VwGH vom 25.01.2013, 2012/09/0116
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Mag. JL in T, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/2/2/36, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/9/11772/2010-9, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der G GmbH, etabliert in W, zu verantworten, dass diese Gesellschaft auf der Baustelle in E drei näher bezeichnete ungarische Staatsangehörige zu näher angeführten Zeiten beschäftigt habe (sie seien bei Renovierungsarbeiten betreten worden), obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe zwischen EUR 1.900,-- bis EUR 2.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts infolge Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde führte zu der in der Berufungsverhandlung geltend gemachten Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aus:
"Im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist der Sitz des Unternehmens des Arbeitsgebers im Zweifel der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen bzw. waren von dort aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen (vgl. VwGH E , 2001/09/0080 mit Hinweis auf E 27.41994, 94/09/0064).
Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. a.a.O.) folgend trifft es zwar zu, dass in einem Fall, in dem die tatsächliche Leitung eines Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt wird, dieser tatsächliche Sitz des Unternehmens als jener Ort anzusehen ist, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen, doch ergibt sich auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall keine örtliche Unzuständigkeit des Magistrats der Stadt Wien.
Örtlich zuständig ist gemäß § 27 Abs. 1 VStG die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist gemäß § 27 Abs. 2 VStG die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat. Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs. 1 VStG die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.
Der Sitz der 'G GmbH' ist nach der unbestrittenen Aktenlage (vgl. den im Akt einliegenden Firmenbuchauszug, Stichtag ) nach dem Firmenbuchstand in W. Dafür dass die Unternehmensleitung faktisch an einem anderen Ort ausgeübt wurde, hat sich im erstinstanzlichen Verfahren kein konkreter Anhaltspunkt ergeben. Sowohl in den Eingaben des (Beschwerdeführers) als auch aus der von diesem vorgelegten Urkunde (Kopie des 'Werkvertrages') ist die 'G GmbH' mit Sitz in W angeführt. (Im übrigen gilt dies auch für die mit der Berufung vorgelegten bzw. im Stadium des Berufungsverfahrens vom (Beschwerdeführer) vorgelegten Urkunden - Bestandverträge, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V betreffend den Entzug der Gewerbeberechtigungen).
Der Magistrat der Stadt Wien konnte damit ausgehend vom Firmenbuchstand als Behörde, in deren Sprengel der als Tatort anzusehende Sitz des von (dem Beschwerdeführer) vertretenen Unternehmens lag, seine örtlich Zuständigkeit zu Recht in Anspruch nehmen. Der Magistrat der Stadt Wien ist denn auch jene Behörde, die im vorliegenden Fall die erste Verfolgungshandlung gesetzt hat
Erst im Berufungsverfahren vorgebrachten Umstände, wie etwa die Behauptung, dass die Firma im wesentlichen von der Filiale in L aus geführt worden sei, vermögen die örtliche Zuständigkeit, im gegenständlichen Fall des Magistrats der Stadt Wien, unter den gegebenen Umständen nicht ex tunc in Frage zu stellen (vgl. VwGH E , 2004/09/0036)."
Der Beschwerdeführer lässt in der Beschwerde unbestritten, dass die G GmbH im Firmenbuch mit dem Sitz in W eingetragen ist, dieser Sitz bildet eine Geschäftsadresse.
Nicht bestritten werden auch die Feststellungen der belangten Behörde, dass in den schon im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten "Eingaben (des Beschwerdeführers) als auch aus der von diesem vorgelegten Urkunde … die G GmbH mit Sitz in W angeführt" sei.
Der Beschwerdeführer wendet aber ein, aus dem Firmenbuch gehe weiters hervor, dass eine Zweigniederlassung in L geführt werde, bei der der Tätigkeitsumfang "Bauträger, Baumeister, Zimmermeister" eingetragen sei. Die betretenen Ausländer hätten Renovierungsarbeiten durchgeführt.
Nach § 27 Abs. 1 VStG ist die Behörde für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat.
Durch Setzen einer Verfolgungshandlung kann nur eine Behörde zuständig werden, in deren Sprengel die Übertretung nach dem Tatvorwurf überhaupt begangen worden sein konnte. Die Zuständigkeit dieser Behörde muss also nach dem Sachverhalt in Betracht kommen. In diesem Fall ist - anders als im Fall des § 28 VStG - eine endgültige Zuständigkeit der zuerst einschreitenden Behörde gegeben (vgl. zutreffend Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 541, Anm 8).
Auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung eingegangen und von dort aus wäre die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/09/0099, mwN).
Vorliegend wurde unbestritten die erste Verfolgungshandlung durch den Magistrat der Stadt Wien gesetzt. Dabei handelt es sich um die Behörde des im Firmenbuch eingetragenen Sitzes in W des Beschwerdeführers.
Gegenständlich durfte die Behörde erster Instanz schon auf Grund der Eintragung des Sitzes der G GmbH in W, bestärkt durch Eingaben des Beschwerdeführers und eine vom ihm vorgelegte Urkunde, welche diesen Sitz anführen und damit ein tatsächliches Handeln am Ort dieses Sitzes indizieren, zu Recht davon ausgehen, dass als Tatort W in Betracht komme. Dass auch eine Zweigniederlassung in OÖ im Firmenbuch eingetragen ist und die gegenständliche Baustelle, auf der die Ausländer arbeitend angetroffen wurden, sich im gleichen Bundesland befindet, konnte allenfalls eine Ungewissheit im Sinne des § 27 Abs. 2 VStG schaffen. Auch das Argument des Beschwerdeführers betreffend den im Firmenbuch eingetragenen Tätigkeitsumfang der Zweigniederlassung verfängt nicht: Denn mit Tätigkeitsumfang "Bauträger, Baumeister, Zimmermeister" ist keine Aussage darüber getroffen, wer für die Aufnahme von Arbeitskräften und die Einholung arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen firmenintern zuständig ist und wo dies erfolgt.
Die Erstbehörde war auf Grund dieser schwachen, abstrakten Hinweise auf einen anderen Tatort als den Firmensitz nicht verhalten, von Amts wegen Ermittlungen anzustellen, ob etwa die tatsächliche Unternehmensleitung der GmbH von OÖ aus erfolgt sei. Ein Umstand, der gemäß § 27 Abs. 1 VStG die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet, kann nämlich erst dann als hervorgekommen angesehen werden, wenn er der Behörde konkret und in einer die Annahme des Firmensitzes als Tatort ausschließenden Weise zur Kenntnis gelangt ist, allenfalls in dem Zeitpunkt, in dem ihn die Behörde bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt hätte kennen müssen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0099).
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-72261