zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 03.09.2008, 2005/04/0082

VwGH vom 03.09.2008, 2005/04/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der W in W, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom , Zl. VKS-6055/04, betreffend Feststellung eines Rechtsverstoßes im Verfahren nach dem Bundesvergabegesetz 2002 (mitbeteiligte Partei: F in P, vertreten durch Dr. Wolfgang Löhnert, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Linke Wienzeile 38/Köstlergasse 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei steht zu 100 % im Eigentum der Stadt Wien und hat am durch Kundmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Oberschwellenbereich betreffend "General-Planerleistungen für das Verwaltungsgebäude in Simmering" in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ausgeschrieben. Zur Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens wurden die mitbeteiligte Partei und vier weitere Bewerber eingeladen. Mit Schreiben vom informierte die beschwerdeführende Partei die mitbeteiligte Partei von der Absicht, den Auftrag nicht an die mitbeteiligte Partei, sondern an einen namentlich genannten anderen Bieter zu vergeben. Am beantragte die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung. Mit Schriftsatz vom teilte die beschwerdeführende Partei der belangten Behörde mit, dass sie nach Ablauf der Stillhaltefrist am den Zuschlag dem ausgewählten Bestbieter erteilt habe. Mit Schriftsatz vom beantragte die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde die Feststellung, dass aus den im Nachprüfungsantrag genannten Gründen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde u.a. gemäß § 27 Abs. 1 Wiener Vergaberechtrechtschutzgesetz (WVRG) und den §§ 21 Abs. 3 und 98 Z. 2 Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG 2002) fest, dass der Zuschlag hinsichtlich der ausgeschriebenen General-Planerleistungen nicht dem Bestbieter erteilt worden sei.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Vorbringen der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsantrag wieder. Demnach seien die in der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens eingelangten Entwürfe der mitbeteiligten Partei und des Zuschlagsempfängers "de facto ident" gewesen. Dies resultiere daraus, dass die mitbeteiligte Partei im Jahr 2003 über Wunsch der beschwerdeführenden Partei eine Projektstudie für das gegenständliche Verwaltungsgebäude erstellt und in mehrfacher Ausfertigung geliefert habe. Diese Studie sei nach den Ausführungen im Nachprüfungsantrag ganz offensichtlich dem nunmehrigen Zuschlagsempfänger "zugespielt" worden, der im gegenständlichen Vergabeverfahren eine urheberrechtlich unzulässige Bearbeitung dieser Studie vorgelegt habe. In diesem Zusammenhang sei bemerkenswert, dass das Beurteilungsgremium das Angebot der mitbeteiligten Partei auf den fünften und damit letzten Platz gereiht habe, wogegen der de facto idente Entwurf der Zuschlagsempfängerin die höchste Punktezahl erhalten habe und als bestes Angebot ausgewählt worden sei. Im Nachprüfungsantrag sei daher als wesentlicher Grund für die Rechtswidrigkeit des erteilten Zuschlages angeführt worden, dass das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschieden werden müssen, weil dieser durch die von ihm angebotenen Planungsleistungen die Urheberrechte der mitbeteiligten Partei verletzt und dadurch eine unlautere Wettbewerbshandlung gesetzt habe. Durch die Übernahme der wesentlichsten Entwurfsprinzipien der urheberrechtlich geschützten Projektstudie der mitbeteiligten Partei habe sich der Zuschlagsempfänger nämlich einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil verschafft, indem ihm die überwiegend eigenschöpferische Leistung erspart geblieben sei, sodass er lediglich Teile des Entwurfes der mitbeteiligten Partei, wie z.B. die Fassade des Verwaltungsgebäudes, habe überarbeiten müssen.

Im Verfahren vor der belangten Behörde habe sich die beschwerdeführende Partei gegen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung ausgesprochen und vorgebracht, dass die Entwürfe der mitbeteiligten Partei und des Zuschlagsempfängers keinesfalls ident seien. Es treffe zwar zu, dass beide Bieter "ähnliche Lösungsansätze" verwendet hätten, die beiden Projekte seien jedoch "in der Detaillösung völlig unterschiedlich". Gehe man dennoch von der Identität einerseits der Projektstudie bzw. des Einreichprojektes der mitbeteiligten Partei und andererseits des Entwurfs des Zuschlagsempfängers aus, so müsse die Projektstudie als Vorarbeit der mitbeteiligten Partei für die gegenständliche Ausschreibung angesehen werden und damit als Grund, das Angebot der mitbeteiligten Partei gemäß § 98 Z. 2 BVergG 2002 auszuscheiden. Als auszuscheidende Bieterin komme der mitbeteiligten Partei aber keine Antragslegitimation im gegenständlichen Verfahren vor der belangten Behörde zu.

Im Anschluss an das wiedergegebene Parteienvorbringen stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als Sachverhalt fest, die mitbeteiligte Partei habe über Wunsch der beschwerdeführenden Partei im November 2003 (nach der Datierung der Studie: im Mai 2003) eine Projektstudie für das ausgeschriebene Verwaltungsgebäude mit der Bezeichnung


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Direktion Simmering
Projektstudie
Architekt Dipl. Ing. F. P., (Anschrift)"

erstellt. Diese Studie sei Grundlage für ein geotechnisches Gutachten gewesen, das seinerseits die Beilage 15.3.2. der Ausschreibungsunterlagen bilde. In diesem Gutachten werde die Projektstudie der mitbeteiligten Partei ausdrücklich unter gleichzeitiger Bezeichnung des Verfassers genannt. Im Abschnitt 2 dieses geotechnischen Gutachtens werde auf diese Projektstudie Bezug genommen und ausgeführt, dass dieser "Entwurf" aus einem fünfgeschossigen, geschwungenen Bürogebäude und einem vorgelagerten Speisesaal mit bis zu zwei Geschossen bestehe. Die Ergebnisse dieser Projektstudie seien, so die belangte Behörde, jedoch nur als "schriftliches Substrat" und "nicht in Form von Zeichnungen oder Plänen" in den Ausschreibungsunterlagen enthalten.

In der rechtlichen Beurteilung behandelte die belangte Behörde zunächst die Frage der Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei und prüfte, ob die mitbeteiligte Partei wegen wettbewerbsbeeinträchtigender Vorarbeiten für die Auftraggeberin gemäß § 98 Z. 2 BVergG 2002 auszuscheiden gewesen wäre. Die im Jahr 2003 erstellte Projektstudie sei als "städtebauliche Studie" zu bewerten, bei der ein "grundsätzlicher Lösungsansatz hinsichtlich Baukörperentwicklung, Erschließung und Struktur (Zufahrt, Erschließung des Objektes) und die Lage und Größe wesentlicher Raumgruppen" bereits überlegt und dargestellt worden sei. Die Studie sei aber nicht unmittelbar für das Vergabeverfahren ausgearbeitet worden, sondern stelle sich "inhaltlich nur als abstrakte Prüfung der Möglichkeit einer entsprechenden Verbauung des Grundstückes unter Einschluss bestehender Gebäude" dar. § 21 Abs. 3 BVergG 2002 erfasse die Beteiligung eines Bieters an der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen oder an jenen Arbeiten, auf denen die Ausschreibungsunterlagen aufbauten. Das Gemeinschaftsrecht schließe eine Beteiligung von Bietern an der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen nicht grundsätzlich aus. In seinem Urteil vom , Rs C-172/99, habe der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ausgesprochen, ein Ausschluss vom Vergabeverfahren werde noch nicht allein durch den Umstand gerechtfertigt, dass der frühere Auftragnehmer im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern einen Informationsvorsprung habe. In diesem Sinne habe auch der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , B 1560/00, ausgesprochen, dass nicht schlechthin jede Beteiligung eines Bieters an Vorarbeiten einer Ausschreibung ausgeschlossen sei. Die Ausscheidung eines Bieters sei nach diesem Erkenntnis nur dann zulässig, wenn dieser durch seine Vorarbeiten spezifische Vorkenntnisse des Sachverhalts erworben habe, die ihm einen Wettbewerbsvorteil brächten. Von einem Wettbewerbsvorteil sei nach der Literatur auszugehen, wenn der Bieter nicht alle erworbenen Informationen seinen Konkurrenten vollständig und unverfälscht zur Verfügung gestellt habe. Ein solcher Fall liege gegenständlich nach Auffassung der belangten Behörde nicht vor, weil "die Projektstudie der (mitbeteiligten Partei) im Rahmen des geotechnischen Gutachtens, Beilage 15.3.2. bekannt gegeben wurde und damit den Mitbewerbern grundsätzlich zur Verfügung stand". Daher liege nach Ansicht der belangten Behörde gegenständlich kein Grund für die Ausscheidung des Angebotes der mitbeteiligten Partei vor, sodass ihr die Antragslegitimation im gegenständlichen Feststellungsverfahren nicht abzusprechen sei.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides prüfte die belangte Behörde die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung anhand der Argumente im Feststellungsantrag. Ausgehend von der (im angefochtenen Bescheid im Einzelnen geschilderten) Übereinstimmung weiter Teile des Angebotes der mitbeteiligten Partei und jenes des Zuschlagsempfängers gelangte die belangte Behörde u.a. zur Ansicht, dass dem Zuschlagsempfänger bei der Ausarbeitung seines Entwurfs die Projektstudie der mitbeteiligten Partei aus dem Jahr 2003 bekannt gewesen sein müsse. Auf welche Weise der Zuschlagsempfänger in den Besitz dieser Vorstudie gelangt sei, sei unerheblich, weil er sich diese auf unbedenkliche Art und Weise habe beschaffen können, zumal der Verfasser dieser Studie in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich genannt worden sei. Wegen der offenkundigen Übereinstimmung des Projektes des Zuschlagsempfängers mit jenem der mitbeteiligten Partei bzw. deren Vorstudie wäre die beschwerdeführende Partei als Auftraggeberin verpflichtet gewesen, das Angebot des Zuschlagsempfängers wegen sittenwidriger Ausnützung der Leistung eines anderen auszuscheiden. Durch sein Verhalten habe der Zuschlagsempfänger nämlich gegen die Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs und damit gegen die Bestimmung des § 21 Abs. 1 BVergG 2002 verstoßen. Da der Zuschlagsempfänger somit nicht Bestbieter sei, habe die belangte Behörde dies antragsgemäß im Spruch des angefochtenen Bescheides festzustellen gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In ihrer Beschwerde macht die beschwerdeführende Auftraggeberin u.a. geltend, die belangte Behörde hätte den Feststellungsantrag der mitbeteiligten Partei als unzulässig zurückweisen müssen. Wie sich bereits aus dem Feststellungsantrag ergebe, habe die mitbeteiligte Partei durch die im Jahr 2003 erstellte Projektstudie gegenüber den anderen Bietern einen Wettbewerbsvorteil erlangt, sodass hinsichtlich ihres Angebotes ein Ausscheidungsgrund vorgelegen sei. Diese Projektstudie, die mit der Beschwerde vorgelegt wurde, umfasse neben einem Übersichts- und Lageplan auch bereits Pläne des Erdgeschosses, der Garage, der Obergeschosse, des geplanten Gebäudes sowie drei Schaubilder und sogar eine Kostenschätzung. Die Ansicht der belangten Behörde, dass es sich dabei um keine wettbewerbsbeeinträchtigende Vorarbeit handle, sei ebenso unzutreffend wie die Annahme, dass den Mitbewerbern bei der Erstellung ihrer Angebote der Inhalt dieser Projektstudie zur Verfügung gestanden sei. Die Ausschreibungsunterlagen enthielten nämlich nur einen Hinweis auf diese Projektstudie, nicht aber die zu dieser Vorarbeit gehörenden Pläne und die Kostenschätzung.

Dieses Beschwerdevorbringen ist zielführend:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des BVergG 2002 lauten:

"Grundsätze der Leistungsvergabe

§ 21. (1) Aufträge über Leistungen sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu vergeben.

...

(3) Unternehmer, die an der Erarbeitung der Unterlagen für das Vergabeverfahren unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, sowie mit diesen verbundene Unternehmen sind, soweit durch ihre Teilnahme ein fairer und lauterer Wettbewerb ausgeschlossen wäre, von der Teilnahme am Vergabeverfahren um die Leistung auszuschließen, es sei denn, dass auf deren Beteiligung in begründeten Ausnahmefällen nicht verzichtet werden kann.

...

Ausscheiden von Angeboten

§ 98. Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung die folgenden Angebote auszuscheiden:

...

2. Angebote von Unternehmen, die an der Erarbeitung der Unterlagen für das Vergabeverfahren unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, sowie Angebote von mit diesen verbundenen Unternehmen, soweit durch deren Teilnahme ein fairer und lauterer Wettbewerb gefährdet ist;

..."

In dem (zum Bundesvergabegesetz 1997 ergangenen) Erkenntnis vom , B 1560/00, hat sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen das Angebot eines Bieters, der sich an Vorarbeiten einer Ausschreibung beteiligt hat, auszuscheiden ist. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgeführt, dass ein Ausscheiden nur dann Platz zu greifen habe, wenn der Bieter durch seine vorarbeitende Tätigkeit insoweit spezifische Vorkenntnisse des Sachverhalts erwerbe, die ihm einen Wettbewerbsvorteil entstehen ließen. Einen solchen Vorteil werde man etwa auch annehmen müssen, wenn ein an den Vorarbeiten einer Ausschreibung beteiligter Bieter nicht alle dabei erworbenen Informationen seinen Konkurrenten vollständig und unverfälscht zur Verfügung stelle und auch der Auftraggeber nicht die erforderlichen Maßnahmen setze, um einen solchen Wettbewerbsvorteil auszugleichen. Die Vergabekontrollbehörde müsse sich daher im Einzelfall mit der Art, dem Ausmaß und der Wettbewerbsrelevanz geleisteter Vorarbeiten auseinander setzen und prüfen, ob der dem entsprechenden Bieter dadurch entstandene Wettbewerbsvorteil ausgeglichen worden sei (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 792/02, sowie das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , Rs C-21/03 und C-34/03, Fabricom, Rn 33 bis 36).

Der gegenständlich maßgebende § 21 Abs. 3 BVergG 2002 entspricht - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - im Wesentlichen dem § 16 Abs. 4 Bundesvergabegesetz 1997, sieht aber als Voraussetzung für den Ausschluss eines Unternehmers vom Vergabeverfahren nicht mehr die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an "Vorarbeiten" vor, sondern die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Erarbeitung der "Unterlagen für das Vergabeverfahren".

Die Gesetzesmaterialien (AB 1118 BlgNR XXI. GP, 29) führen zu

§ 21 Abs. 3 BVergG 2002 aus:

"Zu § 21 Abs. 3:

Die Bestimmung betreffend die 'Vorarbeitenproblematik' wurde ebenso wie die parallele Regelung der ÖNORM (Punkt 4.1.2) neu gefasst. Im Gegensatz zum Wortlaut der bisherigen Regelung wird nunmehr explizit darauf abgestellt, ob durch die Beteiligung von an Vorarbeiten beteiligten Unternehmern der faire und lautere Wettbewerb ausgeschlossen wäre. Es handelt sich daher um eine Prognoseentscheidung des Auftraggebers, die dieser auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Entscheidungsgrundlagen zu treffen hat. Ebenso wie die Richtlinie (vgl. den zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/52/EG) ist kein kategorischer Ausschluss von an Vorarbeiten beteiligten Unternehmern vorgesehen. Auch führt nicht jedwede Art der Beteiligung an Vorarbeiten zum Ausschluss gemäß dieser Bestimmung. Schutzobjekt ist der faire und lautere Wettbewerb. 'Soweit' dieser gefährdet sein könnte, ist das betreffende Unternehmen von der Teilnahme auszuschließen. Obwohl ein an Vorarbeiten beteiligtes Unternehmen immer einen - wenn auch unter Umständen geringen - Vorteil genießt (zB längere Kenntnis bestimmter Informationen; Vertrautheit mit dem Auftragsgegenstand oder Teilen desselben; nähere Kenntnis der Organisationsstruktur und der Bedürfnisse des Auftraggebers), soll nicht absolut jeder Wissensvorsprung durch die Beteiligung an den Vorarbeiten die strenge Sanktion des Abs. 3 nach sich ziehen. In diesem Sinn spricht auch die Richtlinie von einer 'Ausschaltung des Wettbewerbes'. Marginale Wettbewerbsbeeinträchtigungen durch die Beteiligung an Vorarbeiten werden durch die Neuregelung toleriert. Es liegt am Auftraggeber, die durch die Vorarbeiten gewonnenen Erkenntnisse in nicht diskriminierender Weise den anderen Wirtschaftsteilnehmern zukommen zu lassen. Werden daher geeignete Maßnahmen getroffen, um die im Rahmen von Vorarbeiten gewonnenen Erkenntnisse publik zu machen und haben alle Teilnehmer den gleichen Informationsstand in Bezug auf das Vergabeverfahren, so kommt diese Bestimmung nicht zum Tragen. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis B 1560/00 vom völlig zutreffend ausgeführt hat, ist eine Einzelfallbeurteilung in jedem Fall absolut notwendig.

Es kann aus diesem Grundsatz gefolgert werden, dass dieser auch eine implizite Anweisung an den Auftraggeber enthält, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um derartige Wettbewerbsvorteile auszuschließen. Jener Auftraggeber, der die Teilnahme des Unternehmers, der an Vorarbeiten beteiligt war, am weiteren Verfahren gewährleisten will, ist daher gehalten, von sich aus alle Maßnahmen zu setzen, damit das betroffene Unternehmen keine uneinholbaren Wettbewerbsvorteile genießt. Vermag der Auftraggeber jedoch auch durch alle erdenklichen Vorkehrungen Wettbewerbsvorteile, die den Schutzzweck der Norm verletzen, nicht zu beheben, so ist das beteiligte Unternehmen von der Teilnahme am Wettbewerb um die Leistung auszuschließen."

Im gegenständlichen Fall ist nach den insoweit unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde davon auszugehen, dass die mitbeteiligte Partei schon vor der gegenständlichen Ausschreibung im November 2003 eine Projektstudie für die nun beschwerdeführende Auftraggeberin erstellt hat (sowohl aus dem Verwaltungsakt als auch aus der mit der Beschwerde vorgelegten Kopie dieser Projektstudie ergibt sich, dass diese Studie vom Mai 2003 stammt). Diese Studie enthielt mehrere Pläne betreffend das gegenständliche Verwaltungsgebäude und eine Kostenschätzung und war eine der Grundlagen des geotechnischen Gutachtens, das seinerseits eine Beilage zu den Ausschreibungsunterlagen bildete. Durch die Projektstudie konnte sich die mitbeteiligte Partei daher schon Monate vor der Ausschreibung inhaltlich mit dem Vorhaben näher auseinander setzen, sodass sie Monate vor den anderen Bietern Pläne über das Vorhaben vorbereiten und eine Kostenschätzung über das Projekt fertigen konnte. Zweifellos stellt diese Projektstudie somit eine mittelbare Beteiligung an der Erarbeitung der Unterlagen für das Vergabeverfahren im Sinne des § 21 Abs. 3 BVergG 2002 dar, die geeignet war, einen fairen Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen. Entscheidend ist daher, ob im Sinne des zitierten Urteiles des EuGH, Fabricom, der genannten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und der damit im Einklang stehenden wiedergegebenen Gesetzesmaterialien geeignete Maßnahmen getroffen wurden, um diesen Wettbewerbsvorteil der mitbeteiligten Partei auszugleichen. Dies setzte im gegenständlichen Fall - zumindest - voraus, dass allen Bietern rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die in Rede stehende Projektstudie zur Verfügung gestellt wurde, um die aus dieser Studie hervorgehenden Informationen in ihren Angeboten verwerten zu können. Dabei genügte es nicht, dass sich einer der Bieter, der an der Projektstudie nicht beteiligt war, Kenntnis vom Inhalt der Projektstudie verschaffen konnte. Vielmehr ist es nach der zitierten Judikatur und den wiedergegebenen Gesetzesmaterialien Aufgabe (primär) des Auftraggebers, gegenüber - sämtlichen - Bietern des konkreten Vergabeverfahrens den Informationsvorsprung, den ein einzelner Bieter aus der Erarbeitung von Unterlagen für das Vergabeverfahren erlangt, auszugleichen, um im Sinne des § 21 Abs. 3 BVergG 2002 einen fairen und lauteren Wettbewerb zu ermöglichen (vgl. zur Neutralisierung des Wettbewerbsvorsprungs durch unaufgeforderten Informationsausgleich gegenüber allen Bietern auch Gölles in

Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2002, Rz 65 zu § 21).

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (S. 19) die Auffassung vertritt, im gegenständlichen Fall habe ein solcher Ausgleich des Informationsvorsprunges der mitbeteiligten Partei

stattgefunden, weil die "Projektstudie ... im Rahmen des

geotechnischen Gutachtens ... bekannt gegeben wurde und damit den

Mitbewerbern grundsätzlich zur Verfügung stand", so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung nicht zu teilen. Die belangte Behörde hat nämlich festgestellt, dass das geotechnische Gutachten, das den Bietern mit den sonstigen Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung stand, lediglich einen Hinweis auf den Titel, den Verfasser bzw. "das schriftliche Substrat" der besagten Projektstudie enthielt. Hingegen fehlten in den Ausschreibungsunterlagen die Zeichnungen und Pläne dieser Projektstudie, die einen wesentlichen Teil derselben bildeten (siehe dazu die Feststellungen auf S. 15 und 18 des angefochtenen Bescheides). Schon von daher kann (ohne dass es darauf ankäme, in welchem Ausmaß und auf welche Weise sich speziell der Zuschlagsempfänger Kenntnis von der Projektstudie verschaffen konnte) nicht gesagt werden, dass der Informationsvorsprung, den die mitbeteiligte Partei hatte, gegenüber allen anderen vier Bietern ausgeglichen wurde. Damit lag, wie die beschwerdeführende Partei zutreffend eingewendet hat, hinsichtlich des Angebotes der mitbeteiligten Partei der Ausscheidensgrund des § 21 Abs. 3 iVm § 98 Z. 2 BVergG 2002 vor.

Wäre aber das Angebot der mitbeteiligten Partei auszuscheiden gewesen und konnte ihr daher durch die bekämpfte Zuschlagsentscheidung ein Schaden im Sinne des § 13 Abs. 2 WVRG nicht entstehen, so fehlte ihr die Legitimation zur Einbringung des gegenständlichen Feststellungsantrages (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0200).

Da die belangte Behörde somit auf Grund eines unzulässigen Antrages festgestellt hat, dass der Zuschlag von der beschwerdeführenden Partei nicht dem Bestbieter erteilt worden sei, ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am