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VwGH vom 25.01.2011, 2010/04/0130

VwGH vom 25.01.2011, 2010/04/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des A, 2. der B und 3. der C, alle in Y, alle vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-35/10187/17-2010 (mitbeteiligte Partei: X; weitere Partei:

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), betreffend gewerbliche Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug festgestellt, dass die bestehende genehmigte gastgewerbliche Betriebsanlage "Hotel K" in Y einschließlich der gegenständlich beantragten Änderung durch Errichtung und Betrieb eines Kinderspielplatzes, eines Kleinbadeteiches, eines Rosenpavillons sowie einer Blockhütte auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG Y gemäß § 359b Abs. 8 GewO 1994 iVm § 359b Abs. 2 GewO 1994 und § 1 Z. 1 bis 3 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 idgF nach Maßgabe der (mit dem Genehmigungsvermerk versehenen) Einreichunterlagen und unter Aufrechterhaltung der im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen als Aufträge die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 erfüllt. Weiters wurde die Berufung (bzw. das Einwendungsvorbringen) der Beschwerdeführer als Nachbarn, soweit die Wahl des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 bekämpft worden sei, als unbegründet abgewiesen, im Übrigen mangels Parteistellung der Beschwerdeführer als Nachbarn als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Änderungen bestehender genehmigter gastgewerblicher Betriebsanlagen seien dann im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 ohne Parteistellung der Nachbarn zu genehmigen, wenn die bestehende genehmigte Betriebsanlage einschließlich der beantragten Änderung die im § 1 Z. 1 bis 3 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 angeführten Messgrößen nicht überschreite. Die Anzahl der in der gastgewerblichen Betriebsanlage bereitgestellten Verabreichungsplätze und Fremdenbetten im Sinne der zitierten Verordnung habe sich grundsätzlich aus den Einreichunterlagen zu ergeben (Verweis auf § 359b Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994). Im Beschwerdefall handle es sich um einen Beherbergungsbetrieb mit öffentlich zugänglichem Restaurant ("Hotel"), somit eine gastgewerbliche Betriebsanlage, die gemäß § 1 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 sowohl unter Z. 1 als auch Z. 2 falle, wobei eine Musikdarbietung (über bloße Hintergrundmusik hinaus) sich weder aus den aufliegenden Änderungsgenehmigungen ergebe noch im gegenständlichen Änderungsantrag beantragt worden sei. Aus dem vorliegenden Betriebsanlagenakt und den Angaben des Betriebsanlageninhabers ergebe sich, dass die Messgröße von 200 Verabreichungsplätzen bzw. die Messgröße von 100 bereit gestellten Fremdenbetten bei der vorliegenden Betriebsanlage nicht überschritten werde. Soweit die Beschwerdeführer vorgebracht hätten, der Betriebsanlage seien auch die in näher angeführten "Dependancen" bereitgestellten Fremdenbetten zuzurechnen, führte die belangte Behörde aus, für diese "Dependancen" fänden sich nach der vorliegenden Aktenlage keine Änderungsgenehmigungen zur genehmigten Hotelbetriebsanlage. Der Betrieb dieser "Dependancen" (Vermietung als Selbstversorgerunterkünfte) durch die mitbeteiligte Partei stehe in einem organisatorischen Zusammenhang mit seinem Hotelbetrieb, jedoch fehle die erforderliche räumliche Einheit mit der vorliegenden Betriebsanlage. Lediglich betreffend das Objekt "Ferienhaus K", welches unmittelbar an die Betriebsflächen der Hotelbetriebsanlage angrenze, müsse von einer räumlichen Einheit ausgegangen werden. Unter Hinzurechnung der dort zusätzlich bereitgestellten Fremdenbetten werde die in der genannten Verordnung festgelegten Messgröße jedoch nicht überschritten. Somit lägen für die vorliegend beantragte Änderung der Betriebsanlage gemäß § 359b Abs. 8 GewO 1994 die Voraussetzungen für die Durchführung des einfachen Verfahrens vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Zum örtlichen Zusammenhang der Betriebsanlage:

Die Beschwerdeführer wenden gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, nach einem "Werbeauftritt" der mitbeteiligten Partei könnten in der vorliegenden Betriebsanlage Hochzeiten von vier bis 330 Gästen ausgerichtet werden. Auch habe die belangte Behörde die Angabe der mitbeteiligten Partei protokolliert, wonach räumlich Hochzeiten bis maximal 200 Personen möglich wären.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer keinen Verfahrensfehler auf: Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit dem "Werbeauftritt" (Werbung auf der Internet-Website der mitbeteiligten Partei) und der von den Beschwerdeführern angeführten Problematik der "Dependancen" beschäftigt. Bei der Beurteilung, welche Einrichtungen der vorliegenden gewerblichen Betriebsanlage zuzurechnen sind, hat die belangte Behörde zu Recht auf den örtlichen Zusammenhang abgestellt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0300, mwN auf die Vorjudikatur). Davon ausgehend führte die belangte Behörde beweiswürdigend aus, für diese "Dependancen" fänden sich nach der vorliegenden Aktenlage keine Änderungsgenehmigungen zur genehmigten Hotelbetriebsanlage. Der Betrieb dieser "Dependancen" durch die mitbeteiligte Partei stehe zwar in einem organisatorischen Zusammenhang mit seinem Hotelbetrieb, jedoch fehle die erforderliche räumliche Einheit mit der vorliegenden Betriebsanlage. Lediglich betreffend ein Objekt, welches unmittelbar an die Betriebsflächen der Hotelbetriebsanlage angrenze, müsse von einer räumlichen Einheit ausgegangen werden. Unter Hinzurechnung der dort zusätzlich bereitgestellten Fremdenbetten werde die in der genannten Verordnung festgelegten Messgröße jedoch nicht überschritten. Allgemein führte die belangte Behörde an, eine Unterbringung von "330 Hochzeitsgästen" - wie von den Beschwerdeführern behauptet - erscheine in der Betriebsanlage schon aus Platzgründen nicht möglich. Konkrete Bedenken gegen diese beweiswürdigenden Überlegungen werden durch die Beschwerde nicht geweckt.

2. Zur Einzelfallprüfung im Sinne des § 359b GewO 1994:

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die belangte Behörde hätte eine Einzelfallprüfung im Sinne des § 359b GewO 1994 vornehmen müssen.

Insoweit ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0283, zu verweisen, wonach auch im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren für in der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 bezeichnete Arten von Betriebsanlagen gemäß § 359b Abs. 2 GewO 1994 der Behörde eine Einzelfallprüfung verpflichtend ist (dies im Wege einer verfassungskonformen Interpretation; der Verwaltungsgerichtshof verwies im zitierten Erkenntnis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 17.165). Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis weiters ausgesprochen hat, kommen aber Nachbarn bei der Einzelfallprüfung keine durchsetzbaren subjektivöffentlichen Rechte zu, sodass die Beschwerdeführer mit der vorliegenden Argumentation keine Verletzung ihrer behaupteten subjektiv-öffentlichen Rechte dartun können.

3. Zu den von § 1 Z. 1 bis 3 der Betriebsanlagen-Verordnung erfassten Gastgewerben:

3.1. Zuletzt bringen die Beschwerdeführer vor, die Messgrößen der Z. 1 und 2 des § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 idF BGBl. II Nr. 19/1999 (im Folgenden: Betriebsanlagen-Verordnung) verwiesen auf Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes "gemäß § 142 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1994", nicht aber auf die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung stehenden Bestimmungen der §§ 111, 112 GewO 1994. Daher handle es sich hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf Gastgewerbebetriebsanlagen nicht mehr um eine Verordnung im Sinne des § 359b Abs. 3 GewO 1994. 3.2. Gemäß § 359b Abs. 2 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

Gemäß § 1 Z. 1 bis 3 der Betriebsanlagen-Verordnung sind folgende Arten von Betriebsanlagen dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359 Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen:

"1. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste);

2. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, in denen nicht mehr als 100 Fremdenbetten bereitgestellt werden;

3. Betriebsanlagen, die sowohl unter 2 1 als auch unter Z 2 fallen;"

3.3. Wie die Beschwerdeführer zutreffend vorbringen, nennt § 1 Z. 1 bis 3 der Betriebsanlagen-Verordnung die Regelung des Gastgewerbes in § 142 Abs. 1 Z. 1 bis 4 der GewO 1994 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002. Mit dieser Novelle (vgl. Art. I Z. 64) wurde das II. Hauptstück der GewO 1994 neu gefasst und die Bestimmungen über die Gastgewerbe in den (neuen) §§ 111 bis 113 zusammengefasst (vgl. hiezu auch die Materialien in RV 1117 BlgNR XXI. GP). § 142 GewO 1994 in der Fassung nach dieser Novelle regelt nunmehr die (Neben )Rechte zum Waffengewerbe.

Daraus kann aber nicht - wie von den Beschwerdeführern vorgebracht - der Schluss gezogen werden, dass seit der Novelle der GewO 1994 BGBl. I Nr. 111/2002 den Regelungen des § 1 Z. 1 bis 3 der Betriebsanlagen-Verordnung kein Regelungsinhalt mehr zukomme und diese Bestimmungen sohin ins Leere gingen bzw. keinen Anwendungsbereich mehr hätten.

Zwar fehlt in der genannten Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 eine ausdrückliche (etwa § 347 Bundesvergabegesetz 2006 vergleichbare) Übergangsbestimmung, wonach bei Verweisen in anderen Rechtsvorschriften des Bundes auf Bestimmungen der GewO 1994 vor dieser Novelle an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen der GewO 1994 nach der Novelle treten.

Jedoch ist auch ohne eine derartige Übergangsbestimmung der Inhalt der Z. 1 bis 3 des § 1 der Betriebsanlagen-Verordnung (gerade) noch ausreichend bestimmt: Die Z. 1 bis 2 des § 1 der Betriebsanlagen-Verordnung zitieren nämlich die Z. 2 bis 4 (Verabreichung und Ausschank) bzw. Z. 1 (Beherbergung von Gästen) des (nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 für das Gastgewerbe maßgeblichen) § 142 Abs. 1 GewO 1994 erkennbar im Hinblick auf die in der Verordnung geregelten Messgrößen von 200 Verabreichungsplätzen bzw. 100 Fremdenbetten. Im Hinblick auf diese maßgeblichen Messgrößen hat sich durch die neue Rechtslage nach der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 keine Änderung ergeben, zumal § 111 Abs. 1 GewO 1994 wiederum zwischen der Beherbergung von Gästen (Z. 1) und der Verabreichung von Speisen jeder Art und dem Ausschank von Getränken (Z. 2) unterscheidet.

In diesem Sinne ist § 1 Z. 1 der Betriebsanlagen-Verordnung dahingehend auszulegen, dass Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 (Verabreichung von Speisen jeder Art und Ausschank von Getränken) bis zu der Messgröße von (unter anderem) 200 Verabreichungsplätzen erfasst werden. § 1 Z. 2 der Betriebsanlagen-Verordnung erfasst Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 (Beherbergung von Gästen) mit einer Messgröße von nicht mehr als 100 Fremdenbetten und § 1 Z. 3 Betriebsanlagen, die sowohl unter Z. 1 als auch unter Z. 2 fallen.

4. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am