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VwGH vom 27.02.2013, 2010/05/0034

VwGH vom 27.02.2013, 2010/05/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des MK in H, vertreten durch Mag. Kathrin Hetsch-Neuhold, Rechtsanwältin in 3430 Tulln, Albrechtsgasse 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , GZ. RU1-BR-905/002-2009, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3,

2. CV und 3. PV, die letzteren Beiden in H, beide vertreten durch Onz - Onz - Kraemmer - Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 sowie der zweit- und der drittbeteiligten Partei gemeinsam Aufwendungen (ebenfalls) in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer des in der KG H gelegenen Grundstückes Nr. 301/9. Die Zweit- und der Drittmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) sind Miteigentümer des östlich an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. 301/12, KG H.

Die Bauwerber beantragten mit Eingabe vom die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die geänderte Ausführung der mit Bescheid vom bewilligten Garage auf ihrem Grundstück. Das Gebäude ist mit seiner seitlichen nordöstlichen Gebäudefront entlang der Grundgrenze zum Grundstück des Beschwerdeführers situiert.

Im erstinstanzlichen Verfahren erhob der Beschwerdeführer gegen das Vorhaben nach Ladung zur Verhandlung den Einwand, dass der Verlauf der Grundstücksgrenze bis zum heutigen Tage nicht geklärt sei. In allen erstatteten Stellungnahmen (u.a. der Gemeinde) werde "bewusst oder unbewusst" vergessen, den § 13 Liegenschaftsteilungsgesetz zu berücksichtigen. Danach sei die Abtretung von Grundstücken oder Grundstücksteilen zu beurkunden. Die Zustimmungserklärung sei keine Beurkundung. Die Beurkundung habe bei Abschreibung, also Übertragung an einen neuen Besitzer, in jedem Fall zu erfolgen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte § 13 Liegenschaftsteilungsgesetz gar nicht angewendet werden dürfen (dies wird näher ausgeführt). Sobald die Bauwerber diese Beurkundung, die nach der angeführten Bestimmung des Liegenschaftsteilungsgesetzes für eine Abtretung erforderlich sei, vorlegen würden und diese Abtretung im Grundbuch vermerkt sei, würde er dem Bauvorhaben zustimmen. Bis dahin verweigere er dem Bauvorhaben die Zustimmung.

Auf Anfrage der Baubehörde erster Instanz teilte das Vermessungsamt K mit Schreiben vom mit, dass das Baugrundstück auf der Grundlage "von VHW 1/1997" (Veränderungsmitteilung) und dem Teilungsplan von Dipl. Ing. K. P., GZ. 1765/96, vom im Grenzkataster eingetragen sei. Die Grenzen dieses Grundstückes seien daher rechtlich gesichert.

Der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom dem angeführten Bauvorhaben die baubehördliche Bewilligung; die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen und auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Zur Begründung heißt es, die Vorprüfung habe ergeben, dass das Bauvorhaben den Bestimmungen der NÖ Bauordnung und des Bebauungsplanes entspreche. Bezüglich des Einwandes, dass die Grundstücksgrenze nicht gesichert sei, werde auf die Stellungnahme des Vermessungsamtes vom verwiesen. In dieser werde bestätigt, dass das Baugrundstück in den Grenzkataster eingetragen sei und daher die Grenze rechtlich gesichert sei. Der gesicherte Verlauf der betroffenen Grundstücksgrenzen sei von der Baubehörde (auf Grund des Grenzkatasters und des angeführten Teilungsplanes) festgestellt worden. Weiters sei der Einwand, es lägen die Voraussetzungen für die grundbücherliche Durchführung des Teilungsplanes GZ. 1765/96 des Dipl. Ing. K. P. nicht vor, nicht stichhaltig. Aus dessen Stellungnahme vom gehe zweifelsfrei hervor, dass alle zur grundbücherlichen Durchführung des Teilungsplanes notwendigen Unterlagen bei einem näher genannten Notar auflägen (im übermittelten Akt liegt eine diesbezügliche Stellungnahme des angeführten Zivilingenieurs an den Drittmitbeteiligten vom November 2009 ein, nach der der angeführte Teilungsplan grundbücherlich durchgeführt wurde).

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Eine grundbücherliche Durchführung des Teilungsplanes GZ 1765/96 des Dipl. Ing. K. P. sei "bis heute nicht erfolgt". Seine "Nachbarschaftsrechte" seien daher "zu 100% intakt" (der Beschwerdeführer bringt in der Berufung zusammengefasst zum Ausdruck, mangels grundbücherlicher Durchführung des Teilungsplanes befinde sich die Garage zum Teil auf seinem Grundstück).

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde verwies zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers - wie schon die erstinstanzliche Baubehörde - auf die Stellungnahme des Vermessungsamtes vom .

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Auch die belangte Behörde verwies insbesondere darauf, dass nach dem angeführten Schreiben des Vermessungsamtes K das Baugrundstück im Grenzkataster eingetragen sei. Grundlage dafür sei der angeführte Plan des Dipl. Ing. K. P. GZ 1765/96 vom . Aus der Sicht des Vermessungsamtes seien die dieses Grundstück betreffenden Grenzen rechtlich gesichert.

Es sei daher auch der Bestimmung des § 19 NÖ Bauordnung 1996 Genüge getan worden und die lagerichtigen Darstellungen der Grenzen aus dem Grenzkataster übernommen worden, die daher als rechtlich gesichert anzusehen seien.

Weiters sei von den Bauwerbern eine Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes T vom vorgelegt worden. Darin sei in Punkt 5 u.a. angeführt worden, dass sich die Bauwerber (als dort beklagte Parteien) verpflichteten, an der gemeinsamen Grundstücksgrenze an den Vermessungspunkten Nr. 899 und 904 der Beilage die dort befindlichen Bäume durch eine thujenartige Hecke zu ersetzen. Die Parteien hätten einvernehmlich an der Grundstücksgrenze die Punkte mit einem Kreuz gekennzeichnet. In dem der Vergleichsausfertigung angeschlossenen Plan sei die Grundstücksgrenze zwischen diesen beiden Grundstücken durch Kreuze gekennzeichnet. Es sei daher für die belangte Behörde offensichtlich, dass die Streitigkeiten über die Grundgrenze endgültig erledigt worden seien. Durch den Abschluss dieses Vergleiches sei die Grenze auch vom Beschwerdeführer anerkannt worden. Den Umstand, dass diese anerkannte Grundstücksgrenze im Grundbuch nicht eingetragen worden sei, wobei auch hier die Aussagen widersprüchlich seien, müsste die Baubehörde nicht weiter beachten, weil die Grenze im Sinne der Bestimmungen der NÖ Bauordnung rechtlich gesichert sei und durch den rechtskräftigen Vergleich vor dem Bezirksgericht T die Zustimmung beider Parteien (offenbar gemeint: zum Grenzverlauf) gegeben sei. Im Übrigen sei weder in der Berufung noch in der Vorstellung die Verletzung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 vorgebracht worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei einerseits sowie die Bauwerber andererseits - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Beschwerdeführer hat repliziert.

Das Vermessungsamt K übermittelte auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes (auf elektronischem Wege) den Akt zum Bescheid des Vermessungsamtes T vom , mit dem hinsichtlich des Baugrundstückes der Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt wurde. Dieser Akt enthält auch den Teilungsplan des Dipl. Ing. K. P. GZ 1765/96 vom , den Beschluss des Bezirksgerichtes T vom , mit dem die Teilung des (früheren) Grundstückes Nr. 301/5 in das Baugrundstück (Nr. 301/12) und das Grundstück Nr. 301/5 (neu) grundbücherlich durchgeführt wurde (dem u.a. der genannte Teilungsplan und der angeführte Bescheid des Vermessungsamtes T zu Grunde lagen), und ein Verzeichnis von Zustimmungserklärungen (u.a. des Beschwerdeführers als Grundeigentümers des Grundstückes Nr. 301/9) gemäß § 43 Abs. 6 Vermessungsgesetz. Danach stimmten die unterzeichnenden Grundeigentümer (u.a. der Beschwerdeführer) dem in der Natur festgelegten und im zugehörigen Plan (hier dem angeführten Teilungsplan) dargestellten Grenzverlauf zu.

Im vorgelegten Bauakt erliegt weiters die baubehördliche Bewilligung gemäß § 10 NÖ BO 1996 vom für die Abteilung des bestehenden Bauplatzes Nr. 301/5, KG H, in zwei Bauplätze, nämlich Nr. 301/5 (neu) und Nr. 301/12, gemäß dem angeführten Teilungsplan.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (im April 2009) war im vorliegenden Beschwerdefall die NÖ Bauordnung 1996 - NÖ BO 1996, LGBl. 8200-0 idF LGBl. 8200-15, anzuwenden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen subjektiven Rechten deshalb verletzt, weil den Bauwerbern eine Baubewilligung erteilt worden sei, obwohl die Grenzen für dieses Grundstück nicht im Grundbuch eingetragen und diese damit rechtlich nicht gesichert seien. Die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde, die die rechtlich gesicherte Grenze auf Grund der Eintragung im Grenzkataster und eines rechtskräftigen Vergleiches der beiden Parteien annehme, sei falsch. Eine Änderung der Grundgrenze, wie sie 1996 vorgenommen worden sei, müsse im Grundbuch eingetragen werden. Andernfalls sei sie unwirksam.

Es kann dahingestellt werden, ob der Beschwerdeführer damit ein Nachbarrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BO 1996 geltend macht oder auch eine Verletzung im Eigentumsrecht an dem ihm gehörenden Grundstück Nr. 301/9, weil dem Vorbringen keine Berechtigung zukommt. Die Bauwerber haben in ihrer Gegenschrift zum Entstehen des Baugrundstückes darauf hingewiesen, dass ein Teil des früheren Grundstückes Nr. 301/5 (das nunmehrige Grundstück Nr. 301/12) - wie sich dies auch aus dem Grundbuch ergibt - der zweitmitbeteiligten Partei mit Schenkungsvertrag vom auf der Grundlage des Teilungsplanes des Dipl. Ing. K.P. GZ 1765/96 vom geschenkt worden war. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte - wie erwähnt - dieser Grundabteilung gleichfalls auf der Grundlage des angeführten Teilungsplanes mit dem angeführten Bescheid vom gemäß § 10 NÖ BO 1996 die baubehördliche Bewilligung. Diese Teilung des ursprünglichen Grundstückes Nr. 301/5 gemäß dem angeführten Teilungsplan wurde auch mit dem angeführten Beschluss des Bezirksgerichtes T vom grundbücherlich durchgeführt. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb (wie der Beschwerdeführer meint) die Zweijahresfrist des § 10 Abs. 6 BO nicht eingehalten worden wäre. Weiters befindet sich das Baugrundstück im Grenzkataster, was sich auch aus den Grundbuchsauszügen ergibt (Beisatz "G" bei der Grundstücksnummer im A-Blatt; vgl. auch Kaluza - Burtscher, Das Österreichische Vermessungsrecht3, Anm. 2 zu § 20 VermG; siehe ebenfalls den Hinweis im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0062). Die Baubehörden sind im Verwaltungsverfahren zutreffend davon ausgegangen, was auch vom Beschwerdeführer nie bestritten wurde, dass die diesbezüglich relevante Grenze des Baugrundstückes zum Grundstück des Beschwerdeführers im Grenzkataster enthalten ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Diskrepanz zwischen Grenzkataster und Grundbuch im Hinblick auf das Baugrundstück, mit der sich die Baubehörden seiner Ansicht nach hätten auseinandersetzen müssen, liegt nicht vor.

Gemäß § 8 VermessungsG ist der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster u.a. zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke (Z. 1) bestimmt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass mit der verfahrensgegenständlichen Baubewilligung ein Vorhaben für ein Grundstück genehmigt worden sei, bei dem der Verlauf der Grenze zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück des Beschwerdeführers nicht festgestanden wäre. Dass die im Bauplan eingezeichnete Grenze der in dem Teilungsplan enthaltenen diesbezüglichen Grenze nicht entspräche, ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Klarzustellen ist zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch, dass mit der Grundbuchsmappe Grenzen von Grundstücken nicht beurkundet werden. Die Grundbuchsmappe macht über die Grenze und Größe von Grundstücken keinen Beweis, wenn sie auch im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Beweismittel ist. Erst durch die Eintragung von Grundstücken in den Grenzkataster wird die "Papiergrenze" verbindlich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0104). Dem gegenüber ergibt sich - wie bereits erwähnt - aus dem Grenzkataster, sofern ein Grundstück in diesem enthalten ist, der verbindliche Nachweis für die darin enthaltenen Grundstücksgrenzen (vgl. § 8 Z. 1 VermG). Es kommt auch dem Vorbringen, dass die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht vollständig ermittelt hätte, keine Berechtigung zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am