VwGH vom 24.02.2010, 2005/04/0039

VwGH vom 24.02.2010, 2005/04/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der C GmbH CO KG in Wien, vertreten durch Dr. Hans Bichler und Mag. Edgar Zrzavy, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom , Zl. VKS-9209/03, betreffend Nachprüfung nach dem Wiener Vergabekontrollgesetz (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien, Magistratsabteilung 54, Am Modenapark 1-2, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) schrieb im Rahmen eines offenen Verfahrens die "Lieferung von Fertigmenüs für das Mittagessen an Schulen der Stadt Wien" europaweit aus. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen (die beiden Kriterien Preis und Qualität wurden mit jeweils 50 % gewichtet). Die Beschwerdeführerin beteiligte sich an dieser Ausschreibung.

Mit Schreiben vom gab die Auftraggeberin bekannt, den Zuschlag einem anderen Bieter erteilen zu wollen, worauf die Beschwerdeführerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der belangten Behörde beantragte. Gegen den diese Anträge abweisenden Bescheid vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser sprach mit Erkenntnis vom , B 53/03 (u.a.), aus, dass die Wortfolge "oder Gemeinde" in § 12 Abs. 1 Z. 1 WLVergG bis zum Ablauf des verfassungswidrig war. Mit weiterem Erkenntnis vom , B 1095/01 (u.a.), sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Beschwerdeführerin durch den Bescheid der belangten Behörde vom in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden war und hob den genannten Bescheid auf.

Im fortgesetzten Verfahren wurde die Beschwerdeführerin um Stellungnahme ersucht, ob sie ihre Anträge vom aufrecht erhalte. Sie gab mit Schreiben vom bekannt, dass sie ein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens habe. Im Hinblick auf die bereits erfolgte Zuschlagserteilung ändere sie ihre Anträge auf die Feststellung ab, dass wegen eines Verstoßes gegen das Wiener Landesvergabegesetz der Zuschlag nicht der Beschwerdeführerin als Bestbieterin erteilt worden sei.

Unstrittig ist, dass die Auftraggeberin am den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren an einen anderen Bieter erteilt hat.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den vorgenannten Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin ab und führte nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen zunächst aus, dass das vorliegende Verfahren sowohl vom materiellen Vergaberecht als auch vom Rechtsschutz her nach den Vorschriften des Wiener Landesvergabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 36/1995 idF 50/2000, zu Ende zu führen sei. Für die Durchführung des vorliegenden Lieferauftrages müsse entweder eine Gewerbeberechtigung für den Lebensmittelhandel oder eine solche für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Lieferküche vorhanden sein. Die Beschwerdeführerin besitze seit dem an einem bestimmten Standort eine Gewerbeberechtigung lautend auf Gastgewerbe in der Betriebsart einer Kantine mit den Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2 (Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen), Z. 3 (Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen) und Z. 4 (Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen) GewO 1973, beschränkt auf die in der einen Bestandteil des Konzessionsdekretes bildenden Planskizze bezeichneten Betriebsräumen und Betriebsflächen. Sie habe im Zeitpunkt der Angebotsöffnung demnach nicht über die notwendige gewerberechtliche Befugnis verfügt, zumal nicht die Belieferung von Kunden mit Speisen im Vordergrund stehe, sondern die Verabreichung in den Betriebsräumlichkeiten. Wenn also die Belieferung von Kunden mit Speisen durchgeführt werde und diese Tätigkeit über den Umfang der Verabreichung von Speisen in den Betriebsräumlichkeiten hinaus gehe, liege eine unbefugte Gewerbeausübung vor, weil der Umfang der Tätigkeit nicht dem Wortlaut der Gewerbeberechtigung entspreche. Wie jede andere unbefugte Ausübung eines Gewerbes stelle auch das Überschreiten des von der Gewerbeberechtigung vorgegebenen Umfanges die Gewerbeausübung einen verwaltungsstrafrechtlich strafbaren Tatbestand dar. In Beantwortung einer Anfrage der Auftraggeberin habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, nach eigenen Angaben täglich ca. 22.500 Menüs an 750 Lieferstellen auszuliefern. Hingegen würden täglich nur 130 Menüs im Standort konsumiert (das seien 0,58 %). Es könne somit davon ausgegangen werden, dass die Zubereitung von Speisen zwecks Verkauf am Kunden im Wege der Zustellung im Vordergrund stehe und die Gastgewerbeberechtigung in der Betriebsart einer Kantine mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973 für die Erfüllung des ausgeschriebenen Auftrages nicht ausreiche.

Dass die Beschwerdeführerin am beim Magistratischen Bezirksamt für den 3. Bezirk einen Antrag auf Erteilung einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Lieferküche eingebracht habe, sei für den vorliegenden Fall unerheblich, weil zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung am die entsprechende Befugnis noch nicht gegeben gewesen sei und in Ermangelung derselben das Angebot der Beschwerdeführerin daher auszuscheiden gewesen wäre (§ 47 Z. 1 WLVergG). Auf ein wegen eines unbehebbaren Mangels auszuscheidende Angebot (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/04/0050, u.a.) hätte auch nicht der Zuschlag erteilt werden können. Durch die Zuschlagserteilung habe daher der Beschwerdeführerin ein Schaden gar nicht entstehen können. Die Beschwerdeführerin hätte bis zur Angebotseröffnung ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt, die Betriebsart zu wechseln und diesbezüglich erforderliche Schritte beim zuständigen Magistratischen Bezirksamt einzuleiten. Der ausschreibenden Dienststelle obliege keinesfalls eine Manuduktionspflicht im Sinne einer Anleitung zur Erweiterung der Gewerbeberechtigung. Sie habe nur die Aufgabe zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Angebotseröffnung die Befugnis der Bieter unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Rechtsvorschriften gegeben gewesen sei oder nicht. Hinsichtlich der Beschwerdeführerin habe dies nicht zugetroffen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an de Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 1309/04-3, die Behandlung ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom , B 1309/04-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Landesvergabegesetzes - WLVergG, LGBl. Nr. 36/1995, idF LGBl. Nr. 50/2000, lauten (auszugsweise):

"Grundsätze des Vergabeverfahrens

Allgemeine Grundsätze

§ 16. (1) Die Vergabe der Aufträge hat entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der unparteiischen Behandlung aller Bewerber, Bieter und deren Subunternehmer bei Anwendung des jeweils entsprechenden Verfahrens an leistungsfähige, zuverlässige und spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung befugte Auftragnehmer zur angemessenen, auch der Marktlage entsprechenden Preisen zu erfolgen.

...

Ausscheiden von Angeboten

§ 47. Auszuscheiden sind:

1. Angebote von Bietern, welche die geforderten Nachweise

über Befugnis, ... nicht erbracht haben; ...

§ 99. (1) Der Vergabekontrollsenat ist auf Antrag zuständig:

...

(2) Nach erfolgter Zuschlagserteilung:

...

b) wenn der Zuschlag einem anderen Bieter bereits ... während

eines Verfahrens vor dem Vergabekontrollsenat zur Überprüfung der

Zuschlagsentscheidung erteilt wurde,

...

zur Feststellung, dass wegen eines Verstoßes gegen dieses Landesgesetzes im Sinne der §§ 47 und 48 Abs. 2 der Zuschlag nicht dem Antragsteller als Bestbieter erteilt wurde; ..."

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Angebotseröffnung über eine Gewerbeberechtigung lautend auf Gastgewerbe in der Betriebsart einer Kantine mit den Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973 an einem näher genannten Standort, beschränkt auf die in der einen Bestandteil des Konzessionsdekretes bildenden Planskizze bezeichneten Betriebsräumen und Betriebsflächen verfügte.

Gemäß § 376 Z. 14b GewO 1994 gilt die Betriebsanlage eines Gastgewerbes, für das die Konzession gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1993, BGBl. Nr. 29, erteilt worden ist, im Umfang der Betriebsräume und der Betriebsflächen, auf die die Gastgewerbekonzession gemäß dem Konzessionserteilungsbescheid lautet, als gemäß § 74 Abs. 2 genehmigte Betriebsanlage.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, die Beschwerdeführerin sei auf Grund dieser Gewerbeberechtigung nicht befugt, die ausgeschriebene Lieferleistung zu erbringen. Ihr Angebot wäre daher auszuscheiden gewesen.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Nachprüfungsbehörde befugt bzw. verpflichtet ist, bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages zu beurteilen, ob das Angebot des Antragstellers auszuscheiden gewesen wäre (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/04/0095, und vom , Zl. 2008/04/0041, mit Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom in der Rechtssache C-249/01, Hackermüller).

Gemäß (dem mit § 189 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973 wortidenten) § 142 Abs. 1 GewO 1994 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 2002 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 8) für die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen (Z. 2), den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z. 3) und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z. 4). Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist unter Verabreichung (Abs. 1 Z. 2) und unter Ausschank (Abs. 1 Z. 3 und 4) jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Gemäß § 145 Abs. 1 GewO 1994 hat die Gewerbeanmeldung auch die Bezeichnung der Betriebsart zu enthalten, in der das Gastgewerbe ausgeübt werden soll und hat weiters die für die bezeichnete Betriebsart notwendige Berechtigung gemäß § 142 Abs. 1 zu umfassen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist unter Betriebsart im Sinne des Abs. 1 die durch eine bestimmte Anlage, Einrichtung oder Ausstattung der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen und durch eine bestimmte Betriebsführung gekennzeichnete Gestaltung des jeweiligen Gastgewerbebetriebes zu verstehen, wobei Verschiedenheiten lediglich in der Benennung keine besondere Betriebsart begründen.

Der Begriff der Betriebsart eines Gastgewerbes ist kein starr vorgegebener, sondern erfasst den wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Verkehrsauffassung folgend im tatsächlichen Bereich unterschiedliche Erscheinungsformen innerhalb eines bestimmten Gewerbezweiges (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/04/0174).

Nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Vergabeverfahren liefert diese täglich ca. 22.500 Menüs an 750 Lieferstellen aus. Am angegebenen Standort (der Gewerbeberechtigung) würden hingegen täglich nur 130 Menüs konsumiert.

Im Beschwerdefall ist der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, dass bei der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die bezeichnete Betriebsart nicht die Belieferung von Kunden mit Speisen im Vordergrund steht, sondern die Verabreichung in den Betriebsräumlichkeiten. Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde insbesondere auch nicht zum Erfolg führen, wenn unter Berufung auf ein Gutachten der Wirtschaftskammer Wien vorgebracht wird, dass die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin infolge des Gesamterscheinungsbildes des Betriebes ausschreibungskonform sei, wird doch nicht einmal konkret behauptet, dass auch Einbeziehung der 18 Kantinenstandorte sich die Verkaufs- und Liefertätigkeit als - allenfalls relevante - nur untergeordnete Tätigkeit im Rahmen der Führung einer Kantine darstelle.

Von daher ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrat, die Beschwerdeführerin wäre mangels Befugnis zur Erbringung der in Rede stehenden Leistung auszuscheiden gewesen. Dass die belangte Behörde den Antrag nicht als unzulässig zurück-, sondern abgewiesen hat, verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am