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VwGH vom 27.11.2018, Ra 2017/02/0141

VwGH vom 27.11.2018, Ra 2017/02/0141

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision der Finanzmarktaufsichtsbehörde gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W224 2116478- 1/11E, betreffend Auskunftspflicht in einer Angelegenheit der Finanzmarktaufsicht (mitbeteiligte Partei: M AG in W, vertreten durch die Rohregger Scheibner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 17/15), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom , Zl. FMA-RA0001.310/0001-LAW/2015, mit der Maßgabe abgewiesen wird, dass der Spruch des Bescheids zu lauten hat:

"Gemäß § 4 iVm. § 1 und § 2 Auskunftspflichtgesetz wird festgestellt, dass der M AG aufgrund ihres Antrags vom ein Recht auf Auskunft nicht zukommt und von der Finanzmarktaufsichtsbehörde eine Auskunft nicht erteilt wird."

Begründung

1 Mit einem ausdrücklich auf das Auskunftspflichtgesetz gestützten Schreiben vom ersuchte die M. AG (mitbeteiligte Partei) die Finanzmarktaufsichtsbehörde (revisionswerbende Partei) um (im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof)

"1) Bekanntgabe und Übermittlung

  • sämtlicher Amtshilfeersuchen der Finanzmarktaufsicht an ausländische Behörden sowie sämtlicher diesbezüglichen Antworten und Auskünfte kontaktierter ausländischer Behörden,

  • sämtlicher Amtshilfeersuchen ausländischer Behörden an die Finanzmarktaufsicht sowie sämtlicher diesbezüglichen Antworten und Auskünfte der Finanzmarktaufsicht, sowie

  • sonstiger, Ihnen vorliegenden und mit derartigen Ersuchen in Zusammenhang stehenden Korrespondenzen zwischen österreichischen und ausländischen Behörden

  • betreffend die M. AG bzw deren Organe und Mitarbeiter.

  • 2)Übermittlung einer digitalen Aktenabschrift der diesbezüglichen Akten zu Handen des ausgewiesenen Vertreters; in eventu

  • 3)Akteneinsicht in die diesbezüglichen Akten."

  • 2 Im Fall der Nichterteilung der begehrten Auskünfte beantragte die mitbeteiligte Partei die Erlassung eines Bescheids gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz durch die revisionswerbende Partei.

  • 3 Am erließ die revisionswerbende Partei einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet (Hervorhebung im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

  • "Der Antrag auf Auskunftserteilung gemäß § 1 und 2 Auskunftspflichtgesetz der M. Aktiengesellschaft mit Sitz in W und Geschäftsanschrift ..., eingetragen im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien unter der Firmenbuchnummer ..., vom wird hiermit gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz abgewiesen."

  • 4 Begründend führte sie aus, die mitbeteiligte Partei habe effektiv Einsicht in alle Akten der revisionswerbenden Partei, welche Korrespondenzen mit ausländischen Behörden betreffend die mitbeteiligte Partei bzw. deren Organe und Mitarbeiter enthielten, beantragt. Das Auskunftspflichtgesetz gewähre allerdings nur ein Recht auf Auskunft und nicht auf Einsicht in die behördlichen Akten. Da sich das Begehren zudem nicht auf ein konkretes Verwaltungsverfahren beziehe, liege auch kein Anspruch auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG vor. Zu prüfen bleibe, ob das gegenständliche "Auskunftsersuchen" einen Teil enthalte, der einer Auskunft zugänglich sei. Das Auskunftsbegehren sei allerdings so weit gefasst, dass nicht von einer konkreten Frage gesprochen werden könne. Die mitbeteiligte Partei verlange nämlich "Bekanntgabe" aller jemals stattgefundenen Korrespondenzen zwischen der revisionswerbenden Partei und ausländischen Behörden. Ein derart weit gefasstes Auskunftsersuchen sei zu unbestimmt, um einer Auskunftserteilung zugänglich zu sein. Im Übrigen gewähre das Auskunftspflichtgesetz vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht keinen Anspruch auf pauschale Mitteilungen aller aktuellen oder vergangenen Korrespondenzen mit ausländischen Behörden. Dem Auskunftsersuchen sei aus den dargelegten Gründen daher der Erfolg zu versagen. Vor diesem Hintergrund erübrige sich eine Erörterung der Fragen, ob es sich um ein mutwilliges Anbringen handle bzw. es eine wesentliche Beeinträchtigung der Aufgaben der Behörde nach sich ziehen würde (§ 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz).

  • 5 Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei mit einem am bei der revisionswerbenden Partei persönlich eingebrachten Schriftsatz Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

  • 6 Mit Beschluss vom hob das Verwaltungsgericht den Bescheid - in der Besetzung einer Einzelrichterin - gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die revisionswerbende Partei zurück.

  • 7 Aufgrund einer dagegen gerichteten Revision der revisionswerbenden Partei hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2016/02/0159, diesen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts auf.

  • 8 Das Verwaltungsgericht habe entgegen der Anordnung des § 22 Abs. 2a FMABG über eine Beschwerde gegen einen Bescheid der revisionswerbenden Partei nicht durch Senat, sondern durch eine Einzelrichterin und damit nicht in der gesetzmäßigen Besetzung entschieden. Auf die jeweilige rechtliche Grundlage der von der revisionswerbenden Partei erlassenen Bescheide komme es nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht an. Der von der mitbeteiligten Partei gezogenen Schlussfolgerung, dass im Revisionsfall, in dem nach Ansicht der mitbeteiligten Partei Besonderheiten des Finanzmarktes keine Rolle gespielt hätten, daher die Anwendung des § 22 Abs. 2a FMABG "aus teleologischen Überlegungen zu verneinen" sei, könne nicht gefolgt werden; dies ganz abgesehen davon, dass das von der mitbeteiligten Partei gestellte "Auskunftsersuchen" der Sache nach im Wesentlichen die Einsicht in Verwaltungsakten aufsichtsbehördlicher Verfahren der revisionswerbenden Partei zum Ziel gehabt und damit einen Kernbereich der Finanzmarktaufsicht betroffen habe.

  • 9 Mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Beschluss vom hob das Verwaltungsgericht - diesmal in der Besetzung eines Senats - den Bescheid der revisionswerbenden Partei abermals gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Sache zur Erlassung eines neuen Bescheids an die revisionswerbende Partei zurück. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

  • 10 Das Verwaltungsgericht wies zunächst darauf hin, dass die revisionswerbende Partei den Antrag der mitbeteiligten Partei zu Unrecht abgewiesen habe. Sie hätte vielmehr gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz festzustellen gehabt, dass der mitbeteiligten Partei das Recht auf Auskunft nicht zukomme. Aus der Bescheidbegründung ergebe sich jedoch, dass dabei lediglich ein Vergreifen im Ausdruck vorliege, das selbst nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids führe.

  • 11 Aus der Begründung des Vorerkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom zog das Verwaltungsgericht den Schluss, dass das gesamte Auskunftsersuchen der mitbeteiligten Partei "nicht zwangsläufig" als eigentlicher Antrag auf Akteneinsicht einzustufen sei (arg: "im Wesentlichen"). Als "tauglicher Gegenstand" für ein Auskunftsersuchen nach dem Auskunftspflichtgesetz verbleibe die begehrte "Bekanntgabe" der genannten Amtshilfeersuchen sowie der diesbezüglichen Korrespondenzen betreffend die mitbeteiligte Partei bzw. ihre Organe und Mitarbeiter. Das Auskunftspflichtgesetz biete hingegen keine Grundlage für einen Rechtsanspruch auf Ausfolgung von Kopien und Aktenteilen, weshalb die begehrte Übermittlung von digitalen Abschriften des Schriftverkehrs nicht in Betracht komme.

  • 12 Die revisionswerbende Partei erachte das Auskunftsbegehren als zu "weit und unbestimmt"; diese Beurteilung lasse sich jedoch nur anhand konkreter Feststellungen überprüfen, die dem Bescheid nicht zu entnehmen seien. Die Begründung der revisionswerbenden Partei beziehe sich auch "implizit" auf den Vorrang der übrigen Aufgaben der Verwaltung gemäß § 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz; es sei jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anhand näherer Tatsachenfeststellungen zu entscheiden, ob im Einzelfall die begehrte Auskunft unter dem Gesichtspunkt der Vorrangs der übrigen Aufgaben der Verwaltung verweigert werden dürfe. Die revisionswerbende Partei habe keinerlei Feststellungen zum relevanten Sachverhalt getroffen, so dass eine Überprüfung auf eine Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht möglich sei.

  • 13 Der revisionswerbenden Partei sei auch dahingehend zuzustimmen, dass das Auskunftspflichtgesetz nicht geeignet sei, um eine Akteneinsicht durchzusetzen. Dass die mitbeteiligte Partei aber "effektiv Einsicht in alle Akten" habe erlangen wollen, habe die revisionswerbende Partei nicht schlüssig dargelegt. Eine Fragestellung, die auf eine detaillierte Antwort hinauslaufe, stelle vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (allein) keinen Auskunftsverweigerungsgrund dar. Schließlich könne aus dem Umstand, dass "jedermann" ein Auskunftsbegehren anbringen könne, nicht darauf geschlossen werden, dass sich ein Auskunftsbegehren auf ein konkretes Verwaltungsverfahren zu beziehen habe. Die revisionswerbende Partei habe bloß ansatzweise ermittelt und den maßgeblichen Sachverhalt nicht festgestellt. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG seien im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weshalb der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die revisionswerbende Partei zurückzuverweisen gewesen sei.

  • 14 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision (unter anderem) mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.

  • 15 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die revisionswerbende Partei bringt in der Zulässigkeitsbegründung zunächst unter Vorlage der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts des Jahres 2017 vor, der angefochtene Beschluss sei von einem unzuständigen Senat erlassen und deshalb der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung verletzt worden.

17 Im vorliegenden Fall ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach dessen Geschäftsverteilung des Jahres 2015 aufgrund der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Einbringung der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde (vgl. , mwN) zu beurteilen. Indem sich die revisionswerbende Partei zur Darlegung einer allfälligen Unzuständigkeit des beschlusserlassenden Senats offenkundig auf die Geschäftsverteilung des Jahres 2017 stützt, zeigt sie damit keine Verletzung des Grundsatzes der festen Geschäftsverteilung in Bezug auf die Geschäftsverteilung des Jahres 2015 und daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

18 Die revisionswerbende Partei bringt in der Zulässigkeitsbegründung jedoch weiters vor, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG abgewichen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei der ausdrücklich auf "Bekanntgabe und Übermittlung" des genannten Schriftverkehrs gerichtete Antrag der mitbeteiligten Partei effektiv als Einsicht in die diesbezüglichen Akten zu werten. Indem das Verwaltungsgericht aber ausspreche, dass "ein Teil" des Ersuchens als Auskunftsersuchen zu qualifizieren sei, weil der Verwaltungsgerichtshof in der Begründung seines Vorerkenntnisses vom die Wendung "im Wesentlichen" verwendet habe, folge es nicht dessen Rechtsansicht, wonach das Ersuchen an sich gerade die Einsicht in Verwaltungsakten aufsichtsbehördlicher Verfahren der revisionswerbenden Partei zum Ziel gehabt habe. Dass das Ersuchen der mitbeteiligten Partei nicht auf eine Auskunft, sondern vielmehr auf Einsicht in die Akten der revisionswerbenden Partei gerichtet sei, ergebe sich auch daraus, dass das unter Punkt 1) des Antrags formulierte Begehren auf "Bekanntgabe und Übermittlung" des dort genannten Schriftverkehrs nach der sprachlichen Gestaltung eine untrennbare Einheit bilde. An der bloßen "Bekanntgabe" besitze die mitbeteiligte Partei zufolge der Formulierung ihres Begehrens gerade kein konkretes Auskunftsinteresse. Einem solchen konkreten Interesse diene vielmehr die Übermittlung des genannten Schriftverkehrs und die daran anschließende Einsichtnahme in diesen. Dass die mitbeteiligte Partei davon abweichend ein Auskunftsersuchen ohne konkretes Auskunftsinteresse gestellt habe, sei ihr nicht zu unterstellen, weshalb die revisionswerbende Partei in ihrem Bescheid auch nicht auf eine offenbare Mutwilligkeit im Sinn des § 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz abgestellt habe.

19 Aus diesem Grund ist die Revision zulässig und - im Ergebnis - berechtigt:

20 Die maßgeblichen Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(...)

§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Auskunftsbegehrens aufgetragen werden, wenn aus dem Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Auskunft nicht ausreichend klar hervorgeht.

(...)

§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."

21 § 17 AVG lautet (auszugsweise):

"Akteneinsicht

§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(...)"

22 Nach der hg. Rechtsprechung haben Auskünfte im Sinn der Auskunftspflichtgesetze des Bundes und der Länder stets Wissenserklärungen zum Gegenstand, wobei deren Inhalt ausschließlich solche Informationen sind, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt sind und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Auskunftserteilung bedeutet die Weitergabe von Informationen über einen Akteninhalt, die in aller Regel nicht jene Detailliertheit an Informationen aufweisen wird, die bei der Einsicht in die Akten zu gewinnen wäre. Die Verwendung des Begriffs "Auskunft" bedingt, dass die Verwaltung nicht etwa zu umfangreichen Ausarbeitungen, zur Erstellung von Gutachten oder zur Beschaffung von auch anders zugänglichen Informationen verhalten ist. Aus dem Gesetz ist insofern ein Nachrang der Auskunftserteilung gegenüber den übrigen Aufgaben der Verwaltung ableitbar, woraus sich ergibt, dass Auskunftsbegehren konkrete, in der vorgesehenen kurzen Frist ohne Beeinträchtigung der übrigen Verwaltungsabläufe beantwortbare Fragen enthalten müssen (, mwN).

23 Für den vorliegenden Fall entscheidungswesentlich erweisen sich darüber hinaus die Ausführungen in den Materialien zum Auskunftspflichtgesetz des Bundes, wonach Auskunftserteilung nicht die Gewährung der im AVG geregelten Akteneinsicht bedeutet (ErläutRV 41 BlgNR 17. GP, 3). Die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz ist zudem nicht geeignet, um eine Akteneinsicht durchzusetzen. Das Auskunftspflichtgesetz bildet auch keine Grundlage für einen Rechtsanspruch auf Ausfolgung von Kopien von Aktenteilen (, mwN).

24 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist eine in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen - wie etwa des gegenständlichen Antrags der mitbeteiligten Partei - nicht revisibel bzw. kommt einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (, mwN). Eine solche Fehlbeurteilung ist dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorzuwerfen:

25 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom ausschließlich mit der Frage der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts befasst hat. Dabei hat er ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 2a FMABG über Beschwerden gegen Bescheide der FMA - ausgenommen in "Bagatellstrafverfahren" - durch Senat zu entscheiden hat, und zwar unabhängig von der rechtlichen Grundlage solcher Bescheide. Mit der Ausführung, es handle sich beim gegenständlichen Antrag der mitbeteiligten Partei der Sache nach "im Wesentlichen" um ein Begehren auf Einsicht in die Verwaltungsakten aufsichtsbehördlicher Verfahren der FMA, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass der Antrag "seinem Wesen nach" einen Kernbereich der Finanzmarktaufsicht betrifft und daher die Heranziehung des § 22 Abs. 2a FMABG als Zuständigkeitsregelung umso mehr in Betracht kommt.

26 Aufgrund dieses nicht in Überbindung einer Rechtsansicht erfolgten Hinweises des Verwaltungsgerichtshofes geht das Verwaltungsgericht nunmehr aber davon aus, dass Punkt 1) des gegenständlichen Antrags zwei voneinander unabhängige Begehren, nämlich eines auf Bekanntgabe sowie eines auf Übermittlung des genannten Schriftverkehrs, entnommen werden könne und die revisionswerbende Partei keine Feststellungen dazu getroffen habe, weshalb dessen "Bekanntgabe" nicht in Frage komme. Die Begründung des Vorerkenntnisses lässt eine dahingehende Interpretation allerdings nicht zu. Vor dem Hintergrund einer wörtlichen Interpretation (Bekanntgabe und Übermittlung) ist der revisionswerbenden Partei vielmehr zuzustimmen, dass diese Elemente unzweifelhaft ein einheitliches Begehren darstellen und dieses einer getrennten Betrachtungsweise nicht zugänglich ist.

27 Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die mitbeteiligte Partei ein konkretes Auskunftsinteresse an dem genannten Schriftverkehr, dessen "Bekanntgabe und Übermittlung" in Punkt 1) des Antrags begehrt wird, hat, begehrt sie doch unter Punkt 2) des Antrags die "Übermittlung einer digitalen Abschrift der diesbezüglichen Akten" sowie unter Punkt 3) "in eventu Akteneinsicht in die diesbezüglichen Akten". Aus diesen Begehren ergibt sich, dass der auf das Auskunftspflichtgesetz gestützte Antrag auf die unmittelbare Zurverfügungstellung von sämtlichen Akten, die den genannten Schriftverkehr enthalten, und damit auf die Zurverfügungstellung von Detailinformation gerichtet ist, wie sie aus einer Akteneinsicht zu gewinnen wäre, und nicht auf eine - in aller Regel einen höheren Abstraktionsgrad aufweisende - Auskunft über den Inhalt des Schriftverkehrs. Damit ist bei gesetzeskonformer Deutung des gegenständlichen Antrags das Vorliegen eines Auskunftsbegehrens jedenfalls zu verneinen (vgl. dazu ).

28 Das Verwaltungsgericht hat somit verkannt, dass die revisionswerbende Partei schon mangels Vorliegens eines Auskunftsersuchens gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz nicht verpflichtet ist, Auskunft über die begehrten Informationen zu erteilen, und folglich keine weiteren Ermittlungen vorzunehmen hat. Sie hat daher auch keine Feststellungen zu einer allfälligen Mutwilligkeit des Antrags im Sinn des § 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz - auf die sich die revisionswerbende Partei in ihrer Bescheidbegründung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts im Übrigen explizit nicht gestützt hat - zu treffen.

29 Damit war auf das übrige Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision in Bezug auf den Antrag der mitbeteiligten Partei nicht weiter einzugehen.

30 Mit einem Auskunftsverweigerungsbescheid gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz wird ausschließlich über die Frage abgesprochen, ob ein subjektives Recht des Auskunftswerbers auf Erteilung der begehrten Auskunft besteht oder nicht. Die begehrte Auskunft selbst ist keinesfalls Gegenstand dieses Bescheides. Besteht das Recht auf Auskunftserteilung nicht, hat das ersuchte Organ die Nichterteilung der Auskunft bzw. das Fehlen einer Auskunftsverpflichtung mit Bescheid festzustellen und die Gründe hiefür darzulegen (vgl. , 2005/04/0098, 0267, 0268, sowie zum Spruch eines solchen Bescheids ).

31 Wie das Verwaltungsgericht richtig erkannt hat, kann der Umstand, dass die revisionswerbende Partei den gegenständlichen Antrag abgewiesen hat, nach der Bescheidbegründung lediglich als ein Vergreifen im Ausdruck gewertet werden, das nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führt und die mitbeteiligte Partei nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. dazu abermals VwGH 2004/04/0018, 2005/04/0098, 0267, 0268). Daher hätte das Verwaltungsgericht die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom mit einer dementsprechenden Korrektur des Spruchs des Bescheids abzuweisen gehabt, weil - wie bereits dargelegt - der mitbeteiligten Partei kein Recht auf Auskunftserteilung zukommt.

32 Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, da einzig die Rechtsfrage, ob der gegenständliche Antrag als Auskunftsbegehren im Sinn des Auskunftspflichtgesetzes zu qualifizieren ist, zu lösen ist und es dafür keiner weiteren festzustellenden Tatsachen bedarf.

33 Zeigt die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf und erweist sie sich damit als zulässig, so ist eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG - grundsätzlich - von Amts wegen aufzugreifen (vgl. dazu ; , Ra 2016/03/0039, jeweils mwN). Entscheidet der Verwaltungsgerichtshof jedoch gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst, tritt sein Erkenntnis an die Stelle der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vgl. , 0146). In diesem Fall erübrigt es sich, eine allfällige Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts - trotz der Zulässigkeit der Revision - von Amts wegen aufzugreifen (vgl. zur Aufhebung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts wegen unrichtiger Senatsbesetzung, weil sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer Entscheidung in der Sache veranlasst sah ). Die Frage, ob sich die Besetzung des beschlusserlassenden Senats nach der hier allein maßgeblichen Geschäftsverteilung des Jahres 2015 als korrekt erwiesen hat, war somit nicht mehr zu behandeln.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020141.L00
Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

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