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VwGH vom 13.11.2012, 2010/05/0021

VwGH vom 13.11.2012, 2010/05/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der Se GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/9, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-46/08, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am ) die Erteilung der Bewilligung für die Herstellung einer Wohnhausanlage mit zwei Stiegen mit 71 bzw. 73 Wohnungen auf einer Liegenschaft in Ottakring. Unter einem wurde die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 69 Wiener Bauordnung (BO) für die Herstellung von Wohnungen im "gemischten Baugebiet, Betriebsgebiet" und für die geplante Gebäudehöhe der Bauklasse III (16 m) statt Bauklasse II (12 m) begehrt.

Für das verfahrensgegenständliche Grundstück ist gemäß dem anzuwendenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 7627, die Widmung "Gemischtes Baugebiet - Betriebsbaugebiet", die Bauklasse II und die geschlossene Bauweise festgelegt.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 37/16, versagte dem Bauvorhaben mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom gemäß §§ 70 und 71 BO iVm § 69 Abs. 6 BO die Erteilung der Baubewilligung. Die Behörde führte dazu im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Projekt nicht der festgelegten Widmung Betriebsbaugebiet gemäß § 6 Abs. 9 BO (in dem grundsätzlich nur Bauwerke oder Anlagen für Betriebs- oder Geschäftszwecke aller Art mit Ausnahme von Beherbergungsbetrieben errichtet werden dürfen) entspreche und eine Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. h BO nicht möglich sei, weil die Abweichung von den festgesetzten Widmungen nur für Um- und Zubauten angewendet werden könnte. Im Übrigen könne im vorliegenden Fall nicht von einer unwesentlichen Abweichung von den gültigen Bebauungsbestimmungen die Rede sein. Zudem weiche das Projekt auch in der Gebäudehöhe massiv von der für den Bauplatz festgelegten Höhe der Bauklasse II ab, weil die geplante Wohnhausanlage die Gebäudehöhe der Bauklasse III voll ausnütze. Weiters seien auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71 BO nicht vorgelegen.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Sie teilte die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde. Zu der in der Berufung geltend gemachten Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit des angewendeten Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wies die belangte Behörde darauf hin, dass sich die Behörden an gehörig kundgemachte Verordnungen zu halten hätten, solange diese nicht vom Verfassungsgerichtshof als gesetz- oder verfassungswidrig aufgehoben würden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst bei ihm dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 1117/08-11 gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Bauordnung für Wien (BO), LGBl. Nr. 11/1930, idF LGBl. Nr. 19/2007 anzuwenden (die Novelle LGBl. Nr. 24/2008 ist gemäß Art. V Abs. 1 dieser Novelle erst im Juli 2008 in Kraft getreten, also nach Erlassung des angefochtenen Bescheides).

Gemäß § 6 Abs. 9 BO für Wien dürfen in als Betriebsbaugebieten ausgewiesenen Teilen des gemischten Baugebietes unbeschadet des Abs. 13 nur Gebäude oder Anlagen für Betriebs- oder Geschäftszwecke aller Art mit Ausnahme von Beherbergungsbetrieben errichtet werden.

Gemäß Abs. 13 dieser Bestimmung ist u.a. in Betriebsbaugebieten die Errichtung von Wohnungen für den Bedarf der Betriebsleitung der Betriebsaufsicht zulässig.

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. h leg. cit. hat die Behörde für einzelne Bauvorhaben nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:

"h) Abweichungen von den festgesetzten Widmungen bei Umbauten, Zubauten oder Errichtung von Nebengebäuden, wenn mit dem Bau keine Vergrößerung der Nachteile oder Belästigungen der Nachbarn gegenüber dem bisherigen Zustand verbunden ist."

Gemäß § 70 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde über das Ansuchen um Baubewilligung durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. Wird die Baubewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

§ 71 leg. cit. sieht vor, dass Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, von der Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligt werden können. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektivöffentliche Rechte nicht entgegenstehen und es darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht verhindert werden, es sei denn, dass der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder keine Parteistellung (§ 134 Abs. 3) erlangt hat.

Soweit die Beschwerdeführerin zunächst auf die Ausführungen in der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof wie auf die beim Verfassungsgerichtshof erfolgten Vorbringen bzw. Urkundenvorlagen vom und vom verweist und damit erneut die behauptete Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit des Plandokumentes anspricht, ist auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im angeführten Ablehnungsbeschluss zu verweisen, wonach die Beibehaltung der Widmung des Grundstückes der Beschwerdeführerin innerhalb des planerischen Gestaltungsspielraumes des Verordnungsgebers liege (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 17.894). Anzumerken ist weiters, dass das Baugrundstück, wie dies in der planlichen Darstellung des Plandokumentes Nr. 7627 gut zu ersehen ist, Teil eines größeren, zusammenhängenden Gebietes mit der Widmung Betriebsbaugebiet ist. Insbesondere sind auch etliche der in diesem Bereich gelegenen Grundstücke, die wie das Baugrundstück an der Vorortelinie liegen, mit dieser Widmung versehen.

Weiters meint die Beschwerdeführerin, sie sei von der Baubehörde nicht entsprechend angeleitet worden, ihr Bauansuchen dergestalt ändern zu können, dass eine Baugenehmigung erreicht werden könne.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben ist vor allem entgegengestanden, dass nach der auf dem Baugrundstück vorgesehenen Widmung Betriebsbaugebiet die Errichtung von Wohnungen nur in ganz eingeschränktem Ausmaß zulässig ist (nämlich gemäß § 6 Abs. 13 BO nach Bedarf für die Betriebsleitung und die Betriebsaufsicht). Ein Vorhaben, das primär Betriebs- und Geschäftszwecken diente und nur Wohnungen für den Betrieb im dargestellten Sinn enthielte, stellte aber jedenfalls ein Aliud zu dem verfahrensgegenständlichen Wohnbauvorhaben mit 144 Wohnungen dar. Eine zulässige (nämlich unwesentliche) Abänderung des Bauvorhabens, um diesen Versagungsgrund aus dem Weg zu räumen, kam daher jedenfalls nicht in Betracht.

Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, dass - allenfalls nach Vornahme von geringfügigen Abänderungen des Bauvorhabens - sowohl hinsichtlich der festgesetzten Widmung als auch hinsichtlich der Gebäudehöhe im Sinne des § 69 BO dem beantragten Bauprojekt die Bewilligung zu erteilen gewesen wäre.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zutreffend haben die Baubehörden insbesondere mit der Ausnahmegenehmigung gemäß § 69 Abs. 1 lit. h BO (im Hinblick auf eine Ausnahme von der festgesetzten Widmung) ausgeführt, dass Abweichungen von den festgesetzten Widmungen gemäß dieser Gesetzesstelle nur bei Um-, Zubauten oder bei der Errichtung von Nebengebäuden möglich sind. Bei dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben handelte es sich zweifelsfrei um die Neuerrichtung einer Wohnanlage. Schon aus diesem Grund kam die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Sinne dieser Bestimmung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben nicht in Betracht.

Die Versagung der Erteilung der Baubewilligung für das verfahrensgegenständliche Projekt erfolgte daher schon im Hinblick auf den angeführten Widerspruch mit der festgelegten Widmung Betriebsbaugebiet zu Recht.

Der zutreffenden Ansicht der Behörden, es könne auch keine Bewilligung gemäß § 71 BO erteilt werden, wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am