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VwGH vom 23.07.2013, 2010/05/0061

VwGH vom 23.07.2013, 2010/05/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 388/09, betreffend Abteilungsvorhaben (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom suchten die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaften in Wien, K Straße 172 und 174, Grundstücks Nrn. 32, 35/1 und 35/3, EZ 35, sowie Grundstücks Nr. 473, EZ 36, alle KG X, sowie die Eigentümer der Liegenschaften in Wien, K Straße 170, Grundstücks Nr. 33, EZ 70 und Grundstücks Nr. 35/2, EZ 142, KG X, um baubehördliche Genehmigung der Grundabteilung auf zwei Bauplätze und eine Restfläche laut dem in Vorlage gebrachten Teilungsplan vom an.

Im daraufhin eingeholten Gutachten der Magistratsabteilung (kurz: MA) 64 wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Grundlagen und Unterlagen

(…)

Befund

(…)

Die Liegenschaften EZ. 35 und EZ. 36 sind im Ortskern von (X) altbebaut und daher als Bauplätze im Sinne des Art. III BO anzusehen. Das Grundstück 473 in EZ. 36 wurde zuletzt gemäß PD 7181 mit Bescheid MA 64 - GA 10/106/2004 vom als Bauplatz genehmigt. Dabei wäre grundsätzlich gem. 16 Abs. 1 BO die Einbeziehung des Grundstückes 30 in EZ. 32 erforderlich gewesen, da dieses Grundstück keinen Zugang zum öffentlichen Gut besitzt. Durch die vorgelegte verbindliche Erklärung des Eigentümers der Liegenschaft EZ. 35, im Fall einer künftigen Bauplatzbeschaffung auf dieser Liegenschaft das Grundstück 30 einzubeziehen, war schließlich die Einbeziehung nicht mehr erforderlich und das Grundstück 473 konnte als Bauplatz genehmigt werden. Der Bescheid MA 64-GA 10/106/2004 wurde noch im Jahr 2004 grundbücherlich durchgeführt ….

Anschließend wurde zur Zl. MA 64-4727/2005 ein Ansuchen um Abschreibung des Grundstückes 473 von der EZ. 36 und Zuschreibung zur EZ. 35 sowie um Genehmigung eines Bauplatzes bestehend aus den Grundstücken 32, 35/1, 35/3 und 473 in der EZ. 35 eingebracht. Dabei wäre jedoch wieder die Einbeziehung des Grundstückes 30 in EZ. 32 erforderlich gewesen, weshalb der Antragsteller um Ergänzung seines Ansuchens und um Nachweis der Zustimmung der Eigentümerin der EZ. 32 aufgefordert wurde. Nachdem er diesem Ersuchen nicht nachgekommen ist, wurde das Ansuchen mit Bescheid MA 64-4727/2005 vom zurückgewiesen. Bei der Besichtigung der Grundstücke wurde festgestellt, dass diese bebaut sind, die Höhenlage der angrenzenden Verkehrsflächen hergestellt und die Anbaureife (Kanal, Wasser) gegeben ist. Bei den Bauwerken auf der Liegenschaft EZ. 35 handelt es sich um ein Wohngebäude, welches zuletzt mit Bescheid MA 37/10- K… Straße 172/1226/2000 vom in ein Bürogebäude umgewidmet wurde, und um eine Garage. Außerdem befindet sich im Hofbereich ein Schwimmbecken, welches im Zuge des Planwechsels MA 37/20-K… Straße 172/3978/98 vom bewilligt wurde und nun durch die Teilungslinie durchschnitten wird. Auf der Liegenschaft EZ. 35 bestehen ein Kleinhaus und eine Kleingarage, welche unmittelbar an das Gebäude auf der Liegenschaft EZ. 35 angrenzen.

Im Grundbuch sind neben der Bauplatzanmerkung in EZ. 36 keine baurechtlichen Verpflichtungen ersichtlich gemacht.

Gutachten

Die beantragten Bauplätze entsprechen nicht den Bestimmungen der BO, denn das selbständig nicht bebaubare Grundstück 30 in EZ. 32 wird wiederum nicht einbezogen.

Die Restfläche Grundstück 33 in EZ. 70 ist ebenfalls nicht selbständig bebaubar und sollte daher entweder als Bauplatzteil mit entsprechender Erklärung des Eigentümers 35/2 in EZ. 142 oder gleichzeitig gemeinsam mit dem Grundstück 35/2 in EZ. 142 als Bauplatz geschaffen werden. Bei letzterem wäre auch noch zu prüfen, inwieweit die Einbeziehung der Grundstücke 474 in EZ. 41 und 481 in EZ. 50 erforderlich ist. Jedenfalls bestehen für die Liegenschaften EZ. 70, EZ. 142, EZ. 41 und EZ. 50, welche sich im selben Eigentum befinden, entsprechend der derzeitigen Rechtslage keine Abtretungs- bzw. Einbeziehungsverpflichtungen zum bzw. aus dem öffentlichen Gut.

Das durch die Teilungslinie 2386-2390 durchschnittene Schwimmbecken wäre bei Genehmigung jedenfalls vor der grundbücherlichen Durchführung abzutragen.

Es bestehen keine Abtretungs-, Einbeziehungs- und Kostenersatzverpflichtungen und es sind keine Bauverbote vorzuschreiben.

Die Bauplatzanmerkung A2LN 1a in EZ. 35 wird erst bei neuerlicher Genehmigung eines Bauplatzes auf dieser Liegenschaft gegenstandslos.

Schluss und Gebühren

Es sprechen grundstückstechnisch relevante Umstände gegen die Genehmigung der Grundabteilung, weil das selbständig nicht bebaubare Grundstück 30 in einen der Bauplätze einzubeziehen ist und das Grundstück 33 nicht als Restfläche geschaffen werden sollte. (…)"

Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht, welche sich jedoch nicht hiezu äußerte.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 64, vom , wurde das Ansuchen um Grundabteilung gemäß § 13 Abs. 2 lit. b iVm § 16 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) abgewiesen.

Begründend hielt die erstinstanzliche Baubehörde fest, dass nördlich an den beantragten Bauplatz rot 1 und westlich an den beantragten Bauplatz rot 2 das Grundstück Nr. 30, inliegend in EZ. 32, KG X, angrenze. Da das Grundstück Nr. 30 eine Ergänzungsfläche iSd § 16 Abs. 1 BO darstelle und weder in Bauplatz rot 1 noch in Bauplatz rot 2 einbezogen werde, werde ein bauordnungswidriger Zustand geschaffen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass durch den gegenständlichen Antrag und Teilungsplan bei der Schaffung von Bauplätzen oder Baulosen nicht einzelne oder ihrer Summe nach selbständig nicht bebaubare Restflächen (Ergänzungsflächen) verblieben, sondern seit jeher die Eigentümerstruktur der EZ 35 und 36 von jener der EZ 32 (Grundstück Nr. 30) verschieden sei. Seit Jahrzehnten habe das Grundstück Nr. 30 keinen Zugang zum öffentlichen Gut, durch den gegenständlichen Teilungsplan würden Lage, Zugang und Gestaltung der selbständig nicht bebaubaren Fläche weder verändert noch angegriffen, es werde also gar keine selbständig nicht bebaubare Restfläche/Ergänzungsfläche geschaffen. Zudem sei die im Bescheid genannte Erklärung des seinerzeitigen Eigentümers zur Einbeziehung nicht durch den nunmehrigen Liegenschaftseigentümer abgegeben worden, weshalb die Beschwerdeführerin an diese nicht gebunden sei und diese auch nicht aufrechterhalte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage aus, dem Teilungsplan und dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten der MA 64 vom sei zu entnehmen, dass nach dem vorliegenden Ansuchen um Grundabteilung das nördlich an den beantragten Bauplatz rot 1 und westlich an den beantragten Bauplatz rot 2 angrenzende Grundstück Nr. 30, in EZ 32, KG X., als selbständig nicht bebaubare Restfläche (Ergänzungsfläche) übrig bliebe, da dieses Grundstück nicht unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche angrenze. Durch die Nichteinbeziehung des Grundstücks Nr. 30 als Ergänzungsfläche iSd § 16 Abs. 1 BO könne das gegenständliche Ansuchen samt dem vorliegenden Teilungsplan nicht genehmigt werden, weil dadurch ein bauordnungswidriger Zustand geschaffen würde. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Ergänzungsfläche nicht erst neu entstehen solle, sondern bereits vor der Antragstellung bestanden habe. Wie im Gutachten der MA 64 ausgeführt, habe der frühere Eigentümer der EZ 35, somit der Liegenschaft der Beschwerdeführerin, eine verbindliche Erklärung abgegeben, im Fall einer künftigen Bauplatzbeschaffung das Grundstück Nr. 30 einzubeziehen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der nach Durchführung eines Vorverfahrens deren Behandlung mit Beschluss vom , B 59/10-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Ablehnungsbeschluss führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus:

"(…) Vor dem Hintergrund des unbedenklichen rechtspolitischen und auch im öffentlichen Interesse liegenden Zieles, dass im Bauland keine Restflächen bestehen bleiben sollen, die unbebaubar oder wirtschaftlich nicht verwertbar sind, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 16 Abs. 1 WBO. (…)"

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten (ergänzten) Beschwerde macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien in der auf Grund der zeitlichen Lagerung des Verwaltungsverfahrens anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 25/2009, lauten (auszugsweise wiedergegeben):

"2. Teil

Änderung von Liegenschaftsgrenzen

A. ABTEILUNGEN

Abteilung

§ 13. (1) Abteilungen sind bewilligungs- oder anzeigepflichtig.

(2) Bewilligungspflichtig ist:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
b)
die Veränderung von Bauplätzen, Baulosen, Kleingärten oder Teilen von solchen oder einer sonstigen bebauten Liegenschaft;
(…)
Beurteilung des Abteilungsvorhabens

§ 16. (1) Bei Schaffung und Veränderung von Bauplätzen, Baulosen, Kleingärten oder Teilen von solchen sind die Bestimmungen des Bebauungsplanes einzuhalten. Bauplätze müssen unmittelbar, Baulose unmittelbar oder mittelbar über Aufschließungswege an eine vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzen und eine solche Gestalt und Größe erhalten, dass auf ihnen und auf den angrenzenden Liegenschaften den Anforderungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplanes entsprechende Gebäude errichtet werden können. Bleiben bei der Schaffung von Bauplätzen, Baulosen oder Kleingärten selbständig nicht bebaubare Restflächen bestehen (Ergänzungsflächen), die nicht zur Baureifgestaltung anderer Grundstücke vorbehalten werden müssen, ist der Antragsteller verpflichtet, diese Ergänzungsflächen in seine beabsichtigten Bauplätze, Baulose oder Kleingärten einzubeziehen, und der Eigentümer dieser Flächen verpflichtet, sie gegen Entschädigung abzutreten. Diese Flächen müssen dann nicht oder nicht zur Gänze vom Antragsteller einbezogen werden, wenn ihre Einbeziehung in einen Bauplatz, ein Baulos oder einen Kleingarten künftig möglich ist. Die seitlichen Grenzen von Bauplätzen und Baulosen sollen möglichst senkrecht zur Achse der öffentlichen Verkehrsfläche bzw. des Aufschließungsweges verlaufen.

(…)

3. Teil

Enteignungen

(…)

Ergänzungsflächen

§ 42. (1) Ergänzungsflächen nach § 16 Abs. 1 können von dem, der zur Einbeziehung verpflichtet ist, durch Enteignung in Anspruch genommen werden; (…)"

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde unter Hervorhebung des § 16 Abs. 1 dritter Satz BO geltend, dass das Grundstück Nr. 30 bereits seit Jahrzehnten keinen Zugang zum öffentlichen Gut habe und durch den gegenständlichen Teilungsplan sohin auch keine selbständig nicht bebaubare Restfläche (Ergänzungsfläche) geschaffen werde. Aus diesem Grund könne die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet werden, diese Restfläche in den von ihr vorgesehenen Bauplatz aufzunehmen, und der Eigentümer dieser Ergänzungsfläche, diese an die Beschwerdeführerin abzutreten.

Mit dieser Auffassung verkennt die Beschwerdeführerin jedoch die in § 16 Abs. 1 BO dargestellte Rechtslage.

Bestünde die Verpflichtung zur Einbeziehung von Restflächen iSd § 16 Abs. 1 dritter Satz BO für den Antragsteller nur dann, wenn diese Ergänzungsflächen selbst Ergebnis der beantragten Grundabteilung wären, wäre § 16 Abs. 1 vierter Satz BO seines Anwendungsbereiches beraubt. § 16 Abs. 1 vierter Satz BO normiert nämlich die Ausnahme von der Verpflichtung zur Einbeziehung selbständig nicht bebaubarer Restflächen im Falle der Möglichkeit ihrer künftigen Einbeziehung und stellt damit darauf ab, dass bereits vorhandene Ergänzungsflächen auch zu einem späteren Zeitpunkt integriert werden können.

Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, einander widersprechende Normierungen innerhalb derselben Bestimmung treffen zu wollen, muss § 16 Abs. 1 dritter Satz BO und somit die Pflicht zur Einbeziehung von Restflächen auch für bereits vorhandene Ergänzungsflächen gelten. Es geht hier nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, um die Schaffung von Ergänzungsflächen, sondern um die Schaffung von Bauplätzen, die die gegenständliche Verpflichtung auslöste.

Dem Einwand, der Eigentümer der Ergänzungsfläche könne nicht verpflichtet werden, diese an die Beschwerdeführerin abzutreten, kann nicht gefolgt werden, stellt sich die Bestimmung des § 42 BO doch "als notwendige Ergänzung zur Regelung des § 16 BO über die Bauplatzschaffung dar und versetzt den Abteilungswerber in die Lage, erforderlichenfalls durch die Anwendung von Zwangsrechten das Eigentum der für die Schaffung des Bauplatzes erforderlichen Grundflächen (Ergänzungsflächen) zu erlangen" (s. EB zur Novelle LGBl. Nr. 18/1976, in Geuder , Bauordnung für Wien, 2013, 171).

Sofern die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde weiters ausführt, über die "der gesamten EZ 32 zuzurechnenden Nachbargrundstücke" lasse sich ein Zugang zu Grundstück Nr. 30 zum öffentlichen Gut in gleicher Weise herstellen, und der Eigentümer der EZ 32 habe ohnehin über seine eigenen Grundstücke Zugang zum öffentlichen Gut, stellt dieses Vorbringen eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung dar, weshalb auch die diesbezügliche Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen über das Größenausmaß des Grundstücks Nr. 30, die diesbezüglichen Eigentumsverhältnisse und möglichen Zugänge zum öffentlichen Gut zu treffen, ins Leere geht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.

Wien, am