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VwGH vom 13.06.2005, 2005/04/0048

VwGH vom 13.06.2005, 2005/04/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch Dr. Alois Schittengruber, Leiter der Abteilung I/8 im Bundeskanzleramt in 1014 Wien, Ballhausplatz 2, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , GZ: 02N- 147/03-86, betreffend Kostenersatz gemäß § 76 AVG in einem Nachprüfungsverfahren nach dem BVergG zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des Bundes auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Bund in einem Nachprüfungsverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Z 2 Bundesvergabegesetz 2002, BGBl. I Nr. 99 (BVergG), betreffend die Auftragsvergabe "Kauf einer Generallizenz für eine massentaugliche Bürgerkartenumgebung-Software" durch den Bund als Auftraggeber, die Gebühren eines näher bezeichneten nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von EUR 15.749,90 zur Zahlung auferlegt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, zur Beurteilung der im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren aufgeworfenen Fragen betreffend technische Leistungsfähigkeit der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sowie der Ausschreibungskonformität des in Aussicht genommenen Alternativangebotes 2 als auch des Angebotes der Antragstellerin sei gemäß § 52 Abs. 2 AVG ein nichtamtlicher Sachverständiger bestellt worden. Nach Erstattung eines Gutachtens und eines ergänzenden Gutachtens sowie der Erläuterung einzelner Fragen in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe der nichtamtliche Sachverständige zwei Honorarnoten gelegt, welche vom Bund beanstandet worden seien. Mit Bescheid der belangten Behörde vom sei die Gebühr des nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von EUR 15.749,90 festgesetzt worden. Das gemäß § 76 Abs. 1 AVG vorgesehene Verursacherprinzip werde bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 74 Abs. 2 leg. cit. durchbrochen. Voraussetzung sei ein Verschulden, das für die betreffende Amtshandlung kausal sei. Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren sei mit Bescheid der belangten Behörde vom die angefochtene Entscheidung des Bundes als Auftraggeber für nichtig erklärt worden, da das Produkt der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin nicht die in der Ausschreibung geforderten Spezifikationen erfüllt habe. Darüber hinaus habe der Bund sein Vorgehen auch aus mehreren anderen, näher bezeichneten Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet, die dem Bund als Auftraggeber subjektiv vorwerfbar seien, da er es an der gehörigen Aufmerksamkeit oder dem gehörigen Fleiß fehlen habe lassen, was als schuldhaft iS von § 1294 ABGB zu werten sei. Auch bestehe ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Bundes als Auftraggeber und der mit Kosten verbundenen Bestellung des nichtamtlichen Sachverständigen. Es wäre mit dem "Wesen" des Nachprüfungsverfahrens vor der belangten Behörde nicht vereinbar, wenn der Rechtssuchende von der Durchsetzung seiner Rechte durch eine - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - bestehende Verpflichtung zum Kostenersatz abgehalten würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Bund erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht gemäß § 76 Abs. 2 AVG zum Kostenersatz verpflichtet zu werden, verletzt und bringt hiezu unter anderem vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es ausgeschlossen, dass ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen könne. Vielmehr sei der Kostenersatz der belangten Behörde nach § 49 Bundeshaushaltsgesetz (BHG) beim Bundeskanzleramt geltend zu machen. Die Unzulässigkeit des angefochtenen Bescheides zeige sich schon daran, dass es für den Bund unmöglich sei, gegen sich selbst ein Vollstreckungsverfahren zu führen.

Die belangte Behörde hält dem in der Gegenschrift entgegen, dass sich die vom Bund angeführte Rechtsprechung auf die Rechtslage des § 47 VwGG und § 49 BHG bezogen habe und auf § 76 AVG nicht übertragen werden könne.

2. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen zustehen.

Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind gemäß § 76 Abs. 2 AVG die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

Gemäß § 76 Abs. 5 AVG sind die den Sachverständigen zustehenden Gebühren - falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

3. Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0442, wurde der Antrag des Bundes als Beschwerdeführer auf Zuspruch von Kosten im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abgewiesen, weil die belangte Behörde funktionell für den Beschwerdeführer tätig geworden sei. Es erscheine gedanklich ausgeschlossen, dass ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen könne.

§ 47 VwGG setze zwei verschiedene Rechtsträger der obsiegenden und der unterlegenen Partei voraus, da nur unter dieser Voraussetzung einem solchen Rechtsträger Aufwandersatz "zufließen" könne (§ 47 Abs. 5 letzter Satz VwGG). Ein Kostenersatz, der auf eine bloße Umschichtung innerhalb des Rechenwerkes desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) hinauslaufe, könne diesem Rechtsträger (hier: dem Bund) nicht "zufließen". Im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, komme der Zuspruch von Kostenersatz daher nicht in Betracht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0226). Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 99/08/0035, bestätigt.

4. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist diese Rechtsprechung auf § 76 AVG zu übertragen:

Gemäß § 76 Abs. 5 AVG sind die Sachverständigengebühren - wenn hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben, sohin subsidiär - von jenem Rechtsträger zu tragen, für den die Behörde funktionell tätig geworden ist (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 16.739). Ersatzpflichtiger Beteiligter iS des § 76 Abs. 2 AVG kann daher nur ein von diesem Rechtsträger verschiedener Rechtsträger sein, da es ansonsten - wie in der obzitierten hg. Rechtsprechung angeführt - nur zu einer bloßen Umschichtung innerhalb des Rechenwerkes desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) kommt. Im Übrigen ist es schon - wie in der Beschwerde zu Recht ausgeführt wird - im Hinblick auf die Vollstreckung eines solchen Bescheides (§ 3 VVG) und das als Zweiparteienverfahren ausgestaltete Exekutionsverfahren (vgl. etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , Zl. 3Ob 110/88, mwN) widersinnig, den Rechtsträger der Behörde zu Kostenersatz sich selbst gegenüber zu verpflichten.

Daher kommt gemäß § 76 Abs. 2 AVG im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, der subsidiär (gemäß § 76 Abs. 5 AVG) die Kosten zu tragen hätte, der Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht.

5. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die belangte Behörde (schon gemäß § 135 Abs. 2 BVergG) funktionell für den Bund tätig ist und sohin im vorliegenden Fall die Identität des Bundes als Auftraggeber sowie als Rechtsträger der belangten Behörde gegeben war.

Da sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund als rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Soweit der Bund im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zuspruch von Kosten begehrt, ist er auf die von ihm selbst angeführte und oben unter 3. wiedergegebene hg. Rechtsprechung zu verweisen, nach welcher ein solcher Zuspruch nicht in Betracht kommt.

Wien, am13. Juni 2005