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VwGH vom 01.09.2017, Ra 2017/03/0030

VwGH vom 01.09.2017, Ra 2017/03/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl 405- 4/606-607/1/8-2017, betreffend Duldung von Beseitigungsmaßnahmen nach dem Eisenbahngesetz 1957 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung; mitbeteiligte Parteien: 1. F B in S 2. A B und 3. P B, beide in S, und 4. J Ö in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 I. Sachverhalt

2 A. Mit Bescheid vom trug die vor dem Verwaltungsgericht belangte Bezirkshauptmannschaft (BH) den mitbeteiligten Parteien nach § 45 des Eisenbahngesetzes 1957 auf, die Beseitigung der durch Pflanzenbewuchs eingetretenen Gefährdung der Eisenbahn auf dem Grundstück Nr 869/1 EZ 603, KG 56317, im Bereich von Bahn-km 294,860 bis 295,4 auf der Strecke Wien - Salzburg, in Form eines Kahlhiebs von ca einer Baumlänge entlang der Eisenbahnlinie zu dulden.

3 B.a. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 1 VwGVG den dagegen von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Beschwerden mit der Maßgabe Folge, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nach den Worten "in Form eines Kahlhiebes" wie folgt zu lauten hat: "in der Breite von 10 m ab dem Böschungsansatz an beiden Seiten entlang der Eisenbahnlinie", wobei auf die kartographische Darstellung auf Seite 9 des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides hingewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Die Erhebung einer ordentlichen Revision gegen diese Entscheidung wurde als unzulässig qualifiziert (Spruchpunkt II.).

4 B.b. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass die revisionswerbende Partei mit Schreiben vom nach § 45 des Eisenbahngesetzes (EisbG) die Duldung der Beseitigung der durch Naturereignisse eingetretenen Gefährdung der Eisenbahn im Form eines Kahlhiebes von ca einer Baumlänge links und rechts der Bahnstrecke auf den Grundstücken der mitbeteiligten Parteien beantragt habe.

5 Vom Verwaltungsgericht sei ein forsttechnischer Amtssachverständiger zur Ermittlung des konkreten Gefährdungsbereiches, ausgehend von der konkreten Standort- und Bestandsstruktur, beauftragt worden, dieser habe die nachfolgende gutachterliche Beurteilung abgegeben:

"1. Fragestellung

Mit Schreiben vom wurde der Unterfertiger vom Landesverwaltungsgericht Salzburg als forstlicher Sachverständiger zum gegenständlichen Verfahren beigezogen.

In der Begutachtung wurde durch die verfahrensführenden

Richter ... ersucht die konkrete Gefährdung der

Eisenbahnanlage durch den jeweils verfahrensgegenständlichen Waldbestand und die daraus resultierende Notwendigkeit der Bewuchsentfernung zu beurteilen.

2. Methodik

Der Gutachter hat sich die Frage zu stellen, in wie weit von einem an die Eisenbahnanlage angrenzenden Waldbestand eine Gefährdung für den Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung des Betriebes der Eisenbahn und des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, ausgeht.

Die angeführten Beispiele, vor allem das Windwurfereignis vom , lassen davon ausgehen, dass die oben angesprochenen Gefährdungslagen durch auf den Bahnkörper samt Nebenanlagen gelangende Bäume oder Teile derselben zu Stande kommen. Die Bestandesstabilität ist daher zu beurteilen, wobei besonderes Augenmerk auf atmosphärische Einwirkungen und die Widerstandkraft gegenüber diesen Einwirkungen Gegenstand dieser Begutachtung ist.

Die Parameter für die Bestandesstabilität sind Bodenaufbau, Standortseignung der Baumarten, H/D-Werte der Baumindividuen, biotische Schäden, horizontale und vertikale Struktur der Bestände.

Zur Beurteilung dieser Parameter wurde neben einem Lokalaugenschein auf das Differenzmodel der Laserscanaufnahme von 2008 sowie die Orthophotoauswertung des BFW auf Basis des Orthophotos 2014 herangezogen. Die Angaben zum Bodenaufbau und zum Bestandesalter beziehen sich auf Aussagen des zuständigen Bezirksförster Ing. W A und wurden über die Hilfstafeln für die Forsteinrichtung (Marschall, Österreichischer Agrarverlag 1992) verifiziert. Die Bestandesstruktur und allfällige biotische Schäden wurden okular angesprochen.

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 1: die Bestockung ragt über die Grundfläche GP 833

KG S hinaus

3. Befund

Bei den betroffenen Waldflächen handelt es sich um bestockte Grundflächen als Teile der GP 834, GP 833 und GP 832 je KG S sowie die GP 556 KG T nordwestlich der Bahnstrecke zwischen den Ortschaften H und W sowie der GP 942 und GP 943 je KG S südöstlich der Bahnstrecke zwischen den Ortschaften H und W. Zudem befinden sich einzelne Baumindividuen auf GP 869/1 KG S, welche sich im Eigentum der Ö AG befindet (sh.Abbildung 1). Im nordwestlichen Bereich erstreckt sich der Waldbestand über eine Länge von 583 m (aus dem Luftbild gemessen) im südöstlichen Bereich ist eine Bestandeslänge von 260 m entlang der Bahntrasse maßgeblich.

Die Waldbestände auf der nordwestlichen Bahnseite stocken auf tiefgründigen Braunerdeböden. Vernässungsstellen wurden nicht angetroffen. An der südöstlichen Seite ist das Gelände zum W Moor hin flacher, jedoch höher als das eigentliche Moorniveau situiert. Auch hier sind keine stauwasserbeeinflussten Böden erkennbar.

Die unmittelbar an die Bahntrasse angrenzenden Baumreihen sind tief beastet. Die Grünäste ragen in den die Bahntrasse begleitenden Wiesenstreifen hinein (sh.Abbildung 2).

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 2: Baumbestand nordwestlich entlang der Bahntrasse

3.1. Waldbestand GP 834 KG S

Der Waldbestand ist im südlichen Teil durch Laub-Nadel-Mischwald im beginnenden bis mittleren Baumholzstadium auf den ersten 100 lfm gekennzeichnet. Die Baumarten Fichte, Eiche und Buche dominieren das Bestandesbild. In diesem Bereich findet sich auch ein Windwurfloch, welches durch das Umfallen eines Starkholzbaumes (Tanne) generiert wurde (sh. Fotos Ö, Ereignis ). Die Baumhöhen dieses Bestandes erreichen bis zu 30 m. Die Seitens der Ö festgelegte Gefährdungsgrenze ist in etwa 25 m im Bestandesinneren gekennzeichnet. Der Waldbestand weist unterschiedliches stadiales Alter auf und ist vertikal gut strukturiert (sh. Abbildung 3)

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 3: Waldbestand am Rand des ersten Windwurfloches Weiter der Bahnlinie folgend ändert sich das Bestandesbild

grundlegend. Auf der Länge von ca. 170 lfm herrscht ein reiner Fichtenbestand im Stangenholz bis schwachem Baumholzstadium vor. Die Bestockung ist sehr hoch, die stärksten Durchmesser erreichen 25 cm BHD nicht. Die Baumkronen der Fichten sind daher entsprechend kurz entwickelt, während die Baumhöhen bereits über 22 m betragen. Dies ergibt einen H/D Wert von mindestens 88.

Im Verlauf entlang der Bahntrasse steigt das Grundstück anfangs kontinuierlich an. Der Niveauunterschied von 11 m zum Niveau der Bahntrasse wird an der Grenze zur GP 833 KG S erreicht. Die Böschungen zur Eisenbahn sind unbestockt.

3.2 Waldbestand GP 833 und 832 KG S

Auch dieser Bestand, im Eigentum (der zweit- und der

drittmitbeteiligten Parteien) ... , präsentiert sich als

Fichtenstangenholz, teilweise beginnendes Baumholzstadium. Auch hier wurden keine Pflegeeingriffe gesetzt. Baumhöhen und Brusthöhendurchmesser sowie die HD Werte sind mit dem Fichtenbestand auf GP 834 KG S vergleichbar (Abbildung 4).

Erst im letzten Teil des Grundstücks wird der Bestand deutlich jünger. Waren bislang ca. 45 Jahre alte Baumindividuen vorherrschend, so muss das Bestandesalter nunmehr mit 35 Jahren festgestellt werden. Auch im Bereich der an die Bahntrasse angrenzenden Waldflächen der GP 832 KG S ändert sich das Bestandesbild nicht.

3.3. Waldbestand GP 942 KG S

Die Waldbestände sind hier weiter von der Bahnlinie abgerückt als an der nordwestlichen Seite. Die Fläche ist mit 100 % Fichte im Stangenholzstadium bestockt und weist ein Alter von ca. 35 Jahren auf. Die Höhen in diesem Bereich sind ca. 20 m. Windwürfe waren nicht erkennbar. Der Bestockungsgrad liegt über 1,0. Die Brusthöhendurchmesser überschreiten kaum 20 cm. Die H/D Werte der Baumindividuen liegen zwischen 80 und 100.

3.4. Waldbestand GP 943 KG S

Auch auf der GP 943 KG S stockt ein homogenes Fichtenstangenholz. Größe und Struktur dieses Bestandes ist mit jenem auf GP 942 KG S vergleichbar.

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 4: Fichten-Stangenholz ohne Pflegemaßnahmen, Auffällig sind die kurzen Baumkronen

4. Gutachten

Im anschließenden Gutachten wird auf die Gefährdungslage hinsichtlich unterschiedlicher atmosphärischer Störungen eingegangen. Dabei wird zwischen Windwurf und Schneedruck differenziert. Zudem werden die für den Bestand und Betrieb der Eisenbahn relevanten Reichweiten dargestellt:

4.1. Windwurfgefährdung

Das die Waldbestände durch Windwurf beeinträchtigt werden können ist bekannt. Neben den in der Methodik beschriebenen Bestandesparametern haben vor allem die Windgeschwindigkeit und die Art des Windes einen großen Einfluss auf die Auswirkungen. Die vorhandenen Windwurflöcher mit eher kleiner Flächengröße lassen den Schluss zu, dass hier böige Winde mit lokalen Verwirbelungen und hohen Geschwindigkeiten die Bäume zu Fall brachten. Die weitgehende Homogenität der Waldbestände, vor allem der Fichtenhölzer hätte bei gleichbleibenden Windverhältnissen zu einem Flächenereignis führen müssen.

Gleichbleibend starke Winde gibt es in dieser Region vor allem aus der Hauptwindrichtung West/Nordwest und diese prallen somit auf der bahnabgewandten Seite auf den gegenständlichen Waldkomplex der GP 832, 833 und 834 je KG S. Die südöstlich der Bahntrasse gelegenen Waldbestände der GP 942 und GP 943 KG S bilden eine frontale Angriffslinie für diese Hauptwinde. Das Aufwachsen der Bäume entlang der durch die Bahn erzeugten Schneise hat jedoch zur Ausbildung eines tiefbeasteten Baumgürtels geführt. Die Windkräfte verteilen sich hier anders als bei unbeasteten, hohen Bäumen mit kurzer grüner Krone. Die Hebelwirkung der Angriffsfläche auf den gesamten Baum ist deutlich geringer.

Böige Winde mit Verwirbelungen sind hier auf jeden Fall gefährlicher. Vor allem bei orkanartigen Windgeschwindigkeiten werden Bäume leichter entwurzelt. Die Häufigkeit des Auftretens derartige Windereignisse im gegenständlichen Gebiet ist dem Verfasser dieses Gutachtens nicht bekannt.

Die erhobenen Bestandesparameter führen zu dem Schluss, dass der Waldbestand an sich nicht durch Windwurf in höherem Ausmaß gefährdet ist. Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Schadens durch Windwurf ist anderen Waldbeständen gleich zu setzen. Eine konkretere Gefährdung, zum Beispiel durch bereits hängende Bäume oder windoffene Bestandeslinien, ist nicht erkennbar.

4.2. Schneedruck

Unter Schneedruck versteht die Forstfachwelt das Abknicken von Baumindividuen unterhalb der grünen Krone, welches durch die Auflast von Schnee auf Grund einer geringen mechanischen Stabilität des Stammes zu Schäden führt. Die mechanische Stabilität ist von der Dicke des Stammes und von der Höhe (Knicklänge) abhängig. In der Literatur (sh. Zusammenhang von Stabilität, Standraum und HD-Wert; Rössler G. 2013; http://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/waldbau/wachstum/bfw_standr aum/index_DE) gelten Waldbestände mit einem HD-Wert bis 80 als stabil, zwischen 81 und 95 als labil und ab 95 als instabil. Die hohe Bestockung ist darauf zurück zu führen, dass seit der Bestandesbegründung keine Pflegeeingriffe durch die Grundeigentümer vorgenommen wurden. Weder im Dickungsstadium, noch im Stangeholz wurden Maßnahmen zur Stabilisierung der Waldbestände gesetzt. Dies hat zu den im Befund dargestellten hohen H/D-Werten geführt. Die Waldbestände an beiden Seiten der Bahnlinie wurden aus forstfachlicher Sicht mangelhaft bewirtschaftet. Auch ohne Gefährdungspotentiale für den Bahnbetrieb ist bei den gegenständlichen Waldbeständen von einem erhöhten Produktionsrisiko bei Nassschneeereignissen auszugehen.

Die vorgefunden HD Werte lassen darauf schließen, dass die Waldbestände zumindest einen labilen Zustand aufweisen. Das Risiko des Abrechens von Stämmen unterhalb der grünen Krone ist daher bereits erhöht. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines derartigen Schadens ist damit deutlich höher, als bei vergleichbaren Waldbeständen mit stabilen HD-Werten.

Die Bäume fallen dabei im Gegensatz zur Entwurzelung durch Windwurf nicht zur Gänze um. Das vorhandene konkrete Gefährdungspotential hat daher eine geringere Reichweite."

6 Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei vom Sachverständigen ergänzend ausgeführt worden, dass durch einen Pflege- und Durchforstungseingriff eine kurzfristige Instabilität der Bestände verbunden sei, die sich jedoch auf Grund des raschen Wachstums der Bestände rasch wieder stabilisieren würden. In den ersten zwei bis drei Jahren nach den Pflegemaßnahmen würde sich am konkreten Gefährdungsausmaß nichts ändern. Die Baumkronen würden einen "grünen Teil" von 5 bis 7 m aufweisen, bei Schneedruckereignissen sei üblicherweise darunterliegend die Knickstelle der Bäume anzunehmen. Daraus ergebe sich ein etwa 10 m breiter Streifen, ab dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr davon ausgegangen werden könnte, dass eine Gefährdung für den Bahnbereich eintreten werde. Dieser 10 m-Bereich sei am Beginn der Böschung anzusetzen. Diese Gefährdungslage sei beidseitig auf der gegenständlichen Bahnanlage gleich anzunehmen. Als alternative Bewirtschaftungsformen der betroffenen Flächen seien solche der Niederwaldbewirtschaftung (beispielsweise in Form von Energieholz- oder Christbaumkulturen) realisierbar.

7 Nach Wiedergabe der §§ 45, 43 Abs 1 EisbG hielt das Verwaltungsgericht weiters fest, dass den Beschwerdeausführungen der mitbeteiligten Parteien soweit zu folgen sei, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Eigentumseingriff handle, der unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beurteilen sei und infolge dessen die konkrete Festlegung des Gefährdungsbereiches einer entsprechenden Sachverständigenbeurteilung bedürfe. Diesem Erfordernis sei vom Verwaltungsgericht mit der Zuziehung des forsttechnischen Amtssachverständigen entsprochen worden, wodurch anhand der konkreten Standort- und Bestandsparameter der Gefährdungsbereich aus forstfachlicher Sicht dargestellt worden sei.

8 Ausgehend von den Ausführungen des beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen sei für die Bahnanlage der revisionswerbenden Antragstellerin im verfahrensgegenständlichen Abschnitt ein Gefährdungsbereich iSd § 43 EisbG von rund 10 m, ausgehend von der Böschungs(tal)kante entlang der Bahnanlage, anzunehmen. Dies stütze sich nach den gutachterlichen Ausführungen vor allem auf die konkrete Bestandskultur des dort stockenden Waldes, wobei in Bezug auf die konkrete Gefährdungssituation auf Basis des Sachverständigen weniger von der Gefahr durch Windwurf auszugehen, sondern vielmehr als Gefahrenquelle ein Schneedruckereignis anzunehmen sei. Dies habe verfahrensentscheidend zur Folge, für den Gefährdungsbereich nicht eine ganze Baumlänge, sondern eine entsprechend dem Schneedruck typische kürzere Entfernung als Gefahrenbereich für die Bahnanlage zugrunde zu legen. Diesen Gefährdungsbereich habe der Sachverständige auf der Basis der Kronenausformung der dort stockenden Bäume mit 10 m (vom Böschungsansatz entlang der Bahnanlage ausgemessen) beziffert (die kartographische Übertragung dieses 10 m-Bereiches wurde auf einer in die Erkenntnisbegründung aufgenommenen Luftbildaufnahme dargestellt).

9 Mit der nunmehrigen Festlegung einer konkreten Entfernung vom Böschungsansatz entlang der Bahnstrecke in Form eines diesbezüglichen Abstands von 10 m sei auch den Beschwerdeausführungen hinsichtlich einer unzulänglichen Bestimmtheit des Bescheidspruches Rechnung getragen worden.

10 Zur Begründung des Spruchpunktes II. wurde im Wesentlichen der Text des Art 133 Abs 4 B-VG wiedergegeben.

11 C. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision insbesondere mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.

12 D. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erstattete eine Revisionsbeantwortung.

13 II. Rechtslage

14 Die vorliegend einschlägigen Bestimmungen des EisbG,

BGBl Nr 60/1957 idF BGBl I Nr 137/2015, lauten:

"Gefährdungsbereich

§ 43. (1) In der Umgebung von Eisenbahnanlagen (Gefährdungsbereich) ist die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung des Betriebes der Eisenbahn und des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, gefährdet wird."

"Beseitigung eingetretener Gefährdungen

§ 45. Die innerhalb des Gefährdungsbereiches durch Naturereignisse (wie Lawinen, Erdrutsch, natürlicher Pflanzenwuchs) eingetretenen Gefährdungen der Eisenbahn (§ 43 Abs. 1) sind vom Eisenbahnunternehmen zu beseitigen. Wenn der Verfügungsberechtigte hiezu seine Zustimmung verweigert, so hat ihm die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Eisenbahnunternehmens die Duldung der Beseitigung aufzutragen."

15 III. Erwägungen

16 A. Die Revision ist zulässig und begründet, weil (wie auch von der revisionswerbenden Partei iSd § 28 Abs 3 VwGG dargelegt) das Verwaltungsgericht die sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergebenden Leitlinien nicht hinreichend beachtet hat.

17 B. Die nach § 45 erster Satz EisbG das Eisenbahnunternehmen treffende Pflicht zur Beseitigung von Gefährdungen der Eisenbahn bezieht sich auf das in § 43 Abs 1 EisbG enthaltene Verbot, in der Umgebung von Eisenbahnanlagen Anlagen zu errichten oder Handlungen vorzunehmen, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung des Betriebs der Eisenbahn und des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, gefährdet wird (vgl dazu und zum Folgenden , und , beide mwH). Dieses Verbot erfasst schlechterdings die Umgebung von Eisenbahnanlagen. Gefährdet eine bestimmte Nutzung von Grundstücken in der Umgebung von Eisenbahnanlagen den Eisenbahnbetrieb, dann ist diese nach § 43 Abs 1 leg cit verboten, wobei nach § 43 EisbG lediglich die sich aus der Rechtsordnung ergebende objektive Verbotswidrigkeit maßgebend ist. Die dem Eisenbahnunternehmen aufgetragenen Beseitigungsmaßnahmen nach § 45 erster Satz EisbG sind im Lichte des verfassungsmäßigen Eigentumsschutzes zu sehen, weshalb Beseitigungsmaßnahmen streng an die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit gebunden sind. Nach § 45 zweiter Satz EisbG hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Eisenbahnunternehmens dem Verfügungsberechtigten die Duldung der Beseitigung aufzutragen, wenn dieser hiezu seine Zustimmung zur Beseitigung verweigert. Der Duldungsauftrag ist an den Verfügungsberechtigten der von der Beseitigung erfassten Liegenschaft zu richten. § 45 iVm § 43 Abs 1 EisbG zielen angesichts des mit diesen Bestimmungen offensichtlich verfolgten Zweckes, die in § 43 Abs 1 leg cit genannten Gefährdungen auszuschließen, auf eine sichere und nachhaltige Beseitigung bzw Hintanhaltung dieser Gefährdungen ab, wobei auch im Sinn der besagten Verhältnismäßigkeitsbindung nur dementsprechende Maßnahmen bzw deren Duldung als geeignet zur Erreichung der Zielsetzungen dieser Bestimmungen angesehen werden können. Das Eisenbahnunternehmen hat die durch Naturereignisse eingetretene Gefährdung selbst auf eigene Kosten zu beseitigen (vgl idS ).

18 C. Werden diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, so ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht die Rechtslage nicht hinreichend beachtet hat.

19 Wenn im gegenständlichen Gefährdungsbereich unstrittig schon wiederholt Schäden durch Windwurf an der Eisenbahnanlage einschließlich der Folge von Betriebsstörungen eingetreten sind, vermag die vom Verwaltungsgericht auf Basis der gutachterlichen Stellungnahme getroffene Beurteilung, dass vorliegend weniger auf die Gefahr durch Windwurf, sondern vielmehr auf die Gefahrenquelle durch Schneedruckereignisse abzustellen sei, angesichts des Erfordernisses einer sicheren und nachhaltigen Beseitigung bzw Hintanhaltung von Gefährdungen iSd § 43 EisbG nicht zu überzeugen. Der Sachverständige hat in diesem Kontext auf Grund der vorhandenen Windwurflöcher mit eher kleiner Flächengröße angenommen, dass hier böige Winde mit lokalen Verwirbelungen und hohen Geschwindigkeiten die Bäume zum Fall gebracht haben. Dass, wie der Sachverständige meint, vorliegend die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Schadens durch Windwurf mit der in anderen Waldbeständen gleichzusetzen sei, kann einer hier gegebenen Gefährdung iSd § 43 Abs 1 EisbG keinen Abbruch tun. Gleiches gilt für den Hinweis des Sachverständigen, dass ihm die Häufigkeit des Auftretens von orkanartigen Windgeschwindigkeiten im gegenständlichen Gebiet nicht bekannt sei.

20 IV. Ergebnis

21 A. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

22 B. Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte unterbleiben, weil die in der angefochtenen Entscheidung getroffene rechtliche Beurteilung - wie dargestellt - von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl § 39 Abs 2 Z 4 VwGG). Ferner konnte auch gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da das Verwaltungsgericht, ein Tribunal iSd EMRK bzw ein Gericht iSd Art 47 GRC, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl dazu , mwH).

23 C. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am