VwGH vom 25.01.2013, 2012/09/0100
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der F Privatstiftung in W, vertreten durch Fiebinger Polak Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Getreidemarkt 1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom , Zl. BMUKK-37.006/0005-IV/3/2011, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Mandatsbescheid vom stellte das Bundesdenkmalamt fest, dass die Erhaltung des Äußeren, des Inneren, der Ausstattung sowie der beweglichen und unbeweglichen Einrichtung des Cafes R im Erdgeschoß des Hauses W im öffentlichen Interesse gelegen sei. In diesem Bescheid wurde das Amtssachverständigengutachten Dr. IP zur Gänze wiedergegeben. In dessen Teil "Beschreibung" wird u.a. auch exakt umschrieben, was unter Ausstattung, beweglicher und unbeweglicher Einrichtung des Cafes R zu verstehen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die grundbücherliche Gebäudeeigentümerin (die Beschwerdeführerin) Vorstellung. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag, dem die belangte Behörde mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides Folge gab.
In der Folge führte die belangte Behörde am im Beisein u.a. der Amtssachverständigen Dr. IP einen Augenschein durch. Dr. IP erstattete eine Gutachtensergänzung, in der sie sich mit der Bedeutung des Cafes R in seiner Gesamtheit, also in allen im Spruch der Behörde erster Instanz angeführten Teilen (sohin auch des "Inventars"), befasste.
Nach Einräumung des Parteiengehörs übermittelte die Beschwerdeführerin ein Gegengutachten des Privatsachverständigen Dr. WD. Zu diesem Gegengutachten holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der Amtssachverständigen ein, zu der die Beschwerdeführerin durch Vorlage weiterer Gutachten des Dr. WD und des Dr. MB replizierte.
Sodann erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid; sie gab der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge.
Das bereits genannte Gutachten wird zusammengefasst wiedergegeben, die Ergänzungen wörtlich, die Gegengutachten zusammengefasst. Die belangte Behörde stellt in der Begründung einleitend "betreffend den Umfang des gegenständlichen Verfahrens" fest, dass
"lediglich das Gebäude, welches im Eigentum (der Beschwerdeführerin) steht, zu behandeln ist. Das Inventar, welches im Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides im Eigentum der G GmbH stand, ist bereits rechtskräftig unter Denkmalschutz, weil dessen Eigentümerin nicht das Rechtsmittel der Berufung erhoben hat. Ausführungen (der Beschwerdeführerin) das Inventar betreffen sind daher gegenstandslos."
Entgegen dieser "Feststellung" befasste sich die belangte Behörde in der Folge vollinhaltlich mit allen Gutachten, die sich allesamt auch auf das "Inventar" beziehen. Die belangte Behörde beurteilte den Inhalt der Gutachten gegenüberstellend kritisch und detailliert und gelangte zum Ergebnis, dass dem Gutachten der Amtssachverständigen aus inhaltlichen Erwägungen Vorrang gegenüber den Privatgutachten zukomme. Letztere könnten keine schlüssigen Argumente gegen die Bedeutung des Cafes R als Denkmal erbringen. Die belangte Behörde begründete ausführlich, dass das Cafe R, bei dem es sich um einen "Repräsentanten eines typischen Wiener Kaffeehauses" handle, einen "guten und insbesondere authentischen Erhaltungszustand" aufweise, dem Cafe aus drei näher dargestellten Argumenten Seltenheitswert zukomme, es "mit seinen berühmten Stammgästen … als historisches Dokument anzusehen" sei und daher ein Denkmal gemäß § 1 Abs. 1 DMSG sei, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes bedeuten würde und an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse nach § 1 Abs. 2 DMSG bestehe.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 563/12-3, deren Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1) Wesentlicher Inhalt der Beschwerde ist das Vorbringen, der Beschwerdeführerin sei eine Sachentscheidung verweigert worden, weil das "Inventar" nicht als Verfahrensgegenstand angesehen werde. Sie weist auf die Bestimmungen des § 27 Abs. 1 DMSG, nach der bei unbeweglichen Gegenständen als Eigentümer im Sinne des DMSG der grundbücherliche Eigentümer gelte, und § 293 ABGB hin, nach der bewegliche Sachen dann im rechtlichen Sinne für unbewegliche gehalten werden, "wenn sie vermöge des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers das Zugehör einer unbeweglichen Sache ausmachen". Das , bestärke ihre Ansicht.
Jede Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Denkmals nach § 3 iVm § 1 DMSG bewirkt im Hinblick auf die damit eintretenden Rechtsfolgen, insbesondere des Verbots der Zerstörung und jeder Veränderung gemäß § 4 DMSG, einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Eigentums des betroffenen Eigentümers. Bereits bei einer Unterschutzstellung gilt "(d)er Grundsatz der geringstmöglichen Unterschutzstellung", die Unterschutzstellung darf "die unbedingt notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten", und es "ist eine Teilunterschutzstellung in allen jenen Fällen, in denen sie fachlich ausreicht, anzuwenden" (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur DSMG-Novelle 1999, 1789 BlgNR, 20. GP, 39). Bereits dies entspricht dem in Art. 5 StGG und Art. 1 1. ZP MRK grundgelegten Gedanken, dass eine Eigentumsbeschränkung nur dann und nur soweit zulässig ist, wenn sie zur Erreichung ihrer Ziele geeignet und erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0064).
Die Rechtskraft eines Unterschutzstellungsbescheides nach dem DMSG bewirkt, dass das im Spruch genannte Denkmal - hier insbesondere auch die Einrichtung des Cafes R - in seiner Gesamtheit (in dem in § 1 Abs. 9 DMSG normierten Umfang) dem Zerstörungs- und Veränderungsverbot des § 4 Abs. 1 DMSG unterliegt. Dies stellt eine Eigentumsbeschränkung dar, die hinsichtlich des allenfalls einem anderen Eigentümer als dem Liegenschaftseigentümer gehörenden "Inventars" neben dem Eigentümer des "Inventars" auch den Liegenschaftseigentümer trifft, weil dieser auf Grund des objektbezogenen Denkmalschutzes das geschützte "Inventar" auch dann nicht zerstören oder verändern (darunter fällt auch die Entfernung eines Teils des Denkmals (etwa nach einer erfolgreichen Räumungsklage)) darf, wenn sich an der gegenwärtigen Rechtssituation der Verpachtung des Geschäftslokales an die Inventareigentümerin (hier die R GmbH) etwas ändern würde.
Im Unterschutzstellungsverfahren muss gegen eine derartige Eigentumsbeschränkung aber allen davon Betroffenen iSd § 8 AVG die Parteistellung gewährt werden, weil sich die Tätigkeit der Behörde auf sie bezieht und ihre rechtlichen Interessen berührt sind. Dem steht § 26 Z. 1 iVm § 27 Abs. 1 DMSG nicht entgegen.
Aus dem von der Beschwerdeführerin genannten , ist für sie nichts zu gewinnen, weil im vorliegenden Fall den Eigentümern Parteistellung zugekommen ist.
Der Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde "keine Folge gegeben"; auf den Spruch hat der gerügte Begründungsteil keine Auswirkung.
Die belangte Behörde hat sich entgegen ihrer einleitenden Feststellung zum Verfahrensumfang ohnehin mit dem gesamten Denkmal "Cafe R" (inclusive "Inventar") und damit mit dem gesamten Vorbringen der Beschwerdeführerin (sowohl in der Vorstellung als auch im Verfahren vor der belangten Behörde) auseinandergesetzt und daher inhaltlich eine Sachentscheidung auch zum Denkmalteil "Inventar" nicht verweigert. Es spielt deshalb auch keine Rolle, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid das "Inventar" nicht näher umschrieben hat.
2) Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Spruch lasse nicht erkennen, welche Gegenstände unter Schutz gestellt werden sollen.
Jede Unterschutzstellung nach dem DMSG erfasst das betreffende Denkmal in dem Zustand, in welchem es sich im Zeitpunkt dieser Unterschutzstellung (also gemäß § 3 Abs 1 im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) befunden hat. Was durch die Unterschutzstellung eines Denkmals mit umfasst ist, wird durch § 1 Abs. 9 DMSG festgelegt.
Mit der detaillierten Beschreibung des Zustandes des geschützten Objektes in genau diesem Zeitpunkt wären die Denkmalschutzbehörden jedoch zweifellos überfordert, und zwar sowohl rein verbal als auch deshalb, weil die Erfüllung dieser Forderung eine (neuerliche) Bestandsaufnahme durch die Behörde unmittelbar vor ihrer Bescheiderlassung voraussetzen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0103).
Wie die belangte Behörde richtig ausführt, ist entscheidend, dass jene Elemente beschrieben und bewertet werden, welche die Denkmaleigenschaft begründen. Die belangte Behörde verweist dazu im angefochtenen Bescheid auf das Amtssachverständigengutachten Dr. IP.
Im gegenständlichen Fall wurde in der Begründung des Mandatsbescheides vom durch die wörtliche Wiedergabe der "Beschreibung" durch die Amtssachverständige der geschützte Umfang detailliert erfasst. Mit dem Verweis der belangten Behörde auf dieses Gutachten ist mit der schon im Spruch des Mandatsbescheides gewählten Umschreibung im Zusammenhang mit der Begründung das Denkmal im Sinne der obigen Ausführungen ausreichend bestimmt.
An der zivilrechtlichen Zuordnung der einzelnen Teile des Denkmals tritt durch die Unterschutzstellung keine Änderung ein.
3) Den inhaltlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffend die Beurteilung des Cafes R als schutzwürdiges Denkmal tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Eine Unschlüssigkeit der weitgehend wörtlich im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Ausführungen der Amtssachverständigen ist auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, die Auseinandersetzung mit den Gegengutachten der Beschwerdeführerin ist nachvollziehbar.
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am