VwGH vom 30.04.2013, 2010/05/0049

VwGH vom 30.04.2013, 2010/05/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten sowie die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der R B in G, vertreten durch die Neumayer, Walter Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1047/003-2009, betreffend eine Grundabtretung gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G, vertreten durch die Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in 3500 Krems, Gartenaugasse 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist seit 1990 (Allein )Eigentümerin des Grundstückes Nr. 807 im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin im Eigentum die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf diesem Grundstück. In der zum Bescheidbestandteil erklärten Verhandlungsniederschrift (betreffend die Bauverhandlung vom ) wurde im Bereich der nordwestlichen Grundstücksgrenze des Baugrundstückes eine Baulinie festgelegt. Diese verläuft danach "von einem Punkt, der vom ersten Grenzstein (nordwestlicher Ecke des Grundstücks Nr. 818/2) 1,70 m südlich in gerader Linie zum nordwestlichen Eckpunkt des Grundstückes Nr. 807" (das Grundstück Nr. 818/2 grenzt östlich an das Baugrundstück an). Anlässlich der Endbeschau des ausgeführten Bauvorhabens am wurde festgestellt, dass das Bauvorhaben völlig anders als bewilligt errichtet worden sei. Die Baubewilligung vom Jahr 1967 sei daher erloschen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte u. a. der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom die nachträgliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Baugrundstück. Es wurde damit das Bauvorhaben, das tatsächlich realisiert worden war, baurechtlich bewilligt.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtete die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom

"aus Anlass der Errichtung ihres Wohnhauses auf dem Grundstück 807 …, welches mit h.a. Bescheid … vom , gemäß § 92 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 in der zum Zeitpunkt der Baubewilligung geltenden Fassung nachträglich baubehördlich bewilligt wurde, gemäß § 12 NÖ Bauordnung 1996 in der geltenden Fassung vom Grundstück Nr. 807 …, jene schraffierte Fläche, welche im Planbild 1 … dargestellt ist, und nach den Straßenfluchtlinien zur öffentlichen Verkehrsfläche gehört, ohne Kostenersatz sowie frei von in Geld ablösbaren Lasten abzutreten und von Baulichkeiten, Gehölzen und Materialien geräumt in das Öffentliche Gut der Stadtgemeinde G abzutreten."

Nach Absatz 2 des Spruches sei die Festlegung der Straßenfluchtlinie in der baubehördlichen Niederschrift am derart erfolgt, dass die "Straßenfluchtlinie vom nordwestlichen Eckpunkt des Nachbargrundstückes 812/2, 1,70 Meter südlich und in gerade Linie zum nordwestlichen Eckpunkt des Grundstückes 807 verläuft".

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass mit Bescheid vom die nachträgliche Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück erteilt worden sei. Die von den Grundeigentümern und Bauwerbern (u.a. der Beschwerdeführerin) jeweils eingereichten und unterfertigten Einreichpläne stimmten "mit dem zu dem Zeitpunkt der Baubewilligungen vorliegenden amtlichen Katasterplan" des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, mit dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan mit einer rund 6 m breiten Verkehrsfläche sowie mit den Festlegungen der baubehördlichen Niederschrift vom überein. Der Bereich nördlich der festgelegten Straßenfluchtlinie sei bereits seit Jahren als öffentliche Straße ausgebaut gewesen und als solche in Verwendung gewesen.

In den Niederschriften der Bauverhandlungen am , , , sowie am sei die nördlich des Bauplatzgrundstückes ausgewiesene öffentliche Straße niemals strittig gewesen. Die "Unbestrittenheit" der öffentlichen Verkehrsfläche sei somit bei der nachträglichen Baubewilligung für das Wohnhaus am bestätigt worden.

Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Baugrundstückes habe selbst die vollzogene Straßengrundabtretung mit ihrer Unterschrift auf dem baubehördlich bewilligten Einreichplan (Plandatum ) anerkannt, worin das Wohnhaus mit einer Vorgartentiefe von 4,5 m zur Straßenfluchtlinie übereinstimmend mit der Niederschrift vom dargestellt sei. Der nördlich dieser Straßenfluchtlinie befindliche Grundstücksteil werde von den Bauwerbern selbst im Lageplan als "ÖFFENTL. GUT WEG" bezeichnet. Im Jahre 1992 sei "die Unbestrittenheit der vollzogenen Straßengrundabtretung" mit der neuerlichen Unterschrift der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Baugrundstückes auf dem baubehördlich bewilligten Einreichplan betreffend die westlich gelegene Garage bestätigt worden.

Aus der baubehördlichen Niederschrift vom gehe hervor, dass die Eigentümer des Baugrundstückes mit ihrer Unterschrift der Straßengrundabtretung zugestimmt hätten. Diese Straßengrundabtretung sei schließlich vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen im Jahr 1968 vollzogen worden. Auf Grund eines formalen Fehlers bei der damaligen Grundbuchseinreichung stimme der Rechtsstand des Grundbuches mit dem des Vermessungsamtes nicht überein, wodurch sich das Vermessungsamt am veranlasst gesehen habe, ohne die Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens den seit rund 39 Jahren bestehenden Katasterstand zu korrigieren.

Am habe das Vermessungsamt Krems den Kataster korrigiert. Seit diesem Zeitpunkt weiche der amtliche Grundstückskataster vom rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde ab. Seit der erstmaligen Erstellung des Flächenwidmungsplanes im Jahre 1975 sei der abzutretende Grundstücksteil als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet. Da die Beschwerdeführerin die Zugehörigkeit des abzutretenden Grundstücksteiles zum öffentlichen Gut selbst mehrmals bestätigt habe (Hinweis auf die Einreichunterlagen) und auf Grund des damaligen Grundbuchsstandes habe für die Baubehörde keine Veranlassung bestanden, eine Grundabtretungsverpflichtung auszusprechen, wie sie nunmehr nachgeholt werde. Nichts desto trotz sei der nunmehr abzutretende Teil stets als Teil des öffentlichen Gutes behandelt worden. Dagegen hätten sich die Eigentümer der Liegenschaft bis zur Mitte des Jahres 2007 nicht gewehrt. Erst auf Grund der Berichtigung des Grundstückskatasters und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin die Gemeinde sowie die Öffentlichkeit daran hindere, das Grundstück als öffentliches Gut zu benutzen, habe sich die Notwendigkeit gestellt, der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Baugrundstückes diese Grundabtretungsverpflichtung aufzuerlegen.

Die gemäß dem Spruch abzutretenden Grundflächen lägen zwischen den im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde festgelegten Straßenfluchtlinien und diese Grundflächen seien auch nicht im Sinne des § 12 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: NÖ BauO 1996) mit einem Gebäudeteil bebaut. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, § 12 ermächtige nicht dazu, nach einer bereits erfolgten Baubewilligung die Abtretung von Grundflächen aufzutragen, werde nicht geteilt. Das Gesetz fordere lediglich eine Erteilung einer Baubewilligung im Bauland für einen Neu- oder Zubau eines Gebäudes. Auf ein zeitliches Naheverhältnis zwischen Baubewilligung und Grundabtretungsverpflichtung komme es nicht an. Aus dem Gesetz ergebe sich weiters eine entschädigungslose Abtretungsverpflichtung (§ 12 Abs. 2 leg. cit.). Da das gegenüberüberliegende Grundstück als Grünland Park gewidmet sei, beziehe sich die Abtretungsverpflichtung auf die gesamte rund 6 m breite Straße. Im konkreten Fall sei die abzutretende Fläche etwas geringer, da ein Teil der Verkehrsfläche auf Gemeindegrund liege.

Der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom als unbegründet ab und teilte die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde.

Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom Folge, behob den angeführten Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde zurück. Diese Aufhebung erfolgte aus dem Grund, dass dem Auftrag zur Grundabtretung für Verkehrsflächen die Festsetzung einer angemessenen Frist gefehlt habe, weshalb sich der angeführte Berufungsbescheid schon deshalb als rechtswidrig erwiesen habe und aufzuheben gewesen sei.

Die Berufungsbehörde setzte mit Bescheid vom eine solche Leistungsfrist fest (und änderte insofern den erstinstanzlichen Spruch ab) und teilte im Übrigen wieder die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Sie führte insbesondere aus, dass, wenn auch die Grundabtretung bis dato nicht durchgeführt worden sei, durch die rechtskräftige Festlegung der Straßenfluchtlinie im Jahre 1967, die Festlegungen im Flächenwidmungsplan seit 1975 sowie aus den Handlungen der Gemeinde für die Beschwerdeführerin insbesondere im Zeitpunkt der erteilten Baubewilligung im Jahr 1989 jedenfalls klar ersichtlich gewesen sei, dass für die strittige Grundfläche eine Verpflichtung zur Abtretung bestehe. Die zum Zeitpunkt der erteilten Baubewilligung im November 1989 gültige NÖ BauO 1976 habe in ihrem § 13 eine Verpflichtung zur Abtretung anlässlich der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens vorgesehen. Diese Bestimmung sei im Wesentlichen mit dem nunmehr anzuwendenden § 12 NÖ BauO 1996 gleichbedeutend. Nach § 12 NÖ BauO 1996 trete die Abtretungsverpflichtung für Grundflächen, die zwischen Straßenfluchtlinien lägen, ein, " wenn eine Baubewilligung im Bauland für einen Neu- oder Zubau eines Gebäudes erteilt wird ". Dieser Bestimmung sei nicht zu entnehmen, dass sie nur für Baubewilligungen, die nach der NÖ BauO 1996 erteilt würden, gelten solle. Es ergebe sich daraus auch kein zwingender zeitlicher Konnex zur erteilten Bewilligung. Und selbst wenn im Vergleich dazu § 13 NÖ BauO 1976 die Verpflichtung "anlässlich" der Ausführung eines Bauvorhabens normiert habe, besage dies lediglich, dass eben ein konkreter Anlass für die Auslösung der Verpflichtung gesetzt werden müsse, sage aber nichts über den Zeitpunkt des Anlassfalles aus. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 NÖ BauO 1996 seien sämtliche baubehördliche Bescheide bestehen geblieben.

Die Grundabtretungsverpflichtung habe also bereits zum Zeitpunkt der Baubewilligung im Jahre 1989 gegolten, sei aber nie ausdrücklich aufgetragen oder gar vollstreckt worden. Die NÖ BauO 1976 wie auch die NÖ BauO 1996 kennen bezüglich der Grundabtretungsverpflichtung das Rechtsinstitut der Verjährung nicht. Die Frage einer möglichen Verjährung spiele im gegenständlichen Fall "eine Rolle" (offensichtlich gemeint: "keine Rolle"). Die Abtretungsverpflichtung des § 13 NÖ BauO 1976 sei im Wesentlichen "gleich bleibend" in die NÖ BauO 1996 übernommen worden. Es sei somit nicht anzunehmen, dass die Abtretungsverpflichtung lediglich aus dem Grund, dass die Rechtsgrundlage nun einen anderen Namen habe, erloschen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom (Zl. 2005/05/0353) ausgesprochen, die Abtretungsverpflichtung verfolge den Zweck, dass die im § 71 NÖ BauO 1996 umschriebenen Anforderungen an Verkehrsflächen erfüllt werden könnten (die Festlegung von Straßenfluchtlinien diene ja der Regulierung der Verkehrserschließung) und dass es, solange dieser Zweck nicht erreicht sei, möglich sein müsse, entsprechende Grundabtretungsverpflichtungen auszusprechen.

Ein zeitlicher Konnex sei im § 12 NÖ BauO 1996 nicht normiert. Aus dem Verweis der Beschwerdeführerin auf Anm. 15 zu § 12 in Hauer/Zaussinger , NÖ Baurecht6, sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, da "im Zusammenhang mit einer Baubewilligung" dort lediglich als Abgrenzungskriterium zu "im Zusammenhang mit einer Änderung von Grundstücksgrenzen" zu verstehen sei. Worin die Beschwerdeführerin im Gesetzestext zu erkennen glaube, dass der Gesetzgeber den zeitlichen Zusammenhang ausdrücklich normiert habe, sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar. § 12 NÖ BauO 1996 sehe nur vor, dass die Abtretung "im Zuge einer Bewilligung" zulässig sei. Dass eine Baubewilligung (1989) erteilt worden sei, sei unstrittig.

Aus § 12 NÖ BauO 1996 könne nicht abgeleitet werden, dass diese Bestimmung nur für Bewilligungen nach dieser Bauordnung gelte. Wenn sich die Beschwerdeführerin auch darauf berufe, dass die Straße im vorliegenden Fall über 20 Jahre nicht errichtet worden sei, übersehe sie einerseits, dass die mitbeteiligte Stadtgemeinde bereits seit Jahren versucht habe, die Straße herzustellen. Andererseits sei die Gemeinde grundsätzlich bei der Errichtung einer Straße darauf angewiesen, dass die Eigentümer der abzutretenden Teilflächen einen Anlass für eine Abtretung setzten. Es könne daher viele Jahre dauern, bis alle benötigten Teilstücke einer geplanten Straße verfügbar seien. Somit könne man sicherlich nicht von einem generellen Rückabtretungsanspruch in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren ausgehen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes (in seinem Erkenntnis vom , B 774/00) rufe die Nichtverwirklichung des Widmungszweckes innerhalb von 23 Jahren noch keine Bedenken gegen die Widmung als Verkehrsfläche hervor und sei die daraus folgende Grundabtretungsverpflichtung im Hinblick auf die Notwendigkeit einer langjährigen vorausschauenden Verkehrsplanung hinzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst dagegen bei ihm erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 77/10-4, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall war die NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, in Anbetracht der Erlassung dües Berufungsbescheides in der Fassung LGBl. 8200-15 (im Folgenden: NÖ BauO 1996) anzuwenden.

§ 12 NÖ BauO 1996 sieht in Abs. 1 betreffend die Grundabtretung für Verkehrsflächen Folgendes vor:

"(1) Die Eigentümer sind verpflichtet, Grundflächen die zwischen den Straßenfluchtlinien liegen und nicht mit einem Gebäudeteil bebaut sind, in das öffentliche Gut der Gemeinde abzutreten , wenn

1. die Änderung von Grundstücksgrenzen (§ 10), ausgenommen in Aufschließungszonen, oder die Herstellung von Einfriedungen (§ 15 Abs. 1 Z. 17) , angezeigt wird, oder

2. eine Baubewilligung im Bauland

( für einen Neu- oder Zubau eines Gebäudes , ausgenommen Gebäude für öffentliche Ver- und Entsorgungseinrichtungen mit einer Grundrißfläche bis zu 25 m2 und einer Gebäudehöhe bis zu 3 m, oder

( für die Herstellung einer Einfriedung gegen öffentliche Verkehrsflächen oder

( für die Herstellung einer Abstellanlage für

Kraftfahrzeuge auf bisher unbebauten Grundstücken.

erteilt wird.

Erfolgt eine Anzeige nach Z. 1 und ist durch einen Bebauungsplan keine Straßenfluchtlinie festgelegt, ist im Bescheid, mit dem die Grundabtretung vorgeschrieben wird, die Straßenfluchtlinie und deren Niveau zu bestimmen.

Die Grundflächen sind frei von in Geld ablösbaren Lasten und geräumt von baulichen Anlagen, Gehölzen und Materialien zu übergeben. Die grundbücherliche Durchführung ist von dem zur Grundabtretung verpflichteten Eigentümer zu veranlassen. Die Baubehörde hat dem Eigentümer mit Bescheid die Grundabtretung aufzutragen."

§ 23 Abs. 4 NÖ BauO 1996 sieht Folgendes vor:

"(4) Hat eine Grundabtretung nach § 12 Abs. 1 Z. 2 zu erfolgen und ist durch einen Bebauungsplan keine Straßenfluchtlinie festgelegt, ist im Bewilligungsbescheid die Straßenfluchtlinie und deren Niveau zu bestimmen."

Im Beschwerdefall ist wesentlich, dass für den Ausspruch einer Grundabtretung gemäß der angeführten Bestimmung das Vorliegen von Straßenfluchtlinien eine Tatbestandsvoraussetzung darstellt (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom , und Pallitsch/Pallitsch/Kleewein , Niederösterreichisches Baurecht8, S. 260 f, Anm 2 zu § 12 NÖ BauO 1996). Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde insbesondere auf die Festlegung von Straßenfluchtlinien durch die im Jahre 1967 erteilte Baubewilligung für ein auf dem Baugrundstück beabsichtigtes Bauvorhaben berufen. Dieses im Jahre 1967 bewilligte Wohnbauvorhaben ist unbestritten ganz abweichend von der erteilten Baubewilligung ausgeführt worden, weshalb die Baubehörde zutreffend vom Erlöschen dieser Baubewilligung ausgegangen ist. In der Folge wurde die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben in der tatsächlich ausgeführten Form beantragt, die mit dem angeführten Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1989 erteilt wurde. Wenn aber die Baubewilligung aus dem Jahre 1967 erloschen ist, dann können auch die darin vorgeschriebenen Straßenfluchtlinien (früher Baulinien) keine normative Wirkung mehr entfalten. Die belangte Behörde hat sich mit dieser Problematik in keiner Weise auseinandergesetzt. Daraus, dass in Einreichplänen, die im Jahre 1989 bewilligt wurden, die 1967 vorgesehene Straßenfluchtlinie entlang der nördlichen Grundgrenze beachtet wurde, kann nicht - wie dies die belangte Behörde vertreten hat - auf die Festlegung einer Straßenfluchtlinie geschlossen werden.

Straßenfluchtlinien sind gemäß § 69 Abs. 1 NÖ BauO 1996 grundsätzlich in einem Bebauungsplan festzulegen oder gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz und § 23 Abs. 4 NÖ BauO 1996 bescheidmäßig festzulegen (vgl. Pallitsch/Pallitsch/Kleewein , aaO, S. 260, Anm 2 zu § 12 NÖ BauO 1996). Aus der Ausweisung einer Verkehrsfläche im Flächenwidmungsplan ergeben sich keine Straßenfluchtlinien. Eine solche Widmung hat daher keine unmittelbare Wirkung für eine Abtretungsverpflichtung im Sinne des § 12 Abs. 1 NÖ BauO 1996 (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 16.396). Auf Grund der Feststellungen der Behörden ist nicht nachvollziehbar, dass im verfahrensgegenständlichen nördlichen Grenzbereich des Baugrundstückes Straßenfluchtlinien festgelegt wären.

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am