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VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0056

VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der LJ in P, vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-TU-10-0088, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als Arbeitgeberin zwei slowakische, zwei tschechische und eine rumänische, jeweils näher bezeichnete Staatsangehörige als Prostituierte seit November 2009 bis (Zeitpunkt der Kontrolle) in M, Laufhaus, beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch fünf Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden fünf Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 48 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, auf Grund der in der durchgeführten mündlichen Verhandlung vorgekommenen Beweisergebnisse sei als Sachverhalt erwiesen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Betrag, den die spruchgegenständliche Ausländerinnen je nach der Anzahl der Freier pro Tag als 'Zimmermiete' an die (Beschwerdeführerin) zu zahlen hatte, war im Vorhinein festgelegt. Das Etablissement hatte Öffnungszeiten und war eine Erfassung der Tätigkeit der spruchgegenständlichen Ausländerinnen als Prostituierte in von der (Beschwerdeführerin) oder ihrem Gatten geführten Listen gegeben.

Der Ehegatte der (Beschwerdeführerin) war den spruchgegenständlichen Personen bei deren Anmeldungen nach dem Meldegesetz sowie auch bei Abwicklung der Arztbesuche behilflich.

Die (Beschwerdeführerin) als Verpächterin des jeweiligen Gebäudeteiles des Laufhauses war über die vermieteten Zimmer verfügungsberechtigt und wurde von der (Beschwerdeführerin) im Anlastungszeitraum ausschließlich mit dem Betrieb des bordellmäßig geführten Etablissements ein Erwerb lukriert. Ein Bar- oder Tanzbetrieb im Laufhaus war zum angelasteten Tatzeitraum nicht gegeben.

Die Einhaltung der Durchführung der für die Ausübung der Prostitution notwendigen ärztlichen Untersuchungen wurde zwischen der (Beschwerdeführerin) und der jeweiligen spruchgegenständlichen Ausländerin schriftlich oder mündlich vertraglich festgelegt und hatte die Prostituierte nach dem Vertragsinhalt für die für die Ausübung der Prostitution notwendigen gesundheitlichen Voraussetzungen und die notwendigen gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen aus Eigenem Sorge zu tragen.

Zusätzlich zu dem 'vermieteten' Zimmer wurden den spruchgegenständlichen Personen großteils vom Unternehmen der (Beschwerdeführerin) Kondome, Küchenrollen, aber auch Bettwäsche sowie eine Waschmaschine und ein Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt.

Nach der schriftlich in der Küche des Laufhauses ausgehängten Hausordnung, welche allerdings nicht als solche bezeichnet wurde, aber mit Filzstift auf ein Plakat aufgeschrieben war, mussten die 'Mädchen', welche 'frei' und anwesend waren, die Zimmertüren öffnen, wenn jemand (an der Eingangstüre) läutete. Nach verrichteter Tätigkeit mussten die Prostituierten den Gast bis zur Ausgangstür begleiten und sich verabschieden.

Beim Öffnen des Bordells sollten die 'Mädchen' entsprechend ihren Fotos gekleidet und frisiert sein, ebenso musste die Kosmetik angepasst sein, dies mit der Begründung, dass sich der Kunde sonst 'belogen und betrogen' fühle. Freunde und Ehemänner der Damen hatten im Laufhaus keinen Zutritt.

Im Bedarfsfall wurden die Prostituierten mit dem PKW des Herrn HJ zum Amtsarzt nach Tulln gebracht, in der Regel jeden Mittwoch um 07.00 Uhr. Herr HJ kontrollierte die Gesundheitspässe der Damen und sorgte für die Einhaltung der behördlich vorgeschriebenen regelmäßigen Gesundheitskontrollen. Alle Mädchen benützen gemeinsam eine im ersten Stock des Etablissements befindliche Waschmaschine.

Die Prostituierten mussten das Geld teilweise an die als Chefin bezeichnete (Beschwerdeführerin), teilweise an den 'Hausmeister' abliefern. Der als 'Miete' deklarierte Betrag veränderte sich der Höhe nach täglich in Abhängigkeit zur Anzahl der Kunden der spruchgegenständlichen Personen.

Vom 'Chef' (HJ) bzw. der 'Chefin' (der (Beschwerdeführerin)) wurden handschriftliche Strichlisten geführt, aus denen sich die Anzahl der Zimmerbesuche von Gästen (Kategorie 'Z'), die vereinnahmte Zimmermiete (maximal EUR 100,-- pro Tag) und der allenfalls abgeführte Anteil an der Einkommenssteuer (häufig EUR 10,-- pro Tag) ergab."

Die einzelnen Beweisergebnisse sind im Anschluss daran ihrem Inhalt nach wiedergegeben.

Rechtlich wertete die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt dahingehend, dass sich daraus in einer Gesamtbetrachtung die Einordnung der Prostituierten in die Betriebsorganisation des Laufhauses der Beschwerdeführerin ergebe und daher von einer unselbständigen Tätigkeit der Ausländerinnen auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt die Richtigkeit der Wiedergabe des Inhaltes der Beweisergebnisse nicht in Frage. Sie bringt im Wesentlichen vor, es sei "nicht klar, welcher Sachverhalt tatsächlich festgestellt wurde". Diesbezüglich genügt es, sie auf den oben aus dem angefochtenen Bescheid wieder gegebenen festgestellten Sachverhalt zu verweisen, welcher in eindeutiger Weise die für die Abgrenzung zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit notwendigen Sachverhaltselemente enthält.

Sodann bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde hätte "ausgehend von den Beweisergebnissen" einen anderen Sachverhalt feststellen müssen. Insofern sich die Beschwerdeführerin im Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt entfernt, stellt sie eine Behauptung den Feststellungen der belangten Behörde gegenüber, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d. h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, weil die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0300). Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt ist aber schlüssig aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Beweisergebnissen ableitbar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Tätigkeit wie die hier zu beurteilende Prostitution unter Beteiligung am Umsatz (wie hier in einem Bordell) in der Regel in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erbracht. In solchen Fällen ist die Behörde berechtigt, zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0148). Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Ausländerinnen in die von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Betriebsorganisation (wie etwa der Festsetzung der Öffnungszeiten, der Preise für die Prostitutionsausübung gestaffelt nach der Verweildauer in einem der für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellten Zimmer, der Erfassung der Tätigkeit der Prostituierten in Listen, die Vereinbarung der Durchführung der ärztlichen Untersuchungen, der Unterstützung bei den Arztterminen, der Kontrolle der Gesundheitspässe, der Zurverfügungstellung eines Aufenthaltsraumes, einer Waschmaschine, der Erstellung einer "Hausordnung" mit Festlegung persönlicher Pflichten für die Durchführung der Prostitution und des Verbotes der Besuche von Freunden oder Ehemännern), ist ihre Tätigkeit diesem Unternehmen zuzurechnen. Die festgestellten Tätigkeiten der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellten auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0148).

Damit braucht auf die von der belangten Behörde als Argument gegen das Vorliegen eines "Pachtvertrages" herangezogene Möglichkeit der beiderseitigen täglichen Kündigung, gegen das sich die Beschwerdeführerin wendet, nicht näher eingegangen zu werden. Es fiele auch nicht entscheidend ins Gewicht, wer für die Kosten für Bettwäsche und Kondome aufzukommen gehabt hätte.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am