zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.03.2010, 2005/04/0174

VwGH vom 25.03.2010, 2005/04/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der L in J, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in 8330 Feldbach, Bismarckstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. BMWA-323.409/0005-I/9/2005, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X Verein in J, vertreten durch Mag. Helmut Kröpfl, Rechtsanwalt in 8380 Jennersdorf, Kirchenstraße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Am suchte die mitbeteiligte Partei um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung einer Kantine auf einem näher genannten Grundstück an.

Die von der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf erfolgte

Kundmachung einer mündlichen Verhandlung lautet auszugsweise:

" Ort: am Ort der Betriebsanlage

Verhandlungsleiter: Mag. (H.)

Rechtsgrundlagen:

§ 359b Abs. 1 GewO 1994

HINWEISE:

Die Projektunterlagen liegen bis zum Tage vor der Verhandlung bei der obgenannten Bezirkshauptmannschaft, Gewerbereferat, und beim Gemeindeamt während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden zur Einsichtnahme auf.

Beteiligten Nachbarn kommt in einem vereinfachten Verfahren keine Parteistellung zu. Sie können bis zur Augenscheinsverhandlung von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen und bis dahin eine schriftliche Stellungnahme abgeben oder ihre Angaben anlässlich der mündlichen Verhandlung bekanntgeben.

Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage erlangen i.S.d.

§ 79 a GewO 1994 Parteistellung, wenn sie nach Inbetriebnahme der Anlage in einem an die Behörde gerichteten Antrag glaubhaft machen, dass sie als Nachbarn von den Auswirkungen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt sind und nachweisen können, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage oder der betreffenden Betriebsanlagenänderung Nachbarn i.S.d. § 75 Abs. 2 und 3 GewO 1994 waren."

In der mündlichen Verhandlung vom brachte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit anderen Nachbarn Folgendes vor:

"Wir erheben gegen die beabsichtigte Errichtung und den Betrieb der Vereinskantine Einwendungen, da wir uns durch Lärm (Gäste und deren Hunde) in unserer Lebensqualität unzumutbar belästigt fühlen."

Der Bescheid erster Instanz vom lautet auszugsweise:

"Die Genehmigung für die Neuerrichtung und den Betrieb der oben angeführten Betriebsanlage wird bei Einhaltung nachstehender Aufträge erteilt.

...

Rechtsgrundlagen:

§ 359b i.V.m. der Verordnung des BM für wirtschaftliche

Angelegenheiten, BGBl. Nr. 850/1994 i.d.g.F. und 333 GewO 1994

i. d.g.F.

...

Begründung

...

Da sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren bei gegenständlicher Anlage kumulativ vorliegen, war bei Einhaltung der im Spruch genannten Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen spruchgemäß zu entscheiden."

Mit dem angefochtenen Bescheid der im Devolutionswege zuständig gewordenen belangten Behörde vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit näherer Begründung abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - wie auch die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gemäß § 382 Abs. 10 GewO 1994 maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 88/2000, lauten auszugsweise:

"§ 359b. (1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), daß

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1 000 m2 beträgt und die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt,

so hat die Behörde (§§ 333, 334, 335) das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekanntzugeben, daß die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und daß die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung. In der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlußleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden. ..."

Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich, dass gegenständlich die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 als erfüllt angesehen wurden. Als Rechtsgrundlage wird auch ausdrücklich "§ 359b i.V.m. der Verordnung des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. Nr. 850/1994 i.d.g.F. und 333 GewO 1994 i.d.g.F." genannt. Es schadet in diesem Zusammenhang nicht, wenn im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - welcher durch die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene bloße Abweisung der Berufung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde - die Genehmigung für die gegenständliche Anlage "erteilt wurde", anstatt - wie in § 359b Abs. 1 GewO 1994 vorgesehen - die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage lediglich festzustellen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichthofes ist darin ein bloßes Vergreifen im Ausdruck zu sehen.

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Der Beschwerdeführerin kommen über diese eingeschränkte Parteistellung hinaus keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu. Insbesondere kommt ihr kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegen der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten Voraussetzungen zu (vgl. zu alldem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0132, mwN).

Sowohl das Vorbringen im Verwaltungsverfahren als auch jenes in der Beschwerde beschäftigt sich - soweit es auf für das gegenständliche gewerbebehördliche Verfahren relevante Umstände eingeht - ausschließlich damit, dass sich die Beschwerdeführerin durch von der Betriebsanlage ausgehenden Lärm unzumutbar belästigt fühle bzw. die Gutachten zu diesem Thema nicht schlüssig seien. Mit keinem Wort wird aber in Zweifel gezogen, dass die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 vorliegen. Der Umstand, dass die belangte Behörde auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin ein weiteres, auf die vorgetragene Belästigung wegen Lärm Bezug nehmendes Gutachten eingeholt hat, ändert daran nichts.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass "ich in meinen Rechten verletzt (wurde), als ich gegen den (erstinstanzlichen Bescheid) rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht habe und gegenständliches Verfahren nicht im gesetzmäßig vorgesehenen Entscheidungszeitraum entschieden worden ist". Dazu genügt es auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Verletzung der Verpflichtung der Behörde, innerhalb einer bestimmten Frist zu entscheiden, zwar zur Folge hat, dass über einen entsprechenden Antrag der Partei die Entscheidungspflicht auf die jeweils sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht, aber für sich allein nicht die inhaltliche Rechtswidrigkeit (oder gar der Nichtigkeit) eines verspätet erlassenen Bescheides zur Folge haben kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/04/0093).

Da der angefochtene Bescheid somit nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Das die Umsatzsteuer geltend machende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil diese im zuerkannten Pauschalbetrag bereits enthalten ist.

Wien, am