VwGH vom 18.10.2012, 2010/04/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Günter Medweschek, Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 27/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 7-G-GRM-359/13-2010, betreffend Untersagung der Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde im Instanzenzug fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des vom Beschwerdeführer angemeldeten Gewerbes "Rauchfangkehrer (Handwerk) gemäß § 94 Z 55 GewO 1994 für das Kehrgebiet des politischen Bezirkes F" an einem näher bezeichneten Standort nicht vorliegen, und untersagte die Ausübung des angemeldeten Gewerbes.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes, welche dem Beschwerdeführer beschränkt auf das zweite Kehrgebiet im Bezirk K erteilt worden sei.
Nach der Verordnung des Landeshauptmannes vom über die gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes in Kärnten, LGBl. Nr. 132/1992 in der Fassung LGBl. Nr. 72/2000 (Kehrgebietsverordnung), umfasse das strittige Kehrgebiet des politischen Bezirkes F das Gebiet der Gemeinden F, G, S, H, St, U, Gn, A und R. Nach der durchgeführten Zählung der Statistik Austria befänden sich im politischen Bezirk F insgesamt 10.165 Gebäude, von welchen 119 durch Fernwärme, 147 durch Blockheizung und Biomassefernwärme, 6.433 mittels Hauszentralheizung und 3.466 mit dezentraler Heizung beheizt würden. Dieses Kehrgebiet sei durch die Kehrgebietsverordnung so festgelegt worden, dass die feuerpolizeilichen Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden könnten und innerhalb dieses Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben mit mindestens je zwei hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet sei. Durch die Anzahl der Gebäude scheine jedenfalls die Lebensfähigkeit von zwei Rauchfangkehrerbetrieben nach wie vor gegeben zu sein. Die Verordnung ermittle lediglich die theoretische Lebensfähigkeit von mindestens zwei Gewerbebetrieben und deren Mitarbeitern und nehme keine Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf an zwei oder mehr Rauchfangkehrern. Da es in diesem Kehrgebiet nicht mehr als zwei Rauchfangkehrer gebe, sei gemäß § 124 GewO 1994 der Wechsel in ein anderes Kehrgebiet zulässig.
Der Bedarf an Leistungen im Rauchfangkehrergewerbe stelle eine Grundlage für die Kenntnisnahme einer weiteren Befugnis dar. Derzeit bestünden im Kehrgebiet F zwei Gewerbeberechtigungen. Auch hätten die Ermittlungen keine Vernachlässigung der Aufgaben des Rauchfangkehrergewerbes in diesem Bezirk ergeben. Vielmehr stünden dem Konsumenten im Kehrgebiet F durch die Möglichkeit, in ein anderes Kehrgebiet zu wechseln, insgesamt 53 Rauchfangkehrerbetriebe zur Verfügung. Die vermeintliche (vom Beschwerdeführer im Verfahren eingewendete) Scheinselbständigkeit des einen Rauchfangkehrerbetriebes, der S KG, habe nicht Gegenstand der Bedarfserhebung sein können.
Zu prüfen gewesen sei, ob in Gemeinden auf Grund der Verpflichtung zur Prüfung der einzelnen Gebäude (Feuerbeschau) Beschwerden hinsichtlich der ordnungsgemäßen Reinigung der Kamine zu Tage getreten wären. Diesbezügliche Beschwerden und damit entstehender Bedarf an einer zusätzlichen Rauchfangkehrerleistung seien nicht hervorgekommen.
Die Landesinnung der Rauchfangkehrer habe sich in ihren Stellungnahmen gegen den zusätzlichen Bedarf von Rauchfangkehrerleistungen in diesem Bezirk ausgesprochen.
Daher sei mangels Vorliegen eines Bedarfes nach zusätzlichen Rauchfangkehrerleistungen spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Äußerung zu dieser Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 121 Abs. 1 Z. 4 GewO 1994 erfordert die Ausübung des Gewerbes der Rauchfangkehrer das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist bei der Feststellung des Bedarfes vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.
Gemäß § 123 Abs. 1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann durch Verordnung eine gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes zu verfügen. In dieser Verordnung sind die Grenzen der Kehrgebiete so festzulegen, dass die feuerpolizeilichen Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können und dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben mit mindestens je zwei hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet ist.
Gemäß § 123 Abs. 3 GewO 1994 sind die Rauchfangkehrer verpflichtet, innerhalb ihres Kehrgebietes nach Maßgabe des jeweils hier geltenden Höchsttarifes die in § 120 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten (des Rauchfangkehrergewerbes) auszuführen.
Gemäß § 1 V. der Kehrgebietsverordnung wird der politische Bezirk F in ein Kehrgebiet eingeteilt, welches die dort näher angeführten Gemeinden umfasst.
2. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, derzeit bestünden zwar im Kehrgebiet F zwei Gewerbeberechtigungen, jedoch handle es sich nicht um zwei vollständig voneinander getrennte Unternehmen. Vielmehr stehe die
S KG unter einem derart starken Einfluss des Rauchfangkehrermeisters S, welcher das einzige "Konkurrenzunternehmen" darstelle, dass dieser die Geschicke der S KG lenke. In diesem Zusammenhang sei auch der beantragte Zeuge K nicht geladen worden. Die Ausführungen des Prokuristen der S KG hätten gezeigt, dass der Einfluss von S in die Tätigkeit der S KG immer intensiver geworden sei und immer mehr Kunden dieser KG von
S übernommen werden sollten. Daher hätte der S KG die Gewerbeberechtigung von Amts wegen gemäß § 121 Abs. 3 iVm § 361 Abs. 1 GewO 1994 entzogen werden müssen.
Wie sich bereits aus § 123 Abs. 1 GewO 1994 ergibt, sind die Kehrgebiete durch Verordnung des Landeshauptmannes derart abzugrenzen, dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben gewährleistet ist. Gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass im strittigen Kehrgebiet F zwei Gewerbeberechtigungen bestehen, bringt die Beschwerde nichts vor, sie bestätigt diese Feststellung vielmehr. Ausgehend davon können auch die Ausführungen zur allfällig erforderlichen Entziehung der Gewerbeberechtigung hinsichtlich der S KG an den von der Behörde festgestellten Sachverhaltsgrundlagen für die Feststellung eines Bedarfes nichts ändern.
Nur anzumerken sei, dass der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift angeführte Umstand, dass zwischenzeitig (gemeint nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) die S KG ihre Gewerbeberechtigung zugunsten eines anderen Gewerbebetriebes zurückgelegt habe, und die entsprechende Replik des Beschwerdeführers, dass diese Verleihung der Gewerbeberechtigung an einen anderen Gewerbeinhaber nicht erfolgen hätte dürfen, weil der Beschwerdeführer wesentlich früher um das Gewerbe angesucht habe, vorliegend schon deshalb unmaßgeblich sind, weil der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen hat.
3. Die Beschwerde wendet weiters gegen den angefochtenen Bescheid ein, von der belangten Behörde sei in aktenwidriger Weise die Stellungnahme einzelner Gemeinden unrichtig interpretiert worden. Seitens der Gemeinde R sei ausgeführt worden, dass immer wieder Beschwerden an die Gemeinde herangetragen würden. Die Stadtgemeinde F habe ausgeführt, dass eine zufriedenstellende Verrichtung der erforderlichen Rauchfangkehrerdienstleistungen nur durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers gewährleistet sei.
In den vorgelegten Verwaltungsakten liegt die Stellungnahme der Gemeinde R vom auf, nach welcher durch Hausbesitzer immer wieder Beschwerden an die Gemeinde herangetragen würden, dass die notwendigen Rauchfangkehrerdienstleistungen nicht ordnungsgemäß und zeitgerecht ausgeführt werden. Es sei daher - so die Gemeinde weiter - bereits vielfach zu Rauchfangkehrerwechseln gekommen. Auf diesen Umstand hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insofern ausreichend Bedacht genommen, als sie darauf hinweist, dass im strittigen Kehrgebiet gemäß § 124 GewO 1994 ein Wechsel in ein anderes Kehrgebiet zulässig sei. Diese Möglichkeit, einen Rauchfangkehrerwechsel herbeizuführen, wurde im Interesse der Konsumenten eingeführt (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl , Gewerbeordnung3 (2011), 1309, Rz. 1 zu § 124).
Die weitere von der Beschwerde angeführte Stellungnahme der Stadtgemeinde F vom enthält nach der vorliegenden Aktenlage die Mitteilung, dass der Beschwerdeführer bereits seit geraumer Zeit eine nicht geringe Anzahl von Objekten ordnungsgemäß und zeitgerecht neben den im Gemeindegebiet niedergelassenen Firmen S und S KG betreue. Auch diese Stellungnahme deckt sich mit der von der belangten Behörde angeführten Rechtslage des § 124 GewO 1994, steht aber der Feststellung, im strittigen Kehrbezirk würden die feuerpolizeilichen Aufgaben durch die bestehenden zwei Rauchfangkehrerbetriebe ausreichend wahrgenommen, nicht entgegen.
4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am