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VwGH vom 31.07.2012, 2010/05/0002

VwGH vom 31.07.2012, 2010/05/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des S K in Wien, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 22/5, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64-2814/2009, betreffend Gebrauchserlaubnis (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für die Aufstellung eines transportablen Verkaufsstandes (Größe: 4,00 m x 2,70 m; Höhe: 2,79 m) und einer Warenausräumung (Größe: 1,20 m x 0,85 m) auf dem öffentlichen Gut in Wien 22., Anton Sattlergasse/Siebeckstraße (vor dem Zugangsbereich zum Cineplexx / Donauplexx), unter Vorlage von Planunterlagen.

Über Auftrag der Behörde erstattete der für Architektur und Stadtgestaltung zuständige Amtssachverständige der Magistratsabteilung (MA) 19 aus architektonischer Sicht auszugsweise folgende fachkundige Stellungnahme vom :

"Befund

Der eingereichte Standort des Straßenstandes liegt in Wien 22., Anton-Sattler-Gasse Ecke Siebeckstraße vor dem Aufgang zum Cineplexx - Donauplexx auf einer öffentlichen Grundfläche um Eigentum der Stadt Wien. Diese Grundfläche ist so gelegen, dass sie von Verkehrsflächen aus frei zugänglich ist. Sie ist ein Teil des Vorplatzes und des Eingangsbereichs des angrenzenden Donauzentrums, und zwar zu jenem Bauteil, in dem das Kino- und Veranstaltungszentrum untergebracht ist. In unmittelbarer Nähe befindet sich außerdem der Eingang und der außen gelegene Lift der U1-Station Kagran. Das Erscheinungsbild ist für das örtliche Stadtbild ebenso wie die visuelle Wirkung der umliegenden Verkehrsflächen von Bedeutung. Dem gesamten Bereich kommt auf Grund des Entertainmentcenters und der Anbindung an den öffentlichen Verkehr (Zugang zur U-Bahnstation sowie zu den Straßenbahnstationen und Autobusstationen) eine wesentliche Bedeutung als Knotenpunkt städtischer Kommunikation zu. Um den diesbezüglichen Erfordernissen optimal gerecht zu werden, wurde bei der Neugestaltung des diesbezüglichen Straßenraums ebenso wie bei der Umgestaltung im Zuge der U1-Verlängerung nach Leopoldau festgelegt, dass keine zusätzlichen Verkaufsstände im gesamten Umgebungsbereich aufgestellt werden dürften um eine Verhüttelung der Straßenräume und der Platzflächen zu vermeiden. Daher ist durch die nicht unbedingt notwendige Errichtung eines transportablen Verkaufsstandes (in unmittelbarerer Nähe befindet sich das Donauzentrum mit seinen zahlreichen Verkaufseinrichtungen) auf dem Vorplatz im direkten Zugangsbereich zum Cineplexx-Donauplex und auf Grund der räumlichen Situation des betroffenen Straßenraumes eine Beeinträchtigung des o.g. Gestaltungskonzeptes und damit eine Störung des örtlichen Stadtbildes zu erwarten.

Gutachten:

Vorplätzen und Zugangsbereichen von Stationsgebäuden im Allgemeinen und Einkaufs- bzw. Entertainmentcentern wie auch im vorliegen Fall kommt eine spezifische Gestaltbedeutung zu. Sie sind Stadträume mit verstärkter Kommunikations- und Treffpunktfunktion. Hier müssen die für die Benutzer vorrangig wichtigen Funktionen wie die Zugangsbereiche ebenso wie die Haltestellenbereiche, Stationszu- und Ausgänge optimal wahrnehm- und überblickbar sein. Unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen Interessen ist aber auch die gestalterische Qualität des betroffenen Platzes und damit seine positive Erreichbarkeit zu ermöglichen. Der betroffene Straßenstand liegt in einem wie oben beschriebenen Knotenpunkt städtischer Kommunikation. Durch die Errichtung eines Kiosks an der eingereichten Örtlichkeit wird eine Minimierung der angestrebten optimalen Gestalt- und Funktionslösung erwartet. Der in dem Konzept bewusst geschaffene, visuelle Freiraum und die Überblickbarkeit des Platz- und Stadtraumes werden dadurch eingeschränkt. Die architektonische Gestaltung der Bauwerke (des Donauzentrums mit der massiven Eingangsstiege im Eckbereich zum Kino- und Veranstaltungsbereich und der U1 Station Kagran) wird durch die Aufstellung dieses Verkaufsstandes in ihrem Erscheinungsbild beeinträchtigt, die gestalterische Qualität und Überblickbarkeit sowie die damit verbundene positive Erlebbarkeit werden wesentlich vermindert, die Gestaltwirkung des betroffenen Platz- bzw. Stadtraums beeinträchtigt und seine Kommunikations- und Treffpunktfunktion gestört. Die angestrebte gestalterische Qualität und positive Erlebbarkeit des gesamten Bereiches kann damit nicht zur Entfaltung kommen.

Schluss:

Durch die Aufstellung eines Straßenstandes am beantragten Standort kommt es aus den angeführten Gründen zu einer Störung des örtlichen Stadtbildes. Es ist daher die Aufstellungen von Straßenständen im Stationsumfeld der U1-Station Kagran aus der Sicht der Stadtgestaltung abzulehnen."

In der am abgehaltenen Ortsaugenscheinsverhandlung wurde dem Beschwerdeführer die schriftliche Stellungnahme der MA 19 zu Kenntnis gebracht und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorgelegt. Der Vertreter der Bezirksvorstehung des 22. Bezirkes schloss sich dieser Stellungnahme an. Die Vertreter des Verkehrsamtes und der MA 46 erhoben, bei geringfügiger Modifikation des Standes, keinen Einwand gegen die Erteilung der Baubewilligung.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Ausführungen der MA 19 nicht zu überzeugen vermögen sowie den tatsächlichen Sachverhalt nicht richtig darlegten und legte eine Stellungnahme des Architekten Mag. Herwig B. vom vor, in welcher sich dieser für eine urbane Verdichtung durch den gegenständlichen Verkaufsstand aussprach.

Auf Grund der auf das Privatgutachten gestützten Äußerung des Beschwerdeführers ergänzte der Amtssachverständige der MA 19 sein Gutachten mit der Stellungnahme vom . Nach Beschreibung des Standortes und Darlegung des im Zusammenhang mit der Errichtung des Entertainmentcenters und der Verlängerung der U-Bahnlinie U1 nach Leopoldau festgelegten Gestaltungskonzeptes betonte er, es sei das Ziel dieses Gestaltungskonzepts, eine Verhüttelung des Straßenraums zu vermeiden. Die Errichtung des Verkaufsstandes sei nicht notwendig und stehe daher im Widerspruch mit dem beabsichtigten Konzept und den darin enthaltenen Vorgaben für das örtliche Stadtbild. Im Entertainmentcenter ebenso wie im angeschlossenen Einkaufszentrum seien überdies ausreichend gastronomische Einrichtungen vorhanden.

Der Beschwerdeführer ergänzte daraufhin seine Stellungnahme mit Schreiben vom und legte dar, dass die Ausführungen auf den beantragten Standort nicht zuträfen, einzelne Verkaufsstände stellten eine durchaus positive Bereicherung und keinesfalls eine befürchtete Überfrachtung dar. Dem Schreiben war eine weitere Stellungnahme des Architekten Mag. Herwig B. vom beigefügt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 59, vom , wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Die Behörde stützte sich in ihrem Bescheid auf das Gutachten des Amtssachverständigen der MA 19.

In der dagegen erhobenen Berufung vom führte der Beschwerdeführer aus, dass, entgegen den Ausführungen der MA 19, durch den beantragten Verkaufsstand keineswegs eine unerwünschte Überfrachtung bzw. eine unerwünschte optische Verdichtung des öffentlichen Raumes entstehen würde. In der Folge verwies der Beschwerdeführer auf die der Berufung beigeschlossenen Stellungnahmen des Architekten Mag. Herwig B sowie auf eine beigelegte Stellungnahme vom samt eingearbeiteten Fotos (eine Art Privatgutachten mit Lichtbildern, wobei es nicht unterfertigt ist und auch nicht ersichtlich ist, wer es verfasst hat). Darin wird insbesondere darauf hingewiesen, dass der Verkaufsstand durch seine Größe im Vergleich zur restlichen Verbauung kaum wahrnehmbar sei, Fußgänger- und Verkehrsströme berücksichtige und auch weder Aussichten noch die Übersichtlichkeit des Platzes noch die Überschaubarkeit der Freiflächen beeinträchtige.

Die belangte Behörde ergänzte daraufhin das Ermittlungsverfahren und holte eine weitere fachkundige Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 19 ein. Dieser führte im Gutachten vom nach abermaliger Beschreibung des Standortes und Darlegung des diesbezüglichen "seinerzeitigen" Gestaltungskonzepts ergänzend zu seinen bisherigen Aussagen an, dass durch die Errichtung der Verkaufseinrichtung ein zusätzlicher Anziehungspunkt für mögliche Problemgruppen geschaffen werde. Im Falle der Genehmigung des Verkaufsstandes käme es infolge weiterer Ansuchen zu einer unerwünschten Überfrachtung bzw. optischen Verdichtung des öffentlichen Raumes, einer Verhüttelung des Straßenraumes wäre damit Tür und Tor geöffnet.

In seiner hiezu abgegebenen Stellungnahme vom wies der Beschwerdeführer nochmals darauf hin, dass der fast zur Gänze aus Glas gebaute Verkaufsstand keine optische Verhüttelung sowie keine optische Barriere bilde. Es läge nicht in der Zuständigkeit der MA 19 zu entscheiden, wo und wie Konsum stattzufinden habe. Zudem sei der Beschwerdeführer natürlich bereit, mit der MA 19 bezüglich des Aussehens des Verkaufsstandes zu kooperieren. Die Befürchtung der MA 19, es komme infolge der Genehmigung des gegenständlichen Verkaufsstandes zur Genehmigung anderer Verkaufsstände, sei aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar, da man die Menge der Verkaufsstände und ihre Positionierung im Lageplan vorher bestimmen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Ausführungen des Amtssachverständigen und gab an, dass sich im gegenständlichen Fall zwei konträre Auffassungen zur Zielsetzung der Stadtplanung gegenüberstünden. Während die MA 19 die Freihaltung von Flächen als Erhaltung von optischen Freiräumen und einer klaren Überblickbarkeit als wichtiges stadtgestalterisches Ziel sehe, lehne der Beschwerdeführer dies ab. Dem Beschwerdeführer gelinge es jedoch nicht, der schlüssigen Argumentation der MA 19 erfolgreich zu begegnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt im Wesentlichen aus, dass es nicht nachvollziehbar sei, welche Kriterien, Grundlagen und Maßstäbe bei der Beurteilung des Stadtbildes in dem betreffenden Bereich berücksichtigt worden seien, und auch eine Nachvollziehbarkeit der Behauptungen im Gutachten teilweise nicht gegeben sei. Der fast zu Gänze aus Glas bestehende Verkaufsstand könne keinesfalls als "optische Verhüttelung" bezeichnet werden, abgesehen davon, sei seitens der MA 19 der Begriff "optische Verhüttelung" auch in keiner Weise definiert oder näher begründet worden. Die bestehende bauliche Struktur sei derart dominant, dass der beantragte kleine Verkaufsstand eher eine Auflockerung des vorhandenen Freiraumes bewirken würde, als eine Störung des Stadtbildes. Wesentlich sei hiebei noch, dass die Positionierung des beantragten Verkaufsstandes gerade auch nicht die attraktive Seite des Einganges beeinträchtigen würde, da sich der beantragte Verkaufsstand zwischen der stark befahrenen Straße und dem seitlichen dunklen Zugang befände, sodass die bestehende Architektur von keinem Blickwinkel aus beeinträchtigt würde. Hinzuweisen sei auf die mit der Beschwerde vorgelegte Stellungnahme vom (welche fast zur Gänze jener vom gleicht).

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gebrauchsabgabengesetzes 1966 für Wien (GAG) lauten auszugsweise:

"§ 1 Gebrauchserlaubnis

Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den zugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

Jeder in der Sondernutzung (Abs. 1) nicht angegebene Gebrauch, der über die bestimmungsgemäße Benützung der Verkehrsflächen nach den straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen hinausgeht, bedarf der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin.

§ 2 Erteilung der Gebrauchserlaubnis

Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. …

Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."

Die belangte Behörde stützte die Versagung der Gebrauchserlaubnis im angefochtenen Bescheid darauf, dass der Bewilligung "Gesichtspunkte des Stadtbildes" entgegenstünden, und berief sich dabei insbesondere auf städtebauliche Zielsetzungen. Der Beschwerdefall ist aus diesem Blickwinkel vergleichbar mit jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0256, zugrunde lag (erfolgloses Vorhaben des Beschwerdeführers, einen solchen Verkaufsstand auf dem Praterstern, Bahnhofsvorplatz, zu errichten), sodass zunächst auf die dort näher dargelegten Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden kann (§ 43 Abs. 2, zweiter Satz VwGG). Unstrittig ist, dass es im projektgegenständlichen Bereich keine solchen Stände gibt. Die Beurteilung des Amtssachverständigen, dass die Errichtung des projektierten Kioskes Gesichtspunkten des Stadtbildes (städtebaulichen Zielsetzungen) zuwiderliefe, kann nicht als unschlüssig erkannt werden (vgl. abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom ), auch sonst haben sich für den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen das Gutachten ergeben. Die auf das Gutachten gestützte Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers war daher nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
UAAAE-72159