VwGH vom 18.05.2018, Ra 2017/02/0029

VwGH vom 18.05.2018, Ra 2017/02/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der Steiermärkischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zlen. LVwG 41.19-2861/2016-4, LVwG 41.19-3254/2016-4, betreffend Meldung nach § 29 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Bezirkshauptmannschaft Leibnitz; mitbeteiligte Partei: J GmbH in W, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei meldete am die Aufstellung und den Betrieb von "vier Geschicklichkeitsautomaten" gemäß § 29 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 (StGSG) an einem näher bezeichneten Standort.

2 Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (BH) wies mit Bescheid vom diese Meldung mangels Zuständigkeit gemäß § 6 AVG sowie §§ 29 und 30 Abs. 2 StGSG zurück (Spruchpunkt I.). Der Antrag, einen fachkundigen Sachverständigen aus der Steiermark mit der Gutachtenserstellung zu beauftragen, wurde mit diesem Bescheid abgewiesen (Spruchpunkt II.).

3 Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, es sei nicht dargelegt worden, dass es sich bei den gegenständlichen Automaten um Geschicklichkeitsautomaten handle. Es sei im Gegenteil aufgrund des von der BH eingeholten Gutachtens eindeutig und zweifelsfrei erwiesen, dass es sich um Glücksspielautomaten handle. Glücksspielautomaten seien einer Meldung gemäß § 29 StGSG nicht zugänglich. Glücksspielautomaten würden im StGSG nur im zweiten Hauptstück, nicht jedoch im dritten Hauptstück geregelt, weshalb sich für die BH keine Zuständigkeit ergebe.

4 Gegen diese Entscheidung erhob die mitbeteilige Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. In dieser Beschwerde wurde begründend ausgeführt, dass es sich bei den gegenständlichen Apparaten um Geschicklichkeitsapparate handle. Es würden keine Glücksspiele im Sinne des § 2 StGSG und daher auch keine verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG angeboten.

5 Am erstattete die mitbeteiligte Partei neuerlich eine Meldung nach § 29 StGSG, die dieselben "vier Geschicklichkeitsapparate" umfasste.

6 Diese Meldung wurde von der BH mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

7 Auch gegen diese Entscheidung erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark den Beschwerden Folge und behob die bekämpften Bescheide.

9 Begründend wurde ausgeführt, dass das StGSG kein behördliches Tätigwerden aus Anlass einer Meldung gemäß § 29 StGSG vorsehe. Der Behörde komme daher keine Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Erledigung einer Meldung gemäß § 29 StGSG und damit auch keine Zurückweisungskompetenz zu. Mit dem bekämpften Bescheid vom habe die BH eine Kompetenz in Anspruch genommen die ihr nicht zustehe, weshalb die Bescheide ersatzlos zu beheben gewesen seien.

10 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende

Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.

12 Die BH und die mitbeteiligte Partei erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 In ihren Zulässigkeitsausführungen hält die revisionswerbende Partei unter anderem fest, dass dann keine Meldung nach § 29 StGSG erfolge, wenn die Meldungsleger einen Geschicklichkeitsapparat, der sich jedoch tatsächlich als Glücksspielautomat darstelle, melden würden. In einem solchen Fall werde der Behörde ein Spielautomat gemeldet, der nicht dem StGSG unterliege. Die Bezirksverwaltungsbehörde könne und dürfe eine solche Meldung gar nicht entgegennehmen; sie sei unzuständig für die Entgegennahme einer derartigen Meldung.

16 Sei die Behörde jedoch unzuständig, müsste sie die Meldung - in Anwendung des § 6 AVG - an eine andere - für die Entgegennahme von Meldungen zuständige - Behörde weiterleiten. Das StGSG sehe aber keine Entgegennahme einer Meldung betreffend einen Glücksspielautomaten vor. Dies wäre kompetenzrechtlich gar nicht zulässig, denn ein solcher Glücksspielautomat unterläge dem Glückspielmonopol des Bundes. Eine Weiterleitung an eine dem StGSG unterliegende Behörde scheide somit aus. Beachte man aber das grundsätzlich in Betracht kommende GSpG, so werde deutlich, dass es auch in diesem Gesetz keine Meldung gäbe. Vielmehr liege bei den entsprechenden Glücksspielautomaten eine verbotene Ausspielung gemäß § 2 Abs. 4 GSpG vor. Es zeige sich somit, dass es keine sachlich in Betracht kommende Behörde gebe, an die eine Meldung betreffend einen Glücksspielapparat weitergeleitet werden könne.

17 Wenn aber eine Weiterleitung an eine andere sachlich zuständige Behörde nicht möglich sei, erweise sich die Zurückweisung der Meldung wegen Unzuständigkeit - entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark - als notwendig und auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend. Dadurch, dass das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Zurückweisung als "gesetzlos" erkannte, sei es von der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

18 Die Revision ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt. 19 Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und

örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

20 Nach § 13 Abs. 1 AVG können, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

21 Die §§ 29 und 30 StGSG (§ 29 in der für den Revisionsfall maßgebenden Fassung vor Inkrafttreten des LGBl. Nr. 41/2018) lauten samt Überschriften wie folgt:

"§ 29

Meldepflicht

(1) Das Aufstellen, der Betrieb, der Austausch und die Entfernung von Spielapparaten ist vom Betreiber/von der Betreiberin der Behörde zu melden.

(2) Die Meldung hat folgende Angaben zu enthalten:

1. den Vornamen und den Familiennamen - oder Nachnamen, die Adresse und das Geburtsdatum des Betreibers/der Betreiberin;

bei juristischen Personen oder einer eingetragenen Personengesellschaft deren Bezeichnung und auch den Namen und die Adresse des Geschäftsführers/der Geschäftsführerin;

2. den beabsichtigten Aufstellungsort;

3. die erforderlichen Genehmigungen für den Aufstellungsort;

4. den Nachweis über das Verfügungsrecht des

Betreibers/der Betreiberin über den Aufstellungsort;

5. die Geräte-, Erzeuger- oder Seriennummer des

Spielapparats;

6. ein Gutachten eines/einer Sachverständigen über die Bauart, die Wirkungsweise und die Betriebssicherheit des Spielapparates;

7. ein Gutachten eines/einer Sachverständigen, mit dem bescheinigt wird, dass es sich bei dem jeweiligen Spielapparat bzw. Spielprogrammen um keinen verbotenen Spielapparat und um keinen Glücksspielautomaten handelt. Diese Gutachten müssen Fotos des Apparates und des verwendeten Spielprogrammträgers enthalten, aus denen insbesondere die Geräte-, Erzeuger- oder Seriennummer des Spielautomaten bzw. die Programmversionen der Spielprogramme erkennbar sind.

...

§ 30

Behörden und Parteistellung

(1) Die Landesregierung ist zuständig für die Wahrnehmung aller behördlichen Befugnisse und Aufgaben im Zusammenhang mit Glücksspielautomaten, mit Ausnahme der in Abs. 2 Z 2 genannten Verfahren.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde ist zuständig

1. für die Wahrnehmung aller behördlicher Befugnisse und

Aufgaben im Zusammenhang mit Spielapparaten;

2. für die Durchführung von Strafverfahren betreffend

Verwaltungsübertretungen gemäß § 34.

(3) Dem Bundesminister/Der Bundesministerin für Finanzen kommt in allen Verfahren betreffend die Erteilung oder den Entzug einer Ausspielbewilligung, einer Automatensalonbewilligung oder einer Glücksspielautomatenbewilligung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Parteistellung zu. Die Landesregierung hat mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Finanzen in Aufsichtsangelegenheiten zusammenzuarbeiten."

22 Die BH ging in ihrem Bescheid vom davon aus, dass keine "Geschicklichkeitsautomaten", sondern vielmehr Glücksspielautomaten vorlägen. Daher erachtete sie eine Meldung nach § 29 StGSG für nicht zulässig und verneinte ihre Zuständigkeit. Für die Meldung von Glücksspielautomaten gebe es zudem keine Rechtsgrundlage, weshalb die BH von einer Weiterleitung - in Anwendung des § 6 Abs. 1 AVG - absah.

23 Entgegen der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark bestand zu einer solchen Entscheidung sehr wohl eine Zuständigkeit der BH.

24 Ist nämlich für ein Abringen keine andere Behörde zuständig, hat die (unzuständige) Behörde, an die das Anbringen herangetragen wurde, dieses wegen Unzuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (; , 2013/17/0797).

25 Die mitbeteiligte Partei meint, dass diese Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes auf den Revisionsfall nicht übertragbar seien, weil Gegenstand der zitierten Erkenntnisse "Anträge" und nicht eine Meldung nach § 29 StGSG gewesen seien.

26 Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Meldung nach § 29 StGSG ein "Anbringen" im Sinne des § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 AVG darstellt, weshalb der BH die Zuständigkeit zu einer zurückweisenden Entscheidung nach § 6 Abs. 1 AVG zukommt.

27 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark konnte daher eine Behebung der Bescheide der BH aus "Mangel der Kompetenz" nicht vornehmen.

28 Das angefochtene Erkenntnis war daher - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020029.L00
Schlagworte:
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen Zurückweisung wegen Unzuständigkeit Besondere Rechtsgebiete

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