VwGH vom 26.09.2005, 2005/04/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Ing. A in S, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-AB-03-0196, betreffend Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kilb, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwälte Partnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, dass der Zuschlag im Vergabeverfahren der mitbeteiligten Partei betreffend die Schlosserarbeiten für den Neubau eines Veranstaltungs- und Gemeindezentrums nicht dem Angebot mit dem niedrigsten Preis bzw. dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei, gemäß § 4 Abs. 3 Z. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 2 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz, LGBl. 7200-0 (NÖ VergNprG), zurückgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass sich der Beschwerdeführer mit seinem Einzelunternehmen durch Legung eines Angebots am gegenständlichen Verfahren beteiligt habe. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei habe am beschlossen, die Vergabe der ausgeschriebenen Schlosserarbeiten an das Unternehmen M. zu vergeben. Die Zuschlagserteilung sei am erfolgt.
Der Beschwerdeführer habe sein Schlosser-Einzelunternehmen mit Einbringungsvertrag vom in die H. GmbH eingebracht. Diese neu gegründete GmbH sei am in das Firmenbuch eingetragen worden. Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Im Einbringungsvertrag sei u.a. vereinbart worden, dass der Beschwerdeführer sein Einzelunternehmen unter Verzicht auf die Liquidation auflöse und den Betrieb desselben als Gesamtsache mit allen Aktiva und Passiva in die neu zu gründende GmbH einbringe. Weiters sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer und der neu zu gründenden Gesellschaft auch alle in der Bilanz mangels Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht aufscheinenden Rechte oder Verbindlichkeiten seines Einzelunternehmens übertrage. Die H. GmbH trete anstelle des Beschwerdeführers in alle Rechtsverhältnisse ein, die zwischen diesem und Dritten bestünden. Da die Wirksamkeit der vertraglichen Übernahme der Rechtsverhältnisse der Zustimmung Dritter bedürfe, zediere der Beschwerdeführer seine Forderungen und Rechte aus allen Rechtsverhältnissen an die GmbH.
Den verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag habe der Beschwerdeführer am eingebracht. Von einem Interesse am Abschluss eines Vertrages als Antragsvoraussetzung gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 NÖ VergNprG sei jedenfalls bei solchen Unternehmen auszugehen, die im Vergabeverfahren ein Angebot gestellt hätten. Beim Beschwerdeführer sei fraglich, ob er nach der Einbringung seines Einzelunternehmens in die H. GmbH noch Unternehmer sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GesmbH nicht um eine Gesamtrechtsnachfolge, sondern um eine Einzelrechtsnachfolge. Vorliegend sei das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers im Firmenbuch gelöscht worden; damit sei die Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers verloren gegangen. Es sei fraglich, ob es sich beim vergaberechtlichen Schadenersatzanspruch und beim Nachprüfungsanspruch um "Abwicklungsansprüche" handle. Eine Firma höre nämlich nicht durch die Löschung im Firmenbuch zu bestehen auf, sondern erst durch die Beendigung der Abwicklung. Dazu müsse vorliegend berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer durch Einbringung des Einzelunternehmens in die GesmbH keinerlei Sachsubstrat mehr zur Verfügung habe, um den gegenständlichen Auftrag zu erfüllen. Auch die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Schlossergewerbes sei auf die GesmbH übertragen worden. Ein Unternehmer, der über keine Gewerbeberechtigung mehr verfüge, sei nicht mehr als befugt im Sinn des Bundesvergabegesetzes 2002 anzusehen. Der Verlust der Befugnis bedeute nicht automatisch den Verlust des Rechts, einen Nachprüfungsantrag zu stellen. Vorliegend ergebe sich jedoch bei einer Gesamtbetrachtung, dass das Einzelunternehmen als solches mit der Gesamtheit seiner Rechte und Verpflichtungen - in Bezug auf den dem vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren zu Grunde liegenden zu vergebenden Auftrag - zu existieren aufgehört habe.
Der Beschwerdeführer gehe offenbar noch immer davon aus, ein rechtlich existentes Einzelunternehmen zu führen. Von einer falschen Bezeichnung des Antragstellers, die richtig gestellt werden könnte, sei daher nicht auszugehen.
Der gegenständliche Antrag sei daher mangels Unternehmereigenschaft im Sinn des § 6 Abs. 1 NÖ VergNprG wegen Fehlens der Aktivlegitimation zurückzuweisen gewesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde richtet sich primär an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof hat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluss vom , B 812/04). Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde die Frage der Antragslegitimation des Beschwerdeführers mit den Eignungskriterien eines Bieters vermengt habe. Abgesehen davon, dass der Antragsteller immer noch sämtliche Eignungskriterien erfülle, weil - abgesehen von der Umstrukturierung gesellschaftsrechtlicher Art - das Unternehmen des Beschwerdeführers mit jenem der H. GmbH vollkommen ident sei, sei die mangelnde Eignung längstens bis zur Zuschlagserteilung aufgreifbar und daher für die Frage der Antragslegitimation irrelevant. Die erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens erfolgte Einbringung des Einzelunternehmens in die H. GesmbH habe daher keine Auswirkungen auf die Antragslegitimation des Beschwerdeführers im Nachprüfungsverfahren. Nur der Beschwerdeführer habe auf Grund seiner Anbotslegung ein Interesse am Abschluss des Vertrages. Die Einzelrechtsnachfolge führe zu keiner Vertragsübernahme und daher auch zu keiner Übernahme der vorvertraglichen Berechtigungen und Verpflichtungen eines Bieters im Vergabeverfahren. Die Vertragsübernahme könne nur mit Zustimmung beider Vertragsteile erfolgen, jedoch nicht auf Grund des nach außen nicht erkennbaren Aktes eines Einbringungsvertrages.
Bei der Formulierung im Einbringungsvertrag, wonach der Beschwerdeführer sein Einzelunternehmen als Gesamtsache mit allen Aktiva und Passiva in die Gesellschaft einbringe, handelt es sich um eine rein steuerrechtlich bedingte "Floskel"; ebenso bei der Bestimmung, wonach alle Rechte und Verbindlichkeiten an die GesmbH übertragen würden. Auf Grund der Einzelrechtsnachfolge könne die H. GesmbH ohne Einbindung der Gläubiger bzw. Vertragspartner gar nicht in Rechtsverhältnisse eintreten, auch wenn Derartiges im Einbringungsvertrag normiert sei. Überhaupt sei die vorvertragliche Rechtsposition eines Bieters keiner Zession zugänglich.
Überdies habe der Beschwerdeführer aus Gründen der Vorsicht nach Einbringung seines Einzelunternehmens in die GesmbH die das gegenständliche Verfahren betreffenden Rechte zurückzediert erhalten. Dies sei formlos möglich gewesen und ergebe sich schon aus der Antragstellung.
Auch die gewerberechtlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid seien irrelevant, weil zum einen für die Eignungsprüfung längstens der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung relevant sei und zum anderen der Beschwerdeführer ohnehin nur mehr Schadenersatzansprüche stellen könne.
Für die Parteistellung des Beschwerdeführers sei maßgeblich, dass er als Einzelunternehmer ein Angebot gelegt habe und im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung die GesmbH, in die dieses Einzelunternehmen in der Folge eingebracht worden sei, noch gar nicht existiert habe. Eine Zuschlagserteilung wäre daher nur an den Beschwerdeführer möglich gewesen. Die Ansicht der belangten Behörde würde dazu führen, dass weder der Beschwerdeführer selbst noch die GesmbH - diese habe ja kein Angebot gelegt und daher kein Interesse am Vertragsschluss - zur Stellung eines Nachprüfungsantrages berechtigt wären.
Nach den insoweit nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid hat sich der Beschwerdeführer, der ein Einzelunternehmen betrieben hat, am gegenständlichen Vergabeverfahren durch Legung eines Angebots beteiligt. Der Zuschlag wurde am einem anderen Bieter erteilt. Der Beschwerdeführer hat sein Einzelunternehmen in eine neu zu gründende GesmbH eingebracht, wobei u.a. vereinbart worden ist, dass das Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva eingebracht und alle Rechte und Verbindlichkeiten übertragen werden. Die gemäß § 2 Abs. 1 GesmbHG für den Beginn der Rechtspersönlichkeit der GesmbH maßgebliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am , somit nach Beendigung des Vergabeverfahrens durch Zuschlagserteilung (§ 103 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2002, BGBl. I Nr. 99 - BVergG), aber vor Einbringung des Nachprüfungsantrages durch den Beschwerdeführer.
Gemäß § 21 Abs. 1 BVergG sind Aufträge nur an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu vergeben. Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit muss spätestens ab dem in § 52 Abs. 5 BVergG genannten Zeitpunkt und jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein.
Einen auf Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers gerichteten Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung kann gemäß § 5 Abs. 1 NÖ VergNprG ein Unternehmer stellen, der ein Interesse am Abschluss eines den Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Stellt sich im Verfahren über einen solchen Antrag heraus, dass das Angebot des Antragstellers - etwa wegen Fehlens der Befugnis oder Leistungsfähigkeit - auszuscheiden gewesen wäre und daher eine Zuschlagserteilung an den Antragsteller ohnehin nicht in Betracht kommt, so ist der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0030).
Einen erst nach Zuschlagserteilung möglichen Antrag auf Feststellung einer Vergaberechtswidrigkeit gemäß § 6 Abs. 1 NÖ VergNprG kann hingegen ein Unternehmer einbringen, der ein Interesse am Abschluss eines den Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist. In diesem Fall kommt es also nicht auf ein Interesse des Antragstellers am - auf Grund der bereits erfolgten Zuschlagserteilung gar nicht mehr möglichen - künftigen Vertragsabschluss, sondern darauf an, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung (an einen anderen Bieter) ein Interesse am Vertragsschluss hatte und ihm durch die Nichterteilung des Zuschlags ein Schaden entstanden ist. Sind diese Voraussetzungen bei Zuschlagserteilung gegeben, so geht die Antragslegitimation nicht allein dadurch verloren, dass der - rechtlich weiterhin existente - Antragsteller nachträglich seine Befugnis, Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit verliert.
Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer als natürliche Person - sohin als Unternehmer im Sinn des § 20 Z. 32 BVergG - durch Legung eines Angebotes am Vergabeverfahren beteiligt. Die Einbringung seines Einzelunternehmens in eine GesmbH wurde erst nach Zuschlagserteilung wirksam. Die belangte Behörde hat nicht die Ansicht vertreten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung kein Interesse am Vertragsabschluss gehabt habe oder ihm - etwa weil eine Zuschlagserteilung mangels Befugnis oder Leistungsfähigkeit ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre - aus dem Entgang des angestrebten Auftrages kein Schaden entstanden sei. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nachträglich sein Einzelunternehmen in eine GesmbH eingebracht hat und ihm seither nach Ansicht der belangten Behörde die Gewerbeberechtigung und das "Sachsubstrat" zur Erfüllung des Auftrages, also die Befugnis und die Leistungsfähigkeit, fehlt, führt nach den obigen Ausführungen nicht zur Unzulässigkeit des gegenständlichen Feststellungsantrages. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.
Das Recht, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, kommt nur dem Unternehmer zu, der sich am Vergabeverfahren beteiligt hat oder dessen Interessen am Vertragsabschluss aus anderen Gründen zu bejahen sind; eine Übertragung dieses Rechts kommt nur bei Gesamtrechtsnachfolge in Betracht (vgl. Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2002 (2004) S. 1651 Rz 8 zu § 163 u. FN 23; vgl. auch Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 8 (2003) S. 244f Rz 487). Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, handelt es sich bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GesmbH nicht um einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. etwa das im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/17/0208, und den dort zitierten Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 2Ob 54/00f). Der Beschwerdeführer hat sein Antragsrecht somit auch nicht durch Übertragung auf die GesmbH verloren.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am