Suchen Hilfe
VwGH vom 27.05.2010, 2007/21/0254

VwGH vom 27.05.2010, 2007/21/0254

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl/See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 315.874/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der aus dem Kosovo stammende Beschwerdeführer beantragte mit am bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See eingelangter Eingabe die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta.-Ö, § 49 Abs. 1 FrG" für den Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehefrau U., einer österreichischen Staatsbürgerin.

Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See den genannten Antrag gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) ab. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, den er (nach der am erfolgten Eheschließung mit U.) am "widerrufen" habe. Im Zuge des Verfahrens sei festgestellt worden, dass gegen den Beschwerdeführer ein "von den deutschen Behörden erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot für das gesamte Schengener Gebiet bestehe". (Mit - unstrittig rechtskräftiger - Verfügung der Stadt Augsburg vom war der Beschwerdeführer für unbefristete Dauer aus der Bundesrepublik Deutschland, wo ihm am eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden war, ausgewiesen worden. Die Grundlage dafür bildeten 16 gerichtliche Verurteilungen u.a. wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Diebstahls. Zuletzt war über den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichtes Augsburg vom wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt worden, die im Zeitpunkt der Ausweisung vollzogen worden war.) Es fehle somit - so führte die Erstbehörde weiter aus - "eine Erteilungsvoraussetzung im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er u.a. geltend machte, er habe beim Bürgeramt der Stadt Augsburg - wenn ihm dieses auch mit informeller Note vom wenig Hoffnung auf eine stattgebende Entscheidung gemacht habe - die Aufhebung des erwähnten "Aufenthaltsverbotes" beantragt. Im Hinblick darauf stelle er den Antrag auf Aussetzung des Berufungsverfahrens gemäß § 38 AVG bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den genannten, beim Bürgeramt der Stadt Augsburg gestellten Antrag auf Aufhebung des dargestellten, wider ihn erlassenen "Aufenthaltsverbotes".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG ab. Begründend verwies sie darauf, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 3 NAG (wegen des Bestehens eines Aufenthaltsverbotes eines anderen EWR-Staates) zwingend zu versagen sei. Auf die weiteren Einwendungen sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht einzugehen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 792/07-4, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn gegen ihn ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates besteht. Die Beschwerde bestreitet weder das Vorliegen noch den aufrechten Bestand der erwähnten, in der Bundesrepublik Deutschland ergangenen Ausweisung (die inhaltlich unbestritten einem Aufenthaltsverbot nach österreichischem Recht entspricht) im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides. Sie rügt lediglich als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde den Aussetzungsantrag nach § 38 AVG nicht erledigt habe. Dadurch habe sie das Berufungsverfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet; es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei pflichtgemäßer Aussetzung des Berufungsverfahrens zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

Dieses Vorbringen geht jedoch schon deshalb ins Leere, weil § 38 AVG der Partei keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung des Verfahrens einräumt, der durch eine selbständige Beurteilung der Vorfrage verletzt werden könnte (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 38, Rz 63 mwN aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Davon abgesehen geht es im vorliegenden Fall aber gar nicht um eine Vorfragenbeurteilung, weil nur zu prüfen ist, ob das ausländische Aufenthaltsverbot besteht. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die von der deutschen Behörde (Stadt Augsburg) erlassene Ausweisungsverfügung im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides unbestritten aufrecht war. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die von ihr zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogene Tatbestandswirkung im Sinn des § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG bejaht. Hieran ändert - solange darüber keine stattgebende Entscheidung ergangen ist - der vom Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Aufhebungsantrag nichts (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/1037).

Der Beschwerdeführer kann somit nicht in dem in der Beschwerde geltend gemachten Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger", dessen Bestehen vom Verwaltungsgerichtshof nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu prüfen ist, verletzt worden sein.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
BAAAE-72041