zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 08.10.2010, 2005/04/0002

VwGH vom 08.10.2010, 2005/04/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X Ges.m.b.H in Y, vertreten durch Dr. Susanna Michalek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 1/6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63 - V 60/02, betreffend Feststellung gemäß § 348 Abs. 4 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt I. a) des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Magistrat der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk) stellte mit Bescheid vom gemäß § 348 Abs. 4 GewO 1994 fest, dass die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin für das Gewerbe "Freier Devisenmakler" am näher genannten Standort

gemäß Art. 1 § 7 Abs. 1 iVm Art. 8 Z. 1 des 1. Euro-Finanzbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 126/1998 und § 1 Abs. 1 Z. 18 lit. c des Bankwesengesetzes - BWG, BGBl. I Nr. 532/1993, Art. I, idF BGBl. I Nr. 126/1998, im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften mit Ablauf des und

gemäß § 32 Z. 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 753/1996, idF BGBl. I Nr. 63/1999, im Umfang der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffenden Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements und Change Rate Agreements udgl., somit im vollen nach vorhandenem Umfang, mit Ablauf des

geendet habe.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen Bescheid mit Spruchpunkt I.a hinsichtlich der Vermittlung von Devisengeschäften behoben und mit Spruchpunkt I.b hinsichtlich der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreement und Change Rate Agreements udgl. bestätigt.

Mit Spruchpunkt II. erklärte die belangte Behörde im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften den Bescheid (Gewerbeschein) des Magistratischen Bezirksamtes für den 19. Bezirk vom , mit dem gemäß § 340 Abs. 4 Gewerbeordnung 1973 die (näher dargestellte) Anmeldung des Gewerbes "Freier Devisenmakler" durch die Beschwerdeführerin bescheinigt worden war, gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG iVm § 363 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 für nichtig.

In der Begründung führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. a) (Vermittlung von Devisengeschäften) aus, § 1 Abs. 2 des Kreditwesengesetzes 1979 - KWG habe den Begriff der Bankgeschäfte als jene gewerbliche Tätigkeiten normiert, die nach der Verkehrsauffassung im Geschäftsbereich den Kreditunternehmungen zuzuordnen seien und habe eine Liste von Tätigkeiten enthalten, die unter diesen Voraussetzungen jedenfalls Bankgeschäfte seien. Gemäß Z. 6 sei dies der Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln (Devisen- und Valutengeschäft) und gemäß Z. 13 die Vermittlung von Geschäften nach Z. 6, soweit diese das Devisengeschäft betreffe. Gemäß § 4 KWG habe der Betrieb von Bankgeschäften der Konzession des Bundesministers für Finanzen bedurft.

Die Behörde erster Instanz sei davon ausgegangen, dass die Vermittlung von Devisengeschäften durch Art. 8 Z. 1 des 1. Euro-Finanzbegleitgesetzes, mit welchem das Bankwesengesetz (1993) - BWG geändert worden sei, in die Liste der vertypten Bankgeschäfte aufgenommen worden sei. Diese Bestimmung habe jedoch die bereits geltende Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 18 lit. c BWG an die durch Art. II Z. 2 der Novelle BGBl. Nr. 753/1996 geänderte Paragrafierung des § 1 Abs. 1 Z. 7 BWG angepasst, wodurch der Handel auf eigene oder fremde Rechnung mit ausländischen Zahlungsmitteln (Devisen- und Valutengeschäft) statt der bisherigen Bezeichnung § 1 Abs. 1 Z. 7 lit. b die Bezeichnung § 1 Abs. 1 Z. 7 lit. a erhalten habe. Da das BWG durch Art. 8 Z. 1 des 1. Euro-Finanzbegleitgesetzes somit lediglich eine formale, nicht jedoch eine inhaltliche Änderung erfahren habe und die Vermittlung von Devisengeschäften, wie dargestellt, bereits durch das KWG unter die vertypten Bankgeschäfte zu subsumieren gewesen sei, sei der erstinstanzliche Bescheid im Hinblick auf die Vermittlung von Devisengeschäften zu beheben gewesen.

Aus der angeführten Rechtslage folge, dass die Vermittlung von Devisengeschäften bereits seit Inkrafttreten des KWG, das sei gemäß § 36 Abs. 1 KWG der , ein vertyptes Bankgeschäft darstelle, zu dessen Ausübung es einer Konzession des Bundesministers für Finanzen bedürfe. Zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung der Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom sei somit auf die Vermittlung von Devisengeschäften das zu diesem Zeitpunkt bereits in Geltung stehende KWG und nicht die Gewerbeordnung 1973 anzuwenden gewesen, wodurch der Nichtigkeitsgrund des § 363 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 gegeben sei. Im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften sei die Anmeldung des Gewerbes daher als nichtig zu erklären gewesen (Spruchpunkt II.).

Zu Spruchpunkt I. b) (Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements und Change Rate Agreements udgl.) führte die belangte Behörde aus, gemäß § 1 Abs. 1 BWG sei ein Kreditinstitut, wer auf Grund der §§ 4 oder 103 Z. 5 leg. cit. oder besonderer bundesgesetzlicher Regelungen berechtigt sei, Bankgeschäfte zu betreiben. Bankgeschäfte seien die in der zitierten Bestimmung genannten Tätigkeiten, soweit sie gewerblich ausgeübt werden. Gemäß § 4 Abs. 1 BWG bedürfe der Betrieb der in § 1 Abs. 1 genannten Geschäfte der Konzession des Bundesministers für Finanzen.

Durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 753/1996, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG) erlassen und das Bankwesengesetz - BWG geändert worden sei, sei folgende Änderung der Rechtslage eingetreten:

Art. II Z. 2 habe § 1 Abs. 1 Z. 7 lit. d BWG dahin geändert, dass nunmehr auch der Handel auf eigene oder fremde Rechnung mit Zinstermintransaktionen, Zinsausgleichsvereinbarungen (Forward Rate Agreements, FRA), Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Substanzwerte oder auf Aktienindizes ("equity swaps") ein Bankgeschäft sei, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolge. Gemäß lit. f der genannten Bestimmung seien auch davon abgeleitete Instrumente Bankgeschäfte, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolge.

Art. II Z. 5 habe der Liste der in § 1 Abs. 1 BWG genannten vertypten Bankgeschäfte die Z. 19 angefügt, wodurch auch die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehrerer der in Z. 7 lit. d und f genannten Instrumente ein Bankgeschäft darstelle, sofern diese Dienstleistungen das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten nicht umfassten, sodass der Erbringer der Dienstleistungen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden könne (Finanzdienstleistungsgeschäfte).

Art. II Z. 15 habe dem § 3 BWG einen Abs. 5 angefügt, der bestimme, dass nicht als Kreditinstitut gelte und nicht den Bestimmungen des BWG, sondern denen des WAG 1996 unterliege, wer zur Erbringung des Finanzdienstleistungsgeschäftes (§ 1 Abs. 1 Z. 19) berechtigt sei (Z. 1), keine Berechtigung zur Erbringung von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 18 habe (Z. 2) und wessen Berechtigung zur Erbringung des Finanzdienstleistungsgeschäftes sich nicht auf die §§ 9 ff gründe (Z. 3). Ausgenommen seien jene Fälle, in denen das WAG Gegenteiliges anordne.

Gemäß § 19 Abs. 1 WAG sei ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wer (Z. 1) eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG gewerblich erbringe, (Z. 2) kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG sei und (Z. 3) eine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 nicht auf die §§ 9 ff BWG gründe. Gemäß § 19 Abs. 2 WAG bedürfe die Erbringung der in § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG genannten Dienstleistungen der Konzession der BWA (Bundes-Wertpapieraufsicht, nunmehr FMA - Finanzmarktaufsicht).

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 32 Z. 3 WAG sei zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG bis zum im bisherigen Umfang berechtigt, wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 19 WAG zur Erbringung dieser Dienstleistungen auf Grund der GewO 1994 berechtigt gewesen sei.

Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 63/1999, mit welchem das Wertpapieraufsichtsgesetz geändert worden sei, sei die Übergangsbestimmung des § 32 Z. 3 WAG 1996 dahingehend "verlängert" worden, als zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG im bisherigen Umfang bis berechtigt gewesen sei, wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 19 WAG zur Erbringung dieser Dienstleistungen auf Grund der GewO 1994 berechtigt gewesen sei und bis spätestens den Antrag auf Konzessionserteilung bei der BWA eingebracht habe.

Die von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeiten der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements, Change Rate Agreements udgl. stellten Finanzdienstleistungsgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 19 iVm § 1 Abs. 1 Z. 7 lit. d und f BWG 1996 idF BGBl. Nr. 753/1996 dar und seien somit seit Inkrafttreten dieser Bestimmungen, das sei gemäß § 107 Abs. 7 BWG idF BGBl. Nr. 753/1996 der , ein Bankgeschäft und es sei die Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs. 1 WAG als Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzusehen.

Auf Grund der Bestimmung des § 3 Abs. 5 BWG unterliege die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht dem Bankwesengesetz, sondern dem Wertpapieraufsichtsgesetz. Dieses sehe in § 19 Abs. 2 als Voraussetzung der Erbringung dieser Tätigkeit die Erteilung einer Konzession durch die BWA (nunmehr: FMA) vor. Die Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 19 WAG (gemäß § 34 Abs. 3 WAG sei dies der ) bereits auf Grund ihrer 1988 erworbenen Gewerbeberechtigung zur Erbringung von Finanzdienstleistungsgeschäften berechtigt gewesen. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 32 Z. 3 WAG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 753/1996 sei die Beschwerdeführerin daher bis zum zur Erbringung der Dienstleistungen im bisherigen Umfang berechtigt gewesen. Auf Grund der Novellierung dieser Übergangsbestimmung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 63/1999 hätte sich diese Berechtigung bis verlängert, wenn die Beschwerdeführerin bis spätestens einen Antrag auf Konzessionserteilung bei der BWA eingebracht hätte. Da aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin sowie aus der telefonischen Bestätigung ihrer ausgewiesenen Vertreterin im Verwaltungsverfahren folge, dass ein solcher Antrag nicht gestellt worden sei, sei die Gewerbeberechtigung im Umfang der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements und Change Rate Agreements mit Ablauf des ex lege (ohne Zutun der Behörde) erloschen. Hinsichtlich dieser Tätigkeiten sei somit der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.

Dass der Beschwerdeführerin die Überleitungsbestimmungen des BWG, auf Grund der Zuordnung ihrer Tätigkeit zur Sektion Handel nicht zur Kenntnis gelangt seien, stelle keine Rechtfertigung dar, weil Inhaber einer Gewerbeberechtigung verpflichtet seien, die für die Ausübung ihres Gewerbes geltende Rechtslage zu kennen und deren Entwicklung zu verfolgen. Diese Verpflichtung treffe Gewerbeinhaber persönlich und könne nicht auf Interessensvertretungen abgewälzt werden. Außerdem komme es im vorliegenden Zusammenhang nicht auf ein Verschulden an. Dass die Änderung des BWG durch das 1. Euro-Finanzbegleitgesetz keine Übergangsbestimmung enthalte und dadurch eine Verletzung des verfassungsmäßigen Grundrechtes der Erwerbsfreiheit vorliege, sei insofern nicht relevant, als die Vermittlung von Devisengeschäften bereits auf Grund des KWG zu den vertypten Bankgeschäften zu zählen gewesen und somit durch das 1. Euro-Finanzbegleitgesetz diesbezüglich keine Änderung der Rechtslage eingetreten sei, die einer Übergangsbestimmung zum Schutz verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte bedurft hätte. Wie die erste Instanz richtigerweise ausgeführt habe, sei der Umstand, dass die gegenständliche Gewerbeberechtigung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 begründet worden sei, während die Übergangsbestimmung des § 32 Z. 3 WAG auf die Gewerbeordnung 1994 Bezug nehme, unerheblich, weil durch die Gewerbeordnung 1994 die Gewerbeordnung 1973 lediglich wieder verlautbart worden sei. Wiederverlautbarungen stellten für den Gesetzgeber innerhalb der Schranken des Art. 49a B-VG die Möglichkeit dar, lediglich formelle, nicht jedoch inhaltliche Änderungen vorzunehmen, weshalb zwischen der ursprünglichen und der wiederverlautbarten Fassung Normidentität gegeben sei. Die seitens der Österreichischen Nationalbank erteilten Ermächtigungen basierten nicht auf der Gewerbeordnung und seien daher im gewerberechtlichen Verfahren ohne Einfluss. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin der Behörde im Laufe ihrer Tätigkeit keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben habe, dass sie Investitionen getätigt, Dienstnehmer eingestellt und vor allem die erzielten Gewinne versteuert habe, vermöge ein Erlöschen der Gewerbeberechtigung nicht zu verhindern. Die Einhaltung der mit der Ausübung eines Gewerbes und der Führung eines selbständigen Unternehmens zu beachtenden und zu befolgenden Vorschriften stelle vielmehr eine selbstverständliche und widrigenfalls sanktionierbare Verpflichtung dar. Dem Vorbringen, die Einstellung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin sei nicht im öffentlichen Interesse gelegen und es könnten keine Missstände bei der Unternehmensführung angeführt werden, die eine Einstellung erforderlich machten, sei entgegenzuhalten, dass der Entschluss des Bundesgesetzgebers, die bisher von der Beschwerdeführerin ausgeübte Tätigkeit an das Erfordernis einer Konzessionserteilung zu knüpfen, keine Sanktion für schlechte Unternehmungsführung darstelle, sondern vielmehr dem volkswirtschaftlichen Interesse an einem stabilen Finanzsektor diene. Ob eine Verletzung des verfassungsmäßig gewährleisteten Rechts auf Erwerbsfreiheit vorliege, sei eine Frage, deren Beantwortung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten sei. Solange dieser ein Gesetz nicht wegen Verfassungswidrigkeit aufhebe, sei es von den Verwaltungsbehörden jedenfalls anzuwenden. Das Recht bzw. die Verpflichtung der Beantragung einer Gesetzesprüfung bestehe gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG seitens der Gerichte, nicht jedoch seitens der Verwaltungsbehörden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 1129/04, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit vor dem Gesetz. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesen Rechten lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als sowenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Es ist nicht unsachlich, die in Rede stehenden Geschäfte auch ausnahmslos der Konzession und Aufsicht zu unterstellen, und auf bisher ausgeübte Tätigkeiten wurde angemessen und zumutbar Rücksicht genommen."

Die über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte Beschwerde richtet sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides und macht diesbezüglich Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides dadurch beschwert, dass auf ihre Tätigkeit im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften die Bestimmungen des Art. 1 § 7 Abs. 1 iVm Art. 8 Z. 1 des 1. Euro-Finanzbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 126/1998, und § 1 Abs. 1 Z. 18 lit. c des Bankwesengesetzes - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, Art. I idF BGBl. I Nr. 126/1998 und auf ihre Tätigkeit im Umfang der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements und Change Rate Agreements udgl. die Bestimmungen des § 32 Z. 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 753/1996 idF BGBl. I Nr. 63/1999, zu Unrecht angewendet worden seien.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I.a) des angefochtenen Bescheides:

Mit diesem Spruchteil hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid, der hinsichtlich der Vermittlung von Devisengeschäften ausgesprochen hatte, dass die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin diesbezüglich mit Ablauf des geendet habe, gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben.

Bei einer Behebung handelt es sich um eine "negative" Sachentscheidung der Berufungsbehörde, die dann zu ergehen hat, wenn der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wenn nach den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften in der anhängigen Rechtssache die Erlassung eines Bescheides entweder im unterinstanzlichen Verfahren überhaupt unzulässig war oder während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden ist, oder die betroffene Behörde ihn nicht hätte erlassen dürfen und der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch die Kassation des zu Unrecht ergangenen Bescheides hergestellt werden kann (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG, § 66 Rz 97 mwN). Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides kann je nach dem Grund, aus dem sie erfolgte, dazu führen, dass die Vor- bzw. eine andere Instanz über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf oder dass der zugrunde liegende Antrag wieder unerledigt und über ihn abermals von der Unter- oder einer anderen Behörde abzusprechen ist.

Im Beschwerdefall liegt der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften die Ansicht zugrunde, der erstinstanzliche Ausspruch, die Gewerbeberechtigung habe mit Ablauf des geendet, hätte mangels Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen dafür - bereits im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung sei auf die Vermittlung von Devisengeschäften nämlich das KWG und nicht die Gewerbeordnung anzuwenden gewesen - nicht ergehen dürfen. Die ersatzlose Behebung des Bescheides wirkt ex tunc, d.h. der Bescheid ist auch für die Vergangenheit weggefallen. Dadurch, dass der Ausspruch der erstinstanzlichen Behörde, die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin habe im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften mit Ablauf des geendet, weggefallen ist, konnte die Beschwerdeführerin durch die Behebung dieses die Beschwerdeführerin belastenden erstinstanzlichen Bescheides nicht in den als Beschwerdepunkt geltend gemachten Rechten verletzt werden. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. a) war daher zurückzuweisen.

Die (amtswegige) Nichtigerklärung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin im Umfang der Vermittlung von Devisengeschäften mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (durch die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde in Ausübung des Aufsichtsrechts gemäß § 68 Abs. 4 AVG), die die Beschwerdeführerin in Rechten verletzen könnte, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

Zur Beschwerde gegen Punkt I. b) des angefochtenen Bescheides:

Die Beschwerdeführerin vertritt dazu den Standpunkt, die Vermittlung der darin im Einzelnen genannten Geschäftsgelegenheiten unterliege ungeachtet der von der belangten Behörde näher dargestellten Rechtslage weiterhin der Gewerbeordnung.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Durch Art. II Z. 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 753/1996 wurde § 1 Abs. 1 Z. 7 lit. d Bankwesengesetz (BWG) dahingehend geändert, dass nunmehr auch der Handel auf eigene oder fremde Rechnung mit Zinstermin Transaktionen, Zinsausgleichsvereinbarungen (Forward Rate Agreements, FRA), Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Substanzwerte oder auf Aktienindizes ("equity swaps") ein Bankgeschäft ist, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgt. Gemäß lit. f der genannten Bestimmung sind auch davon abgeleitete Instrumente Bankgeschäfte, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgt.

Durch Art. II Z. 5 leg. cit. wurde der Liste der in § 1 Abs. 1 BWG genannten vertypten Bankgeschäfte die Z. 19 angefügt, wodurch auch die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehrerer der in Z. 7 lit. d und f genannten Instrumente ein Bankgeschäft darstellt, sofern diese Dienstleistungen das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten nicht umfassen, sodass der Erbringer der Dienstleistungen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann (Finanzdienstleistungsgeschäfte).

§ 19 Abs. 1 des mit gleichem Bundesgesetz erlassenen Wertpapieraufsichtsgesetzes - WAG definiert, wer als Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzusehen ist. Nach dieser Regelung ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wer (Z. 1) eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG gewerblich erbringt, (Z. 2) kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG ist und (Z. 3) seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 nicht auf die §§ 9 ff BWG gründet. Gemäß § 19 Abs. 2 WAG bedarf die Erbringung der in § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG genannten Dienstleistungen der Konzession der BWA (Bundes-Wertpapieraufsicht, nunmehr: FMA - Finanzmarktaufsicht). Die Anwendbarkeit des WAG ergibt sich aus § 3 Abs. 5 BWG.

Die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten betreffend Zinsenswaps, Zins- und Rate Agreements, Forward Rate Agreements, Forward Spread Agreements und Change Rate Agreements udgl., die ein Bankgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG darstellt, unterliegt somit seit Inkrafttreten des WAG, dem , den Bestimmungen dieses Gesetzes, weil die Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs. 1 WAG als Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzusehen ist.

Die Materialien zu § 19 (GP XX. RV 369 S 60) führen dazu (u.a.) Folgendes aus :

"Es sollen auch solche Dienstleistungen im Zusammenhang mit Wertpapieren, die bisher keine Bankgeschäfte waren, und deren Erbringer daher bisher nicht beaufsichtigt wurden, nunmehr beaufsichtigt werden, und zwar aus drei Gründen:

Erstens hat sich in der Praxis ein gewisser Graubereich bei der Abgrenzung zwischen konzessionspflichtigen Tätigkeiten nach dem BWG und auf Grund der GewO ausgeübten Tätigkeiten ergeben; wenngleich überwiegend die gesetzliche Abgrenzung eingehalten wurde, so bestand doch eine gewisse Rechtsunsicherheit, welche Tätigkeiten auf Grund der GewO ausgeübt werden dürfen, und konnte dies bisher - mangels Aufsicht - de facto auch nicht vollständig überblickt werden.

... Zusammengefasst fallen nunmehr folgende Dienstleistungen

unter die Konzessionspflicht im Zuständigkeitsbereich der BWA:

Das Finanzdienstleistungsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG beinhaltend

...

- Vermittlung von Geschäften mit Wertpapieren und verwandten Instrumenten.

..."

Dass diese Tätigkeiten vormals der Gewerbeordnung unterlegen sind und seit dem WAG unterliegen, wird vom Gesetzgeber in der Übergangsbestimmung des § 32 Z. 3 WAG berücksichtigt. Diese Bestimmung normiert, dass zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 19 BWG im bisherigen Umfang bis zum berechtigt ist, wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 19 zur Erbringung dieser Dienstleistungen auf Grund der GewO 1994 berechtigt war.

Die Materialien zu dieser Bestimmung (aaO, S 63) führen dazu aus:

"Z. 3 bis 7:

Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass auf Grund der GewO bisher eine Reihe von bisher konzessionspflichtigen Tätigkeiten durch Vermögensberater und Vermögensverwalter ausgeübt wurden. Bestehenden Unternehmen soll daher ausreichend Zeit gegeben werden, sich an die neuen Konzessionserfordernisse anzupassen. ..."

Die durch die vorgenannte Bestimmung eingeräumte Übergangsfrist wurde durch Art. II Z. 14 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 63/1999 auf verlängert.

Die Materialien (GP XX RV 1614 S 18) führen dazu Folgendes aus:

"Die im WAG eingeräumte Übergangsfrist für bestehende Gewerbeberechtigungen wurde von vielen Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zur Stellung eines Konzessionsantrages genutzt, bzw. wurden viele Anträge erst zu Ende der Übergangsfrist eingebracht. Die vorgenannten wesentlichen Erleichterungen für kleine Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie eine Verlängerung der Übergangsfrist für die Antragstellung bei bestehenden Gewerbeberechtigungen sollen verhindern, dass eine Anzahl solcher Unternehmen in die Illegalität gedrängt wird.

...

Zu Z. 13 (§ 32 Z. 3):

Durch die Verlängerung der Übergangsfrist soll verhindert werden, dass Gewerbeberechtigte, die am noch keine BWA-Konzession hatten, entweder in die Illegalität gedrängt oder zur Einstellung des Geschäftsbetriebes gezwungen werden. Die gewählte Frist räumt einerseits ausreichend Zeit für die Antragstellung ein (weitere 6 Monate), andererseits wird auf die erforderliche Bearbeitungszeit zur rechtzeitigen Erledigung der Anträge durch die BWA Bedacht genommen (Vermeidung eines neuerlichen 'Antragsstaus' zum Jahresende 1999)."

Der belangten Behörde ist nach dem Vorgesagten nicht entgegenzutreten, wenn sie hinsichtlich dieser Finanzdienstleistungen die Ansicht vertreten hat, dass die Beschwerdeführerin dazu lediglich bis berechtigt war. Dass sie rechtzeitig einen Antrag bei der BWA eingebracht habe, behauptet die Beschwerdeführerin nicht.

Der Beschwerdeführerin ist auch darin nicht zu folgen, dass eine Weitergeltung der Gewerbeordnung deshalb anzunehmen sei, weil sie die genannten Finanzdienstleistungsgeschäfte ausschließlich zwischen Kreditinstituten vermittle. Für eine derartige rechtliche Einschränkung - abgesehen von der Frage, ob eine solche Einschränkung dem Gewerbewortlaut überhaupt entnommen werden kann -

vermag sich die Beschwerdeführerin auf keine gesetzliche Grundlage zu berufen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Soweit die Beschwerdeführerin eine Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend macht, ist ihr zu entgegnen, dass der angefochtene Bescheid auf Rechtsgrundlage des §
348 Abs. 4 GewO 1994 erlassen wurde. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt, ist für die Erlassung von Feststellungsbescheiden nach dieser Gesetzesbestimmung gemäß § 348 Abs. 4 iVm § 333 GewO 1994 der Magistrat der Stadt Wien sachlich und örtlich zuständige Behörde und insofern auch die belangte Behörde als Berufungsbehörde sachlich und örtlich zuständig. Eine Zuständigkeit der Bundes-Wertpapieraufsicht bzw. nunmehr der Finanzmarktaufsicht zur Feststellung der Endigung einer Gewerbeberechtigung auf Grundlage der Gewerbeordnung 1999 ist nicht gegeben.
Die Beschwerde war daher insoweit als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§
47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am