VwGH vom 22.02.2011, 2010/04/0144

VwGH vom 22.02.2011, 2010/04/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X, Rechtsanwalt in Y, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach und Mag. Dr. Reinhard Teubl, Rechtsanwälte in 8600 Bruck/Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.19-23/2010-11, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid im Instanzenzug vorgeworfen wurde, er habe es als vom Gericht bestellter Masseverwalter der Konkursmasse nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Z GmbH zu verantworten, dass diese durch die Erstellung von Einreichunterlagen für zwei näher bezeichnete gewerbebehördliche Projekte jedenfalls im Zeitraum vom bis unbefugt das Gewerbe "Ingenieurbüros (beratende Ingenieure)" gemäß § 94 Z. 69 GewO 1994 ausgeübt habe. Das Erstellen bzw. Zusammenstellen der im Spruch näher bezeichneten Einreichunterlagen sowie das Auftreten als Projektant im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren stellten dem Gewerbe "Ingenieurbüros (beratende Ingenieure)" vorbehaltene Tätigkeiten dar. Da diese Tätigkeiten von der Konkursmasse der Z GmbH selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt worden seien, ohne dass eine entsprechende Gewerbeberechtigung für das genannte Gewerbe vorgelegen sei, liege eine unbefugte Gewerbeausübung vor.

Dadurch habe der Beschwerdeführer § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 verletzt und es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei unstrittig, dass die genannte GmbH bei der Bezirkshauptmannschaft L zum einen für die S-GmbH einen Antrag auf gewerbebehördliche Genehmigung für ein Zwischenlager gestellt habe und dieser Antrag inhaltlich auch eine Beschreibung des Grundstückes, der Zwischenlagerfläche, der Zwischenlagerung, Bilddokumentation, Schlüsselnummer der nicht gefährlichen Abfälle sowie einen Lageplan umfasst habe. In weiteren Unterlagen sei ausgeführt worden, dass es zu keinerlei Belastungen sowohl aus emissions- als auch aus immissionstechnischer Sicht käme. In der Verhandlungsschrift sei vermerkt worden, dass Herr Ing. T "für das Sicherheitsfachkraft Center" als Projektant aufgetreten sei. Des Weiteren habe die genannte GmbH für Herrn P bei der Bezirkshauptmannschaft L den Antrag auf gewerbebehördliche Genehmigung für die Inbetriebnahme einer Betriebsanlage (Imbissstube) in L eingereicht. Dieser Antrag habe eine Beschreibung für die Genehmigung der Imbissstube mit bautechnischer Beschreibung und Ausführungen betreffend Brandschutz/Fluchtwege, eine Auflistung mit bildlicher Darstellung der Geräte, die in Betrieb genommen werden sollten, EG-Konformitätserklärungen, eine Bescheinigung der Stadtwerke B betreffend die Fluchtbeleuchtung und betreffend Elektroinstallation umfasst. Ing. T sei selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH, diese sei im Tatzeitraum Inhaberin folgender Gewerbeberechtigungen gewesen:

"1. reglementiertes Gewerbe der Sicherheitsfachkraft; sicherheitstechnisches Zentrum, gemäß § 94 Z 61 GewO 1994, Rechtswirksamkeit

2. Teilgewerbe der 'Wartung und Überprüfung von Handfeuerlöschern', Rechtswirksamkeit

3. freies Gewerbe des Handels mit Waren aller Art, Rechtswirksamkeit ."

Als gewerberechtlicher Geschäftsführer aller dieser Gewerbeberechtigungen sei der Beschwerdeführer eingetragen bzw. ex lege eingesetzt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Ausarbeitung von Projekten sei Gegenstand des reglementierten Gewerbes "Ingenieurbüros (beratende Ingenieure)" im Sinne des § 134 Abs. 1 GewO 1994. Die von der genannten GmbH durchgeführten Tätigkeiten seien eindeutig jene, welche diesem Gewerbe vorbehalten seien. Aus § 76 Abs. 1 ASchG "ergebe sich" (gemeint: für das Gewerbe Sicherheitsfachkraft; sicherheitstechnisches Zentrum) der Aufgabenbereich mit "Arbeitssicherheit und menschengerechter Arbeitsgestaltung" und andererseits ein Tätigkeitsumfang mit "Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers in Erfüllung deren Pflichten" eben auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung. Der Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung sei daher in objektiver Hinsicht erfüllt.

Sodann folgen weitere Ausführungen zur Strafbarkeit fahrlässigen Verhaltens nach § 5 VStG und zur Strafbemessung im Beschwerdefall.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 58/2010) lauten wie folgt:

" b) Fortbetriebsrechte

§ 41. (1) Das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), steht zu:

4. der Konkursmasse;

(5) Steht das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft oder der Konkursmasse zu, tritt der Vertreter der Verlassenschaft oder der Masseverwalter mit dem Einlangen der Anzeige des Fortbetriebes in die Funktion des Geschäftsführers ein. Er gilt nicht als Geschäftsführer, wenn mit der Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sind. In diesem Fall hat der Fortbetriebsberechtigte einen Geschäftsführer zu bestellen.

1. Reglementierte Gewerbe

§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

61. Sicherheitsfachkraft; Sicherheitstechnisches Zentrum

69. Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)

Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)

§ 134. (1) Der Gewerbeumfang der Ingenieurbüros (§ 94 Z 69) umfasst die Beratung, die Verfassung von Plänen, Berechnungen und Studien, die Durchführung von Untersuchungen, Überprüfungen und Messungen, die Ausarbeitung von Projekten, die Überwachung der Ausführung von Projekten, die Abnahme von Projekten und die Prüfung der projektgemäßen Ausführung einschließlich der Prüfung der projektbezogenen Rechnungen sowie die Erstellung von Gutachten auf einschlägigen Fachgebieten, die einer Studienrichtung oder einem mindestens viersemestrigen Aufbaustudium einer inländischen Universität, einer Fachhochschule oder Hochschule künstlerischer Richtung oder einer einschlägigen inländischen berufsbildenden höheren Schule entsprechen.

(4) Gewerbetreibende, die eine Berechtigung gemäß Abs. 1 besitzen, sind im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zur Vertretung des Auftraggebers vor Behörden oder Körperschaften öffentlichen Rechts berechtigt.

(5) Der Berechtigungsumfang von anderen reglementierten Gewerben wird durch Abs. 1 nicht berührt."

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) lauten wie folgt:

" Aufgaben, Information und Beiziehung der Sicherheitsfachkräfte

§ 76. (1) Sicherheitsfachkräfte haben die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen.

(3) Arbeitgeber haben die Sicherheitsfachkräfte und erforderlichenfalls weitere geeignete Fachleute hinzuzuziehen:

1. in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der Unfallverhütung,

2. bei der Planung von Arbeitsstätten,

Tätigkeiten der Sicherheitsfachkräfte

§ 77. In die Präventionszeit der Sicherheitsfachkräfte darf nur die für folgende Tätigkeiten aufgewendete Zeit eingerechnet werden:

1. die Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers in Angelegenheiten gemäß § 76 Abs. 3,

…"

2. Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, die genannte GmbH habe Planungs-, Beratungs- und Koordinationsaufgaben für Unternehmen, welche die genannte GmbH beauftragt hätten, auf Grund der Bestimmungen des ASchG durchgeführt. In § 77 ASchG seien die Tätigkeiten der Sicherheitsfachkraft eindeutig definiert und beinhalteten die Berechtigung, sämtliche Aufgaben im Sinne des Auftraggebers, Kommunen etc. zu übernehmen. § 77 Z. 1 ASchG verweise auf § 76 Abs. 3 AschG, wonach die Planung von Arbeitsstätten zulässig sei. Die Sicherheitsfachkraft sei daher als gewerbliche Sicherheitsfachkraft berechtigt, für sämtliche Planungs-, Beratungs- und Koordinationsaufgaben Tätigkeiten durchzuführen.

Weiters sei der relevante Zeuge Ing. T nicht einvernommen worden. Dieser hätte detailliert klarlegen können, welche Tätigkeiten durch die genannte GmbH durchgeführt worden seien.

3. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 1 ASchG ergibt und worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend hinweist, haben Sicherheitsfachkräfte die Aufgabe, Arbeitgeber und weitere näher bezeichnete Personen (so ausdrücklich das Gesetz) "auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung" zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten (wiederum ausdrücklich das Gesetz) "auf diesen Gebieten" zu unterstützen.

Bereits aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass die Tätigkeit der Sicherheitsfachkräfte auf das Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung eingeschränkt ist (vgl. auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 809. Rz. 102 zu § 94, die davon sprechen, dass die Tätigkeit von Sicherheitsfachkräften insbesondere die Gewährleistung des Arbeitnehmerschutzes betrifft). In diesem Sinne ist auch die Bestimmung des § 76 Abs. 3 Z. 2 ASchG zu verstehen, wonach die Sicherheitsfachkräfte vom Arbeitgeber bei der Planung von Arbeitsstätten hinzuzuziehen sind. Gerade der Begriff "hinzuzuziehen" macht deutlich, dass nicht die gesamte Planung der Arbeitsstätten und somit die Ausarbeitung von Projekten - wie dies im § 134 Abs. 1 GewO 1994 dem Gewerbe "Ingenieurbüros (beratende Ingenieure)" vorbehalten ist - von der Tätigkeit der Sicherheitsfachkräfte umfasst ist.

4. Vor diesem Hintergrund fehlt auch dem von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehler die erforderliche Relevanz, da auch eine - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - detaillierte Klarlegung der Tätigkeiten der genannten GmbH auf Grund der ansonsten unstrittig gelassenen Feststellungen der belangten Behörde nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

5. Ausgehend davon begegnet der angefochtene Bescheid keinen rechtlichen Bedenken, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am