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VwGH vom 09.11.2010, 2007/21/0323

VwGH vom 09.11.2010, 2007/21/0323

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Erich Poinstingl, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Capistrangasse 8/8, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft New Delhi vom , Zl. pe-426, betreffend Visum, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nepalesischer Staatsangehöriger, brachte am bei der Österreichischen Botschaft New Delhi (der belangten Behörde) - gemeinsam mit einem Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Ausbildung - einen Antrag auf Erteilung eines Visums ein.

Nachdem am der Landeshauptmann von Wien der belangten Behörde mitgeteilt hatte, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels genehmigt werde, forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer per E-Mail auf, persönlich bei der Botschaft zwecks Ausstellung des Visums D vorzusprechen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, er möge seinen Reisepass, einen Nachweis für das Bestehen einer vier Monate gültigen Krankenversicherung und einen Ausdruck des genannten E-Mails mitbringen.

Am legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde die von ihr abgeforderten Unterlagen vor.

In weiterer Folge übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Schreiben vom , womit ihm vorgehalten wurde, er habe im Verfahren zur Erteilung des Visums falsche Angaben gemacht. Die belangte Behörde vermute, dass ein Dokument zu den finanziellen Verhältnissen ("financial documents") des Beschwerdeführers manipuliert worden sei. Es werde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine abschließende Stellungnahme, gegebenenfalls unter Anschluss entsprechender Unterlagen, einzubringen. Einen darüber hinaus gehenden Vorhalt enthielt die Mitteilung der belangten Behörde nicht.

In seiner Stellungnahme vom antwortete der Beschwerdeführer dahingehend, dass er (bereits früher) aufgefordert worden wäre, ein Dokument zu seinen Finanzen vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nachgekommen. Soweit er von einem Beamten aufgefordert worden sei, ein neues Dokument vorzulegen, sei er nicht sicher, worum die belangte Behörde ersuche. Daher übermittle er einen neuen Auszug zu seinem aktuellen Bankguthaben. Der Beschwerdeführer betonte auch, dass die von ihm vorgelegten Dokumente echt seien, was allenfalls überprüft werden möge.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde daraufhin den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordruckes gemäß § 21 Abs. 7 Z 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) - der Beschwerdeführer habe im Verfahren zur Erteilung eines Visums über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente zu täuschen versucht - ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 21 Abs. 1 Z 4 und Abs. 7 Z 5 FPG (samt Überschrift) hat folgenden Wortlaut:

"Erteilung von Visa

§ 21. (1) Visa dürfen einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn

...

4. kein Versagungsgrund (Abs. 7) wirksam wird.

...

(7) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen (Abs. 1 Z 4),

...

5. wenn der Fremde im Verfahren zur Erteilung eines

Visums über seine wahre Identität, seiner Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente zu täuschen versucht hat.

..."

Wie oben dargestellt hat die belangte Behörde ihre Entscheidung nur mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines in § 21 FPG genannten Tatbestandes begründet. Das allein stellt vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden noch keinen Begründungsmangel dar, genügt es demnach doch (vgl. § 11 Abs. 2 iVm Abs. 6 letzter Satz FPG), dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0342, mwN).

In der Beschwerde wird vorgebracht, es sei unrichtig, dass der Beschwerdeführer falsche Angaben zu seiner wahren Identität, Staatsangehörigkeit oder der Echtheit seiner Dokumente gemacht hätte. Alle Angaben seien wahr gewesen; die von ihm vorgelegten Dokumente seien echt. Hätte ihn die Behörde, wozu sie verpflichtet sei, auf allfällige Bedenken hingewiesen, so hätte er Unklarheiten aufgeklärt. Die Prüfung der Echtheit der von ihm vorgelegten Dokumente sei unterlassen worden.

Die belangte Behörde führt dazu in ihrer Gegenschrift aus, sie habe die Niederlassungsbehörde bereits anlässlich der Übermittlung des Antrages des Beschwerdeführers vom auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auf ihre Bedenken (gemeint:

hinsichtlich des vom Beschwerdeführer angestrebten Aufenthaltszweckes) hingewiesen. Auf Grund des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Erteilung eines Visums sei sie verpflichtet gewesen, den Antrag einer Prüfung zu unterziehen. Jedoch sei die belangte Behörde auf Grund "der zu diesem Zeitpunkt vorgelegenen Unterlagen" nicht in der Lage gewesen, den Antrag positiv zu erledigen. Auch die auf Grund des Verbesserungsauftrages vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen seien zusammen mit den in den Akten befindlichen Aufzeichnungen nicht geeignet gewesen, eine positive Entscheidung herbeizuführen. Inwiefern Bedenken im Sinn des § 21 Abs. 7 Z 5 FPG bestünden, legt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hingegen nicht dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur gebotenen Vorgangsweise bei der Visumserteilung festgehalten, dass die Behörde im Rahmen ihrer aus § 11 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG resultierenden Verpflichtung zur Wahrung des Parteiengehörs gegenüber dem Fremden konkret darzulegen hat, worin die gegen die Erteilung eines Visums sprechenden Bedenken bestehen, und erst dann ist es Sache des Antragstellers, diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0629, mwN).

Ein konkreter Vorhalt in diesem Sinn bezogen auf § 21 Abs. 7 Z 5 FPG ist im vorliegenden Fall, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist, nicht erfolgt.

Außerdem ist der Verwaltungsgerichtshof anhand des vorgelegten Verwaltungsaktes aber auch nicht in der Lage nachzuvollziehen, weshalb davon auszugehen sei, der Beschwerdeführer habe im Verfahren zur Erteilung des Visums über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente zu täuschen versucht. Weder aus den im Verwaltungsakt befindlichen Aufzeichnungen der belangten Behörde noch anhand der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergeben sich ausreichende Hinweise dafür, dass er falsche oder verfälschte Dokumente vorgelegt hätte. Vielmehr ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen, dass die belangte Behörde in den Reisepass des Beschwerdeführers Einsicht genommen hat, sodass kein Grund für die Annahme vorhanden war, er hätte seine Identität oder Staatsangehörigkeit unwahr angegeben. Dies wird letztendlich von der belangten Behörde auch nicht behauptet.

Sollte sich die belangte Behörde hingegen - wofür den Verwaltungsakten Hinweise entnommen werden können - auf eine vom Beschwerdeführer vorgelegte Bankbestätigung beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass damit der in § 21 Abs. 7 Z 5 FPG enthaltene Tatbestand "Versuch über die Echtheit seiner Dokumente zu täuschen" nicht erfüllt sein kann; bezieht sich doch die Wortfolge "seiner Dokumente" unzweifelhaft auf die in dieser Vorschrift eingangs erwähnte Identität und Staatsangehörigkeit des Fremden.

Sohin hat belangte Behörde, die weder dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß Parteiengehör eingeräumt noch eine aus den Verwaltungsakten nachvollziehbare Begründung für die Antragsabweisung dargelegt hat, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass dieser aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-72132