VwGH vom 25.09.2012, 2010/04/0100

VwGH vom 25.09.2012, 2010/04/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch die Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH in 2230 Gänserndorf, Dr. Wilhelm Exner-Platz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WST1-B-630/001/-2009, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung nach § 19 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurde im Instanzenzug gemäß § 19 GewO 1994 festgestellt, dass beim Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes "Baumeister, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten" nicht vorliege.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie des § 19 GewO 1994 und des § 2 Abs. 1 der Baumeister-Verordnung im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer erfülle durch die nachgewiesene Absolvierung der vierjährigen HTBLA die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen vorherigen Ausbildung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 der Baumeister-Verordnung. Zusätzlich sei zu prüfen gewesen, ob er eine ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder Betriebsleiter nach dieser Bestimmung oder allenfalls eine ununterbrochene fünfjährige fachspezifische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Z. 5 der Baumeister-Verordnung nachgewiesen habe.

Der Beschwerdeführer sei seit Erwerb der Konzession für das Baumeistergewerbe durch die S GmbH im März 2006, also bereits für eine Zeitdauer von über vier Jahren, handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Da der handelsrechtliche Geschäftsführer dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der GmbH angehöre und die zur Geschäftsführung gehörenden Handlungen vorzunehmen berechtigt sei, sei er grundsätzlich als Leiter des Unternehmens im Sinne des § 18 Abs. 3 Z. 1 GewO 1994 anzusehen und damit potentiell Betriebsleiter im Sinne der Baumeister-Verordnung. Relevant sei aber, dass die betreffende Person die Leitungsfunktion tatsächlich ausgeübt habe und nicht nur "auf dem Papier" handelsrechtlicher Geschäftsführer sei.

Im Beschwerdefall sei zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der für die Gewerbeausübung erforderlichen kaufmännischen Kenntnisse die erforderlichen Nachweise erbracht habe.

Notwendig für die beantragte Feststellung wäre aber auch, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Betriebsleiter der S GmbH für das Baumeistergewerbe einschlägig gewesen sei, was durch Beweismittel, etwa entsprechende Unterlagen und Bestätigungen des betroffenen Unternehmens, welche vom Beschwerdeführer beizubringen gewesen wären, belegt hätte werden müssen.

Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer im Berufungsverfahren ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass ergänzende Unterlagen vorzulegen wären, aus denen hervorgehe, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer tatsächlich facheinschlägig gewesen sei ("etwa umfassende Darstellungen seiner Tätigkeiten, Bestätigung des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers über seine Tätigkeiten und Qualifikationen, Darstellung des Tätigkeitsfeldes der S GmbH ..."). Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge keine Unterlagen (abgesehen von der Bestätigung des Steuerberaters) vorgelegt.

Daher ergebe sich zusammenfassend, dass der Beschwerdeführer zwar handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH gewesen sei bzw. sei, er jedoch keine Nachweise vorgelegt habe, dass er in dieser Zeit auch in einer für das Baumeistergewerbe einschlägigen Weise als Betriebsleiter tätig gewesen sei (Verweis auf die "einschlägige Tätigkeit als ... Betriebsleiter" in § 2 Abs. 1 der Baumeister-Verordnung). "Für das Baumeistergewerbe einschlägig tätig" umfasse auch technische Tätigkeiten. So werde in § 2 Abs. 1 Z. 5 der Baumeister-Verordnung bei der fachspezifischen Tätigkeit in leitender Stellung ausdrücklich angeführt, dass darin eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben enthalten sei.

Der ergänzende Berufsweg des Beschwerdeführers im Baunebengewerbe (Fassadenstrukturelemente) oder "als eigenständiges Lohnzeichenbüro" vermöge nicht so viel an Kenntnissen zu vermitteln, dass davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer die für das Baumeistergewerbe erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen habe. Damit sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, seine Befähigung für das eingeschränkte Baumeistergewerbe nach § 18 Abs. 1 GewO 1994 in Verbindung mit der Baumeister-Verordnung nachzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Kann der nach § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Gewerbebehörde gemäß § 19 GewO 1994 unter Bedachtnahme auf die Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 GewO 1994 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden.

Beim "individuellen Befähigungsnachweis" nach § 19 GewO 1994 wird der gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind. Die Beurteilung, ob durch diese (sonstigen) Nachweise die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegt werden, hat daher am Maßstab der den Befähigungsnachweis im Sinn des § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften (Zugangsvoraussetzungen) zu erfolgen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/04/0048, und vom , Zl. 2008/04/0031, jeweils mit weiteren Nachweisen).

2. Im Beschwerdefall ist alleine die Frage strittig, ob es dem Beschwerdeführer gelungen ist, Erfahrungen nachzuweisen, welche einer einschlägigen Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Z. 2 (oder Z. 5) der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Baumeister, BGBl. II Nr. 30/2003 idF BGBl. II Nr. 399/2008 (Baumeister-Verordnung) gleichwertig sind.

§ 2 Abs. 1 der Baumeister-Verordnung lautet wie folgt:

"§ 2. (1) Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation für das Baumeistergewerbe hinsichtlich der ausführenden Tätigkeiten als erfüllt anzusehen:

1. ununterbrochene sechsjährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter oder

2. ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist, oder

3. ununterbrochene vierjährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens zweijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist, oder

4. ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbstständiger nachgewiesen wird, oder

5. ununterbrochene fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung, davon eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist.

(2) Tätigkeiten gemäß Abs. 1 Z. 1 und 4 sind nur zu berücksichtigen, wenn sie nicht vor mehr als zehn Jahren beendet worden sind."

In dieser Hinsicht ist die Auffassung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, durch beigebrachte Beweismittel die erforderliche fachliche Befähigung für die Feststellung der individuellen Befähigung für das angestrebte Gewerbe nachzuweisen, nicht als unschlüssig zu beanstanden.

Die Beschwerde wendet gegen diese Auffassung ein, es sei alleine auf Grund der Eigenschaft des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH, welche über eine Konzession für das Baumeistergewerbe verfüge, "geradezu notorisch", dass der Beschwerdeführer sich innerhalb dieser Zeit die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung des Baumeistergewerbes angeeignet habe. So mache eine Anstellung als Geschäftsführer eine Auseinandersetzung mit den fachspezifischen Angelegenheiten des Unternehmens unumgänglich, habe der Beschwerdeführer schon auf Grund seiner Stellung als Eigentümer des Unternehmens naturgemäß ein wirtschaftliches Interesse am Werdegang, der Entwicklung und der Geschäftsgebarung des Unternehmens, müsse der Beschwerdeführer als nach außen hin auftretender Repräsentant des Unternehmens auch einschlägige Kenntnisse haben, um sein Unternehmen auch bei der Bemühung um neue Aufträge vertreten zu können, und habe naturgemäß auch ein tiefergehendes Interesse daran, sich umfassend in allen Angelegenheiten seines Unternehmens zu engagieren.

Diese allgemein gehaltenen Ausführungen ändern aber nichts daran, dass der Beschwerdeführer in Reaktion auf das Schreiben der belangten Behörde vom konkrete Beweismittel zum Nachweis einer einschlägigen Tätigkeit (gefordert wurde etwa die umfassende Darstellung seiner Tätigkeiten, die Bestätigung des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers über Tätigkeiten und Qualifikation, die Darstellung des Tätigkeitsfeldes der

S GmbH) nicht vorgelegt hat. Die vom Beschwerdeführer als Reaktion auf dieses Schreiben vorgelegte Bestätigung der

U Wirtschaftstreuhand GmbH konnte - wie die belangte Behörde auch im angefochtenen Bescheid festhält - lediglich die erforderlichen kaufmännischen Kenntnisse nachweisen. Mangels Vorlage weiterer konkreter Beweismittel zum Tätigkeitsbereich der S GmbH und des Beschwerdeführers selbst ist die Auffassung der belangten Behörde im Hinblick auf die nachzuweisende einschlägige Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 der Baumeister-Verordnung nicht als rechtswidrig zu erkennen.

3. Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe das Schreiben der Wirtschaftskammer vom nicht berücksichtigt, obwohl die Behörde den für die Erledigung maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen habe, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen,

dass es in Anbetracht der Wortfolge "wenn .... nachgewiesen

werden" in § 19 erster Satz GewO 1994 Sache des Antragstellers ist, die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine Ermittlungspflicht trifft (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0031, mit weiteren Nachweisen).

Dem insoweit gerügten Verfahrensfehler der Nichtübermittlung dieses Schreibens der Wirtschaftskammer Niederösterreich fehlt daher schon deshalb die erforderliche Relevanz.

4. Soweit die Beschwerde zuletzt vorbringt, der Beschwerdeführer habe auch einen Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung des uneingeschränkten Baumeistergewerbes gestellt, so genügt es darauf hinzuweisen, dass auch für diese Feststellung der Nachweis gleichwertiger Erfahrungen im obigen Sinne erforderlich gewesen wäre.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am