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VwGH vom 15.09.2006, 2005/04/0073

VwGH vom 15.09.2006, 2005/04/0073

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , UVS-04/G/51/8303/2003/10, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie sich auf die Spruchpunkte I)2) bis I)9) des angefochtenen Bescheides bezieht, abgelehnt.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom wurde der Beschwerdeführer als Filialgeschäftsführer nach §§ 47 und 370 Abs. 2 GewO 1994 schuldig erkannt, § 367 Z 25 GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2002, iVm mit den Auflagen Nr. 17, 18, 22, 23, 36, 51, 70 und 82 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides des Magistrates Wien vom verletzt zu haben (Spruchpunkte I)2) bis I)9)).

Weiters wurde der Beschwerdeführer als Filialgeschäftsführer nach §§ 47 und 370 Abs. 2 GewO 1994 schuldig erkannt, § 367 Z 25 GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2002, iVm § 29 Z 3 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen 1995, BGBl. Nr. 666, (VO 1995), verletzt zu haben, da am in der Betriebsanlage "Druckgaspackungen (Raumspray, Rasierschaum, ...) in nicht wärmedämmenden Regalen gemeinsam mit brennbaren Materialien (Kartonagen von daneben aufbewahrten Waren) ohne Einhaltung eines 2m-Sicherheitsabstandes aufbewahrt" worden seien (Spruchpunkt II)).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt II) aus, die im Verkaufsraum verwendeten Regale, in dem "DP 1" (Druckgaspackungen im Sinne des 1. Abschnitts der Verordnung, vgl. deren § 2) in einer über den Tagesbedarf hinausgehenden Menge gelagert worden seien, seien unbestritten nicht wärmedämmend gewesen. Da andere, in Kartonagen verpackte Waren innerhalb von zwei Metern zu den gelagerten DP 1 vorrätig gehalten worden seien, habe der Beschwerdeführer die unter Spruchpunkt II) angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Deswegen wurden über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2002 folgende Geldstrafen verhängt:


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zu den Spruchpunkten I)2), I)3), I)4), I)5), I)8), I)9) und II) in der Höhe von je EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je zwei Tagen),
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zu Spruchpunkt I)6) in der Höhe von EUR 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) sowie
-
zu Spruchpunkt I)7) in der Höhe von EUR 175,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Zu I.:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Da jeweils die Voraussetzungen des § 33a VwGG im Hinblick auf die Spruchpunkte I)2) bis I)9) gegeben sind, konnte die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abgelehnt werden.
Zu II.:


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer wendet gegen Spruchpunkt II) des angefochtenen Bescheides ein, die belangte Behörde habe keine Überlegungen angestellt, ob der angezeigte Sachverhalt überhaupt mit der "Druckgaspackungsverordnung" in Übereinstimmung zu bringen sei, nach der im Umkreis von zwei Metern zu Druckgasverpackungen keine "leicht entzündbaren" Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden dürften. In Spruchpunkt II) würden die Verpackungskartonagen jedoch nicht als "leicht entzündlich", sondern lediglich als "brennbar" bezeichnet. Jedenfalls hätte die Behörde feststellen müssen, ob es sich bei den Waren und Gegenständen, die im Umkreis der Druckgaspackungen gelagert worden seien, um leicht entzündliche Gegenstände gehandelt habe.
2. Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2180 EUR zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 GewO 1994 erlassenen Verordnungen nicht befolgt.
Die (u.a. auf Grund des § 82 Abs. 1 GewO 1994 erlassene)
VO 1995 lautete auszugsweise:
"1. Abschnitt
Lagerung von unter den § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden
Druckgaspackungen

§ 2. Druckgaspackungen im Sinne dieses Abschnitts (in der Folge 'DP 1' bezeichnet) sind Aerosolpackungen (§ 2 Abs. 1 der Aerosolpackungsverordnung, BGBl. Nr. 560/1994).

...

§ 29. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung durch Kunden DP 1 in Mengen zum Verkauf bereitgehalten, die über den voraussichtlichen Tagesbedarf hinausgehen (§ 26 Abs. 2), so müssen die Regale für die DP 1 wie folgt hergestellt und aufgestellt sein:

1. die Regale müssen aus nicht brennbaren oder schwer brennbaren Baustoffen, zB Holzverbundplatten, hergestellt sein;

2. in Regalen dürfen jeweils außer DP 1 nur unverpackte nicht brennbare Waren gelagert werden;

3. im Umkreis von 2 m dürfen keine leicht entzündbaren Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden; der Sicherheitsabstand von 2 m darf an drei Seiten des Regals (Hinterwand sowie die beiden Seitenwände) durch Wände aus wärmedämmenden Materialien ersetzt sein."

Diese Verordnung wurde am durch die Druckgaspackungslagerungsverordnung 2002, BGBl. II Nr. 489 (VO 2002) aufgehoben (vgl. deren weiter unten zitierten § 33).

Die (ebenso u.a. auf Grund des § 82 Abs. 1 GewO 1994 erlassene) VO 2002 lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Druckgaspackungen im Sinne dieser Verordnung (in der Folge 'DGP' bezeichnet) sind Aerosolpackungen (§ 2 Abs. 1 der Aerosolpackungsverordnung, BGBl. Nr. 560/1994).

...

§ 31. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung durch Kunden in einem Regal nur DGP oder DGP zusammen mit unverpackten nicht brennbaren Waren gelagert, so dürfen in einem Umkreis von 2 m keine leicht entzündlichen Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden; der Sicherheitsabstand von 2 m darf an drei Seiten des Regals (Hinterwand sowie die beiden Seitenwände) durch Wände aus wärmedämmenden und nicht brennbaren Materialien ersetzt sein.

...

Schlussbestimmungen

§ 33. Gemäß § 125 Abs. 8 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes wird festgestellt, dass mit dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen, BGBl. Nr. 666/1995, außer Kraft tritt."

3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berühren Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat bei Fehlen einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs. 2 VStG nur hinsichtlich der Strafe die Folge, dass ein etwaiges nunmehr dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. In einem solchen Fall ist als verletzte Vorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG diejenige anzusehen, welche vor der Rechtsänderung in Kraft war, jedoch als Strafsanktionsnorm im Sinne des § 44a Z 3 VStG bei einem zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz günstigeren Recht für den Täter dieses heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0056, mwN).

Im vorliegenden Fall sieht § 31 der VO 2002 eine Strafbarkeit von Taten der gleichen Art wie in § 29 Z 3 der VO 1995 vor, sodass die belangte Behörde - bezogen auf den Tatzeitpunkt (am ) - weiterhin § 29 Z 3 der VO 1995 als verletzte Verwaltungsvorschrift iS des § 44a Z 2 VStG heranziehen durfte.

4. Jedoch hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgehalten, Druckgaspackungen seien gemeinsam "mit brennbaren Materialien" ohne Einhaltung eines Zwei-Meter-Sicherheitsabstandes vorschriftswidrig aufbewahrt worden. § 29 Z 3 der VO 1995 stellt dagegen auf die Lagerung von Druckgaspackungen gemeinsam mit "leicht entzündbaren Stoffen und Waren" ab. Dass die VO 1995 insoweit zwischen brennbaren und leicht entzündbaren Waren unterscheidet, zeigen schon die Z 1 und 2 des § 29 dieser Verordnung, die schwer bzw. nicht brennbare Waren zum Gegenstand haben.

Indem die belangte Behörde diesen Sachverhalt dennoch unter § 29 Z 3 der VO 1995 subsumiert hat, hat sie Spruchpunkt II) des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser Spruchpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am