mit der neuen Formulierung des Abs. 3 soll diese Unsicherheit beseitigt werden. Bei der Neugenehmigung von Anlagen ist die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte gemäß § 3 IG-L jedenfalls sicherzustellen. Die Genehmigung für eine Neuanlage ist demnach davon abhängig, ob die Behörde die Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik und gemäß den immissionsschutzrechtlichen Regelungen allenfalls durch Auflagen derart begrenzen kann, dass die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden können, ohne das Projekt in seinem Wesen zu verändern. Der Stand der Technik ist jedenfalls einzuhalten.

Als weitere Genehmigungsvoraussetzung gelten die Anordnungen in einem Maßnahmenkatalog gemäß § 10 IG-L. Ist beispielsweise in einem Maßnahmenkatalog der Einsatz eines bestimmten emissionsintensiven Brennstoffs verboten, so darf eine Neuanlage, die auf die Verwendung dieses Brennstoffs ausgelegt ist, nicht in dieser Form genehmigt werden."

Die oben genannte, im vorliegenden Fall entscheidende Frage lässt sich nach dem wiedergegebenen Wortlaut des § 77 Abs. 3 GewO 1994 bei gleichzeitiger Einbeziehung der Erläuterungen nicht eindeutig beantworten:

Die Wortfolge "Die Einhaltung der ... festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben" im dritten Satz dieser Bestimmung ist bei einer Wortinterpretation im Hinblick auf die Bedeutung des Begriffes "anstreben" nicht dahin zu verstehen, dass die Gewerbebehörde bei der Genehmigung einer Betriebsanlage die Einhaltung festgelegter Immissionsgrenzwerte sicherstellen müsse, sondern vielmehr dahin, dass sie im Genehmigungsverfahren deren Einhaltung zu erreichen suchen muss. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung wäre es daher nicht ausgeschlossen, die Genehmigung einer Betriebsanlage auch in Fällen zu erteilen, in denen dieses Ziel trotz Vorschreibung aller zumutbaren Auflagen nicht (gänzlich) erreicht werden kann.

Bei der Berücksichtigung der zitierten Erläuterungen gelangt man allerdings zum gegenteiligen Ergebnis: Demnach ist die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte "jedenfalls sicherzustellen" und die Genehmigung für eine Neuanlage "davon abhängig, ob" die Behörde die Emissionen gemäß den immissionsschutzrechtlichen Regelungen durch Auflagen derart begrenzen kann, dass die "Immissionsgrenzwerte eingehalten" werden können. Stellt man daher diese Erläuterungen dem Gesetzeswortlaut gegenüber, so ist für das Verständnis des § 77 Abs. 3 letzter Satz GewO 1994 noch kein eindeutiges Ergebnis zu gewinnen. Aus diesem Grund bietet auch der Hinweis der belangten Behörde auf die Literatur (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Auflage, Randziffer 43 zu § 77) keine Stütze für den angefochtenen Bescheid, weil dort lediglich die bereits zitierten Gesetzesmaterialien wiedergegeben werden.

Bei der Auslegung des zitierten § 77 Abs. 3 GewO 1994 ist daher auch die Entstehung dieser Bestimmung und ihr systematischer Zusammenhang zu berücksichtigen:

§ 77 Abs. 3 GewO 1994 erhielt die zitierte Fassung durch das Immissionsschutzgesetz - Luft, IG-L, BGBl. I Nr. 115/1997, durch dessen Art. II die GewO 1994 geändert wurde. In seinem Art. I lautete das IG-L auszugsweise wie folgt:

"Genehmigungsvoraussetzungen

§ 20. (1) Anlagen, die nach den anzuwendenden bundesgesetzlichen Verwaltungsvorschriften einer Genehmigungspflicht unterliegen und die geeignet sind, Luftschadstoffe zu emittieren, bedürfen keiner gesonderten luftreinhalterechtlichen Genehmigung, und es gelten die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 als zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen.

(2) Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik (§ 71a Gewerbeordnung 1994) zu begrenzen.

(3) Die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 oder in einer Verordnung nach § 3 Abs. 3 festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben.

(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 gelten nicht für Anlagen, die der Gewerbeordnung 1994, dem Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, dem Berggesetz 1975 oder dem Abfallwirtschaftsgesetz unterliegen."

§ 20 Abs. 3 IG-L beinhaltete daher für Anlagen, die (u.a.) nicht der GewO 1994 unterlagen, eine Regelung, die mit der für gewerbliche Betriebsanlagen geltenden Vorschrift des § 77 Abs. 3 GewO 1994 ident war.

Die Gesetzesmaterialien (608 BlgNR XX. GP) zu dieser Fassung des § 20 IG-L lauteten (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zu § 20:

§ 20 bestimmt, dass eine nach Bundesrecht genehmigungspflichtige Anlage nur dann zu genehmigen ist, wenn die Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik begrenzt sind und die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte angestrebt wird.

§ 20 gilt im gesamten Bundesgebiet für alle genehmigungspflichtigen Anlagen, unabhängig von der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts. Wenn ein Immissionsgrenzwert überschritten wurde, ist § 18 anzuwenden.

Da die Genehmigungskriterien in den in Abs. 4 genannten Bundesgesetzen durch dieses Gesetz verankert werden, sind Anlagen, die diesen Materiengesetzen unterliegen, vom Geltungsbereich des § 20 ausgenommen.

Zu Abs. 3:

Abs. 3 bestimmt, dass bei der Genehmigung einer Neuanlage die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 festgelegten Immissionsgrenzwerte anzustreben ist. Die Formulierung orientiert sich an der des § 33d Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959, woraus der Terminus 'anzustreben' übernommen wurde. Durch diese Wortwahl soll eine flexible Regelung ermöglicht werden.

Im Einzelfall wird eine Abwägung vorzunehmen sein. Beispielsweise wäre es sehr wohl gerechtfertigt, eine Genehmigung für einen Großemittenten zu versagen, wenn ein Immissionsgrenzwert bereits überschritten ist, obwohl sich die bereits bestehenden Anlagen weitgehend am Stand der Technik orientieren und weitere Sanierungen nur mehr in geringem Maß möglich oder zumutbar sind. Im Gegensatz dazu stünde Abs. 3 etwa der Genehmigung einer modernen, am Stand der Technik orientierten Anlage, die eine veraltete, schadstoffintensive Anlage im Sanierungsgebiet ersetzen würde, auch im Fall einer vorliegenden oder aus der gegenwärtigen Vorbelastung prognostizierten Grenzwertüberschreitung nicht notwendigerweise entgegen.

Wenn in dem Gebiet, in dem die zu genehmigende Betriebsanlage geplant ist, bereits ein Maßnahmenkatalog gemäß § 10 in Kraft ist, so bilden die darin enthaltenen Anordnungen, die auf die neue Betriebsanlage angewendet werden können, eine eigene Genehmigungsvoraussetzung. Ist beispielsweise in einem Maßnahmenkatalog der Einsatz eines bestimmten emissionsintensiven Brennstoffs verboten, so darf eine Neuanlage, die auf die Verwendung dieses Brennstoffs ausgelegt ist, nicht in dieser Form genehmigt werden."

Berücksichtigt man daher die Gesetzesmaterialien zu der nicht nur im systematischen Zusammenhang mit § 77 Abs. 3 GewO 1994 stehenden, sondern wörtlich mit diesem im Wesentlichen identen Bestimmung des § 20 IG-L, so ergibt sich, dass der Terminus "anzustreben" aus dem Wasserrechtsgesetz 1959 übernommen wurde, "eine flexible Regelung" und im Einzelfall eine Abwägung ermöglichen soll und auch im Fall der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten nicht notwendigerweise die Genehmigung einer Anlage verbietet.

Zum selben Ergebnis gelangt man auch, wenn man bei der Gesetzesauslegung zusätzlich die Gesetzesmaterialien zu den Änderungen des § 77 Abs. 3 GewO 1994 und des § 20 IG-L, die nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten sind, einbezieht:

§ 20 Abs. 2 und 3 IG-L in der Fassung des Umweltrechtsanpassungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 34/2006, lautet:

"(2) Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik (§ 2 Abs. 8 Z 1 AWG 2002) zu begrenzen.

(3) Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits eine Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Anlage 1, 2 und 5b oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

1. die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Grenzwertüberschreitungen anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind."

Damit wörtlich im Wesentlichen übereinstimmend lautet § 77 Abs. 3 GewO 1994 in der Fassung der Anlagenrechtsnovelle 2006, BGBl. I Nr. 84/2006:

"(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes - Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits eine Überschreitung eines Grenzwerts gemäß Anlage 1, 2 oder 5b IG-L oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 IG-L vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

1. die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes - Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Grenzwertüberschreitungen anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind."

In den Gesetzesmaterialien zur genannten Anlagenrechtsnovelle 2006 (RV 1367 BlgNR XXII. GP) wird im Vorblatt als Ziel dieser Novelle das Abstimmen (u.a.) der Genehmigungsregelungen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts mit den geänderten Vorschriften des IG-L angegeben. Konkret zu § 77 Abs. 3 GewO führen die Erläuterungen aus (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zu Art. I Z 1 (§ 77 Abs. 3 GewO 1994):

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll der geplanten Änderung des § 20 Abs. 3 des Immissionsschutzgesetzes - Luft, IG-L, Rechnung getragen werden. Dem bisherigen Konzept des IG-L folgend soll der § 20 Abs. 3 IG-L u.a. nicht für Anlagen gelten, die der Gewerbeordnung 1994 unterliegen. Für solche Anlagen hat sich schon bisher im § 77 Abs. 3 GewO 1994 eine eigene mit dem Immissionsschutzrecht - Luft abgestimmte Regelung gefunden.

Der erste Satz entspricht wörtlich dem geltenden § 77 Abs. 3 erster Satz GewO 1994.

Der zweite Satz entspricht dem geltenden § 77 Abs. 3 erster Satz GewO 1994 mit der Abweichung, dass auf den § 10 IG-L nicht in seiner Stammfassung, sondern in der jeweils geltenden Fassung abgestellt werden soll.

Der übrige Text entspricht beinahe wörtlich dem § 20 Abs. 3 IG-L in der in der Regierungsvorlage betreffend ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005, 1147 BlgNR XXII.GP, vorgeschlagenen Fassung.

Zu dieser Regelung wird in der Regierungsvorlage betreffend ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 Folgendes ausgeführt:

'Im Zuge der Genehmigung von Anlagen ist sicherzustellen, dass die zusätzlichen Emissionen keine Grenzwertüberschreitungen verursachen werden bzw. diese Anlagen keinen nennenswerten Beitrag zu Überschreitungen leisten, die die Erstellung von Statuserhebungen bedingen würden. Die Neuformulierung dient der Klarstellung, da das bisher verwendete Wort 'anstreben' unterschiedlich interpretiert wurde. Die Grenz- bzw. Zielwerte sind gemäß Richtlinie 1996/62/EG einzuhalten, nicht anzustreben. An diesem Ziel hat sich auch die Genehmigungspraxis zu orientieren. Mit dem Terminus 'anstreben' sollte lediglich ausgedrückt werden, dass es weder einem Anlageninhaber noch einem Sachverständigen oder einer Behörde möglich ist, zu garantieren, dass eine bestimmte Anlage niemals zu einer Grenz- bzw. Zielwertüberschreitung einen Beitrag leisten wird. Die Behörde soll allerdings die Genehmigung für eine neue Anlage, die zusätzliche Emissionen verursacht, in einem bereits erheblich belasteten Gebiet nur dann erteilen, wenn entweder keine erhebliche Zusatzbelastung durch die neue Anlage entsteht oder durch Maßnahmen bei anderen Emittenten sichergestellt ist, dass 'Platz' für die Emissionen der neuen Anlage geschaffen wird.

Von der Fachwelt sowie in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Umweltsenats wird ein so genanntes 'Schwellenwertkonzept' akzeptiert, dh. es muss eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden, um überhaupt einen Einfluss auf die Immissionssituation anzunehmen. 'Solche Schwellenwerte werden ua. mit Hilfe von Messbarkeitsgrenzen definiert. Dabei werden Immissionen als unerheblich betrachtet, die nach dem Stand der Messtechnik nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand überhaupt messbar sind oder die, weil sie im Verhältnis zum Grenzwert eine sehr geringe Quantität aufweisen, nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Umweltauswirkungen nach sich ziehen können…' (auszugsweises Zitat aus dem Bescheid des Umweltsenats vom , US 5B/2004/11-18, S 28). Der Bescheid des Umweltsenats betreffend das Motorsportzentrum Spielberg verweist auch auf den UVE-Leitfaden des Umweltbundesamts, der eine Schwelle für die Festlegung des Untersuchungsraumes für das Schutzgut Luft von 3% eines Kurzzeitwertes und 1% eines Langzeitwertes festlegt, und die neue deutsche TA - Luft, die teilweise Prozentsätze für eine zulässige Zusatzbelastung vorsieht. Weiters wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Leitfaden UVP und IG-L (UBA 2005, BE 274) verwiesen. Diese Werte sind jedoch lediglich beispielhaft zu verstehen und es wird der Behörde im Einzelfall obliegen, einen angemessenen Schwellenwert festzulegen.

Das Wort 'langfristig' im letzten Satz soll verdeutlichen, dass unter normalen Umständen keine Grenzwertüberschreitungen mehr vorkommen dürfen, sobald die Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen wirksam geworden sind. Bei der Prognose ist nicht von einem 'worst case scenario' auszugehen. Überschreitungen auf Grund von ungewöhnlichen Wetterbedingungen oder sonstigen unvorhersehbaren Ereignissen können in einem realistischen Szenario nicht gänzlich ausgeschlossen werden, stellen aber kein Hindernis für die Genehmigung dar. Allerdings ist festzuhalten, dass das Wort 'langfristig' keinesfalls bedeutet, dass die Einhaltung der Grenzwerte erst in ferner Zukunft sicherzustellen ist.'

Die Wortfolge 'Überschreitung eines Grenzwertes', umfasst auch die in der Anlage 1 zum IG-L zu den angeführten Immissionskonzentrationen zugehörige zulässige Anzahl von Überschreitungen oder zugehörigen Toleranzmargen.

Im Hinblick darauf, dass mit der in Rede stehenden Änderung des IG-L und somit auch mit der darauf abgestimmten Änderung der GewO 1994 Rechtssicherheit geschaffen werden soll, wird keine Übergangsregelung vorgesehen, dh. dass die in Rede stehende Änderung der Gewerbeordnung 1994 auch auf Verfahren Anwendung finden wird, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der vorgeschlagenen Novelle bereits anhängig sind.

Die zitierten Gesetzesmaterialien zur Anlagenrechtsnovelle 2006 und damit zum geänderten § 77 Abs. 3 GewO 1994 sind im vorliegenden Beschwerdefall, obwohl diese Gesetzesänderung, wie erwähnt, im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht unmittelbar anzuwenden ist, doch insoweit von Bedeutung, als der Gesetzgeber in den Materialien eine "Klarstellung" der bisherigen Rechtslage vorgenommen hat. Der Gesetzgeber hat somit zum Ausdruck gebracht, in welcher Weise § 77 Abs. 3 GewO 1994 in der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der Anlagenrechtsnovelle 2006 zu verstehen war:

Bei der Genehmigung von Anlagen habe die Behörde sicherzustellen, dass zusätzliche Emissionen keine Grenzwertüberschreitungen verursachen bzw. diese Anlagen "keinen nennenswerten Beitrag" zu Überschreitungen leisten. Eine Genehmigung solle für die neue Anlage nur dann erteilt werden, wenn durch diese entweder "keine erhebliche Zusatzbelastung" entstehe oder entsprechende Maßnahmen bei anderen Emittenten gesetzt werden. Der Gesetzgeber hat somit in den Erläuterungen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass § 77 Abs. 3 GewO 1994 - auch schon in der Fassung vor der Anlagenrechtsnovelle 2006 - der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage nicht zwingend entgegensteht, wenn diese Anlage keinen nennenswerten Beitrag zu Überschreitungen eines Immissionsgrenzwertes leistet und damit für sich gesehen keine erhebliche Zusatzbelastung verursacht. In den Erläuterungen hält der Gesetzgeber dieses Ergebnis offensichtlich vereinbar mit der dort ausdrücklich angesprochenen gemeinschaftsrechtlich verbindlichen Vorgabe, die Grenz- bzw. Zielwerte gemäß Richtlinie 1996/62/EG "einzuhalten": So verweisen die Gesetzesmaterialien betreffend die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten auf die nach dem IG-L bestehende Möglichkeit, Maßnahmen bei anderen Anlagen bzw. Emittenten vorzuschreiben.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag die Auffassung, das Gemeinschaftsrecht verbiete einer Behörde die Genehmigung einer Luftschadstoffe emittierenden Betriebsanlage, wenn im betroffenen Gebiet die Immissionsgrenzwerte dieser Luftschadstoffe überschritten werden, nicht zu teilen:

Zwar weist die belangte Behörde zutreffend darauf hin, dass sowohl die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (siehe insbesondere Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie) als auch - was die gegenständlichen Partikelimmissionen betrifft - die Richtlinie 1999/30 EG des Rates vom über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stichstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft in ihrem Art. 5 Abs. 1 vorsehen, dass "die Mitgliedstaaten ... die erforderlichen Maßnahmen" treffen, um die Einhaltung näher genannter Grenzwerte "sicherzustellen". Dem Rechtscharakter der Richtlinie gemäß Art. 249 Abs. 3 EG entsprechend richten sich diese Vorschriften aber an die Mitgliedstaaten, die ihrerseits durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen haben, dass diese Vorschriften durch innerstaatliche Normen umgesetzt werden. Den genannten Richtlinien kann jedoch - anders als die belangte Behörde meint - nicht entnommen werden, dass die Mitgliedstaaten die Grenzwerte konkret in der Weise sicherstellen müssen, dass Anlagen, die Luftschadstoffe emittieren, in jedem Fall die beantragte Genehmigung zu versagen sei (siehe dazu etwa auch Bergthaler, Das Immissionsschutzgesetz-Luft und seine Auswirkungen auf Betriebsanlagen, in Anlagenrecht (2005) und Furherr/Schwarzer in RdU-UT 2006/01). Vielmehr räumen diese Richtlinien den Mitgliedstaaten einen Spielraum hinsichtlich jener Maßnahmen ein, durch welche die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sichergestellt wird (vgl. den Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom , KOM(2004) 845 endgültig). Der Bundesgesetzgeber hat aufgrund dieses Gestaltungsspielraumes in den §§ 10 bis 16 IG-L (in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 34/2003) Maßnahmen normiert, die der Landeshauptmann gegebenenfalls zur Erreichung des genannten Zieles zu setzen hat. Dass der Landeshauptmann im Sinne des § 13 IG-L "Maßnahmen für Anlagen" verordnet hätte, die die belangte Behörde im Genehmigungsverfahren gemäß § 77 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 hätte anwenden müssen, ist nicht ersichtlich und wurde im angefochtenen Bescheid sogar ausdrücklich verneint.

Gegen die Auffassung der belangten Behörde spricht schließlich, dass die Konsequenzen einer (durch verschiedene Emittenten hervorgerufenen) Überschreitung von Immissionsgrenzwerten einen (einzelnen) Antragsteller um Genehmigung einer Betriebsanlage träfen, und zwar nach Ansicht der belangten Behörde auch dann, wenn von dieser Anlage nur geringe Emissionen ausgehen. Dies stünde aber im Widerspruch zu § 11 Z 2 und 3 IG-L in der genannten Fassung, wonach bei der Anordnung von Maßnahmen zur Reduzierung von Luftschadstoffen (verkürzt gesagt) - alle bzw. die hauptverursachenden - Emittenten oder Emittentengruppen zu berücksichtigen sind.

Zusammenfassend ergibt sich somit sowohl aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 3 GewO 1994 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Anlagenrechtsnovelle 2006 ("Die Einhaltung der .... Immissionsgrenzwerte ist anzustreben") als auch aus den Gesetzesmaterialien zur wörtlich identen Vorschrift des § 20 Abs. 3 IG-L in der Fassung vor dem Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 sowie vor allem aus der authentischen Klarstellung durch den Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien zur Anlagenrechtsnovelle 2006, dass die Genehmigung einer Betriebsanlage, mit deren Betrieb keine erhebliche Zusatzbelastung an Luftschadstoffen verbunden ist und die daher keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leistet, nicht schon deshalb versagt werden darf, weil es im betreffenden Gebiet zur Überschreitung der Immissionsgrenzwerte kommt (vgl. in diesem Zusammenhang auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/07/0064, und vom , Zl. 2005/06/0255). Ob man, wie die Beschwerdeführerin meint, zu diesem Ergebnis auch bei gebotener verfassungskonformer Interpretation der in Rede stehenden Fassung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 gelangt, war bei diesem Ergebnis nicht näher zu prüfen.

Da die belangte Behörde nach dem Gesagten von einem nicht zutreffenden Verständnis des § 77 Abs. 3 GewO 1994 ausgegangen ist und sich daher mit der Frage, ob die von der Betriebsanlage ausgehende Zusatzbelastung erheblich ist, nicht auseinander gesetzt hat, ist der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Hinzuweisen ist darauf, dass im fortgesetzten Verfahren auf § 77 Abs. 3 GewO 1994 bereits in der Fassung der Anlagenrechtsnovelle 2006 Bedacht zu nehmen sein wird, weil das BGBl. I Nr. 84/2006 diesbezüglich, wie auch die wiedergegebenen Erläuterungen betonen, keine Übergangsvorschrift enthält.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am